Zusammenfassung Strafrecht AT PDF

Title Zusammenfassung Strafrecht AT
Course Strafrecht AT
Institution Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Pages 36
File Size 719.3 KB
File Type PDF
Total Downloads 94
Total Views 146

Summary

WS 18/19...


Description

Strafrecht I – WS 18/19 I.

Allgemeines

1. Geltungsbereich des dt. Strafrechts - Territorialitätsprinzip, §3 - Inlandstat, §9 - Flaggenprinzip, §4§ 4 - Weltrechtsprinzip, §6 - Staatsschutzprinzip, §5 - Personalitätsprinzip, §7 - passiv, Abs. 1 - aktiv, Abs. 2 - Problem der doppelten Bestrafung; „ne bis in idem“ 2. Begriff des Tatorts §9 - Ubiquitätsprinzip - Handlungsort - Erfolgsort - Täter - Teilnehmer

3. Einteilung der Straftaten 3.1. Vergehen/Verbrechen, §12 -> Der Versuch eines Vergehens ist stets strafbar (§23 I), der ersuch einen Begehens ist nur strafbar wenn es ausdrücklich in der Norm steht - große praktische Bedeutung, §§ 23 I, 30, §§ 153 ff. StPO 3.2. Erfolgs- und Tätigkeitsdelikte - Erfolgsdelikt: am Ende der Tat steht ein Erfolg, wenn dieser nicht eintritt normalerweise nur Versuchsdelikt, z.B. §212, §223 - Tätigkeitsdelikt: bloße Tätigkeit ist strafbar, z.B. §153, §316 - Sonderform: kupiertes Erfolgsdelikt (z.B. §242) 3.3. Verletzungsdelikte/Gefährdungsdelikte - kommt auf Intensität der Beeinträchtigung an - Verletzungsdelikt: jemand wird verletzt, §212, §223 - Gefährdungsdelikt: Gefährdung einer Person reicht aus - § 315 c (konkrete Gefährdung -> Erfolgsdelikt - § 316 (abstrakte Gefährdung) 3.4. Dauer- und Zustandsdelikte - Zustandsdelikt: Herbeiführung eines Zustandes, Handlung, bei der Delikt gleich endet, §212, §223 - Dauerdelikt: Aufrechterhaltung eines Zustandes, §239, §123 3.5. Begehungs- und Unterlassungsdelikte - Aktives Tun oder - Unterlassen - Echtes Unterlassungsdelikt, z.B. §138, §323c - Unechtes Unterlassungsdelikt §13 - Garantenpflicht!

1

3.6. Allgemeindelikte, Sonderdelikte, eigenhändige Delikte - Abgrenzung nach Täterkreis - Sonderdelikte Arzt, §203 Amtsträger, §§ 331 ff. - Eigenhändige Vornahme der Tathandlung Z.B. § 316 - Mittäterschaft scheidet aus 3.7. Versuchtes und vollendetes Delikt 3.8. Vorsatz- und Fahrlässigkeitsdelikte - Innere Beziehung des Täters zur Tat - „na wenn schon“ „wird schon gutgehen“ - Polizistenfall - Erfolgsqualifizierte Delikte 3.9. Grunddelikt und Qualifizierung - Beispiel: Vorsätzliche Tötungsdelikte - § 212: Grunddelikt - § 211: Qualifizierung - § 216: Privilegierung 3.10. Antragsdelikte (vgl. §77)

4. Der strafrechtliche Handlungsbegriff Eine Straftat ist eine tatbestandsmäßige, rechtswidrige und schuldhafte Handlung. Def.: Eine Handlung ist ein vom menschlichen Willen beherrschtes oder beherrschbares Verhalten (Tun oder Unterlassen). Keine Handlungen sind: - Akte von juristischen Personen - Verhaltensweisen von Tieren - Naturgewalten - Bloße Gedanken - Verhaltensweisen, die durch vis absoluta (äußere, unwiderstehliche Gewalt hervorgerufen werden (anders bei vis compulsiva – willensbeugende Gewalt) - Verhaltensweisen während Schlaf und Bewusstlosigkeit - anders Handeln vor dem Einschlafen - Reflexbewegungen (unmittelbar vom Empfindungszentrum auf das Bewegungszentrum - anders bei eintrainierten Spontanreaktionen/automatisierten Verhaltensweisen) - Handeln in Hypnose (str.)

