Der Asiatische Marienkäfer als Neozoon in Deutschland PDF

Title Der Asiatische Marienkäfer als Neozoon in Deutschland
Author Selin Schuster
Course Humanbiologische und zoologische Themen in der Grundschule
Institution Universität Augsburg
Pages 27
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Summary

Essay zum zoologischen Thema:
"Die zunehmende Verbreitung des Asiatischen Marienkäfers
Harmonia axyridis als Neozoon in Deutschland
und die damit verbundenen Auswirkungen "

aus dem Jahr 2015, Note 1 (sehr gut), Seminararbeit Biologie
...


Description

-31

Einleitung

1.1

Der Befall deutscher Haushalte vom Asiatischen Marienkäfer

Nicht selten findet man in seinen eigenen vier Wänden Kleintiere aus der Klasse der Insekten, wozu in hohem Maße Mücken, Motten , Läuse und Flöhe, aber auch Ameisen und Tiere, die für unser Auge nicht sichtbar sind, zählen. Seit einigen Jahren gehören zu unseren heimischen Untermietern auch Scharen von Marienkäfern. Dabei handelt es sich allerdings nicht um die „[w]ohl […] bekannteste Art der deutschen Fauna und de[n] Inbegriff des Marienkäfers schlechthin“1, den einheimischen Coccinella septempunctata, besser bekannt als der SiebenpunktMarienkäfer – es ist der Asiatische Marienkäfer Harmonia axyridis, der es sich meist ab Oktober und über den Winter bei uns gemütlich macht.

Abbildung 1: Asiatischer Marienkäfer befällt Wohnungen2 Eines ist klar: Der Asiatische Marienkäfer, der deutsche Bürger so plagt, ist nicht heimisch, sondern kommt, wie es der Name schon verrät, aus dem fernen Osten.

1

http://www.kerbtier.de/Pages/Themenseiten/deCoccinellidae.html, 22.07.15 Abb. 1: http://www.augsburger-allgemeine.de/panorama/Warum-jetzt-so-viele-Marienkaefer-in-derWohnung-sind-id31735782.html, 04.08.15

2

-4Anders als der einheimische Marienkäfer scheint dieser sehr präsent zu sein, da er vorzugsweise in der Nähe von Städten und zur Überwinterung an Hauswänden lebt. Während der Marienkäfer an sich eigentlich seit jeher als Glücksbringer galt, gehört er heute zu einer lästigen Plage. Medien berichten bereits von wahren Käfer-Invasionen, wobei immer wieder darauf hingewiesen wird, dass der Asiatische Marienkäfer nicht gefährlich sei. Diese Entwarnung mag wohl für die meisten ‚normalen‘ deutschen Bürger gelten, die das Insekt höchstens in der eigenen Wohnung vorfinden, doch Biologen sehen den Sachverhalt ganz anders.3

1.2

Die Problematik des Asiatischen Marienkäfers in Deutschland

Dass das kleine Krabbeltier aus Asien bei den Deutschen für viel Aufregung sorgt, ist nun bekannt. Doch belastet der Asiatische Marienkäfer uns wirklich nur, weil er Hauswände befällt und von dort schwer zu beseitigen ist, oder gibt es noch andere Probleme, die der eigentliche Glücksbringer mit sich bringt? Klar ist, dass der aus Asien stammende Marienkäfer in Deutschland für Beunruhigung sorgt. Seine Anwesenheit ist nicht nur nervenaufreibend für Hausbesitzer und -bewohner, sondern hat auch verheerende Auswirkungen auf die heimische Flora und Fauna. Wie so viele gebietsfremde Arten wirkt auch er sich negativ u. a. auf die Biodiversität, also die Arten- und Lebensraumvielfalt, aus.4 Besonders betroffen ist hierbei der Siebenpunkt-Marienkäfer, der bereits immer weniger in seinem Heimatland gesichtet wird. Neben den Gefahren auf biologischer Ebene beeinträchtigt der Käfer allerdings ebenso die Wirtschaft des Landes. Vor allem Weinbauer haben mit ihm zu kämpfen, da er die Qualität des Weines erheblich verschlechtert und dieser dadurch nur schwer zu verkaufen ist.5 Doch wie kann es durch ein so kleines Tier wie den Asiatischen Marienkäfer Harmonia axyridis zu all diesen Schwierigkeiten kommen? Und welche Bedeutung hat seine zunehmende Verbreitung in Deutschland? 3

