Vergleichende Betrachtung des antiken Römischen Frauenideals mit den Beschreibungen der Bacchusverehrerinnen im Werk Livius PDF

Title Vergleichende Betrachtung des antiken Römischen Frauenideals mit den Beschreibungen der Bacchusverehrerinnen im Werk Livius
Author Thea Tralisch
Course Geschichte/ Kultur
Institution Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Pages 20
File Size 525.4 KB
File Type PDF
Total Downloads 43
Total Views 142

Summary

Hausarbeit zu der Thematik "Vergleichende Betrachtung des antiken Römischen Frauenideals mit den Beschreibungen der Bacchusverehrerinnen im Werk Livius"
Note: 1,0...


Description

Vergleichende Betrachtung des antiken Römischen Frauenideals mit den Beschreibungen der Bacchusverehrerinnen im Werk Livius I. Einleitung „Lass einmal Frauen mit dir gleichziehen. Von dem Augenblick an sind sie deine Vorgesetzten..“.1 Ein Ausspruch von Marcus Porcius Cato, ein römischer Feldherr und Staatsmann, der im Jahre 234 v.Chr.- 149 v.Chr. lebte. Er beschrieb ein für die damalige Zeit fiktives Szenario, welches eine mögliche Gleichstellung zwischen Mann und Frau beinhaltet. Damals wie heute spielen Geschlechtsstereotypen eine wichtige Rolle in der gesellschaftlichen Wahrnehmung. Gemäß Eckes handelt es sich bei Geschlechtsstereotypen um „(…) kognitive Strukturen, die sozial geteiltes Wissen über die charakteristischen Merkmale von Frauen bzw. Männern enthalten.“.2 Kommt es zu Abweichungen des Stereotypen, führt dies zu einer automatischen Ablehnung sowie Abwertung der Person. In Rom der Antike herrschte ein traditioneller Sexismus, welcher laut Cameron, durch drei Aspekte geprägt wurde: die deutliche Hervorhebung der Geschlechtsunterschiede, der Abwertung des weiblichen Geschlechts sowie die Manifestierung der traditionellen Geschlechterrollen. 3 Durch die gesellschaftlichen Normen und der Dominanz der Männer erfuhren die Frauen in ihrem alltäglichen Leben starke Einschränkungen bezüglich ihres selbstbestimmten Lebens.4 Dieser Einschränkungen konnten sie nur im gewissen Maße in einem geheimen Frauenkult, z. B. dem Bacchuskult, entfliehen. Der ursprünglich in Griechenland beheimatete Mysterienkult, welcher den Bacchus ehrte, der unter anderem der Gott des Weines und der Frauen war, gelangte im 2.Jahrhundert v.Chr. in das römische Herrschaftsgebiet. 5Bestandteil der Rituale zu Ehren des Gottes waren ekstatische Tänze, Trinkgelage und Gesänge, deren Ablauf mit geheimen Opferritualen verbunden waren.6 Durch den Einfluss der Kampanerin Paculla Annia wurden die Bacchuszeremonien von drei Tage im Jahr auf fünf in einem Monat erhöht und es

1

Livius XXXIV, 3. Petersen/Six: Stereotype, Vorurteile und soziale Diskriminierung, S.122. 3 C. Cameron: Sex-role attitudes, S.340. 4 Vgl. E.Hartmann: Frauen in der Antike: Weibliche Lebenswelten von Sappho bis Theodora, S.136. 5W.F.Otto: Dionysos: Mythos und Kultus, Frankfurter Studien zur Religion und Kultur der Antike, S.164. 6 Vgl. W.Bukert: Antike Mysterien,S.88-89. 2

