Sportmotorik - Ausführliche Zusammenfassung aller Themen PDF

Title Sportmotorik - Ausführliche Zusammenfassung aller Themen
Author Charles Franzke
Course Grundlagen der Sportmotorik 
Institution Friedrich-Schiller-Universität Jena
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Summary

Ausführliche Zusammenfassung aller Themen...


Description

Friedrich-Schiller-Universität Jena Institut für Sportwissenschaft Abt. Sportpsychologie/Sportmotorik Prof. Dr. Dieter Teipel

Vorlesung

„Einführung in die Sportmotorik“ Ergänzende Materialien

Weitere Literatur: Meinel, K. & Schnabel, G. (Hrsg.). (2004) Bewegungslehre – Sportmotorik. München: Südwest Verlag, S. 74-145 (Allgemeine Bewegungsmerkmale als Ausdruck der Bewegungskoordination), S. 146 – 205 (Motorisches Lernen), S. 206 – 236 (Koordinative Fähigkeiten und Beweglichkeit).

Nur zum persönlichen Gebrauch

M O T O R I K Motorik kann gekennzeichnet werden als das Bewegungsgesamt des Menschen, d.h. die Strukturen, Funktionen, Prozesse und Zustände, die mit dem Bewegungssystem des Menschen zusammenhängen.

MOTORIK - ALLTAGSMOTORIK - ARBEITSMOTORIK - SPORTMOTORIK

Bei der Motorik kann ein Außenaspekt und ein Innenaspekt unterschieden werden.

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SOMATOMOTORIK

Ererbte sowie erworbene und unbewusste Motorik im Sinne des Bewegungsgesamts des Menschen.

REFLEXMOTORIK

Naturhistorisch verankerte, ererbte Motorik. Sie ist gattungsspezifisch und häufig unbewusst. Sie kann durch spezielle Verfahren beeinflusst werden.

WILLKÜRMOTORIK

Motorik im Dienst der Psychogenese und Soziogenese. Beginn, Verlauf und Beendigung der motorischen Prozesse sind willentlich steuerbar.

SENSO(U)MOTORIK

Wortkopplung zur Betonung des wechselseitigen Zusammenhangs von sogenannter Sinnes- und Effektortätigkeit. Einerseits spielen sensorische Komponenten eine wichtige Rolle bei der schnellen und genauen Aufnahme von Informationen über die Sensorik (Sehen, Hören, Tasten, usw.). Andererseits steuern und kontrollieren die Sinne alle Formen von Bewegungen.

PSYCHOMOTORIK

Sammelbegriff für psychisch regulierte Motorik. Die funktionellen Einheiten der Psychomotorik schließen stets auch soziale Motivation sowie kognitive Orientierungen ein. Insofern handelt es sich um ein der Sensomotorik übergeordnetes Regulationsniveau.

SOZIOMOTORIK

Sammelbegriff für die sozial beeinflusste Motorik. Hierzu gehört die unterschiedliche Realisierung der Motorik zwischen männlichen und weiblichen Personen, in verschiedenen Gesellschaften und Schichten der Gesellschaften.

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Die Sportmotorik beschäftigt sich mit dem Gesamtsystem, das am Zustandekommen von zielgerichteten Bewegungshandlungen beteiligt ist. Sie zielt an, die diesem System zugrunde liegenden Strukturen und Funktionen, deren Gleichgewicht und Veränderungen im Verlauf von Lern- und Entwicklungsprozessen sowie den damit in Verbindung stehenden Austausch von Information und Energie - zu beschreiben, - zu erklären, - vorherzusagen - zu optimieren. Dabei finden Außenaspekte und Innenaspekte, wie die Veränderungen in Raum und Zeit, deren muskel- und neurophysiologische Ursachen als auch Innenaspekte, wie Kognition und Erleben, Berücksichtigung (vgl. Mechling, 1984).

