Fertiges Skript STrafrecht AT PDF

Title Fertiges Skript STrafrecht AT
Author Till Wuttke
Course Strafrecht I
Institution Universität Osnabrück
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Summary

Kurz gefasstes, allein fertiggestelltes Skript zum genannten Buch....


Description

Skript Strafrecht AT

Rudolf Rengier; Strafrecht allgemeiner Teil 9. Auflage

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1. Kapitel 1) Einführung in das Strafrecht I Das materielle Strafrecht des StGB -Drei Stufen der Strafbarkeitsvorraussetzungen, die die zentralen Bausteine „der Straftat“ darstellen: 1. Tatbestandsmäßigkeit 2. Rechtswidrigkeit 3. Schuld II Materielles Strafrecht außerhalb des StGB -außerhalb des StGB gibt es auch wichtige Straftatbestände, für welche doe Regln des AT entsprechend gelten -> man spricht von strafrechtlichen Sondergebieten und vom Nebenstrafrecht -z.B. ist das Betäubungsmittelstrafrecht on einem besonderen Betäubungsmittelgesetz enthalten III Das formelle Strafrecht (Strafprozessrecht) -In Abgrenzung zum materiellen Strafrecht versteht man unter dem formellen Strafrecht das Strafprozessrecht oder auch Strafverfahrensrecht, hauptsächlich in der Strafprozessordnung (StPO) geregelt

IV Ordnungswidrigkeitenrecht -> „kleines Strafrecht“ um bestimmte Handlungen zu sanktionieren, die das Gemeinschaftsleben stören, aber nicht so gravierend sind, dass sie eine Kriminalstrafe verdienen Beispiel: Strafverkehrsordnung (vgl. §24 StVG) -es gibt nur eine Geldbuße und niemals eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe V Weitere Gebiete des Strafrechts „Kriminalwissenschaften“ bzw. „gesamte Strafrechtswissenschaft“ Beispiele: Jugendstrafrecht, Kriminologie, Strafvollzug, Internationales und Europäisches Strafrecht …

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Pflichtfachstoff und Schwerpunktbereiche Pflichtfachstoff in der Regel aus dem AT die Lehre von der Straftat mit den §§ 13-35, große Zahl ausgewählter Delikte des BT und Bereiche des Strafprozessrechts#

2) Aufgabe des Strafrechts und Strafzwecke (Straftheorien) I Aufgabe des Strafrechts 1. Rechtsgüterschutz - Mit dem Begriff Rechtsgut werden die ideellen Werte bezeichnet, die hinter den Straftatbeständen stecken -> z.B. das Leben (§§ 211 ff.), die körperliche Unversehrheit (§§ 233 ff.) ,die Freiheit ( §§ 239 ff.), das Eigentum (§§ 242 ff.) und die Rechtspflege (§§153 ff.) - das Rechtsgut darf nicht mit Tatobjekt verwechselt werden (z.B. Mensch in §212 I) -Funnktion des Strafrechts, dem Rechtsgüterschutz zu dienen, wird in den Ver- und Gebotsnormen sichtbar ( z.B. Überschrift §§ 5,6) -2 Gruppen von Rechtsgütern: 1. Individualrechtsgüter oder Rechtsgüter des Einzelnen (z.B. Leben, Leib, Freiheit, Eigentum und Vermögen) 2. Universalrechtsgüter oder Rechtsgüter der Allgemeinheit: (z.B. Rechtspflege, Umwelt, Sicherheit des Straßenverkehrs 2. Strafrecht als „ultima ratio“ -Das Strafrecht stellt das schärfste Machtinstrument dar, über das die Staatsgewalt verfügt -> daher darf Staatsgewalt nicht in beliebiger Weise eingesetzt werden, sondern nur als: „ultima ratio“ -> „äußerstes Mittel“ -Der Vorrang milderer/anderer Mittel ergibt sich aus Verhältnismäßigkeit (wurzel im Rechtsstaatsprinzip Art. 20 III GG) -Subsidiarität des Strafrechts: -> dem Strafrecht fällt allein die Aufgabe zu, besonders sozialschädliche Verhaltensweisen zu bekämpfen