kam zur Einweihungen des männlichen Geschlechts in den Kult.7 Durch die Auflösung, der zuvor gesellschaftlich streng befolgten Standesbarrieren, kam es genau zu der geschlechtlichen Gleichstellung, die Cato in seinem Zitat thematisierte. Die rasant ansteigende Teilnehmerzahl sowie die Normbrüche der Frauen und Männer in ihren nächtlichen Ritualen wurden vom Senat als bedrohlich empfunden.8 Dies führte im Jahr 186 v. Chr. zu einem Skandal, der das Verbot der Bacchanalien sowie die Verfolgung der 7000 Anhänger beinhaltete.9 In meiner Ausarbeitung möchte ich folgender Frage nachgehen: Inwiefern wichen die Bacchusverehrerinnen aus Titus Livius Sicht von der Idealvorstellung einer römischen Frau ab? Zur Beantwortung ist es zunächst wichtig, den Stereotypen einer guten und ehrbaren römischen Frau aufzuzeigen. Dies geschieht anhand einer Grabesinschrift des Ehepaars Lucius Aurelius Hermia und Aurelia Philematio aus dem ersten Jahrhundert v.Chr.. Anschließend widme ich mich exemplarischen Passagen aus dem 39. Buch seines Geschichtswerks ad urbe condita , in welchem er sich zum Bacchanalienskandal 186 v. Chr. äußerte. Hierbei wird anhand der Textauszüge der Normen-und Sittenverstoß der Bacchantinnen im Vergleich zu den nachgewiesen.

II. Hauptteil 1. Darstellung des römischen Stereotyps der idealen römischen Frau In der römischen Antike wurde durch die Heirat das Machtverhältnis der beiden Eheleute zueinander festgelegt. Es gab zwei Formen der Eheschließungen, die manus Ehe und die manus-freie Ehe. Der Mann erhielt in der sogenannten manus-Ehe aufgrund bestimmter Rituale die Vormundschaft sowie die gesetzliche Entscheidungsgewalt über seine Frau.10Elke Hartmann beschreibt in ihrem Werk „Frauen in der Antike“ das Verhältnis zwischen einem verheirateten Mann und seiner Frau folgendermaßen: „Eine Frau, die „in die Hand des Gatten“ verheiratet wurde (in manu mariti), war von diesem Zeitpunkt an nicht mehr an ihren Vater gebunden, sondern unterstand der rechtlichen Gewalt ihres Ehemanns.“.11 Diese Regeln

Liv. XXXIX 8, 3 – 9, 1. Vgl. Liv. XXXIX 16, 2. 9 Liv. XXXIX 13, 14. 10 E.Hartmann: Frauen in der Antike. Weibliche Lebenswelten von Sappho bis Theodora, S.132. 11 Ebd., S. 135.

7

8

erwuchsen aus verschiedenen gesellschaftliche Normen und Werten.12 Der Ehemann hatte das Recht über das Leben und Tod seiner Gattin zu entscheiden. Sie war ihm gegenüber nicht gleichgestellt. Alles was die Frau an materiellen Gütern besaß, ging mit der der Eheschließung in den Besitz ihres Mannes über. 13 Es oblag ihr lediglich ihrem Gatten treu und ergeben zu dienen. Die manus-freie Ehe unterschied sich darin, dass die Frau nicht absoluten Macht ihres Mannes unterstand, sondern weiterhin der ihres Vaters.14 Aus meiner Sicht ist hier anzumerken, dass beide Formen der Eheschließung nichts daran änderten, dass eine römische Frau fremdbestimmt unter der Vormundschaft eines Mannes stand.15 Diesen Sachverhalt möchte ich anhand eines epigraphischen Werks darstellen. Eine epigraphische Überlieferung dient zum einen der Darstellung einer Person und deren Leben. Zum anderen stellt sie auch einen kulturellen Beitrag dar, der durch unterschiedliche Faktoren, z.B. politische und ökonomische Umstände beeinflusst wird.16In meiner Hausarbeit widme ich mich der Grabinschrift des Aurelius Hermia und der Aurelia Philematio vom Viminal in Rom, welch circa ein Jahrhundert v.Chr. erstellt wurde.17 Anhand dieser Inschrift soll die Stellung der Frau im Bezug zu ihrem Mann sowie die Verortung der Rolle der Frau im gesellschaftlichen Gefüge dargestellt werden. „Lucius Aurelius Hermia, Freigelassener des Lucius, Fleischer auf dem Viminal. Sie, die mir im Tod vorausgegangen ist mit keuschem Körper, war meine eine und einzige Frau, mit einem liebenden Sinn lebte sie treu ihrem treuen Mann; immer fröhlich, selbst in bitteren Zeiten, vernachlässigte sie nie ihre Pflichten. Aurelia Philematium, Freigelassene des Lucius. Als ich lebte wurde ich Aurelia Philematium genannt, eine Frau keusch und bescheiden, ohne Kenntnis des gewöhnlichen Volkes, treu dem Mann. Mein Mann, den ich jetzt verlasse, war ein Mitfreigelassener. Er war wahrlich mehr als ein Vater für mich. Als ich sieben Jahre alt war, nahm er mich auf seinen Schoß. Nun bin ich vierzig und in der Gewalt des Todes. Durch meine beständige Sorge ging es meinem Mann in allem gut.“.18