2

II.

Das vollendete vorsätzliche Begehungsdelikt Deliktsaufbau Erfolgsdelikt I. Tatbestandsmäßigkeit 1. Objektiver Tatbestand a) Vorliegen einer Handlung b) Erfolg b) Kausalität c) Objektive Zurechnung 2. Subjektiver Tatbestand a) Vorsatz bzgl. aller objektiven Tatbestandsmerkmale b) Besondere subjektive Tatbestandsmerkmale (z.B. Zueignungsabsicht, § 242 StGB) II. Rechtswidrigkeit 1. Objektive Merkmale eines Rechtfertigungsgrundes 2. Subjektive Merkmale III. Schuld 1. Schuldunfähigkeit (§§ 19, 20 StGB) 2. Entschuldigungsgründe (z.B. §§ 33, 35 StGB) IV. Strafzumessungsregel (z.B. §§ 243, 213 StGB) V. Persönliche Strafmilderungs,- Strafausschließungs- und Strafaufhebungsgründe (z.B. §§ 137, 218 III, 258 V, VI StGB) VI. Prozessvoraussetzungen (z.B. §§ 230, 248a, 303c) Zu I.: Tatbestandsmäßig handelt der Täter, der den Tatbestand erfüllt (BT-Norm) Zu II.: = Umwelturteil der Gesellschaft Im Normalfall indiziert der erfüllte Tatbestand die Rechtswidrigkeit Aber: Rechtfertigungsgründe (Erlaubt eine Rechtfertigungsnorm (AT-Norm) ausnahmsweise tatbestandsmäßiges Handeln?) zu III.) Schuld ist die persönliche Vorwerfbarkeit an den individuellen Täter

1. Der Tatbestand Tatbestandsmerkmale: - Deskriptive - Sache - Normative („wertausfüllungsbedürftig“) - fremd - Schwierige Grenzziehung - Objektive (äußere) Merkmale  Der objektive Tatbestand - Subjektive (innere) Merkmale  Der subjektive Tatbestand

1.1 Der objektive Tatbestand Objektive Tatbestandsmerkmale: - Tatsubjekt = Täter - Tatobjekt - Tathandlung 3

Nur beim Erfolgsdelikt: - Erfolg - Kausalität zw. Tathandlung und Erfolg - Objektive Zurechenbarkeit des Erfolgs

Ungeschriebene Tatbestandsmerkmale

a) Kausalität und Zurechnung

aa). Erfolgsdelikte Bei diesen stellt sich die Frage, wann einer Person ein Erfolg gerade als ihr Werk zugerechnet werden kann. Grund: Die Erfolgsdelikte knüpfen die Strafbarkeit schlicht an einen Erfolg, z.B. §§ 212, 222, 223, 229 StGB. Bei Delikten dagegen, die nicht einen Erfolg kennzeichnen, sondern die Tathandlung exakt umschreiben, stellt sich die Frage der Zurechnung grundsätzlich nicht, z.B. §242 StGB Diebstahl, §263 StGB Betrug (kupierte Erfolgsdelikte), §154 StGB falscher Schwur (reines Tätigkeitsdelikt). Für die Klausur sind daher nur die Erfolgsdelikte problematisch.

