G - Siedlung - XI - Raumordnung und moderne Stadtentwicklung PDF

Title G - Siedlung - XI - Raumordnung und moderne Stadtentwicklung
Author Mirko Alt
Course Einführung in die Siedllungsgeographie
Institution Julius-Maximilians-Universität Würzburg
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Agglomerationsräume Von der Stadt zur Agglomeration - Bebauung über die Stadtgrenzen hinaus (v.a. während der Industrialisierung) - wo Eingemeindung nicht mit der Expansion städtischer Siedlungen Schritt halten kann, entstehen Agglomerationen  Eine städtische Agglomeration ist ein verstädtertes Gebiet mit einer gewissen Kernbildung, einer bestimmten Flächenausdehnung und einer größeren Mindestbevölkerung - Grenzen und Wesensmerkmale verändern sich ständig - vage Nutzung des Wortes Agglomeration, z.B. Bevölkerungsagglomeration, Siedlungsagglomeration, städtische Agglomeration, Industrieagglomeration, oder einfach als Agglomerationsraum - größere städtische Agglomerationen werden häufig auch als Metropolitangebiete, - regionen o.ä. bezeichnet Phasenmodell von Agglomerationsräumen nach W. Gaebe (1991) Klassische Definition des Agglomerationsraums - mind. 500.000 Einwohner - mehrere politische-administrative Raumeinheiten: unterschiedliche Einheiten fallen in einem großen verstädterten Raum zusammen - Gegliedert in Kernstadt und Umland, die strukturell unterschiedlich sind, funktional aber eng zusammenhängen => Modell beschreibt die Veränderungstendenzen der Bevölkerungs- und Beschäftigtenentwicklung in Agglomerationsräumen Phasen - Urbanisierung:  starkes Bevölkerungs- und Beschäftigtenwachstum in der Kernstadt  begann zuerst in Großbritannien (ende 18. Jh.)  Städte durch starke Bevölkerungszunahme (rd. 1-2% pro Jahr) - Suburbanisierung:  (relativ gesehen) stärkere Bevölkerungs- und Beschäftigungszunahme im Umland als in der Kernstadt (geringe Bodenpreise im Umland => Entkernung der Kernstadt)  Verlagerungen und innerbetriebliche Beschäftigungsänderungen  in Industrieländern bereits im 19. Jahrhundert  Fortzüge der wohlhabenderen Haushalte aus der Kernstadt auf Grund von unzureichendem Wohnungsangebot, Mängel an der Bausubstanz - Desurbanisierung:  absolute Bevölkerungsabnahme im gesamte Agglomerationsraum (Umlandzunahme gleicht die Kernstadtverluste nicht mehr aus)  v.a. in Agglomerationsräumen mit industrieller Monostruktur - Reurbanisierung:  relative Bevölkerungs- und Beschäftigtenzunahme in der Kernstadt (Revitalisierung)  private und öffentliche Erhaltungs- und Erneuerungsinvestitionen nehmen zu (Sanierung und Rekonstruktion historischer Stadtstrukturen) => die vier Entwicklungsphasen müssen nicht aufeinander Folgen => die Urbanisierung, Suburbanisierung und Desurbanisierung können in einem Land zeitgleich auftreten => Desurbanisierung und Reurbanisierung können in einem Land gleichzeitig auftreten