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-Im Zusammenhang mit dem Ulrima-Ratio-Gedanken: fragmentischer Charakter des Strafrechts, dass nur bruchstückhaft besonders sozialschädliche Angriffe auf Rechtsgüter erfasst II Strafzwecke ( Straftheorien) 1. Absolute Straftheorien Vergeltungstheorie: Strafe wird als Vergeltung für das begangeneUnrecht verhängt, zugleich dient sie dem Schuldausgleich und stellt auf diese Weise die Gerechtigkeit wieder her (Inselbeispiel Kant) Sühnetheorie: Strafe soll den Täter mit der Rechtsordnung wieder versöhnen 2. Relative Straftheorien a) Einführung -„relativ“-> Sinn der Strafe bezieht sich auf den präventiven Zweck der künftigen Verhütung von Straftaten Theorie der Generalprävention-> die allgemeinheit als Adressat Theorie der Spezialprävention-> Täter - es muss jeweils zwischen negativen unf positiven Aspekt unterschieden werden b) Generalprävention: negative Generalprävention: Zweck der Strafe ist Abschreckung der Allgemeinheit. Androhung, Verhängung und Vollzug sollen Furcht vor Strafe erzeugen und so die Bevölkerung von der Begehung strafbarer Handlungen abhalten Kritik: maßlose Strafen positive Generalprävention: Strafe dient der Erhaötung und Stärkung des Vertrauens in die Bestands- und Durchsetzungskraft der Rechtsordnung. Die Begehung von Straftaten rentiert sich nicht und rechtstreues Verhalten lohnt sich. Kritik: individuelle Persönlichkeit des Straftäters unberücksichtigt c) Spezialprävention negative Spezialprävention: Gesellschaft muss vor dem nicht besserungsfähigen Straftäter beschützt werden

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Kritik: Wiederholungstäter wie nicht besserungsfähige Schwarzfahrer müssten durch Verhängung unverhältnismäßig hoher Freiheitsstrafen aus dem Verkehr gezogen werden positive Spezialprävention: Strafe dient dazu den besserungsfähigen Straftäter zu bessern, also durch Resozialisierung wieder in die Gesellschaft einzugliedern, der nicht verbesserungsfähige Gelegenheitstäter soll von der Begehung weiterer Straftaten abgeschreckt werden Kritik: man könnte kaum Verhängung von Strafen gegen Konflikttäter legitimieren, die in einer einmaligen Lebenssituation jemanden umbrigen oder vor Gericht falsch aussagen 3. Vereinigungstheorien -> keine Straftheorie überzeugt für sich allein betrachtet, man braucht Vereinigungstheorien, die die Strafzwecke in ein ausgewogenes Verhältnis bringen -> vergeltende Vereinigungstheorie : -sütztsich auf §46 I 1 -sieht in Strafe eine repressive Übelzuführung, die dem gerechten Schuldausgleich dient -Maß der individuellen Schuld bildet Rahmen für Strafzumessung, bei der allen Präventionszwecken Raum gegeben wird -Generalprävention wird im StGB in §§ 47 I, 56 III aufgenommen -Spezialprävention wird in §§ 46, I 2, 47 I, 56 I 2 StGB aufgenommen, soweit von Wirkungen und Einwirkungen auf Täter gesprochen wird

präventive Vereinigungstheorie -erkennt Vergeltung als besonderen Strafzweck nicht an, da ein der Bekämpfung sozialschädlichem Verhalten und dem Rechtsgüterschutz verpflichtetes Strafrecht keine von sozialen Zwecken losgelöste Strafe verhängen kann 4. Gesetzlichkeitsprinzip (Garantiefunktion des Strafrechts) 1. Grundlagen -§1 Keine Strafe ohne Gesetz ->nullum crimen, nulla poena sine lege