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DIE SPORTMOTORIK STELLT EINE BIOSOZIALE THEORIE SINNTRAGENDER MENSCHLICHER BEWEGUNGEN IM REALISIERUNGSFELD SPORT DAR. IN DIESEM BEZUG IST ES MÖGLICH, AUCH VON EINER THEORIE SPORTMOTORISCHER HANDLUNGEN ZU SPRECHEN.

SPORTMOTORIK

Grundlagenorientierte Sportmotorik

Anwendungsorientierte Sportmotorik

- theoretische Analysen - Laborforschung

- sportpraktische Analys. - Feldforschung - Schulsport, - Breitensport, - Rehabilitationssport, - Leistungssport

Im Schulsportunterricht interessieren die Bereiche, die vom Lehrer geschult, entwickelt und beeinflusst werden können, also in erster Linie die Willkürmotorik.

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Betrachtungsweisen: - Ganzheitliche Betrachtungsweisen - Morphologie (Äußeres Verhalten), - Systemdynamischer Ansatz (z.B. Extremitätenkoordination), - Konnektionismus (Verhalten als Produkt interagierender Komponenten), - Funktionale Betrachtungsweisen - Handlungstheorien (absichtliche Organisation von Bewegungen), - Funktionsanalysen (Erkennen von Verlaufsmerkmalen, Phasen), - Informationsverarbeitungsansätze - Modularitätsansatz (Identifikation struktureller Teilsysteme, Vision), - Fähigkeitsorientierte Betrachtungsweisen (Differentielle Motorikforschung) - Motorische Fähigkeiten, - Motorische Fertigkeiten - Motorische bzw. sportmotorische Tests - Sportartbezogene Fähigkeiten, - Biomechanische Betrachtungsweise - Kinematik (Kraft-Zeit-Verläufe) - Dynamik 6

AUFGABENBEREICHE DER SPORTMOTORIK 1.

Erstellung und Optimierung einer Systematik und Klassifikation von Bewegungen (Bewegungstypologie)

2.

Analyse und Optimierung motorischer Fähigkeiten - konditioneller Fähigkeiten (z.B. Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer, Beweglichkeit) - koordinativer Fähigkeiten (z.B. Gewandtheit, Steuerungsfähigkeit, Geschicklichkeit, Reaktionsfähigkeit, Gleichgewichtsfähigkeit)

3.

Analyse und Optimierung der Bewegungsregulation und des Bewegungslernens - Bewegungsregulation - Informationsaufnahme (außen: visuell, akustisch, taktil; innen: kinästhetisch (Muskelsinn), vestibulär (Gleichgewichtssinn) - Gedächtnis - Programmierung (Denken, Vorstellung) - Motivation - Bewegungsverhalten - Bewegungslernen - Lerntheorien - Lernkurven - Lernphasen 7

4.

Analyse und Optimierung der motorischen Entwicklung über den gesamten Lebenslauf - pränatale Entwicklung - postnatale Entwicklung

5.

Konzeption und statistische Überprüfung spezifischer Diagnoseinstrumente zur Erfassung - motorischer (konditioneller und/oder koordinativer) Fähigkeiten, - Fertigkeiten, - Techniken (Individualtechniken, Mannschaftstechniken).

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Lernen Ungerer (1971) beschreibt das Bewegungslernen in kybernetischer Orientierung auf folgende Weise: „Der sensomotorische Lernprozeß ist ein Vorgang, bei dem Sequenz-Verknüpfungen (Kopplungen) entstehen, die vorher im Verhaltensrepertoire des Adressaten nicht nachgewiesen werden konnten.“ Volpert (1971) bezeichnet das Bewegungslernen auf handlungs-psychologisch-kybernetischer Grundlage als „Sensumotorisches Lernen“, worunter er alle Lernformen versteht, „die auf die unmittelbare Modifikation von Handlungssystemen ausgerichtet sind.“ Meinel & Schnabel (2004) kennzeichnen das Bewegungslernen unter Betonung des pädagogisch-psychologischen Aspekts als „das Erwerben, Verfeinern, Stabilisieren und Anwenden motorischer Fertigkeiten“. Cratty (1975) umschreibt das Bewegungslernen in weitgehender Übereinstimmung mit der allgemeinen verhaltensorientierten Definition des Lernens folgendermaßen: „Das Lernen ist als die durch Übung hervorgebrachte überdauernde Veränderung im Verhalten definiert. Aufgrund dieser Definition kann man das motorische Lernen als eine stabile Veränderung auf der Stufe der Fertigkeiten als ein Resultat wiederholter Versuche kennzeichnen.“ 9