Dimensionen der Suburbanisierung => Kann auch als „Intraregionale Dekonzentration“ bezeichnet werden 1. Die Bevölkerungssuburbanisierung - ab der Zeit der Industrialisierung Wachstum der stadtnahen Dörfer - ab 1980er in D Suburbanisierung bei gleichzeitigem Bevölkerungsrückgang in der Kernstadt  Zuzug aus der Kernstadt, anderen Agglomerationen oder dem ländlichen Raum - 1950er Jahre in den USA: Leerung der Innenstädte und Entstehung des sog. Urban Sprawl; in D beginnt Suburbanisierung zeitversetzt ab den 1960er Jahren - Eingemeindungen: verwaltungsmäßige Eingliederung in die Stadt - charakteristisch: hohe Freiflächeninanspruchnahme und geringere Wohndichte in den stadtnahen ländlichen Räumen => höhere Lebensqualität durch Freiflächen und Gärten - es wurde zunehmend schwieriger, eine ökonomischem sozio-demographische bzw. politische Grenze der Stadt gegenüber dem Umland zu bestimmen - Randwanderungsprozess der Gegenwart  mit Bevölkerungsrückgang in der Stadt verbunden  Wachstum des Umlandes zu einem großen Teil auf Kosten der Stadt - Bsp.: München:  1970: 2,076 Mio Einw. (1,312 Mio in der Stadt => 62,3%)  2003: 2,521 Mio Einw. (1,248 Mio in der Stadt => 49,5%)  2011: 2,678 Mio Einw. (1,353 Mio in der Stadt => 49,6 %) Gründe für die Bevölkerungssuburbanisierung - Erhöhter Mobilitätsgrad - Besseres Wohnumfeld als in der Kernstadt (geringere Wohndichte, höhere Umweltqualität) - geringere Boden- und Mietpreise - politische Unterstützung, z.B. durch Eigenheimzulage und Pendlerpauschale Kritik - hohe Flächeninanspruchnahme durch Bauen „auf der grünen Wiese“ - erhöhtes Verkehrsaufkommen => aufkommen von Gegenbewegungen: „Flächenrecycling“ und Prämien für die Entsiegelung von Flächen

2. Die Industriesuburbanisierung - langsamer Prozess der Wanderung von Industriestandorten, v.a. aus Platzgründen, aus der Innenstadt in Vororte oder Randgemeinden seit Beginn des 20. Jahrhunderts in Industriestaaten - Verstärkt seit den 1970er Jahren - 3 Varianten:  Abwanderung bestehender Unternehmen aus der Kernstadt ins Umland (kleinräumige Standortverlagerung)  Neugründungen im Umland  Verlagerung von Unternehmen aus anderen Regionen direkt ins Umland (großräumige Standortverlagerung) Gründe - Größeres zusammenhängendes Flächenangebot - Niedrigere Bodenpreise - Unverträglichkeit industrieller Produktionsprozesse mit der Wohnnutzung (Lärm-, Geruchsund Abgasemissionen) - Bessere Verkehrsanbindung (Wechsel des Transportmittels von Bahn zu LKW) – Oft geringere Gewerbesteuer 3. Die Dienstleistungssuburbanisierung - Verstärkt seit den 1970er und 1980er Jahren - Hauptursache: Hoher Flächenbedarf - Verschiedene Typen von Dienstleistungen:  Logistik-, Lager- und Großhandelsbetriebe  Großflächige Einzelhandelsbetriebe (v.a. Fachmärkte)  Bürobetriebe mit wenig Publikumsverkehr  Hochschul- und naturwissenschaftliche Forschungsinstitute („Wissenschaftssuburbanisierung“)

Ex-/ Periurbanisierung und Counterurbanisierung Ex-/ Periurbanisierung - Verlagerung des Siedlungs- und Bevölkerungswachstums von Großstadtregionen in benachbarte, überwiegend ländliche Regionen, die noch (z.B. durch Pendlerverkehr) mit der Stadtregion verbunden sind - Bevorzugung derartiger Räume für das Wohnen; zunehmend auch für das Gewerbe Counterurbanisierung - Bevölkerungs- u. Arbeitsplatzverluste der Verdichtungsräume zugunsten des Wachstums von Mittel- und Kleinstädten, sowie von ländlichen Gemeinden in peripherer Lage zwischen den Verdichtungsräumen - Erklärungsansätze: Zunahme d. Ruhestandswanderungen, Fernpendler, Dezentralisation v. Arbeitsplätzen etc. zugunsten der Beschäftigung in ländlichen Räumen