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- das Gesetzlichkeitsprinzip garantiert, dass sich die Strafbarkeit einer Verhaltensweise nur aus einem vor der Tat erlassenen Gesetz ergeben kann -das Gesetzlichkeitsprinzip schützt den Bürger vor willkürlicher und unberechenbarer Strafverfolgung und soll Bürger ermöglichen, sein Verhalten im Strafrecht so einzurichten, dass Strafbarkeit vermieden werden kann -crimen -> Strafbarkeitsvorraussetzung -poena -> Rechtsfolgenseite 2. Schutzbereich -Schutzbereich des Art. 103 GG beschränkt sich auf Strafbarkeit, also auf das materielle Strafrecht -> staatliche Maßnahmen als repressive Reaktion um auf tatbestandsmäßiges, rechtswidriges und schuldhaften Verhalten eine Strafe zu verhängen -Außerhalb des Schutzbereichs liegen Maßregeln für die Besserung und Sicherung (§61) -weiter erfasst wird nicht das formelle Strafrecht -Verletzungen des Art. 103 GG kann jeder Betroffene im Wege der Verfassungsbeschwerde geltend machen 3. Die vier Einzelprinzipien 1. Grundlagen Aus Gesetzlichkeitsprinzip des Art. 103 GG ergeben sich vier Einzelprinzipien: 1) Verbot von Gewohnheitsrecht 2) Rückwirkungsverbot 3) Verbot unbestimmter Strafgesetzte oder Bestimmtheitsgebot 4) Analogieverbot 2. Verbot von (belastendem Gewohnheitsrecht) -Gewohnheitsrecht kann durch lanhandauernde Rechtsausübung entstehen, die von einer allgemein anerkannten Rechtsüberzeugung getragen werden, da aber strafrechtliche Unrechtsfolgen nur aus einem geschriebenen Gesetz abgeleitet werden dürfen, ist es nicht denkbar, dass neue gewohnheitsrechtlihce Straftatbestände oder neue Sanktionen entstehen -da das Gesetzlichkeitsprinzip den Bürger schützen soll, steht es der Herausbildung des Gewohnheitsrechts zugunsten des Täters nicht entgegen (z.B. Rechtfertigungsgrund der Einwilligung) -Gewohnheitsrecht kann sich auch zurückbilden (z.B. Züchtigungsrecht des Lehrers)

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3. Rückwirkungsverbot a) Beschränkung auf den Bereich der Strafbarkeit -Rückwirkungsverbot verbietet im Bereich der Strafbarkeit strafrechtliche Unrechtsfolgen auf ein zur Zeit der Tatbegehung noch nicht geltendes Gesetz b) Rückwirkende Änderung der Rechtssprechung -Garantie des Art. 103 II erstreckt sich nur auf gesetzliche Bestimmungen der Strafbarkeit -> somit ist Straftäter nicht davor geschützt, dass Rechtssprechung ihre Meinung zu seinen Ungunsten ändert und insoweit belastet c) Rückwirkende Verlängerung von Verjährungsfristen -Mord verjährt nicht (§78 II) -herrschende Meinung: Verlängerung der Verjährungsfrist zulässig, sofern die Frist noch nicht abgelaufen ist -unzulässig ist nur eine Wiedereröffnung bereits abgelaufener Verjährungsfristen d) Rückwirkende Änderung von Strafantragserfordernissen -fraglich e) konkretisierung durch § 2 -nach §2 I ist Rechtslage maßgebend, die zur Zeit der Tat gilt -§ 2 III knüpft daran an, dass nach Art. 103 GG einer Rückwirkung zugunsten des Täters nichts im Wege steht -Ausnahme für Zeitgesetze, wie z.B. Notstands- und Kriegsgesetze 4. Verbot unbestimmter Strafgesetze (Bestimmtheitsgebot) -gilt für Strafbarkeitsvorraussetzungen und Strafandrohungen -Verfassungswidrig sind generalklauselartige Straftatbestände nach Vorbild der §§ 138,242,826 BGB —> Auf der Rechtsfolgenseite zu unbestimmt wäre ein unbegrenzter Strafrahmen 5. Analogieverbot -Rückwirkungsverbot korrespondiert mit dem an die Rechtssprechung gerichteten Verbot analoger oder gewohnheitsrechtlicher Strafbegründung oder Strafverschärfung

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-Analogie -> Ausdehnung eines Merkmals oder Rechtssatzes auf einen nach dem möglichen Wortsinn des Gesetzes nicht mehr erfassten,vergleichbaren Fall ->Analogie setzt gesetzliche Regelungslücke voraus (Strafbarkeitslücke) —> von Art. 103 GG wird verboten, solche Strafbarkeitslücken zuungunsten des Täters durch eine den Wortlaut verlassende Auslegung von Strafgesetzen zu schließen -Analogien zugunsten des Täters dteht Art. 103 II GG nicht entgegen 5. Methoden der Auslegung 1. Grammatikalische Auslegung !