12

Vgl. T C. Kunst: Eheallianzen und Ehealltag in Rom, Wagner, S.33. Vgl. S.B. Pomeroy: Frauenleben im klassischen Altertum, S. 232 – 234. 14 Andrea Rottloft: Lebensbilder römischer Frauen, S.33. 15 Vgl. R.Knapp: Römer im Schatten der Geschichte: Gladiatoren, Prostituierte, Soldaten: Männer und Frauen im Römischen Reich, S.75. 16 Manfred G. Schmidt: Lateinische Epigraphik: Eine Einführung, S. 43. 17 C. Kunst: Eheallianzen und Ehealltag in Rom, S. 46. 18 CIL VI 9499 = ILS 7472, Übersetzung in: C. Kunst: Eheallianzen und Ehealltag in Rom , S. 46. 13

Die Inschrift lässt sich in zwei Abschnitte untergliedern. In dem ersten Teil der Inschrift stellt sich der Mann in direkter Rede persönlich vor und beschreibt die Vorzüge seiner Ehefrau. Nach ihm folgen die Aussagen seiner Frau Aurelia über sich selbst und ihren Ehemann. Der Name des Mannes lautet Lucius Aurelias Hermia, wie der von seinem ehemaligen Herren Lucius Aurelius der ihn aus seinem Status als Sklave befreite. Sein Beruf war Fleischer bzw. Metzger auf dem Hügeln, dem Viminal, in Rom. Nach einer kurzen Selbstvorstellung folgt durch ihn die Beschreibung seiner Gattin. Er leitet seine Ausführung mit dem Personalpronomen „sie“ ein, welches sich auf seine Ehefrau Aurelia bezieht. Des Weiteren wird in der Inschrift darauf verwiesen, dass Aurelia vor ihrem Ehemann verstarb. Der Wortlaut lässt vermuten, dass sie seine „eine und einzige Frau“ war. Dies war in der damaligen Zeit unüblich, da es Männern gestattet war, während der Ehe Liebschaften zu haben.19Aurelia war ihrem Mann eine gute Ehefrau, da er in der Inschrift ausschließlich positive Eigenschaften aufzählte. Die Beschreibung „mit keuschen Körpers“ könnte darauf verweisen, dass Aurelia nie mit anderen Männern verkehrte und tugendsam ihrem Mann gegenüber verhielt. Diese Aussage impliziert, dass eine gute Gemahlin vor und während der Ehe enthaltsam gegenüber anderen Männern sein musste, um als rein und tugendhaft zu gelten. Ihr Körper und die damit verbundene Sexualität waren nicht ihr persönliches Eigentum, sondern das Eigentum ihres Ehemanns.20 Die nächste positive Beschreibung seinerseits folgt „mit liebenden Sinn“. Es ist anzunehmen, dass sie eine Frau guten und liebevollen Gemütes war. Dadurch wird ihr die Fähigkeit zur Emotionalität zugesprochen. In der Antike galt das Klischee, dass die Frauen eher emotional und sich von ihren Gefühlen steuern ließen und die Männer den rationalen Gegenpol dazu darstellten. 21 Diese Rollenverteilung war strikt von der römischen Gesellschaft vorgegeben. Die Betonung der Treue „treu ihrem treuen Mann“ verweist auf die Wichtigkeit dieses Bestandteils der ehelichen Vereinbarung. Diese Treue bezog sich zum einen auf die sexuell emotionale Ebene. Zum anderen bedeutet dies auch, dass sie wie er sittsam den Idealen, Normen und Werte der römischen Gesellschaft folgen musste. Ein Ehebruch seitens der Frau war ein schlimmes Verbrechen und führte unmittelbar zur Beeinträchtigung des gesellschaftlichen Ansehens des Mannes. Bei einem solchen Vergehen „(…) mit einer dritten

19

Vgl. C. Kunst, S.38.; R.Knapp, S.79.