Segregation und Gentrifizierung Segregation - die Differenzierung der Bevölkerung nach sozialen und sozioökonomischen Merkmalen, Statuspositionen, sozialen Gruppen oder Schichten, Lebensstilgruppen u. ä. und deren (klein-) räumliche Verteilung in der Stadt (nach HEINEBERG 2006: 150) - Ausmaß der ungleichen Verteilung von Bevölkerungsgruppen im Hinblick auf räumliche Einheiten - Prozesse der räumlichen Auseinanderlegung von Bevölkerungsgruppen Die Sozialraumanalyse - Social Area Analysis (Shevky / Williams / Bell (1949)) - Stadt zerfällt in relativ homogene Teile - Theorie des sozialen Wandels => mehr Differenzierung und Komplexität der Gesellschaft - Sozialraumanalyse arbeitet mit Dimensionen und Indikatoren des sozialen Wandels (Verstädterung, Segregation und sozialer Rang) 1. Sozialer Rang - Anteil Arbeiter und Handwerker an Erwerbstätigen - Anteil Personen mit Volksschulbildung an Wohnbevölkerung über 25 Jahre - Miethöhe 2. Urbanisierung - Fruchtbarkeitsquote - Anteil erwerbstätiger Frauen an allen Frauen >14 Jahre - Anteil Einfamilienhäuser 3. Ethnische Segregation - Ausländeranteil (= Nicht-Weiße, im Ausland Geborene) Bezüge zwischen Gesellschaft und „Stadtraum“ - es erfolgt ein Transfer der „sozialen Distanz“ der Gesellschaft der zur „räumlichen Distanz“ im Wohnraum führt - ein zentral-peripheres Austauschmodell dient zur Abbildung der Vorgänge vertikaler und sozialer Mobilität im Stadtraum. Danach bewegen sich aufsteigende Gruppen in Richtung Stadtrand, während die Zuwanderer in die aufgegebenen Standorte nachrücken - auf der Mesoebene der Stadt, d.h. für Stadtviertel, wird ein Sukzessionsschema verwendet, bei dem die Sukzession als ein in Phasen ablaufender Zyklus aufgefasst wird. Dissimilaritätsindex => misst die Differenz in der räumlichen Verteilung zweier Bevölkerungsgruppen ID: Dissimilaritätsindex xi: Prozentsatz Bevölkerungsgruppe A in der i-ten Gebietseinheit yi: Prozentsatz Bevölkerungsgruppe B in der i-ten Gebietseinheit n: Zahl der Gebietseinheiten Segregationsindex => misst die Differenz in der räumlichen Verteilung einer Bevölkerungsgruppe im Vergleich zu allen anderen Bevölkerungsgruppen (Restbevölkerung) IS: Segregationsindex xi: Prozentsatz Bevölkerungsgruppe A in der i-ten Gebietseinheit yi: Prozentsatz Bevölkerungsgruppe B in der i-ten Gebietseinheit n: Zahl der Gebietseinheiten

Dimensionen der Segregation 1. Soziale (berufliche) Segregation =>sektorielles Muster 2. Ethnische Segregation => klumpenförmige Muster 3. Demographische Segregation => zonales Muster Anti-Segregationsstrategien - Mietzuschüsse und Wohnungsverbesserungskredite - Mieterschutzgesetzgebung - Strukturierung der Wohnbauten und Wohnanlagen mittels Quantitäts- und Qualitätsmix des Angebots am Immoblienmarkt Gentrifizierung - Aufwertungsprozess von Wohnvierteln - baulich und sozial - verstärkt sozialräumliche Polarisierung und spiegelt soziokulturelle Heterogenisierung von Großstädten wieder => Herausbildung und öffentliche Darstellung individueller Lebensstile - erfasst ursprünglich stabile Wohnviertel, führt daher zu Verdrängungsprozessen - typisch: Arbeiterquartiere in Innenstadtnähe geraten unter Druck; Einzug statushöherer Gruppen führt zu Qualitätsverbesserungen im Gebäudebestand und Wohnumfeld Phasen- und Zyklenmodelle: 3-Phasen-Modell (Brian L. Berry (1985)) - frühe Zuziehende => Experimentierphase (Pioniere)  Zuzug von Personen aus alternativen Milieus z.B. Künstler, Studierende, Musiker  Veränderungen werden von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen - Nachziehende => erste Expansionsphase (Gentrifier)  Haushalte mit überdurchschnittlichem Einkommen ziehen zu => Gentrifier  „Yuppies” = Young Urban Professionals und „Dinks“= Double Income, No Kids  städtischer Raum als Bühne zur Selbstdarstellung  Makler werden aufmerksam => Anstieg der Mieten  Haushalte mit niedrigen Einkommen werden nach und nach verdrängt - kommerzielle Investoren => Zweite Expansionsphase  verstärkter Zuzug älterer, wohlhabendere Haushalte  bauliche Veränderungen deutlich wahrnehmbar => Deutlich unterschiedliche empirische Ergebnisse in USA und Europa/Deutschland