Was besagt der Wortlaut? Wortsinn? Analyse des Wortlauts des Gesetzestextes bzw. einzelner Wörter nach deren Wortsinn und Bedeutung, wobei hierbei der Alltags- sowie der Fachsprachgebrauch wichtig ist. Der Rechtsanwender darf sich in den Wortlautgrenzen frei bewegen und darf sich somit auch für eine dem Täter ungünstigere Wortauslegung entscheiden. 2. Historische Auslegung Was hat sich der Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes gedacht? Der Wille des Gesetzgebers wird analysiert. Aus der Entstehungsgeschichte können sich z.B. wichtige Erkenntisse für den Regelungszweck einer Norm ergeben. 3. Systematische Auslegung Was kann man aus der Stellung des Gesetzes schließen? Viele Tatbestände klären sich aus der Stellung im Gesetz. Man fragst nach dem Gesetzeszusammenhang. Blick z.B. auf andere Absätze, Varianten derselben Vorschrift, oder auf benachbarte Vorschriften und das Verhältnis zu ähnlichen Tatbeständen. 4. Teleologische Auslegung Was ist Sinn und Zweck der Vorschrift? Überschneidungen mit anderen Vorschriften möglich. 6. Zur Rangfolge der Auslegungsmethoden

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Wertungen ergeben sich aus Abwägungsprozess. Meist wird die teleologische Auslegung die ausschlaggebende Bedeutung erlangen III. Ergänzende methodische Aspekte 1 Die verfassungskonforme Auslegung -Unterfall der teleologischen oder systematischen Auslegung -eine Norm darf nicht so interpretiert werden, dass das Ergebnis der Verfassung widerspricht 2. Unionsrechtskonforme Auslegung -bei mehreren vertretbaren Auslegungsmöglickeiten muss diejenige gewählt werden, welche der europarechtlichen Vorgabe am besten entspricht 3. Teleologische Reduktion -dominieren teleologische Aspekte, spricht man von teleologischer Reduktion 4.Erst-Recht-Schluss -„argumentum a fortiori“ - kommt in Form von „vom Größeren auf das Kleinere“ („argumentum a maiore ad minus“) oder in Form von „vom Kleinerem auf das Größere“ („argumentum a minore ad maius“) vor 6. Geltungsbereich des deutschen Strafrechts 1. Grundlagen und Aufgaben -§§3-7;9 : Strafanwendungsrecht -> schlichtes innerstaatliches Recht, das die Anwendbarkeit und den Geltungsbereich des deutschen Strafrechts regelt, außerdem beantworten sie die Frage, wie weit die deutsche Strafgewalt in Auslandsberührung reicht Fallbearbeitung: Aufbau 1. Erwähnung des in Frage kommenden Straftatbestandes 2. Feststellung des Auslandsbezuges 3. Prüfung der in Frage kommenden Anknüpfungspunkte der §§ 3 ff.

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4. Schutzbereichsfrage

herrschende Meinung: die Regeln des Strafanwendungsrechts gehören nicht zum gesetzlichen objektiven Tatbestand, sondern zu den objektiven Bedingungen der Strafbarkeit, demnach müssen die tatsächlichen Umstände nicht vom Vorsatz umfasst sein