http://www.augsburger-allgemeine.de/panorama/Warum-jetzt-so -viele-Marienkaefer-in -der-Wohnungsind-id31735782.html, 04.08.15 4 http://www.spektrum.de/lexikon/biologie/biodiversitaet/8597, 15.09.2015 5 Penseler, Claudia: Der Asiatische Marienkäfer (Harmonia axyridis) – in Neozoon in Deutschland, Ändert er was?, Eberswalde 2012, S. 10 ff.

-51.3

Zielsetzung und Methodik

Das Ziel meiner Arbeit ist es, den Asiatischen Marienkäfer als eines der zahlreichen Lebewesen, die nach Deutschland eingeschleppt wurden, vorzustellen; die Problematik, die er als gebietsfremdes Tier mit sich bringt, anschaulich zu erläutern; sowie einen Ausblick auf die Zukunft, falls eine fortlaufende Verbreitung der Fall ist, zu geben. Hierzu werde ich zunächst die Begriffe Neobiota, Neozoa und invasive Arten erklären, da diese für das Verständnis der weiteren Arbeit unerlässlich sind. Weiterhin stelle ich den Asiatischen Marienkäfer vor, indem ich auf phänotypische Besonderheiten hinweise, eine Klassifizierung vornehme sowie auf dessen Herkunft, die Einschleppung nach Deutschland und Deutschland als seinen neuen Lebensraum eingehe. Dahingehend teile ich ihn als Neobiota bzw. Neozoon in Deutschland ein. Der Hauptteil meiner Arbeit behandelt zudem die Auswirkungen, die der Asiatische Marienkäfer in Deutschland mit sich bringt. Um den Rahmen der Arbeit nicht zu sprengen, gleichzeitig aber einen breit gefächerten Blick auf die vielseitigen, problematischen Konsequenzen des Käfers zu werfen, grenze ich die Erläuterung der Auswirkungen ein. Somit beziehe ich mich lediglich auf die Folgen, die er für einen heimischen Marienkäfer (Coccinella septempunctata) hat. Die Anzahl der betroffenen Tiere ist jedoch sehr viel größer. Ebenso werfe ich einen Blick auf die Auswirkungen auf wirtschaftlicher und sozialer Ebene, wobei ich mich hierbei nur auf die Problematik des Marienkäfers im Weinbau und in deutschen Haushalten beziehe. Abschließend runde ich meine Arbeit mit einer knappen Zusammenfassung des Inhalts ab und gebe einen Ausblick auf die mögliche Zukunft von Harmonia axyridis in Deutschland.

-62

Begriffsbestimmung

Der Asiatische Marienkäfer ist nicht das einzige Beispiel für Lebewesen, die sich in den vergangenen Jahren und Jahrhunderten in neuen Gebieten, fernab ihrer Heimat, etabliert haben. Da gibt es, um nur einige der bekanntesten Ausreißer zu nennen, den nordamerikanischen Waschbären, der mittlerweile nahezu ganz Europa erobert hat, das indische Springkraut, das an deutschen Flussufern bereits eine große Rolle spielt, oder auch die Chinesische Wollhandkrabbe, die über das Ballastwasser der Schiffe hierher kam. Andererseits gibt es auch Pflanzen und Tiere, die in ihrem neuen Lebensraum weniger erfolgreich waren und nicht überleben konnten. Trotz alledem haben all diese Lebewesen etwas gemeinsam: Sie sind gebietsfremd, ihre Heimat ist oft weit entfernt und der Mensch spielte bei ihrer Einschleppung eine erhebliche Rolle.6 Diese Gruppe von Pflanzen und Tieren, die auch als „Einwanderer, Eindringlinge, Fremde, Invasoren oder gar Aliens betitelt [werden]“7, nennt man in der Wissenschaft Neobiota.

