Abnahme - Zusammenfassung Vergleichendes Recht PDF

Title Abnahme - Zusammenfassung Vergleichendes Recht
Course Vergleichendes Recht
Institution Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin
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Abnahme...


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50 IV. Abnahme

1. Begriff und Bedeutung Die Abnahme im privatrechtlichen Sinne ist in § 640 BGB (für den BGB-Bauvertrag) bzw. in § 12 VOB/B (für den VOB-Bauvertrag) geregelt. Abnahme im rechtsgeschäftlichen Sinne bedeutet dabei

„Billigung des Werks durch den Auftraggeber als der Hauptsache nach vertragsgemäß“.

Der 

Auftragnehmer muss also dem AG die Bauleistung als im Wesentlichen fertig gestellt überlassen und



der Auftraggeber muss sie als im Wesentlichen vertragsgemäße Leistung akzeptieren.

Kleine Mängel können also vorhanden sein, der bestimmungsgemäße Gebrauch darf aber nicht erheblich eingeschränkt sein.

Die Abnahme im Sinne von § 640 BGB sollte nicht verwechselt werden mit der behördlichen Abnahme, („Bauzustandsbesichtigung“, z. B. § 82 BauO NRW). Diese ist eine Überprüfung der zuständigen Bauordnungsbehörden auf Übereinstimmung des Baus mit der Baugenehmigung/im Hinblick auf Gefahren

Die Abnahme trennt das Stadium der (Vertrags-)Erfüllung von der Gewährleistungsphase. Zu den Folgen der Abnahme gehören insbesondere: 

Beim BGB-Bauvertrag: Fälligkeit des Vergütungsanspruch des AN wird fällig, § 641 BGB; beim VOB-Vertrag: Fälligkeitsvoraussetzung Beachte: Nach der Rechtsprechung ist eine Abnahme auch bei einem gekündigten Bauvertrag zwingend, d. h. ohne Abnahme wird der Werklohnanspruch des – gekündigten – AN nicht fällig!



Die Abnahme ist zugleich der Zeitpunkt des sog. „Gefahrübergangs“, d.h. bei unverschuldeter Zerstörung des Werks (§ 12 Abs. 6 VOB/B). Beispiel: Abrutschen des Bodens bei Erdbauarbeiten wegen heftiger Regenfälle vor der Abnahme muss der AN seine Leistung ohne bes. Vergütung erneut erbringen (§ 644 BGB); Ausnahme: § 7 VOB/B); nach Abnahme nicht mehr.



Beweislastumkehr für Mängel

Prof. Dr. Friedhelm Reichert

Fachbereich I

51 

Verlust nicht vorbehaltener Ansprüche des AGs



Beginn der Verjährung (Vergütungs-bzw. Mängelansprüche AN/AG)

Notwendig ist in jedem Fall die Abnahmereife, d. h. die – im Wesentlichen mangelfreie – Fertigstellung des Werkes. Beispiel: Ist vom Bauunternehmer im obigen Beispiel die vollständige Fertigstellung geschuldet und zieht der Auftraggeber (z. B. unter dem Zwang der Umstände) in ein Bauwerk ein, bei dem noch wesentlichen Restarbeiten durchzuführen sind, käme eine Abnahme – egal in welcher Form – nicht in Betracht, da in jedem Fall die Abnahmereife vorliegen muss.

b)

Formen der Abnahme

Bei dem VOB-Bauvertrag können in Bezug auf die oben genannte „Billigung“ drei Formen der Abnahme unterschieden werden: 

Bei einer ausdrücklichen Abnahme äußert der Auftraggeber ausdrücklich seine Billigung des Werkes. Tut der dies ausdrücklich, aber nicht in einer bestimmten Form, läge eine (nicht näher geregelte) ausdrückliche nichtförmliche Abnahme vor. Beispiel: Der Auftraggeber trifft sich mit dem Handwerker und sagt ihm „Das haben Sie ja gut gemacht“. Besonders geregelt ist in § 12 Abs. 4 VOB/B dagegen die förmliche Abnahme. Bei dieser handelt es

sich um

eine ausdrückliche

Abnahme, bei

der ein

gemeinsames

Abnahmeprotokoll erstellt wird. Regelmäßig werden in das Abnahmeprotokoll eine Liste der festgestellten Mängel sowie ein Vorbehalt für bekannte Mängel und Vertragsstrafen aufgenommen. Die förmliche Abnahme muss, wenn sie nicht ausdrücklich im Vertrag vereinbart wurde, verlangt werden, § 12 Abs. 4 Nr. 1 VOB/B.