II. Die §§3-7,9 als Anknüpfungspunkt 1. Grundlagen In Fällen der Auslandsberührung fragt sich, ob sich aus §§ 3-7,9 ein Anknüpfungspunkt für die Begründung der deutschen Gerichtsbarkeit ergibt. Durch das völkerrechtliche Nichteinmischungsprinzip ergib sich, dass der Staat einen legitimierenden bzw. sinnvollen Anknüpfungspunkt braucht, der unmittelbaren Bezug zwischen Strafsache und Inland herstellt -> Prinzipien des internationalen Strafrechts an denen sich auch §3 ff. orientieren 2. Territorialprinzip a) -knüpft unabhängig von Staatsangehörigkeit an Begehungsort der Tat an -zentrale Norm: § 3, durch §4 ergänzt -Reichweite durch § 9 I, wonach für Tun, Unterlassen sowohl Handlungs- als auch Erfolgort als Tatort gilt -> Ubiquitätsprinzip -bei Mittäterschaft und mittelbarer Täterschaft ist Tat an dem Ort begangen, an dem auch nur ein Beteiligter einen Tatort gemäß § 9 I begründet hat -Tatort in Teilnahmefällen regelt § 9 II b) Erfolgsbegriff des § 9 I - Streitigkeit darüber, was man unter zum Tatbestand gehörenden Erfolg (§ 9 I 3. Var.) zu verstehen hat -dabei steht im Ausgangspunkt Einigkeit darüber, dass darunter Erfolge im Sinne der klassischen Erfolgsdelikte ,d.h. derjenigen Tatbestände,die den Eintritt einer von der Tathandlung abtrennbaren Außenweltsveränderung verlangen, zu verstehen sind -> damit sind Verletzungs- und konkrete Gefährdungsdelikte gemeint, bei denen der Erfolgsort unproblematisch ist und dort liegt, wo Verletzungs- bzw. Gefahrerfolg eingetreten ist

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- für Beleidigungsdelikte : scheint jeder inländische Tatort für jede Beleidigung begründet zu sein, die irgendwo auf der Welt unter Ausländern im Internet begangen und in Deutschland zur Kenntnis genommen wird (=Kundgabeerfolg) c) Verbreitungs- und Äußerungsdelikte -> besonders umstritten bei Tatort im Internet -> dabei geht es um auf ausländischem Boden agierende Täter, die zum Beispiel eine der Tatbestände des § 130 (Volksverhetzung) erfüllen 3. Sonstige Prinzipien a) Aktives Personalitätsprinzip -Anknüpfungspunkt liegt in der deutschen Staatsangehörigkeit des Täters, der grundsätzlich auch bei Auslandstaten der deutschen Strafgewalt unterworfen ist -Anwendung des §7 II Nr. 1 setzt allerdings im Regelfall voraus, dass „die Tat am Tatort mit Strafe bedroht ist“ b) passives Personalitätsprinzip - Anknüpfung unabhängig vom Tatort an das inländische Opfer (z.B § 5 Nr. 6,, 7, 8a, 14 a; § 7 I) - § 7 I verlangt neben Tatortstrafbarkeit, dass sich Tat „gegen einen Deutschen“ richtet c) Schutzprinzip -Staatsgewalt darf ihr Strafrecht auf den Schutz bestimmter inländischer Rechtsgüter erstrecken 2 Ausprägungen: 1. Staatsschutzprinzip (oder Realprinzip) - Grundsatz betrifft bestimmte staatliche Interessen und erfasst auch Ausländer bei Aktivitäten im Ausland

2. Passives Personalitätsprinzip - individualrechtliche Form (siehe z.B. § 5 Nr. 6) d) Weltrechtsprinzip -Gedanke, dass jeder Staat seine Strafgewalt unabhängig von der Nationalität des Täters und vom Tatort auf bestimmte Rechtsgüter erstrecken kann, an

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deren Schutz ein weltweites gemeinsames Interesse aller Staaten besteht (siehe z.B. § 6) e) Prinzip der stellvertretenden Strafrechtspflege - siehe § 7 II Nr. 2 f) Kompetenzverteilungsprinzip -Ergänzung des internationalen Strafrechts -bei Taten, die der Strafgewalt mehrer Staaten unterliegen, durch völkerrechtliche Vereinbarungen Strafverfolgungskompetenzen zu regeln und dadurch Jurisditiktionskonflikte sowie Doppelverfolgungen zu vermeiden (-> Doppelbestrafungsverbot des Art. 103 III GG gilt nur für deutsche Gerichte) 4. Exterritorialität -nach §§ 18 ff. GVG sind namentlich genannte Mitglieder von diplomatischen und konsularischen Vertretungen nicht der deutschen Gerichtsbarkeit unterworfen, sie sind durch Immunität geschützt, was nach h.M. ein Verfahrenshindernis darstellt III Schutzbereich der deutschen Straftatbestände Neben den aus §§3-7,9 ergebenen Anknüpfungspunkte setzt deutsche Strafgewalt aus Fälle mit Auslandsberührung ein Verhalten voraus, welches den inländischen Rechtgüterschutz auslöst -nicht nur bei Auslandstaten gegen inländische Rechtsgüter (§5), sondern auch beim Schutz nach Sinn und Zweck ausländischer Rechtgüter und Interessen beschränkt sich nicht tatbestandsimmanent auf Schutz inländischer Rechtsgüter 7. Handlungslehren und Handlungsbegriff