2.1

Neobiota und Neozoa

Der Begriff Neobiota stammt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie neues Leben (neo = neu, bios = Leben). Dazu zählen alle Lebewesen, die nicht einheimisch in einem bestimmten Areal sind.8 Neben indigenen Lebewesen, also Tier- und Pflanzenarten, die heimisch sind, existieren auch noch Organismen, die nicht heimisch und demnach gebietsfremd bzw. allochthon9 sind. Diese gebietsfremden Tiere und Pflanzen wurden meist – beabsichtigt oder unbeabsichtigt – durch den Menschen eingeschleppt, was eine weitere Gemeinsamkeit aller Neobiota darstellt.10 Hierzu zählen in der Regel nur all jene Arten, die nach der Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus im Jahr 1492 durch den Menschen in neue Gebiete gelangt sind, in denen sie sich 6

Ludwig, Mario: Invasion, Wie fremde Tiere und Pflanzen unsere Welt erobern, Stuttgart 2010, S. 8 ff. Ludwig, Mario: Invasion, Wie fremde Tiere und Pflanzen unsere Welt erobern, Stuttgart 2010, S. 8 8 https://www.potsdam.de/sites/default/files/documents/1._was_ist_eine_biologische_invasion.pdf, 12.09.15 9 http://www.spektrum.de/lexikon/biologie/allochthon/2240, 12.09.15 10 https://www.bfn.de/0302_neobiota.html, 23.07.15 7

-7erfolgreich fortpflanzen und ausbreiten konnten. Dieser Zeitpunkt wurde von Wissenschaftlern nicht willkürlich gewählt: So gilt das Jahr 1492 in der Geschichte als „Beginn einer neuen weltweiten Mobilität der Menschheit“11, wodurch sich die Fernhandelsbeziehungen verstärkten und der Mensch aktiv und passiv Pflanzen, Tiere und Pilze zu neuen Arealen transportieren konnte.12 Neben den Pflanzenarten, die fachlich korrekt auch als Neophyten (griechisch: Neophyta) bezeichnet werden, und den Pilzen, die zu den Neomyceten zählen, gibt es noch die Tiere, die Neozoen (griechisch: Neozoa). Diese stellen mit 1400 Arten allein in Deutschland die größte Gruppe der Neobionten (griechisch: Neobiota) dar.13 Laut Definition sind Neozoen demnach „Tierarten, die seit 1492 durch den Menschen – absichtlich oder zufällig – in für sie auf natürlichem Wege unerreichbare Gebiete gelangt sind und sich dort erfolgreich fortpflanzen und ausbreiten [konnten].“14 2.2

Invasive Arten

Nicht alle gebietsfremden Arten können sich erfolgreich in dem neuen Areal, in dem sie sich nach ihrer Einschleppung befinden, integrieren. Es gibt zahlreiche Neobiota, deren Lebensdauer nur gering war, da sie sich nicht genügend an die neue Umgebung anpassen und bestimmte Voraussetzungen zum Überleben nicht erfüllen konnten. Invasive Arten dagegen sind besonders anpassungsfähige Neobiota und bilden meist rasch neue Generationen. Charakteristisch für sie ist eine invasionsartige, oftmals aggressive Ausbreitung in fremden Gebieten. Invasive Arten zeigen auf ökologischer, ökonomischer, aber auch medizinischer Ebene Auswirkungen. So ist die Verdrängung heimischer Arten eine der größten Konsequenzen.15 Eine Art gilt jedoch erst dann als invasiv, wenn sie über 25 Jahre oder über mehr als drei Generationen in ihrem neuen Lebensraum überlebt hat.16 11

Ludwig, Mario: Invasion, Wie fremde Tiere und Pflanzen unsere Welt erobern, Stuttgart 2010, S. 9 Penseler, Claudia: Der Asiatische Marienkäfer (Harmonia axyridis) – in Neozoon in Deutschland, Ändert er was?, Eberswalde 2012, S. 9 13 Ludwig, Mario: Invasion, Wie fremde Tiere und Pflanzen unsere Welt erobern, Stuttgart 2010, S. 9 14 Ludwig, Mario: Invasion, Wie fremde Tiere und Pflanzen unsere Welt erobern, Stuttgart 2010, S. 9 15 http://www.waldwissen.net/dossiers/lwf_dossier_invasive_arten/index_DE, 01.09.2015 16 Ludwig, Mario: Invasion, Wie fremde Tiere und Pflanzen unsere Welt erobern, Stuttgart 2010, S. 10 12