Üben Teilüben Teilüben:

Fortschreitendes Teilüben

Ganzheitliches Üben

Die einzelnen Bewegungsteile werden zunächst isoliert erlernt und anschließend insgesamt zur vollständigen Bewegung zusammengefügt.

Fortschreitendes Teilüben: Die Bewegungsteile werden zunächst isoliert, dann in zunehmend größeren Bestandteilen der Bewegung eingeübt, bis schließlich die Gesamtbewegung erlernt ist. Ganzheitliches Üben: Die jeweilige Bewegung wird von Beginn an als Ganzes gelernt.

Üben Massiertes Üben Üben ohne Pause

Mittel verteiltes Üben

Verteiltes Üben

Üben mit mittel Üben mit langen Pausen langen Pausen (lohnende Pause) (vollst. Pause) 10

TRANSFER (Lernübertragung)

Transfer von Aufgaben

Leichte auf schwierige Aufgaben

P.T.

N.T.

Transfer von Extremitäten (Lateralität=) Seitigkeit)

Schwierige auf leichte Aufgaben

P.T

N.T

(P.T.=Positiver Transfer, N.T.= Negativer Transfer)

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Bilateraler Transfer (rechte HandLinke Hand)

CrossTransfer Rechte Handlinkes Bein)

P.T. N.T

P.T

N.T.

THEORIEN ÜBER TRANSFER Transfer durch allgemeine Faktoren Übertragbarkeit von allgemeinen Instruktionen: JUDD stellte fest, dass Individuen eine unter dem Wasser befindliche Zielscheibe mit einem Pfeil besser trafen, nachdem ihnen das Prinzip der Lichtbrechung erklärt worden war. 1. Gewandtheit, Verständnis für die allgemeine Aufgabenorientierung, 2. Bahnung, als Tendenz, auf allgemeine unveränderte Aufgabencharakteristika zu reagieren, 3. Fähigkeit der Modifikation der Reaktionen und der Vorhersage von Veränderungen der Aufgabensituation, 4. Interferenz als Tendenz, auf irgendeinen Teil der Aufgabensituation zu reagieren, 5. Hemmung als Tendenz, irrelevante oder unangemessene Reaktionen zu unterdrücken. Transfer durch identische Elemente Ähnlichkeit oder Identität von Teilen der Bewegung bzw. von Reizen und Reaktionen, Spezifität von Fertigkeitselementen, Reizgeneralisation bzw. Reaktionsgeneralisation, Äußere Bewegungsstruktur – innere Bewegungsregulation. 12

Gestaltpsychologisches Konzept Transfer (Transposition) durch das Vorhandensein gemeinsamer Muster, Konfigurationen oder Beziehungen, Einsichtiges Lernen aufgrund von Erfahrung. Zwei-Faktoren-Theorie Transfer durch die Kombination von allgemeinen und spezifischen Faktoren. 1. allgemeine Faktoren in mehreren Aufgaben, 2. Bahnungen im Zentralnervensystem, 3. Existenz identischer Elemente (Reiz-ReaktionsElemente), 4. Transposition von Bedeutungen, Verstehen oder Konfigurationen von einer Aufgabe auf eine zweite Aufgabe, 5. Kombination von allgemeinen und spezifischen Faktoren. Positiver Transfer: - Situationen bei der zweiten Bewegung, in denen der Sportler auf denselben Reiz in ähnlicher Weise reagieren muss (Basketball: Tip-in des aus unterschiedlichen Richtungen vom Brett zurückspringenden Balles), - Situationen, in denen äußere und innere Ähnlichkeit gegeben sind, die somit in der Geschwindigkeit, in der räumlichen Dimension und anderen grundlegenden Prinzipien ähneln (Werfen eines Balles und Schmetterschlag im Volleyball). 13