bb). Elemente der Zurechnung 1. Der faktische Zusammenhang zwischen Täterhandlung und Erfolg (= Kausalität) Eine Handlung ist nach der herrschenden Bedingungs- oder Äquivalenztheorie für den Erfolg dann kausal, wenn sie nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit entfiele (conditio sine qua non). Dabei ist jede Handlung, die conditio sine qua non für den konkreten Erfolg ist, gleichwertig. Die Theorie führt auf diese Weise zu einem regressus ad infinitum (Rückgriff bis ins Unendliche). Merke für Fallbearbeitung: Man denkt die Handlung weg und fragt, ob ohne die Handlung der Erfolgseintritt – in seiner konkreten Gestalt – ausgeblieben wäre. Bei Bejahung ist die Handlung kausal, bei Verneinung ist Handlung nicht ursächlich. Kausalitätsprobleme: Problem 1: Formel vom Hinwegdenken setzt voraus, was durch sie erst ermittelt werden soll; sie ist also zirkelschlüssig. Problem 2: Hypothetische Kausalverläufe Eine Handlung führt zum Erfolg, der sonst in ähnlicher Weise durch eine andere Handlung herbeigeführt worden wäre. Aber solche hypothetischen Kausalverläufe (Reserveursachen) bleiben außer Betracht. Der Umstand, dass der Erfolg später aufgrund anderer Ereignisse ebenfalls eingetreten wäre, beseitigt die Kausalität nicht. Beispiele: - A bringt C eine tödliche Dosis Gift bei; bevor das Gift wirkt, wird C von B erschossen. - O liegt im Sterben. A will das Leiden des O verkürzen und tötet ihn

Problem 3: Abbruch rettender Kausalverläufe Die Formel vom Hinwegdenken bei gleichzeitiger Nichtberücksichtigungsfähigkeit 4

hypothetischer Kausalverläufe versagt beim Eingriff in rettende Kausalverläufe. Beispiel: Nichtschwimmer N droht zu ertrinken. Passant P wirft ihm einen Rettungsring zu. Bevor N diesen jedoch ergreifen kann, fischt T den Ring mit einer langen Stange wieder aus dem Wasser. In der Folge treibt N soweit ab, dass ein erneuter Rettungsversuch nicht mehr möglich ist und N ertrinkt. Mit Hilfe des Rettungsrings wäre N mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gerettet worden. Vorab: Man wirft T aktives Tun und nicht Unterlassen vor! Denkt man sich hier die Handlung des T hinweg und lässt gleichzeitig den hypothetischen Kausalverlauf, den P in Gang gesetzt hat, außer Betracht, dann entfällt der Erfolg (Tod des N durch Ertrinken) nicht. Dieses Ergebnis erscheint jedoch nicht sachgerecht, da das Unrecht der hindernden Handlung auf diese Weise nicht zur Geltung kommt. Umstände, die den Erfolg verhindert hätten, wenn man die Handlung des Täters hinweg denkt, sind folglich hinzuzudenken. Vielmehr muss man den hypothetischen Verlauf des auf das Opfer zutreibenden Rettungsrings mit einbeziehen. T hat hier einen konkreten, auf das Opfer zulaufenden Kausalverlauf unterbrochen, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Rettung gebracht hätte. Seine Handlung war folglich kausal für den Tod des O.

Problem 4: Unterbrechung des Kausalzusammenhangs Dabei setzt ein Täter A zunächst eine zum Erfolg führende Ursache in Gang, wobei ein Täter B dann aber vor dem Erfolgseintritt eine neue Bedingung setzt, die unabhängig von der ersten Bedingung den Erfolg herbeiführt. Die Wirkung der Ersthandlung wird durch die Zweithandlung beseitigt, die ihrerseits einen neuen Kausalverlauf auslöst. Beispiel: A bringt C eine tödliche Dosis Gift bei; bevor das Gift wirkt, wird C von B erschossen. Hier wird der von A in Gang gesetzte Kausalverlauf der Giftbeibringung durch den überholenden Kausalverlauf des Erschießens durch B abgebrochen. Ursächlich ist damit lediglich das Erschießen (=Erfolg in seiner konkreten Gestalt).

Problem 5: Fortwirkende Kausalität Knüpft die Handlung eines später handelnden Dritten an die Ersthandlung an, stellt diese eine nicht hinwegdenkbare Bedingung für das Eingreifen des Dritten dar. Ohne die vom Ersttäter gesetzte Ursache, hätte der Zweithandelnde nicht agiert. Beispiel: E bringt F eine tödliche Dosis Gift bei. Als das Gift erste Wirkung zeigt, wird F von D erschossen. Dies gelang D nur, weil F von dem Gift bereits so geschwächt war, dass er nicht fliehen konnte. Hier ist der von E initiierte Kausalverlauf nicht unterbrochen, sondern wirkt fort. Beispiel: Gnadentodfall

