02 Basiswissen zum Schriftspracherwerb PDF

Title 02 Basiswissen zum Schriftspracherwerb
Author Natalie Britzger
Course Aufbaumodul Schriftspracherwerb
Institution Universität Augsburg
Pages 6
File Size 221.6 KB
File Type PDF
Total Downloads 13
Total Views 149

Summary

Zweites Kapitel zu Konzeption des Schriftspracherwerbs...


Description

23.7.2021

StudOn - 02 Basiswissen zum Schriftspracherwerb

3 Information

Zwei-Wege Modelle Top-down-Prozesse Studien zeigen, dass es Einheiten zu geben scheint, die speziell für die Verarbeitung von Schrift ausgebildet sind. Bei geübten Lesern findet ein sogenannter „top-down“-Prozess statt, bei dem auf Informationen wie Schreibweise, Aussprache und Bedeutung eines Wortes zugegriffen wird. In diesem Zusammenhang spielt die Sinnerwartung eine große Rolle, die beim Lesen eine visuelle Analyse des gedruckten Wortes voraussetzt. Das Lesen wird erleichtert, wenn ein Leser schon Sequenzierungsstrategien oder Wortmuster abgespeichert hat. Die Idee vom „Wortbild“ gilt allerdings als veraltet. Denn Wörter werden unabhängig von ihrer äußeren Gestalt erkannt, indem der Leser ein „inneres Lexikon“ nutzt, das kognitiv und eben nicht visuell gesteuert ist. Der Beweis: Texte mit Tippfehlern können richtig gelesen werden. Als Folge lässt sich ableiten, dass Leseanfänger auch Wörter lesen können, selbst wenn sie noch nicht alle Buchstaben kennen. Beispiel: Ein Text mit Tippfehlern Ide Iede vom „Wtorlbid“ glit aglinelrds als vltaeert. Dnen Wreötr wderen unhngbäiag von iherr äeureßn Gsatelt eanknrt, iednm der Lseer ein „irneens Lxkoien“ nztut, das kigointv und eebn nciht veulsil geutreest ist. Der Bewies: Txete mit Telfherippn knneön rhiictg geeelsn wdeern. Als Fogle lssät scih aebeltin, dsas Lnäefsenegar acuh Wetörr leesn knnöen, sebslt wnen sie ncoh nciht alle Baethsucbn keennn. Der Zugriff auf das besagte „innere Lexikon“ ermöglicht es Lesern auch, die Aussprache und die Funktion des Wortes im Satzkontext zu erkennen. Das Wissen um kognitive Steuerungsprozesse beim Lesen zeigt auch, dass es wenig Sinn macht, wenn Leseanfänger Texte auswendig lernen, da sie dabei nichts zum Aufbau des „inneren Lexikons“ beitragen.

Bottom-up-Strategien Neben dem Zugriff auf ein „inneres Lexikon“ gibt es eine weitere Möglichkeit des Erkennens eines Wortes: die sog. „bottom-up-Strategie“. Dabei wird versucht, ein Wort auf der Ebene der optisch wahrgenommen Buchstaben durch eine Graphem-Phonem-Zuordnung zu entschlüsseln. Neben dem Zugang durch Graphem-Phonem-Korrespondenzen wird oft auch von einem möglichen Zugang über die Silbenstruktur ausgegangen. Zunächst wurden beide Lesestrategien getrennt voneinander betrachtet. Mittlerweile geht man im Zwei-Wege-Modell der Worterkennung davon aus, dass sie beide beim Leseprozess zusammenwirken. Lesefehler lassen sich so z.B. damit erklären, dass man zu schnell auf ein abgespeichertes Wort im „inneren Lexikon“ zugegriffen hat. Bei Leseanfängern erfolgt die Integration beider Strategien noch zu langsam und es kommt zu einer zeitlichen Verzögerung beim Lesen: So wird Buchstabe für Buchstabe beim Lesen vor sich her gesagt bis man beim ganzen Wort angekommen ist.

