Strafrecht I - Mustergutachten zum Haarabschneiden-Fall PDF

Title Strafrecht I - Mustergutachten zum Haarabschneiden-Fall
Course Strafrecht I
Institution Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Pages 3
File Size 63.4 KB
File Type PDF
Total Downloads 58
Total Views 131

Summary

Strafrecht AT, Körperverletzung, Gutachten ausführlich für 1. Semester...


Description

Mustergutachten zum Haarabschneiden-Fall

Fall: A ist total neidisch auf die langen Haare von B. Eines Nachts schleicht sie sich bei B ins Zimmer und schneidet A mit Hilfe einer Schere die Haare unregelmäßig ab, sodass B nun entstellt wirkt. Wie hat sich A strafbar gemacht? Zu prüfen ist lediglich der § 223 StGB.

Gutachten-Lösung: Strafbarkeit der A A. Strafbarkeit der A gem. § 223 I StGB Obersatz: A könnte sich gem. § 223 I StGB wegen einer Körperverletzung strafbar (der Körperverletzung schuldig) gemacht haben, indem sie der schlafenden B die Haare abschnitt. I.

Tatbestandsmäßigkeit

Obersatz: Dazu müsste die Tatbestandsmäßigkeit erfüllt sein. Die Tatbestandsmäßigkeit beinhaltet den objektiven Tatbestand und den Subjektiven. 1. Objektiver Tatbestand Obersatz: A könnte den objektiven Tatbestand erfüllen, indem sie B an der Gesundheit schädigte oder körperlich misshandelte, indem A B die Haare abschnitt. a) Gesundheitsschädigung Obersatz: B könnte an der Gesundheit geschädigt sein. Definition: Eine Gesundheitsschädigung besteht im Hervorrufen oder Steigern eines (vorübergehenden) pathologischen Zustandes. Subsumtion: Durch das Haare abschneiden wird kein krankhafter Zustand hervorgerufen. Ergebnis: Somit scheidet das Vorliegen einer Gesundheitsschädigung aus. b) Körperliche Misshandlung Obersatz: B könnte auch körperlich misshandelt worden sein durch das Haare abschneiden. Definition: Als körperliche Misshandlung wird jede üble unangemessene Behandlung bezeichnet, die entweder das körperliche Wohlbefinden oder die körperliche Unversehrtheit nicht nur unerheblich beeinträchtigt. Subsumtion: Jemandem zwangsweise und heimlich die Haare abzuschneiden ist eine unangemessene Behandlung. Zwar wird das körperliche Wohlbefinden nicht zwangsläufig beeinträchtigt, aber da die

Haare zur Substanz des Körpers gehören bleibt der Körper nicht unversehrt, was ebenfalls von dieser Tatalternative erfasst wird. Diese Beeinträchtigung ist auch nicht nur unerheblich, da B entstellt wirkt. Teilweise wird jedoch auch vertreten, dass die Beeinträchtigung auch an einem objektiven Maßstab gemessen vorzuliegen hat. Es sei nicht allein auf das subjektive Wohlbefinden abzustellen. Dem ist entgegenzuhalten, dass auch ein objektiver Maßstab hier greift, da allgemein formuliert, jemand der Wert auf eine bestimmte Haartracht legt erheblich beeinträchtigt wird, wenn diese gegen seinen Willen verändert wird. Weiterhin ist anzuführen, dass die Beeinträchtigung der körperlichen Integrität immer „subjektiv“ , also persönlich, in unterschiedlichem Ausmaß erlebt wird. Konsequent weitergeführt würde dieses Argument dazu führen, dass eine Strafbarkeit wegen Verletzung der körperlichen Integrität, wie überhaupt an individuellen Rechtsgütern, ausgeschlossen wäre. Das Strafrecht schützt aber auch gerade individuelle Rechtsgüter. Ergebnis: Somit ist das Tatbestandsmerkmal der körperlichen Misshandlung eher zu bejahen. 2. subjektiver Tatbestand – Vorsatz Obersatz: Weiterhin müsste A vorsätzlich der B die Haare abgeschnitten haben. Definition: Vorsatz ist das Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung in Kenntnis aller seiner objektiven Tatbestandsmerkmale. Subsumtion: A wusste, dass das Haare abschneiden falsch ist und tat es trotzdem. Ergebnis: Also handelte A auch vorsätzlich. 3. Zwischenergebnis Die Tatbestandsmäßigkeit ist erfüllt. II.

Rechtswidrigkeit

Obersatz: Die Tat der A müsste rechtswidrig erfolgt sein. Definition: Rechtswidrig ist eine Tat, wenn sie gegen das Gesetz verstößt und keine Rechtfertigungsgründe vorliegen. Subsumtion: Es sind keine Rechtfertigungsgründe ersichtlich. Ergebnis: A handelte rechtswidrig. III.

Schuld

Obersatz: A müsste schuldhaft gehandelt haben. Definition: Schuldhaft handelt, wer schuldfähig ist, weiß dass es gegen die Rechtsordnung verstößt und keine Entschuldigungsgründe vorliegen. Subsumtion: es ist nicht ersichtlich, dass A schuldunfähig war oder anders entschuldigt ist. Ergebnis: Folglich handelte A schuldhaft. IV.

Ergebnis

Ergebnis: A hat sich gem. § 223 I StGB (nicht) strafbar (schuldig) gemacht, indem sie B die Haare abschnitt.

B. Weitere Tatbestände sind aufgrund der Aufgabenstellung nicht zu prüfen. In Betracht käme aber aufgrund des Einsatzes einer Schere und dem Schlaf der B auch § 224 I Nr. 2, 3 StGB....


Similar Free PDFs