Problem 6: Fälle alternativer Kausalität lassen sich überhaupt nicht lösen. Sie sind dadurch gekennzeichnet, dass zwei unabhängig voneinander gesetzte Bedingungen gleichzeitig den Erfolg verursachen und jede für sich zur Erfolgsverursachung ausgereicht hätte. Beispiel 1: A und B schütten unabhängig voneinander eine jeweils tödliche Dosis des gleichen Gifts Z in das Weinglas der X, die trinkt und stirbt Hier wäre der Tod ohne die Handlung des jeweils anderen eingetreten, da man die Handlung bei jedem Täter hinwegdenken kann und dennoch der Erfolg in seiner konkreten Gestalt eingetreten wäre. Somit könnte man jeden Täter lediglich wegen einer versuchten Tat bestrafen. Daher sagt die Rspr.: Handlungen sind auch dann kausal, wenn sie zwar alternativ, nicht aber kumulativ hinweggedacht werden können, ohne dass der Erfolg entfällt. Hier wird bereits nicht mehr die Ursprungsformel angewandt,

5

sondern die Formel durch eine völlig neue ersetzt

Problem 7: Kumulative Kausalität Führen mehrere, voneinander unabhängig gesetzte Bedingungen den Erfolg erst durch ihre Zusammenwirken herbei und können sie jeweils für sich betrachtet diesen nicht erzielen, so spricht man von kumulativer Kausalität. Beispiel: A und B wollen den O vergiften; keiner von ihnen kennt den Plan des anderen. Beide schütten unabhängig voneinander jeweils eine allein nicht tödliche Dosis des gleichen Gifts in den Tee des O. Kurz darauf trinkt O den Tee und stirbt aufgrund der Gesamtmenge des Gifts. Denkt man eine der Giftmengen hinweg, so kann die verbliebene allein den Erfolg nicht mehr herbeiführen, so dass dieser entfällt. Alle Täter sind damit für den tödlichen Erfolg kausal.

2. Der rechtliche Zusammenhang zwischen Täterhandlung und Erfolg Die Weite der Äquivalenztheorie und ihre Schwächen haben zu der Erkenntnis geführt, dass über einen faktischen Zusammenhang hinaus, offensichtlich zusätzlich, ein rechtlicher Zusammenhang gegeben sein muss. Diese Idee hat zur Lehre von der objektiven Zurechnung geführt. Objektiv zurechenbar ist ein Erfolg, wenn der Täter eine rechtlich missbilligte Gefahr für das Rechtsgut geschaffen oder erhöht hat und sich diese Gefahr im Erfolg realisiert hat.

Prüfungsreihenfolge Kausalität und objektive Zurechnung: 1. Eintritt des tatbestandlichen Erfolges 2. Kausalität (Äquivalenz) - Jede Ursache für einen Erfolg ist gleichwertig (äquivalent) -> es wird nicht danach differenziert, wie „nahe“ sie dem Erfolg steht - Conditio-sine-qua-non-Formel: Jede Handlung ist kausal, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele 3. Objektive Zurechnung - Der auf der Äquivalenztheorie beruhende Kausalitätsbegriff ist zu weit; daher Korrektiv der objektiven Zurechnung (1) Schaffung einer rechtlich missbilligten Gefahr (2) Realisierung gerade dieser Gefahr im Erfolg - Keine objektive Zurechnung bei: (1) Fehlen rechtlich relevanter Gefahrschaffung (2) Risikoverringerung (3) Völlig atypische Kausalverläufe (4) Erfolge außerhalb des Schutzbereichs der Norm (5) Rechtmäßiges Alternativverhalten (6) Eigenverantwortliches Dazwischentreten eines Dritten (7) Eigenverantwortliche Selbstschädigung bzw. -gefährdung des Opfers

6

Zum einen setzt man daran an, dass der Täter schon keine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen hat, zum anderen hat er zwar eine solche Gefahr geschaffen, diese hat sich aber nicht im konkreten Erfolg realisiert. Zu 1) Erlaubtes Risiko/Fehlen rechtlicher Relevanz -

Kein strafrechtlich relevantes Risiko geht typischerweise von sozialadäquaten Handlungen aus, die vollkommen legal sind, allgemein toleriert werden, sich im Rahmen des allgemeinen Lebensrisikos bewegen oder Risiken bloß in rechtlich unbeachtlicher Weise erhöhen. Sozialadäquate Handlungen: Beispiel 1: A verkehrt mit B geschlechtlich, diese wird schwanger und stirbt an der Schwangerschaft. Beispiel 2: Sozialübliche Sportverletzungen z.B. beim Fußball, Handball, aber auch beim Boxen (str.).