Straftat: tatbestandsmäßige, rechtswidrige und schuldhafte Handlung Handlung: -willentliches Verhalten-> vom menschlichen Willen beherrschtes oder beherrschbares Verhalten -menschliches Verhalten-> nur natürliche Personen können handeln, nicht Tiere

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-nur äußerliches Verhalten kann Handlung sein -in der Regel sind automatisierte Verhaltensweisen (Spontanreaktionen, Kurzschlusshandlungen) Handlungen, weil gegebener Reiz Verhaltensweise mehr oder weniger automatisch, aber nicht zwangsläufig auslöst. Nicht- Handliung: -Verhaltensweise ohne Handlungsqualität scheiden als Anknüpfungspunkt für strafrechtlich relevantes Verhalten aus -Beim Unterlassen kommt es darauf an, ob das gebotene Verhalten „Außenwirkungen“ gehabt hätte -Verhaltensweisen, die durch äußere unwiderstehliche Gewalt erzwungen weden (vis absoluta) -Bewegungsvorgänge , die ohne Mitwirkung der Geisteskaft ablaufen, also ohne willentliche Steuerung ablaufen und deshalb der Beherrschbarkeit durch den Willen entzogen wird -> Strafbarkeit wegen fahrlässiger Tötung (§222),fahrlässiger Körperverletzung (§229) oder fahrlässiger Brandstiftung (§306d I) können Mangels Handlung nicht an die den tatbestandlichen Erfolg unmittelbar herbeiführenden Bewegungen anknüpfen -ohne Einschaltung der Geistekräfte gehören auch bloße Reflexbewegungen, die durch einen das Nervensystem treffenden Reiz ausgelöst werdenund willkürlich und regelhaft ablaufen

8. Aufbau und Inhalt der Tatbestände I. Zum Begriff des Tatbestandes Der Tatbestand umfasst alle Strafbarkeitsvorraussetzungen, auf die sich die Garantiefunktion des Art. 103 II GG erstreckt, also insbesondere die Stufen der Tatbestandsmäßigkeit, Rechtswidrigkeit, Schuld. Tatbestandsmäßigkeit im engeren Sinn: objektiver und subjektiver Tatbestand II. objektiver Tatbestand: -äußeres Erscheinungsbild der Tat 1.Tatsubjekt: „Wer..“ 2.Tatobjekt: Handlungsobjekt, wie Mensch, Urkunde, Sache 3. Tathandlung: strafbares Verhalten

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4. Weitere Tatbestandsmerkmale: -besondere Begehungsweisen (z.B. „211 II „heimtückisch“) -bestimmte Tatmittel (z.B. §224 I Nr. 2 „gefährliches Werkzeug) -Tatobjekt kokretisierend beschreiben (z.B. §242 I „fremd“ und „beweglich“) 5. ungeschriebene Tatbestandsmerkmale:! -Erfolgdelikte: Kausalität und objektive Zurechnung -Deskriptive Tatbestandsmerkmale: Tatsachenfeststellung zugänglich , lassen sich durch Beschreibung und ohne Wertung erfassen -Normative Tatbestandsmerkmale: -bedürfen juristischer Wertung ; „wertausfüllungsbedürftig“ ; nicht oder nur eingeschränkt real erfassbar -Übergänge zu deskriptiven teilweise fließend III. subjektiver Tatbestand: innere Haltung, Einstellung und...


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