-83

Der Asiatische Marienkäfer als Neozoon in Deutschland

Harmonia axyridis (PALLAS, 1771), wie der wissenschaftliche Name des Asiatischen Marienkäfers lautet, ist eines der zahlreichen Neozoen in Deutschland. Aufgrund seiner vielfältigen Phänotypen und einem für Marienkäferarten unüblich breiten Spektrum an Farben wird er oft auch als vielfarbiger Marienkäfer (im Engl.: Multicolored Asian Lady Beetle ) bezeichnet.17 Weitere Namen, mit denen man ihn in Verbindung setzt, sind „Japanischer, Harlekin-, Halloween-Marienkäfer bzw. Southern oder Pumpkin Ladybird“.18

Abbildung 2: Farbmorphen des Asiatischen Marienkäfers19 Ebenso auffällig und untypisch für eine Art ist, dass Harmonia axyridis „zwischen 0 und 21 (meist jedoch 19)“20 Punkte haben kann. Allgemein spricht man bei diesem Tier deshalb von einem Polymorphismus, da der Käfer auch innerhalb einer Population verschiedene Phänotypen (also mehr als zwei) aufzeigt.21

17

Steyrer, Gottfried: Der Asiatische Marienkäfer: Ein weiterer Herbergsucher, in: Forstschutz Aktuell, Ausgabe 45, S. 23-25 18 Steyrer, Gottfried: Der Asiatische Marienkäfer: Ein weiterer Herbergsucher, in: Forstschutz Aktuell, Ausgabe 45, S. 23-25 19 Abb. 2: http://www.kerbtier.de/Pages/Themenseiten/deCoccinellidae.html, 24.08.15 20 Penseler, Claudia: Der Asiatische Marienkäfer (Harmonia axyridis) – in Neozoon in Deutschland, Ändert er was?, Eberswalde 2012, S. 14 21 https://de.wikipedia.org/wiki/Morphe, 23.09.2015

-93.1

Herkunft und Systematik

Wie alle Lebewesen wird auch diese Art systematisch eingeteilt. So gehört der Asiatische Marienkäfer taxonomisch zum Stamm der Wirbellosen (Arthropoden)22, zu der Klasse der Insekten (Insecta), der Ordnung der Käfer (Coleoptera), der Familie der Marienkäfer (Coccinellidae), der Unterfamilie der Coccinellinae, der Gattung Harmonia und der Art axyridis.23 Weitere Unterteilungen, z. B. in die Unterordnung, können gemacht werden, sind hier jedoch nicht relevant. Der ursprüngliche Lebensraum des Asiatischen Marienkäfers liegt im Nahen Osten. Hier gibt es vor allem Vorkommen in China, Japan, der Mongolei, Nordund Südkorea, Vietnam, Kasachstan und Kirgistan (Altai-Gebirge) sowie in Russland. Die unten dargestellte Abbildung zeigt alle Ursprungsareale des Harlekin-Käfers, wobei die grauen Punkte die bereits in der Literatur angegebenen Lebensräume sind und die schwarzen Punkte diejenigen Orte darstellen, an denen der Marienkäfer schon untersucht wurde.

Abbildung 3: Herkunftsorte des Asiatischen Marienkäfers24

22

Penseler, Claudia: Der Asiatische Marienkäfer (Harmonia axyridis) – in Neozoon in Deutschland, Ändert er was?, Eberswalde 2012, S. 13 23 http://tierdoku.com/index.php?title=Asiatischer_Marienk%C3%A4fer, 24.08.2015 24 Abb. 3: http://www.zin.ru/animalia/coleoptera/rus/ukrpdf15.htm, 12.09.2015

- 10 Andere Kennzeichnungen in der Karte können unbeachtet bleiben, da sie lediglich eine genauere Auskunft über die Gebiete preisgeben.25