Neben der ausdrücklichen Abnahme kann die Leistung – sowohl im BGB- als auch im VOBBauvertrag - durch konkludentes bzw. schlüssiges Verhalten abgenommen werden. Der Auftraggeber muss in diesem Fall durch sein Verhalten zum Ausdruck bringen, dass er das Bauwerk als im Wesentlichen vertragsgerecht ansieht. Diese Form ist ebenfalls nicht ausdrücklich geregelt, ergibt sich aber daraus, dass die Billigung als Willenserklärung des Auftraggebers anzusehen ist, die – wie immer – auch durch konkludentes Verhalten abgegeben werden kann. Beispiel: AG bezieht das Haus, ohne Mängel zu rügen; AG zahlt vorbehaltlos den restlichen ausstehenden Werklohn

Prof. Dr. Friedhelm Reichert

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52 Anders ist dies allerdings zu beurteilen, wenn der Gebäudebezug nur deshalb erfolgt, weil der AG aus dem bisherigem Eigenheim zwingend ausziehen musste (dann keine Abnahme, da das Verhalten nur „unter Zwang“ und damit nicht willentlich erfolgte). Hinweis: die schlüssige Abnahme hat – für beide Vertragsparteien! – den Nachteil, dass der Zeitpunkt der Abnahme und deren Voraussetzungen nicht feststehen. Bei einem Rechtsstreit besteht daher erhebliche Unsicherheit, ob das Gericht – und ggf. zu welchem Zeitpunkt – eine Abnahme annehmen wird.



Schließlich ist die sogenannte fiktive Abnahme möglich, § 12 Abs. 5 VOB/B. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass es auf einen Willen des Auftraggebers – anders als bei der konkludenten Abnahme – gar nicht ankommt. Eine Billigung des Werkes erfolgt also nicht, sondern wird fingiert. Die fiktive Abnahme ist in zwei Varianten möglich: Bei der ersten Variante



12

Abs.

5

Nr.

1

VOB/B)

übersendet

der

Auftragnehmer

eine

Fertigstellungsanzeige. Reagiert der Auftraggeber nicht innerhalb von 12 Werktagen, gilt die Abnahme als erfolgt. Bei der zweiten Variante (§ 12 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B) wird das Bauwerk in Benutzung genommen (z. B. durch Einzug in das Gebäude oder durch Freigabe der fertiggestellten Straße). In diesem Fall ist eine fiktive Abnahme bereits nach 6 Werktagen anzunehmen. Die fiktive Abnahme wird – da sie für den Auftraggeber meist ungünstig ist – häufig ausgeschlossen. Ausgeschlossen ist sie nicht nur dann, wenn dies explizit festgelegt wird, sondern auch dann, wenn die förmliche Abnahme vereinbart ist. Ebenfalls als Form der fiktiven Abnahme kann die Regelung in § 640 Abs. 1 S. 3 BGB angesehen werden. Der Auftragnehmer fordert hierbei den Auftraggeber unter Setzung einer angemessenen Frist zur Abnahme auf. Kommt dieser der Aufforderung nicht nach bzw. läuft die gesetzte Frist ab, gilt die Bauleistung als abgenommen. Im Hinblick auf die Angemessenheit der Frist wird man die in § 12 VOB/B genannte Frist (also 12 Tage) heranziehen können.

In diesem Zusammenhang ist ein Sonderproblem zu beachten: In manchen Fällen vereinbaren die Parteien die förmliche Abnahme, kommen aber nicht mehr darauf zurück, d. h. sie „vergessen“ die Abnahme. In diesem Fall kommt zwar eine fiktive Abnahme nicht in Betracht, da diese durch die Vertragsvereinbarung ausgeschlossen wurde. Für den Fall, dass beide Verhalten ein bestimmtes Verhalten an den Tag legen, wird man jedoch eine stillschweigende Übereinkunft annehmen können, dass die förmliche Abnahme „verzichtet“ wird. Beispiel: Der Bauunternehmer sendet trotz fehlender förmlicher Abnahme eine Schlussrechnung zu, der Auftraggeber nimmt die Sache in Gebrauch.