Null-Transfer: - Weder positive noch negative Übertragung einer Aufgabe auf eine andere Aufgabe. Negativer Transfer: - Situationen bei der zweiten Bewegung, in denen der Sportler auf denselben Reiz in anderer Weise reagieren muss (Basketball: Tip-in des vom Brett zurückspringenden Balles oder Pass zu einem Mitspieler), - Situationen, in denen Ähnlichkeit zu sein scheint, die sich jedoch in der Geschwindigkeit, in der räumlichen Dimension und anderen grundlegenden Prinzipien unterscheiden (Werfen eines Balles und Ausführung eines Aufschlags im Volleyball).

Messung von Transfer Proaktiver Transfer

Experimentalgruppe

Vortest Aufgabe A

Nachtest Aufgabe B

Kontrollgruppe

-------------------------

Aufgabe B

Retroaktiver Transfer Vortest Experimentalgruppe Aufgabe A Kontrollgruppe

Übung Aufgabe B

Aufgabe A

Nachtest Aufgabe A

-------------------- Aufgabe A

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Transferbeeinflussende Bedingungen: - Zeitliche Beziehung zwischen Aufgaben bzw. Fertigkeiten (Bei kürzerem zeitlichen Abstand findet sich ein positiverer Einfluss als bei längerem zeitlichen Abstand.) - Transfer von Bewegungsgewohnheiten über die Zeitspanne hinweg (Über die Lebensspanne kaum nachweisbar) - Verbal-motorischer Transfer (Bedeutung der Instruktion auf die Durchführung von Bewegungen) - Ermüdung und Transfer (Bei starker Ermüdung ist kaum Transfer möglich) - Massiertes Üben und Transfer (Pausenloses bzw. nahezu pausenloses Üben behindert Aufgabentransfer) - Transfer und Umfang des anfänglichen Lernens (Bei niedrigem Ausgangsniveau in beiden Aufgaben ist hoher positiver Transfer möglich, bei hohem Ausgangsniveau weniger) - Aufgabenschwierigkeit - Lehren und Lernen des Transfers 15

Prinzipien des Transfers 1. Transfer ist groß, wenn Übungsbedingungen für zwei Aufgaben sehr ähnlich sind. 2. Wenn die Aufgabe dieselbe Reaktion auf einen neuen Reiz erfordert, nimmt der positive Transfer zu, wenn die Reize angeglichen werden. 3. Wenn die Aufgabe eine andere Reaktion auf denselben Reiz verlangt, wird der Transfer negativ. 4. Wenn die Reaktionen sich unterscheiden, ist der positive gering, wenn sich die Reize ähneln. 5. Transfer ist hoch, wenn man sich bei den ersten Abschnitten von Aufgaben hoch anstrengt. 6. Transfer kann als Ergebnis von kognitiven Verbindungen zwischen zwei Aufgaben verstanden werden. 7. Einsicht tritt bei ausgiebigem Üben von Aufgaben ein. 8. Je mehr die Aufgabe geübt ist, desto größer ist der positive Transfer. 9. Die kurze Zeit zwischen der ersten und zweiten Aufgabe ist bedeutsam für den Transfer von spezifischen Elementen. 10. Transfer ist hoch, wenn der Lernende die allgemeinen Prinzipien bzw. Strukturen von 2 Aufgaben versteht. Abb. Skaggs-Robinson-Transferkurve (in Anlehnung an Kirchner & Pöhlmann, 2005, 174)