Eine mangelnde Beherrschbarkeit des Geschehens verbietet außerdem eine objektive Zurechnung. Der Täter hat ebenfalls schon keine rechtlich relevante Gefahr geschaffen, sondern das Geschehen war letztlich Zufall. Eine Realisierung des Risikos ist vielmehr so atypisch, dass sie dem Täter wertend nicht mehr zugeordnet werden kann. So auch im berühmten Gewitterfall: Beispiel 1: A überredet den B zum Spazierengehen, obwohl – wie A weiß – ein Gewitter aufzieht. Wie von A erhofft, wird B tödlich von einem Blitz getroffen.

Zu 2) Risikoverringerung -

Keine Zurechnung, wenn das Verhalten zu einer Abschwächung oder zeitlichen Hinausschiebung führt.

Beispiel 1: A kann den drohenden lebensgefährlichen Schlag des T gegen den Kopf des O im letzten Moment noch auf die Schulter ablenken.

Achtung: Eine Risikoverringerung ist allerdings abzulehnen, wenn der Täter eine bestehendes Risiko nicht abschwächt, sondern ein neues, das bestehende Risiko ersetzende Risiko schafft (= Risikoersetzung), und zwar auch dann, wenn auf diese Weise die Erfolgswahrscheinlichkeit reduziert oder der Schadensumfang verringert wird. Beispiel 2: Bei einem Brand kann ein Feuerwehrmann das Leben eines Kindes nur dadurch retten, dass er es durch den Wurf in ein Sprungtuch erheblichen Verletzungsgefahren aussetzt. Die Fälle der Risikoersetzung werden auf der Ebene der Rechtswidrigkeit gelöst (z.B. mutmaßliche Einwilligung oder rechtfertigender Notstand).

zu 3) Objektive Voraussehbarkeit des Kausalverlaufs und des Erfolgseintritts -

keine Zurechnung, wenn der Täter zwar eine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen hat, der Erfolgseintritt dann aber so sehr außerhalb der Lebenserwartung liegt, dass er ihm vernünftigerweise nicht zugerechnet werden kann (atypische Kausalverläufe: Erfolg beruht auf einer Verkettung von ganz ungewöhnlichen und unwahrscheinlichen

Beispiel: T hat den O mit Tötungsvorsatz lebensgefährlich mit einer Stichwaffe verletzt. -

O wird verletzt ins Krankenhaus gebracht und stirbt an einer Rauchvergiftung, weil dort ein Brand ausbricht. O stirbt auf dem Weg ins Krankenhaus, weil ein Dritter dem Krankenwagen die Vorfahrt nimmt und es zu einem schweren Unfall kommt.).

Beispiel (Giftfall): A und B geben dem O unabhängig voneinander 0,1 Gramm Gift. 0,2 sind tödlich. O stirbt.

7

kumulativen Kausalität (+) objektiven Zurechnung (-); Es ist nicht die typische Gefahr von 0,1 Gramm Gift, dass das Opfer durch 0,2 Gramm stirbt (außerdem Fallgruppe des Dazwischentretens Dritter) Gegenbeispiele: - A wirft B von der Brücke, damit er ertrinkt. B ertrinkt nicht, sondern schlägt gegen Brückenpfeiler. - A schlägt B in Tötungsabsicht. B stirbt nicht an den Schlägen, sondern erstickt bewusstlos an seinem Erbrochenen. Die Gefahr eines derartigen Verlaufs ist typischerweise mit der Tathandlung verknüpft. Der Tod des B ist dem A jeweils objektiv zurechenbar, da hier kein völlig atypischer Kausalverlauf vorliegt. Vielmehr realisiert sich die vom Täter geschaffene Gefahr im eingetretenen Erfolg.