Das Zwei-Wege-Modell des Wortlesens von Scheerer-Neumann (1989) Hier sehen Sie das Zwei-Wege-Modell des Wortlesens von Scheerer-Neumann (1989):

https://www.studon.fau.de/studon/ilias.php?ref_id=1964610&obj_id=296769&cmd=post&cmdClass=illmpresentationgui&cmdNode=ik&baseClass… 1/6

23.7.2021

StudOn - 02 Basiswissen zum Schriftspracherwerb

Zwei-Wege-Modell des Wortlesens nach Scheerer-Neumann (1989), aus: Schründer-Lenzen (2013), 45.

Trainingsaufgabe 1.1 Nun erhalten Sie die Möglichkeit, Ihr neues Wissen auszuprobieren. Dazu haben wir Ihnen Leseproben zu Verfügung gestellt. Hören Sie sich die beiden Leseproben an und überlegen Sie, was Ihnen auffällt. Welchen Weg wählt Thorsten und welchen Weg wählt Charlotte? Sie erhalten jeweils Infos zu Thorsten und Charlotte.

Infos zu Thorsten Infos zu Thorsten.MP3 (228.25 KB) Infos zu Charlotte.MP3 (417.67 KB) Leseprobe Thorsten.MP3 (3.05 MB) Leseprobe Charlotte.MP3 (1.98 MB)

Welchen Weg wählt Charlotte? Sie wählt gar keinen Weg. Sie wählt den direkten Weg.

Welchen Weg wählt Thorsten?

Sie wählt den indirekten Weg.

Er wählt den indirekten Weg. Er wählt gar keinen Weg. Er wählt den direkten Weg. Richtig! Das war die richtige Lösung. Thorsten wählt den indirekten Weg mit phonetischer Umkodierung der Segmente (mit teils fehlender Sinnentnahme).

Richtig! Das war die richtige Lösung. Charlotte wählt den direkten Weg. Sie greift unmittelbar auf ein inneres Lexikon zu.

https://www.studon.fau.de/studon/ilias.php?ref_id=1964610&obj_id=296769&cmd=post&cmdClass=illmpresentationgui&cmdNode=ik&baseClass… 2/6

23.7.2021

StudOn - 02 Basiswissen zum Schriftspracherwerb

Ebenen des Leseprozesses Ebene 1 Schon auf der ersten Ebene des Leseprozesses zeigen sich Unterschiede zwischen guten und schwachen Lesern. Dabei starten schwache Leser meist mit schlechteren Vorbedingungen, aber auch die Lernentwicklung und der Vollzug des basalen „Erlesens“ verläuft langsamer. Studien zeigen auch, dass schwache Leser ihre Aufmerksamkeit zunächst auf einzelne Buchstaben richten und nicht auf das ganze Wort. Zudem haben sie vermehrt Probleme bei der Phonem-Graphem-Zuordnung sowie bei der Syntheseleistung. Dabei ist anzumerken, dass Kinder, die zu Beginn Probleme haben, das Lesen zu erlernen, auch längerfristig zu den schwachen Lesern gehören. Als wichtiges Instrument des Lesenlernens kann das laute Lesen gelten. Damit ist gemeint, dass Kinder sich die Wörter selbst vorsagen. Erst wenn ein Kind zum inneren Vorsprechen fähig ist, kann es auch leise lesen.