Prof. Dr. Friedhelm Reichert

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53 Angesichts der damit einhergehenden Problem (insbesondere für die Fristen) kann nur dringend geraten werden, einen solchen Fall zu vermeiden.

c)

Abnahmeverweigerung

Aus § 640 Abs. 1 S. 2 BGB kann der Umkehrschluss gezogen werden, das wegen wesentlicher Mängel die Abnahme bis zur Beseitigung der Mängel verweigert werden kann. Bei der Abgrenzung von „wesentlichen“ und „unwesentlichen Mängeln“ können folgende Kriterien herangezogen werden: 

Umfang

der

Mängelbeseitigungsmaßnahmen,

insbesondere

Höhe

der

Mängelbeseitigungskosten 

Auswirkung des Mangels auf die Funktionsfähigkeit der Gesamtleistung



Maß der Beeinträchtigung (Vielzahl von Mängeln? Nur optische Beeinträchtigung?)

Beispiele für wesentliche Mängel: 

Bei Fliesenlegerarbeiten weisen 16 % farblich unzulässige Abweichungen auf.



An der Rampe eines Supermarktes fehlt ein Geländer

Beispiel, in denen ein wesentlicher Mangel verneint wurde: In der Fassade sind offene Fugenstellen vorhanden.

Verweigert der AG die Abnahme unberechtigt, das heißt, ist das Bauwerk fertig gestellt und lediglich unwesentliche Mängel vorhanden, treten die Wirkungen der Abnahme – trotz der Verweigerung – ein, § 640 Abs. 1 S. 3 BGB. Da die Abnahme vertragliche Hauptpflicht des AG ist, könnte der Auftragnehmer auch auf Abnahme gegen den Auftraggeber klagen. Eine derartige isolierte Klage auf Abnahme ist aber wenig sinnvoll; sie wird regelmäßig mit einer Zahlungsklage verbunden.

Verweigert der AG (berechtigt) die Abnahme, sollte dies eindeutig zum Ausdruck kommen, da auch bei einer Abnahme regelmäßig Mängel vorbehalten werden.

d) Teilabnahme Die Teilabnahme kann in allen vorstehenden Formen der Abnahmen auftreten und führt zu denselben Rechtswirkungen; die Besonderheit besteht – nur – darin, dass lediglich ein Teil der Leistungen abgenommen wird. Nach § 12 Abs. 2 VOB/B ist sie nur möglich bei „in sich abgeschlossenen

Teilen

der

Leistung“,

d.

h.

funktional

abgrenzbaren,

eigenständigen

Leistungsteilen. Die Leistung muss also sowohl im Hinblick auf die vorgesehene Nutzung als auch in technischer Hinsicht für sich alleine funktionsfähig sein. Dagegen ist keine Teilabnahme nur eines Teiles einer einheitlichen Leistung (ohne funktionale Eigenständigkeit) möglich. Prof. Dr. Friedhelm Reichert

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54 Beispiel für mögliche Teilabnahme: Bauauftrag in Bezug auf Heizung, Klima, Lüftung, Sanitär: bei vollständiger Fertigstellung der Heizungsarbeiten wäre insoweit Teilabnahme möglich. Gegenbeispiel: keine Abnahme von einzelnen Betondecken, sondern nur des gesamten Rohbaus

Wird eine Teilabnahme nach § 12 Abs. 2 VOB/B durchgeführt, treten für den jeweils abgenommenen Teil die Abnahmewirkungen uneingeschränkt ein.

Zur Vertiefung: Kapellmann/Langen, Einführung in die VOB/B, Ziff. IX; Kemper/Nitschke/Haas, Fehlervermeidung bei der Abwicklung von Bauvorhaben, Teil B Ziff. 7

Prof. Dr. Friedhelm Reichert

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