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Behalten Das Lernen hat den Erwerb, die Verfeinerung (Verfestigung), die Stabilisierung und die Verfügbarkeit (überdauerndes Behalten) einer Bewegung zum Ziel. Beim Behalten kann in zeitlicher Perspektive das Kurzzeit-, Mittelzeit- und Langzeitgedächtnis unterschieden werden. Das Kurzzeitgedächtnis umfasst die Aufnahme und Verarbeitung von Informationen in den einzelnen Sinnessystemen über wenige Sekunden. Das Mittelzeitgedächtnis beschreibt die Auswahl und Speicherung von Informationen in den einzelnen Sinnessystemen über einige Tage bis Wochen. Das Langzeitgedächtnis beinhaltet die Langjährige bis lebenslange Speicherung von Informationen in den einzelnen Sinnessystemen. In inhaltlicher und bedeutungsorienterter Perspektive wird differenziert zwischen Primärgedächtnis und Sekundärgedächtnis. Die im Primärgedächtnis gespeicherten Informationen unterliegen starken Veränderungen durch interferierende Inputs, wohingegen die im Sekundärgedächtnis gespeicherten Informationen über einen längeren Zeitraum erhalten bleiben. 17

Viele Dinge werden für einige Zeit im Kurzzeitgedächtnis „gespeichert“ und bei häufigem Gebrauch oder Ausführen der Bewegung im Langzeitgedächtnis eingebettet. Die Funktion des Kurzzeitgedächtnissse besteht darin, beim Lernen von komplexen Fertigkeiten einzelne Teile zusammen zu fügen bis die ganze Bewegung vollzogen werden kann Langfristiges Memorieren kann absichtlich eintreten, insbesondere dann, wenn die Fertigkeit für den Lernenden wichtig ist. Ob Information im Kurzzeitgedächtnis behalten wird, hängt von der Beziehung zu Komponenten des Langzeitgedächtnisses ab.

Abb. Interaktion zwischen Kurzzeit (primären) und Langzeit (sekundären) Gedächtnis und anderen Variablen wie Memorieren und „Lärm“ (psychologische Interferenz oder stressproduzierende Ereignisse) (aus Cratty, 1975, S. 392) 18

Theorien über das Behalten - Spurenzerfallstheorie (Decay-Theorie) ¾ Vergessen und Erinnern = Zeitspanne zwischen dem ersten Lernen und der später wiederholten Leistung. ¾ Umfang des Vergessens ist anfangs am größten, wird mit voranschreitender Zeit kleiner. - Theorie der Transformation von Spuren ¾ Theorie basiert auf der Annahme von Konfigurationen der Gedächtnisspur, d.h. beim Üben wird Nervenspur im Nervensystem eingraviert, diese wird aufgrund von neuralen Ereignissen im Gehirn modifiziert oder verändert, dass sie mit bereits gelernten oder ‚idealen’ übereinstimmt. Es kommt bei Wiederholungen zu messbaren Veränderungen. - Interferenz-Theorie ¾ Konzept der Interferenz beinhaltet die Hemmung und negative Beeinflussung durch nachfolgende Informationen. ¾ Gedächtnisspur wird durch Ereignisse vor oder nach dem Üben zerstört. ¾ Eine inhibitorische (hemmende) Barriere wird durch Ereignisse für die wiederholte Belebung einer Spur errichtet , wobei die Spur intakt bleibt. Untersuchungen mit proaktiven Interferenzen (vor dem Üben) und retroaktiven Hemmungen (nach dem Üben) - Permanenz des Gedächtnisses Das menschliche Gedächtnis ist eine permanent gespeicherte Information. Versuche über Kortexreizung, bei denen Reizungen in dem auditive Rindenfeld zu Aussagen über Töne, des motorischen Rindenfeldes zu Bewegungen, des visuellen Rindenfeldes zu Licht- und Farbsehen führten. Gedächtnis ist verhältnismäßig unabhängig, basiert auf allen bewusst gemachten Erfahrungen. Erlebnisse und Ereignisse können später bewusst zurückgerufen werden. Motorische Handlungen werden, einmal gelernt, kaum vergessen. Die Leistungsabnahme ist vor allem auf die Subordination der Reaktion zurückzuführen, nicht auf Auslöschung. 19

Abb.