20

Vgl. R.Knapp, S.82.

21

E. Hartmann, S.141.

Person des anderen Geschlechts “ 22 ,musste die Frau angezeigt oder gar getötet werden.23 Dies bestätigt ein überliefertes Zitat von Cato: „Wenn du deine Frau beim Ehebruch erwischst, kannst du sie ohne weiteres töten. Die Frau jedoch hat nicht das Recht, dich wenn du den Ehebruch begangen hast, auch nur mit einem Finger zu berühren.“.24 Durch den Ehebruch stand die Sicherung der legitimen Nachkommenschaft. Die Ehe hatte die Aufgabe Kinder, vor allem Söhne, und somit Erben zu zeugen, um den Fortbestand der Familie zu sichern. Dies zeigt auf, dass die Diskriminierung des weiblichen Geschlechts von Geburt an stattfand. Robert Knapp kommentiert dies folgendermaßen: „ So war das sexuelle Vergnügen 'respektabler' Frauen auf die Ehe beschränkt.“.25Anzumerken ist, dass in dieser Zeile auch zum ersten Mal auf die Tugend des Mannes verwiesen wird. Jedoch waren die Folgen des Fremdgehens für den Mann nicht so gravierend wie für die Frau. Er durfte mit anderen Frauen verkehren, solange sie nicht verheiratet oder römische Bürgerinnen waren. 26Des Weiteren sah sich Aurelius Hermia in dieser Inschrift sich selbst in der Pflicht den gesellschaftlichen Idealen zu folgen. Dies zeigt auf, dass er selbst ein nach römischen Normen lebender Bürger war. Die Textpassage: „immer fröhlich, selbst in bitteren Zeiten, vernachlässigte sie nie ihre Pflichten“ macht deutlich, dass Aurelia immer mit Ehrgeiz und Pflichtbewusstsein ihren Aufgaben als gute Ehefrau nachging. Sie wird als „immer fröhlich“ von ihm charakterisiert. Durch die Verwendung des Partikels „immer “ wird ihre selbstverständliche Ergebenheit in der Erfüllung ihrer Pflicht beschrieben. In der Inschrift wird auf keine andere emotionale Äußerung hingewiesen. Selbst in „bitteren Zeiten“ galt ihre Prämisse der Erfüllung ihrer Pflichten. Ich bin der Ansicht, dass die Betonung des Wortes „Pflichten“ darauf verweist, dass sie nicht selbstbestimmt in der ehelichen Gemeinschaft agieren konnte. Die Frau war einzig und allein für die Haushaltsführung und -tätigkeiten bestimmt.27Politische Aufgaben sowie die politischen Rechte lagen nur in dem Aufgabenbereich der Männer.28 Laut Sarah Pomorey wird dies in den Rechtstexten durch die Aussagen „infirmitas sexus“ (Schwäche) und „levitas animi“ (Leichtsinn) gerechtfertigt.29

22

G.Jauch: Gabler Kompakt-Lexikon Recht: 2200 Rechtsbegriffe nachschlagen, verstehen, anwenden, S. 55. 23 Vgl. J.Schröter,J.K.Zangenberg: Texte zur Umwelt des Neuen Testaments,S.183. 24 Livius XXXIV,2-4. 25 R.Knapp: Römer im Schatten der Geschichte: Gladiatoren, Prostiuierte, Soldaten: Männer und Frauen im Römischen Reich, S.80. 26C.H.Beck: Frauen im antiken Rom S.54. 27 Andrea, Rottloff: Lebensbilder römischer Frauen, S.49. 28 Vgl. E. Hartmann, S.155. 29 Sarah B. Pomeroy: Frauenleben im klassischen Altertum, Stuttgart 1985, S. 229.