Zu 4) Erfolge außerhalb des Schutzbereiches der Norm -

Eine Erfolgszurechnung findet nur dann statt, wenn der Schutzzweck der Norm auch die Tathandlung umfasst, d.h. wenn die Norm nicht einen anderen tatbestandlichen Erfolg verhindern will als denjenigen, der im konkreten Fall tatsächlich eingetreten ist.

Beispiel 1 (Führerscheinfall): A fährt ordnungsgemäß, hat aber keinen Führerschein und fährt den ihm vor den Wagen springenden Rentner R tot. Der Schutzbereich der Norm (Führerscheinpflicht) erstreckt sich nicht auf die Verhinderung der hier vorliegenden Todesverursachung, da die Fahrerlaubnis lediglich sicherstellen soll, dass der Verkehrsteilnehmer sich ordnungsgemäß im Straßenverkehr bewegen kann. A ist daher nicht nach § 222 StGB strafbar, sondern nur nach § 21 I StVG .

Zu 5) Rechtmäßiges Alternativverhalten -

Wenn der Erfolg auch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bei pflichtgemäßen Alternativverhalten eingetreten wäre, verneint die h.L. die objektive Zurechnung.

Beispiel 1 (LKW-Fall - BGHSt 11, 1): LKW-Fahrer A überholt den Radfahrer B mit 0,75 m Seitenabstand, statt der vorgeschriebenen 1,5 m. B gerät unter die Zwillingsreifen des LKW und zieht sich eine letale Hirnquetschung zu. Sachverständiger: Auch bei ordnungsgemäßem Abstand wäre der Unfall möglicherweise unvermeidbar gewesen.

Bei Fahrlässigkeitsdelikten gehen der BGH und die wohl h.L. davon aus, dass ein Zurechnungszusammenhang nur besteht, wenn der Erfolg bei rechtmäßigem Alternativverhalten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeblieben bzw. vermieden worden wäre (Vermeidbarkeitstheorie).

Zu 6) Eigenverantwortliches Dazwischentreten eines Dritten (Drittverantwortung) -

Eine Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs (nicht der Kausalität) ist nach h.M. auch dann möglich, wenn der Täter von der Steuerung über das Geschehen ausgeschlossen wird, weil sich die Gefahr (nunmehr) in einem fremden Verantwortungsbereich bewegt.

Beispiel: A fährt mit seinem Pkw, bei dem beide Rücklichter defekt sind. Er wird von der Polizei angehalten, die die Gefahrenstelle durch eine rote Warnlampe absichert; sodann fordern die Polizisten A auf, bis zur nächsten Tankstelle zu fahren, um dort die Rücklichter instand setzen zu lassen. Auf der Fahrt zur Tankstelle wollen die Polizisten A derart absichern, dass sie ihm mit dem Streifenwagen folgen. Als einer der Polizisten die Warnlampe von der Straße entfernt, kommt es zu einem Auffahrunfall. Der Auffahrende wird aus seinem Fahrzeug geschleudert und verstirbt sofort an der Unfallstelle (BGHSt, 360). Ist A strafbar wegen fahrlässiger Tötung?

8

Sonderproblem: Regressverbot problematisch ist, ob vorsätzliches Zweitverhalten stets eine Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs bewirkt. Beispiel 1: A geht mit einer Pistole im Mantel in die Uni. Den Mantel legt er gedankenverloren über die Lehne des Audimax-Stuhls. Sein Sitznachbar N sieht die Pistole, greift gedankenschnell nach ihr und erschießt seinen Studienkollegen K, den er wegen seiner Noten noch nie mochte. Strafbarkeit des A nach § 222 StGB? Nach der früheren sog. Regressverbotslehre (Frank) soll ein Rückgriff auf den Ersthandelnden unzulässig sein, wenn das Zweithandeln vorsätzlich erfolgt ist, weil sich dann eine ganz atypische Ursache verwirklicht hat. H.L.: Eine Unterbrechung wird man jedenfalls ...


Similar Free PDFs