Metropolen, Global- und Megacities Weltstädte (World-Cities) nach Hall und Friedmann (1986) - Weltstädte sind eine Gruppe von Metropolen mit weltweitem Bekanntheitsgrad  nicht nur ökonomische Funktion, sondern auch aus der Perspektive von Kunst, Kultur, Bildung und Forschung eine herausragende Position - Entscheidungs- und Kontrollzentren der Privatwirtschaft, des Staates, des tertiären Sektors - Zentren von Innovation und Wettbewerb; Motoren des wirtschaftlichen Wachstums - Gateway-Funktion: Flugverbindungen, Medien und Kommunikation, Messen - Symbolfunktion: Kultur, Architektur (Skyline) => politisch-kulturelles Zentrum von weltweiter Bedeutung Global Cities (Sassen 1991) - Dominierende Städte (Knotenpunkte) des globalen Städtesystems - Ökonom./ polit. Macht- und Entscheidungszentralen von weltweiter Bedeutung - Kulturelle Perspektive spielt untergeordnete Rolle => Voraussetzung: Globalisierung Kennzeichen von Global Cities: - Kommandozentralen der Organisation der Weltwirtschaft - Standorte des globalen Finanzwesens und Akkumulation von internationalem Kapital - Zentren von Innovationen - Zentren der Medien („Meinungsmacher“) - Zielgebiete in- und ausländischer Zuwanderer (=> multiethnische Bevölkerung) - Zunehmende Gegensätze zwischen Spitzenverdienern und Unterbezahlten => Stigmatisierung und Konflikte - Extreme Suburbanisierung der Ober- und Mittelschicht - Hohe funktionsräumliche Differenzierung (funktionale und soziale Inseln in der Stadt) - Veränderung des Stadtbilds durch postmoderne Superhochhäuser und Ghettoisierung Indikatoren zur Untersuchung von Global Cities: - Anzahl der Hauptsitze von global operierenden Konzernen - Quantitative Messung von intrastädtischen Verknüpfungen und Strömen (Hohe gegenseitige wirtschaftliche Abhängigkeit) - Zahl der unternehmensorientierten Dienstleistern (Notare, Werbeagenturen, Beratungsunternehmen,...) als auch Dienstleistern (Taxifahrer, Sicherheitspesonal…) - Anzahl der Sitze von IGOs und internationalen NGOs - Konzentration von hochbezahlten Spezialisten Hierarchie der Global Cities

=> globales wirtschaftliches Zentrum

Stadtgrößenklassen

Megastädte Definition - Quantitative Definition über die Bevölkerungszahl:  je nach Literatur ab 3, 5, 8 oder 10 Mio. Einwohner - nach Bronger (1996):  Mindestbevölkerungsdichte von 2000 Einw./km²  Monozentrische Struktur Entwicklung der Megastädte - ab dem 19. Jhd. während der Industrialisierung in Europa, Nordamerika und Japan - technologische Innovationen (z.B. Eisenbahn, Elektrizität,…) begünstigten die Megastadtbildung - die meisten Megastädte in den Industrieländern erreichten im 20. Jhd. ihr Maximum - seit den 1950er Jahren wachsen vor allem die Städte der Entwicklungsländer rasant an - typisches Merkmal von Megastädten in Entwicklungsländern ist die Formalisierung der wirtschaftlichen Aktivitäten Probleme unkontrolliert wachsender Metropolen - Arbeitslosigkeit u. Unterbeschäftigung: Beschäftigung im informellen Sektor, Kriminalität, Kinderarbeit etc. - Slums- u. Marginalsiedlungen: notdürftige Behausungen an ungünstigen Standorten, Möglichkeit des upgrade durch Eigenleistung d. Bewohner - Verkehrs- u. Infrastrukturprobleme: Transportsysteme völlig überlastet, Wasserversorgung und -entsorgung mangelhaft - Umweltdegradation: Verschmutzung v. Luft u. Wasser, Abholzung der Wälder etc. - Regierung u. Verwaltung: mangelnde Kompetenz(en), Korruption, Überforderung etc.

Probleme in Entwicklungsländern...


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