3.2

Die Einschleppung nach Deutschland

Bereits im Jahr 1916 ging der Asiatische Marienkäfer auf seine erste lange Reise in die Vereinigten Staaten.26 Schon damals erkannte man den hohen Nutzen in der biologischen Schädlingsbekämpfung, über den der Käfer aufgrund seiner „überaus beeindruckende[n] ‚Blattlausvertilgungsrate‘“27 verfügt. Diese bewusste Einführung des Marienkäfers missglückte damals jedoch. Nach erneuten Versuchen zwischen 1960 und 1980 war die Etablierung in den USA letztendlich erfolgreich, wodurch sich Harmonia axyridis erstmals als Neozoon in einem anderen Land verbreiten konnte. Fast zeitgleich wurde der aus Asien stammende Käfer in der Ukraine, also in Europa, eingesetzt, wo aber bis heute keine freilebenden Populationen gesichtet worden sind. Ein weiterer Aussetzungsort in Europa war beispielsweise Weißrussland (1968). Den Weg nach Deutschland ermöglichte erst die bewusste Einschleppung des Schädlingsbekämpfers nach Frankreich, wo er ab 1992 – zehn Jahre nach seiner Einfuhr aus China – in Massen gezüchtet und verkauft wurde. Insgesamt wurde der vielfarbige und nützliche Marienkäfer offiziell in sieben Ländern verkauft (Frankreich, Belgien, Niederlande, Spanien, Portugal, Italien, Griechenland). Jedoch entkamen einige Zuchttiere z. B. aus den Gewächshäusern, in denen sie – als Ersatz für chemische Insektizide – eingesetzt wurden, um Pflanzen von Blattläusen zu befreien. Eine rasche und unkontrollierte Ausbreitung in der freien Natur war hiermit in Gang gesetzt und ermöglichte dem Käfer die Ausbreitung in nahezu allen Teilen Europas.28

25

http://www.zin.ru/animalia/coleoptera/rus/ukrpdf15.htm, 12.09.2015 Katsanis, Angelos: Staubsauger und ungenießbarer Wein – der Asiatische Marienkäfer, in: Nentwig: Wolfgang (Hrsg.): Unheimliche Eroberer, Invasive Pflanzen und Tiere in Europa, 1. Auflage, Bern/Stuttgart/Wien 2011, S. 105 27 Ludwig, Mario: Invasion, Wie fremde Tiere und Pflanzen unsere Welt erobern, Stuttgart 2010, S. 67 28 Penseler, Claudia: Der Asiatische Marienkäfer (Harmonia axyridis) – in Neozoon in Deutschland, Ändert er was?, Eberswalde 2012, S. 16 ff. 26

- 11 In der folgenden Grafik sind alle bekannten Aussetzungsorte (Punkte) und Verbreitungsgebiete (gestrichelte Flächen) gekennzeichnet. Auffällig ist, dass der Marienkäfer nur vereinzelt im Osten Europas vorkommt, wohingegen westliche Teile des Kontinents weitestgehend betroffen sind. Grund hierfür ist womöglich die Vermarktung des Tieres im mitteleuropäischen Raum in den späten 1990ern.

Abbildung 4: Aussetzungsorte und Verbreitungsgebiete des Asiatischen Marienkäfers (Stand: 2008)29 Deutschland erreichte der Käfer wahrscheinlich schon 1999, als je eine Population der Art in Hamburg und in Frankfurt-Niederrad registriert wurde. Etwas später gab es weitere Vorkommen im Rhein-Main-Gebiet. Nach der schlagartigen Verbreitung in Westdeutschland (2002) galt Harmonia axyridis bald im ganzen Land als etabliert (2006) und war als Neozoon nicht mehr zu stoppen.30

29

Abb. 4: Bidinger, Kerstin: Schadpotenzial gebietsfremder, invasiver Käferarten unter Berücksichtigung des globalen Klimawandels und rechtlicher Aspekte, Trier 2012, S. 20 30 Penseler, Claudia: Der Asiatische Marienkäfer (Harmonia axyridis) – in Neozoon in Deutschland, Ändert er was?, Eberswalde 2012, S. 16 f.