In dem zweiten Abschnitt der Inschrift äußert sich die Gattin des Aurelius Hermia, die laut vorhergehenden Sätze bei der Erstellung des prächtigen Grabsteins schon tot war. Folglich sind es nicht ihre eigenen Worten, sondern ihr in den Mund gelegten Worte. Sie hieß früher Philematio und wurde wie ihr Mann von Lucius Aurelius freigelassen. Dadurch erhielt sie den Namen Aurelia Philematio. In diesem Abschnitt ist es auffallend, dass sie Schlagwörter, die ihr Mann vorher verwendet hat, wieder aufnimmt. Damit bekräftigt und unterstreicht sie die Worte ihres Gattens. Aurelia bezeichnet sich auch selbst als „keusch“ und „bescheiden“. Durch die Wiederholung ihrer Keuschheit, wird dieser Tugend eine noch größere Bedeutung zugeschrieben. Das lässt vermuten, dass diese Tatsache die Ehefrau in der römischen Antike eine hohe Priorität darstellte. In dieser Inschrift wird nur die Bescheidenheit der Ehefrau erwähnt und nicht die des Mannes. Aurelius Frau zeigt in ihren Äußerungen, dass sie sich in die vorgegebene gesellschaftliche Position gefügt hat. Sie sah sich nicht in der Position persönliche Ansprüche an ihre Lebensgestaltung zu stellen. Ihr Ehemann und sein Ansehen hatten Vorrang. Dies zeigt auf, dass das männliche Geschlecht nicht dieser Tugendansprüchen entsprechen musste und einen deutlich höheren Rang in der Gesellschaft einnahm. Lasten oder schlechter Einfluss, den das „gewöhnliche Volk“ mit sich brachte, nahmen keinen Stellenwert in ihrem Leben ein. Dieser Textausschnitt kann auch als „des Pöbels (=Lasters) unwissend “ übersetzt werden.30Sie verkehrte nur in sittenhaften und normfolgenden gesellschaftlichen Kreisen. Aurelia grenzte sich in ihren Äußerungen eindeutig von niedrigeren gesellschaftlichen Schichten ab. Sie beschreibt sich als unwissend, was darauf schließen lässt, dass sie frei von schlechten Einfluss ist. Durch die erneute Erwähnung der Treue lässt vermuten, dass diese Tugend besonders für die Frau wichtig war. Im dritten und hiermit letzten Abschnitt der Quelle, beschreibt Aurelia ihre eheliche Beziehung zueinander. Sie erwähnt, dass sie beide aus der Sklaverei befreit wurden. Der Inschrift zu urteilen, war er für sie ein Vater und gleichzeitig ein Ehemann. Schon als Siebenjährige nahm er sie „auf seinen Schoß“. Dies kann auch als „in seine Obhut“ übersetzt werden.31

32

Es war

üblich, dass Mädchen in sehr jungen Jahren in die Ehe gingen. Die Altersunterschiede waren groß. Man kann sagen, dass die Ehen mit Kindsbräuten vollzogen wurden. Dies sicherte ihnen

30A.

Rottloff: Lebensbilder römischer Frauen, S. 48. A. Rottloff: Lebensbilder römischer Frauen, S. 48. 32http://www.britishmuseum.org/research/collection_online/collection_object_details.aspx?objectId=465522 &partId=1 31