Zum Thema Vorlesen ist zu sagen, dass die Kinder vor dem Auswendiglernen von Texten bewahrt werden müssen, weil hier keine echte Leseleistung vorliegt. Kinder dürfen beim Lesen Fehler machen. Wichtig ist, dass das Korrekturverhalten der Lehrenden richtig ist. Vor der Klasse sollten Kinder nur dann vorlesen, wenn sie es auch wirklich selbst wollen und sie den Text üben konnten. Ein Grund für die Leseprobleme schwacher Leser liegt häufig auch darin, dass sie Probleme beim Rekodieren und Dekodieren haben und sich bei der Verbindung von wortanalytischen Prozessen zu semantisch-syntaktischen Informationen schwer tun. Kennen gute Leser ein Wort nicht, so nähern sie sich schrittweise dem richtigen Wort an. Schwache Leser hingegen entfernen sich durch ihr Korrekturverhalten immer mehr vom richtigen Wort und können auch Hilfestellungen der Lehrkraft nicht produktiv für sich nutzen. Schwache Leser wenden demnach drei Problemlösestrategien an: 1. Resignation: Das Kind sagt nichts mehr und wartet darauf, dass ihm das Wort gesagt wird. 2. Ausweichmanöver: Das Kind beginnt zu raten. 3. Kompensationsstrategien: Das Kind sucht nach Ersatzhandlungen und fängt mit Clownereien an oder beginnt, andere Dinge zu erzählen.

Schwache Leser haben oft auch Probleme, ihre Aufmerksamkeit zu fokussieren.

Ebene 2 Der zentrale Punkt auf der zweiten Ebene des Leseprozesses ist der Zugriff auf ein Schwache Leser müssen im Aufbau eines „inneres Lexikon“. Sichtwortschatzes gefördert werden. Schwache Leser haben es schwer, einen Sichtwortschatz aufzubauen und haben auch Probleme, wenn sich die Wortgestalt geringfügig verändert (z.B.: alt – altes). Sie stützen sich beim Lesen auf irrelevante Oberflächenmerkmale, wodurch sich Probleme bei der Dekodierung von Wörtern ergeben. Durch dieses kognitive Strategiedefizit werden Redundanzen der deutschen Rechtschreibung (Silben, Morpheme etc.) nicht als Organisationsprinzip erkannt, was zu Leseschwächen führt. Schwache Leser müssen also im Aufbau eines Sichtwortschatzes gefördert werden. Dazu wird zur Erarbeitung eines beschränkten Buchstabenbestandes geraten. Empfohlen wird, zunächst sieben bis acht Buchstaben einzuführen und dann mit dem Kind so lange zu üben bis die Lesesynthese vollzogen werden kann.

https://www.studon.fau.de/studon/ilias.php?ref_id=1964610&obj_id=296769&cmd=post&cmdClass=illmpresentationgui&cmdNode=ik&baseClass… 3/6

23.7.2021

StudOn - 02 Basiswissen zum Schriftspracherwerb

Ebene 3 Zur dritten Ebene des Leseprozesses – dem Verstehen von Sinnzusammenhängen auf Bei schwachen Lesern liegt häufig nur ein Satz- und Textebene – wurde bislang wenig oberflächliches, wortwörtliches Verständnis gesagt. Dies mag daran liegen, dass vor, so dass ihnen tiefere Sinnstrukturen schwache Leser auf der Textebene weniger verborgen bleiben. Probleme haben. Vielmehr hilft ihnen ein gut verstehbarer Text dabei, Wörter durch den Kontext zu erschließen. Dadurch kann man von einem starken Leistungszuwachs schwacher Leser sprechen, sobald man sich auf der Textebene befindet. Voraussetzung ist selbstverständlich ein Text mit verständlichem und subjektiv bedeutsamem Inhalt. Natürlich gehört es zum Verstehen eines Textes, dass auch die Wortbedeutung bekannt ist, d.h. der Wortschatz eines Kindes ist wichtig für das Leseverständnis. Auch grammatisches Wissen ist nötig, um Texte zu verstehen, da nur so Beziehungen zwischen den Wörtern verstanden werden können. Durch den Einsatz von kohäsiven Mitteln und der oftmals hohen Komplexität schriftlicher Texte wird die Fähigkeit vorausgesetzt, verborgene Informationen zu erkennen, um danach Schlussfolgerungen aus dem Text ziehen zu können. Auf Textebene sind es also weniger die phonologischen Fähigkeiten und die Geschwindigkeit des Worterkennens, die einen guten Leser ausmachen, sondern vielmehr die syntaktischen und grammatischen Kompetenzen eines Lesers. Nun stellt sich die Frage, wie mit Fehlern umzugehen ist. Zum Teil wird dafür plädiert, dass Fehler die „keinen Unterschied machen“, nicht verbessert werden müssen. Liest ein Kind also Gepäck statt Koffer, sei dies nicht weiter schlimm. Dabei ist anzumerken, dass gute Leser merken, wenn sie einen Fehler machen. Voraussetzung für ein Textverständnis ist die Verknüpfung formaler und inhaltlicher Textelemente. Bei schwachen Lesern liegt häufig nur ein oberflächliches, wortwörtliches Verständnis vor, so dass ihnen tiefere Sinnstrukturen verborgen bleiben.