- 12 3.3

Der neue Lebensraum

Wie auf den Abbildungen 4 und 5 zu sehen ist, lebt Harmonia axyridis bislang hauptsächlich im nördlichen Teil Deutschlands und in den Gebieten an den Grenzen zu den Benelux-Staaten und Frankreich, wo das Insekt flächendeckend vorkommt. Es ist davon auszugehen, dass der vielfarbige Marienkäfer sich auch im Süden des Landes weiter verbreiten wird, da dort dieselbe ökologische Nische vorherrscht. Demnach sind im gesamten Land und darüber hinaus dieselben biotischen und abiotischen Umweltfaktoren gegeben, die für den Asiatischen Marienkäfer zur Bildung lebensfähiger Populationen notwendig sind.31

Abbildung 5: Verbreitung des Asiatischen Marienkäfers in Europa32 Zusätzlich hat der Marienkäfer nur sehr geringe Habitatansprüche und gilt daher als euryök. Er lebt sowohl in Wäldern, auf Wiesen und Feldern, als auch in urbanen Regionen, sprich Städten, wo er beispielsweise in Parks und Siedlungen 31 32

http://www.spektrum.de/lexikon/biologie/oekologische-nische/47465, 15.09.2015 Abb. 5: http://www.europe-aliens.org/speciesFactsheet.do?speciesId=50711#, 15.09.2015

- 13 aufzufinden ist. Bevorzugt werden von ihm jedoch heterogene Lebensräume mit höherer Strukturvielfalt. Im Allgemeinen sind alle Marienkäferarten sehr anpassungsfähig und kommen in den verschiedensten Biotopen auf der ganzen Welt vor. Welches Gebiet sie letztendlich ansiedeln, hängt in der Regel von der Beutedichte ab. Dass der Käfer sich so erfolgreich etablieren konnte, hat seine Gründe: Zum einen verfügt er – wie bereits erwähnt – über eine hohe Anpassungsfähigkeit und Nachkommensrate, zum anderen hat er nur geringe Umweltansprüche und kaum (Fress-)Feinde.33

33

Penseler, Claudia: Der Asiatische Marienkäfer (Harmonia axyridis) – in Neozoon in Deutschland, Ändert er was?, Eberswalde 2012, S. 15 ff.

- 14 4

Auswirkungen, die der Asiatische Marienkäfer in Deutschland mit sich bringt

Die bewusste Einschleppung des Asiatischen Marienkäfers nach Europa und die damit verknüpfte Verbreitung in Deutschland war und ist nicht ohne Folgen. Anfangs eher im Norden nahe Belgien vertreten, verbreitete er sich bis heute nahezu im gesamten mitteleuropäischen Raum, wovon auch Deutschland betroffen ist. Ob auf ökologischer oder ökonomischer Ebene – der Käfer, in dem man einst einen positiven Nutzen sah, verursacht heutzutage erhebliche Schäden. Besonders betroffen sind dabei aus biologischer Sicht heimische Arten wie der Siebenpunkt-Marienkäfer. Zusätzlich beeinträchtigt er in erheblichem Maße die Bürger Deutschlands, vor allem aber die Winzer.34 4.1

Die Gefährdung des einheimischen Marienkäfers

Die Liste der Tiere, die der vielfarbige Marienkäfer – meist negativ – beeinflusst, ist sehr umfangreich.35 Der Siebenpunkt-Marienkäfer Coccinella septempunctata, der sich zunächst lediglich durch die Gattung (Coccinella) und die Art (septempunctata) von seinem asiatischen Verwandten unterscheidet, ist dabei eine der am meisten von Harmonia axyridis beeinflussten Tierarten in Deutschland.36

4.1.1 Der (ursprüngliche) Lebensraum des einheimischen Marienkäfers Coccinella septempunctata Der Siebenpunkt-Marienkäfer ist in Deutschland heimisch. Von den rund 82 Arten, die es in Deutschland gibt, ist er der bekannteste Marienkäfer.37

34

http://www.welt.de/wissenschaft/article110679672/Asiatischer-Marienkaefer-richtet-immenseSchaeden-an.html, 20.09.2015 35 Katsanis, Angelos: Staubsauger und ungenießbarer Wein – der Asiatische Marienkäfer, in: Nentwig, Wolfgang (Hrsg.): Unheimliche E...


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