die Tugendhaftigkeit der Ehefrau bzw. ihre Keuschheit beim Eintritt in das Eheleben.33Die Vermählungen waren Angelegenheiten der Familien und bedurften nicht der Zustimmung der zu Verheirateten.34 Dadurch, dass Aurelias Ehemann die Rolle des Vaters mit einnahm, ist anzunehmen, dass er für sie eine erziehende Autoritätsperson darstellte. Mit 40 Jahren verstarb Aurelia und war fast ihr ganzes Leben lang seine Ehefrau. Das Idealbild einer damaligen römischen Ehe sah es vor, dass diese Partnerschaft lebenslang und exklusiv war. Frauen, die nur einmal in ihrem Leben verheiratet waren, galten im gesellschaftlichen Kontext als ehrbar.35 Mit der Aussage „Durch meine beständige Sorge ging es meinem Mann in allem gut.“, wird meine Annahme bestätigt, dass die Pflichterfüllung der Frau primär zu beurteilen ist. Sie hat ihn die ganze Zeit in seinem Leben und Wirken unterstützt und ihm dadurch seine Stellung in der Gesellschaft gesichert. Durch die Betonung „in allem“ wird darauf verwiesen, dass ihre Fürsorge jeglichen Lebensbereich abdeckte. Ihr Lebenswerk war sein Erfolg. Eine weitere Übersetzungsmöglichkeit dieser Zeile lautet: „Er blühte durch meine beständige Pflichterfüllung.“.36 Ich finde, dass die Metapher „blühte“ ein deutliches Bild der Ehe symbolisiert. Die Frau steht sinnbildlich für die Natur, die selbstlos versorgende Ressourcen in ihren Mann investiert. Der Mann erlangt dadurch an Ansehen und Ruhm in der Gesellschaft. Dies zeigt, dass der einzige Verdienst einer römischen Frau, die Unterstützung ihres Mannes in seinem Leben war. Dieses Epigraph zeigt auf, dass Aurelia den Idealen, die ihr Mann sowie die Gesellschaft für sie vorsahen, entsprach. Dies ist daraus zu entnehmen, dass ihr Gatte einen prächtigen Grabstein für sie errichten ließ. In dieser Inschrift wurden ausschließlich die Empfindungen und Eindrücke des Mannes wiedergegeben. Aurelias Worte wurden durch ihren Ehemann niedergeschrieben. Die Authenzität des Verfassten lässt sich nicht nachweisen. Es könnte sich um stereotype Formulierungen handeln. Aurelia wird nicht individuell dargestellt, sondern es werden ausschließlich gesellschaftliche Anforderungen an die Tugenden einer ideal römischen Frau benannt. Eine Inschrift ist ein öffentliches Schriftstück, zu dem jeder Zugang hat. Die gesellschaftliche Pflicht des Mannes als Familienoberhaupt beinhaltete, dafür zu sorgen, dass seine Frau den gesellschaftlichen Ansprüchen und Normen entsprach und diesen nachging. 37 Hätte sie sich

33

A. Rottloff: Lebensbilder römischer Frauen, S.33

34C. 35

Kunst : Eheallianzen und Ehealltag in Rom, S. 37.

E. Hartmann: Frauen in der Antike, S. 138. 36 A. Rottloff: Lebensbilder römischer Frauen, S.49. 37 E. Hartmann: Frauen in der Antike, S.132.

nicht als sittsam und treu sowie pflichtbewusst erwiesen, würde dies eine Abwertung seiner Autorität bedeuten. Der Ehemann beschreibt auf dem Grabstein eine idealisierte und harmonische Ehe. Die Ehefrau war für den Ehemann ein Statusobjekt, mit dem er sein Ansehen erhöhen und schmücken konnte.

2. Livius Darstellung der Bacchusverehrerinnen Es gibt zwei bekannte Überlieferungen über den Bacchanalienskandal im Jahr 186 v.Chr., der die Einschränkung der Ausübung des Bacchuskultes in Rom und in allen römischen Machtbereichen zur Folge hatte.38 Das ist zum Einen die Bronzetafel mit den Text des Senatus consultum de Bacchanalibus. Diese Inschrift enthält die Senatsbeschlüsse, die infolge der Vorfälle der Bacchanalien entschieden werden mussten. Jedoch erfährt man, laut Dennis Pausch, aus ihr nicht den genauen Ablauf sowie die Tragweite dieses Skandals.39 Zum anderen gibt es eine genauere Berichterstattung, die in Livius 40 39. Buch in seiner römischen Geschichte „ad urbe condita“41 über den Bacchanalienskandal verzeichnet ist. Sein Werk wurde mutmaßlich zwischen 20 und 15 v.Chr. verfasst42. Der Text des augusteischen Historikers43 lässt sich in zwei Haupteile untergliedern. Der erste Abschnitt beinhaltet die Romanze zwischen Hispala und Aebutius sowie die Aufdeckung der Mysterien. Der zweite Teil beinhaltet die Rede des Konsuls Sp. Potumis vor dem Senat sowie die daraus resultierenden Senatsbeschlüsse und die Belohnung für die beiden Gestehenden. 44 In meiner Ausarbeitung möchte ich nicht die gesamte Quelle analysieren und interpretieren, da dies den Umfang meiner Hausarbeit deutlich überschreiten würde. Vielmehr liegt hier das Hauptaugenmerk darauf, inwiefern die Aussagen Livius über die Bacchusverehrerinnen den Anforderungen an eine moralische, sittliche Frau in dieser Zeit widersprochen haben. Hierfür beziehe ich mich auf vereinzelte Textpassagen aus dem Werk und versuche...


Similar Free PDFs