Theorien des menschlichen Gedächtnisses für Bewegungsaufgaben in Diagrammform (aus Cratty, 1975, S. 404). 20

Messung von Behalten - Methode des ‚prozentualen Gewinns’ Nach einem übungslosen Intervall von einigen Stunden bis einigen Monaten oder Jahren wird bestimmt, wie viel Prozent des bei der ersten Lernperiode vorhandenen Leistungsniveaus in der Wiederholungsphase gemessen wird. Langfristiges Lernen oder vorübergehende Leistung wird ermittelt.

- Ersparnismethode Sie basiert auf der Anzahl von Versuchen oder Zeitbetrag, die bei Überprüfung des Behaltens durch vorangegangenes Üben eingespart werden. Früher erlernte Fertigkeiten werden schneller wieder ausgeführt und schneller gelernt als Fertigkeiten, die nie gelernt wurden.

Abb. Messung des Behaltens (aus Cratty, 1975).

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Proaktive und retroaktive Hemmung 1. Proaktive Hemmung Proaktive Hemmung bezieht sich auf die negative Wirkung, die eine bereits gelernte Aufgabe auf das Behalten einer neuen Aufgabe ausübt. Vortest Experimentalgruppe Aufgabe B

Übung Aufgabe A

Nachtest Aufgabe A

Kontrollgruppe

Aufgabe A

Aufgabe A

Keine Aufgabe

Obwohl in der Kontrollgruppe Aufgabe A produziert werden soll, geraten die Aufgaben A und B miteinander in Konflikt. 2. Retroaktive Hemmung Retroaktive Hemmung beschriebt die Situation in der eine neu gelernte Aufgabe die Behaltensleistung in einer vorher gelernten Aufgabe mindert. Vortest Experimentalgruppe Aufgabe A

Übung Aufgabe B

Nachtest Aufgabe A

Kontrollgruppe

Keine Aufgabe

Aufgabe A

Aufgabe A

Reminiszenz: Reminiszenz beschreibt, dass nach einer Pause die Leistung ansteigt, was im wesentlichen auf die Weiterbeschäftigung mit dem Inhalt während der Pause zurückgeführt wird. Man nimmt allerdings an, dass dieser Leistungsanstieg vor allem erfolgt, wenn die Aufgabe in der Grobform und lediglich partiell erlernt wird.

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Überlernen: Überlernen bezieht sich auf das Üben einer Aufgabe, nachdem sie im Hinblick auf ein bestimmtes Kriterium als erlernt gilt. In Studien über das Erlernen von z.B. 30 sinnlosen Silben besteht das Kriterium in der einmaligen perfekten Wiedergabe nach z.B. 10 Wiederholungen. Hiernach wird eine Anzahl weiterer Übungsversuche eingeräumt. Bei 5 Übungsversuchen handelt es sich um 150% Lernen bzw. 50% Überlernen. Die Studien stellen übereinstimmend fest, dass zusätzliches Üben zu einer besseren Behaltensleistung führt. Struktur der Aufgabe: Fließende Fertigkeiten (Schwimmen, Laufen, Springen, Radfahren etc.) sind sehr resistent gegen Vergessen. Bewegungsfertigkeiten werden besser behalten als verbale Informationen, da erstere oft fließend und ihre Teile miteinander integriert sind, wogegen letztere oft ohne Sinn, ohne Zusammenhang sind und ihre Teile in keiner Beziehung zueinander stehen. Recency-primacy-Effect: Im Allgemeinen behalten Versuchspersonen beim Lernen von sinnlosen Silben den ersten und letzten Teil der Reihe gut. Tab. Behalten von verbalen Inhalten und motorischen Fertigkeiten verbal

motorisch

sehr leicht zu behalten

Poesie

rhythmische Fertigkeiten

mit einigen Schwierigkeiten zu behalten

Prosa

zusammenhän...


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