VL Germanische Sprachen - Einführung PDF

Title VL Germanische Sprachen - Einführung
Author Anna Olk
Course Die Germanischen Sprachen
Institution Philipps-Universität Marburg
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Summary

Sommersemester 2018, Herr Prof Dr Fleischer, MA Linguistik : Kognition und Kommunikation ...


Description

Einführung: was ist eine (germanische) Sprache? Stammbaum, Klassifikationen

• keine (linguistische) Definition von Sprache und Dialekt • rein soziolinguistische Unterscheidung • mehr oder weniger „Sprachen“ • “A language is a dialect with a navy and army” (Max Weinreich, 1945)

(Germanische) Sprachen und Dialekte: • Soziolinguistische Unterscheidung • Bsp. Luxemburgisch/Lëtzebuergesch: – linguistisch: moselfränkische Dialekte, ähnlich wie z.B. in Eifel – soziolinguistisch: seit vergleichsweise kurzer Zeit Anstrengungen zu Normierung – seit 1983 offizieller Status in Großherzogtum Luxemburg – fehlt in vielen Stammbäumen • für sprachliche Merkmale: „Dialekte“ ebenso interessant wie „Sprachen“

Standardsprachen und Dialekte: • Dänisch, Schwedisch, Norwegisch: gegenseitig verständlich, drei „Sprachen“, weil drei Standardformen • Höchstalemannisch, Ostfriesisch, Südbairisch: gegenseitig kaum verständlich, drei „Dialekte“, weil von Standarddeutsch „überdacht“

Germanisch: • Zweig der indogermanischen Sprachfamilie • alle germanischen Sprachen (und Dialekte) weisen gewisse gemeinsame sprachliche Merkmale auf • in übrigen indogermanischen Sprachzweigen nicht vorhanden

Germanisch: Merkmale (prosodisch/phonologisch) • Festlegung des Akzents auf erste Silbe/ Stammsilbe: vgl. dt. kómmen, gekómmen; aber Úrlaub vs. erláuben • erste/germanische Lautverschiebung (+ Verners Gesetz)

Merkmale Verb: • zwei Klassen von Verben mit spezifischer Bildungsweise

– „starke Verben“: Bildung des Präteritums durch Vokalwechsel („Ablaut“)   dt. singen – sang – gesungen – „schwache Verben“: Bildung des Präteritums durch „Dentalsuffix“  dt. machen – machte – gemacht • Reduktion des Formensystems: – zwei Tempora: Präsens und Präteritum – Modus: Zusammenfall des indogermanischen Konjunktiv und Optativ

Merkmale Nomen: • Unterscheidung „starkes“ vs. „schwaches“ Adjektiv: dt. der junge Student – ein junger Student • Entstehung des bestimmten Artikels • Entstehung sog. „schwacher“ Nomen (indogermanische n-Stämme): dt. der Bote – den Boten – dem Boten … • Kasusreduktion: vier Kasus (Nom., Akk., Dat., Gen.): aber: Reduktion z.T. wesentlich weiter fortgeschritten

Merkmale Syntax: • Verbzweit-Stellung („verb-second word order“): Verb im Hauptsatz (bestimmte Sprachen: auch im Nebensatz) ist zweite Konstituente • Ausnahme: Englisch

Überlieferung: Schriftliche Zeugnisse • vor Ende 19. Jh.: keine Schallaufzeichnung, ausschließlich schriftliche Zeugnisse • germanische Sprachen: mind. vier Alphabete: – Runen: meist voreinzelsprachlich (?), nord(west?)germanisch, auch ostgermanisch •  ab 1./2. Jh. n.Chr.; in Island noch Inschriften im 19. Jh. – gotisches Alphabet: gotische Zeugnisse •  Eigenentwicklung, griech. und lat. Einfluss •  4./5. Jh. n. Chr. –  lateinisches Alphabet: west- und nordgermanisch •  ab Frühmittelalter; Kontext der Christianisierung – hebräisches Alphabet: Jiddisch

Runen + Runenzeugnisse: • germanische Schrift vor Christianisierung • meist epigraphisch (inschriftlich)

• Futhark (auch: Fuþark) = Runenalphabet: Lautwerte der ersten sechs Buchstaben – älteres Futhark: 24 Zeichen •  Kontinent, Skandinavien •  ca. 200–700 n. Chr.; ca. 370 Inschriften – Futhorc: 28 Zeichen •  Friesland, England; Weiterentwicklung •  9.–11. Jh.; ca. 90 Inschriften – jüngeres Futhąrk: 16 Zeichen •  v.a. Skandinavien •  ab 7./8. Jh.; Wikingerzeit (750–1125), Mittelalter (1125–1500)

Zeugnisse: • ältestes Runenzeugnis 2., vielleicht 1. Jahrhundert n. Chr. • wesentlich älter als älteste Zeugnisse des Gotischen • gerade ältere Runenzeugnisse problematisch: oft sehr kurz, oft nur Namen oder Aussage „N.N. schrieb/ritzte diese Rune.“, meist Deutung umstritten  Fibel von Meldorf: • 1. H. 1. Jh. n. Chr. • vier Zeichen auf Nadelhalter • Schriftzeichen? – Runen/Vorläufer von Runen? – lateinische Buchstaben? – links- oder rechtsläufig?  Goldhorn von Gallehus: • eines der bekanntesten Runenzeugnisse • ca. 400 n.Chr. • Gallehus: Süd-Jütland, Dänemark • Horn 1802 eingeschmolzen; nur in Stichen erhalten • ek Hléwagastiʀ | Hóltijaʀ | hórna | tawidō ฀ „Ich Leugast, Sohn/Nachkomme des Holt (oder: Holz/Waldbewohner) machte [das] Horn.“  Runenstein von Gripsholm: • Gedenkstein • 16. Jh.: in Schloss eingebaut; 1827 entdeckt, 1927 freigelegt • Zeugnis aus der Wikingerzeit

Jüngere Runen auf dem Kontinent: • langes Nachleben der Runentradition noch bis ins Frühmittelalter • antiquarisches Interesse im Rahmen der Klosterkultur: teilweise Re-Import im Rahmen der angelsächsischen Mission • „Runica manuscripta“  Isruna-Traktat: • u.a. in St. Gallen überliefert • älteste Handschrift: Mitte 9. Jh. • schulische Handschrift • angelsächsische Runen (Futhorc, 28 Zeichen)

Runen: altisländische Literatur: • in altisländischer Literatur (aufgezeichnet: 12./13. Jh.) gelegentliche Erwähnung von Runen • in der Regel: Zusammenhang mit magischen Praktiken • keine Aufzeichnung längerer Texte

Lateinisches Alphabet: • für germanische Sprachen heute am wichtigsten • Übernahme im Frühmittelalter; Kontext der Missionierung; Latein = Kirchensprache • lateinisches Alphabet gut für lateinisches Phonemsystem • nicht so gut für germanische Phonemsysteme: – große Varianz (z.B. in ahd. Schreibungen) – Entwicklung neuer Zeichen (z.B.: , ) – Digraphen für im Lat. nicht-existierende Phoneme; z.B. , , etc. für /pf/

Hebräisches Alphabet: • für die Schreibung des Jiddischen verwendet • bei Verschriftung natürlichste Lösung – Hebräisch = Sakralsprache des Judentums (vgl. Latein = Sakralsprache des vorreformatorischen Christentums) – Kenntnisse in hebr. Alphabet bereits vorhanden • schriftliche Zeugnisse ab Hoch-/Spätmittelalter...


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