Trainingsaufgabe 1.2 Lesen Sie den folgenden Text und beobachten Sie sich selbst! Wie gehen Sie vor? Was hilft Ihnen bei der Entschlüsselung? Lie||

Om| , lie|||

Op| !

Ge||||| wa||| wi| mi| de| Kl|||| au| de| Bau||||||. Wi| ha||| Kü|| un| Schw|||| ge||||| un| Hü||| un| ein|| Ha|| . Pf|||| wa||| ni||| da. De| Bau|| ha| ge|||| : „Pf|||| ha||| wi| ni||| me|| , wei| de| Tr||||| je||| all|| ma||| .“ Pl||||||| hö|||| wi| üb|| un| gu|| gu||. Op| , wa| mei||| du , wa| wa||| da| fü| Vö||| ? Ge||| ! Tau||| ! Da| ha|| du si|||| gl|||| ge||||| , wei| du auch Tau||| ha|| . Ich ha|| de| Bau||| ge||||| : „Ha||| dei|| Tau||| auch scho| Pr|||| ge|||| ?“ „Nei| “, ha| de| Bau|| ge|||| , „wi| ess|| die .“ Da| fi||| ich bl|| . Op| , iss| du dei|| Tau||| auch , we|| sie al| si|| ? Vie|| Grü|| vo| eur|| Su||||| Na, konnten Sie alles entschlüsseln? Wenn Sie an mancher Stelle unsicher waren, finden Sie hier den kompletten Text: kompletter Text Liebe Oma, lieber Opa! Gestern waren wir mit der Klasse auf dem Bauernhof. Wir haben Kühe und Schweine gesehen und Hühner und einen Hahn. Pferde waren nicht da. Der Bauer hat gesagt: „Pferde haben wir nicht mehr, weil der Trecker jetzt alles macht.“ Plötzlich hörten wir über uns gurr gurr. Opa, was meinst du, was waren das für Vögel? Genau! Tauben! Das hast du sicher gleich geraten, weil du auch Tauben hast. Ich habe den Bauern gefragt: „Haben deine Tauben auch schon Preise geholt?“ „Nein“, hat der Bauer gesagt, „wir https://www.studon.fau.de/studon/ilias.php?ref_id=1964610&obj_id=296769&cmd=post&cmdClass=illmpresentationgui&cmdNode=ik&baseClass… 4/6

23.7.2021

StudOn - 02 Basiswissen zum Schriftspracherwerb

essen die.“ Das finde ich blöd. Opa, isst du deine Tauben auch, wenn sie alt sind? Viele Grüße von eurer Susanne Die zentralen Probleme schwacher Leser liegen in der Wortstrukturerfassung: Beim Erlernen des phonologischen Rekodierens und beim Aufbau eines inneren Lexikons, nicht aber im Zugriff darauf, d.h. schwache Leser brauchen viel mehr Übung, um ihren Sichtwortschatz aufzubauen. In den meisten Fällen ist dabei das phonologische Rekodierdefizit ein Problem. Die meisten leseschwachen Kinder lernen zwar letztlich einigermaßen lesen, aber es bleibt für sie ein sehr mühevoller Vorgang, der sie viel Arbeit kostet. In der konkreten Lesesituation gilt es bestimmte Fähigkeiten und Kenntnisse des Lesers zu aktivieren. Dazu gehören Interesse Konzentration Heuristische Kompetenz Gedächtnis Kontrollverhalten Externes Wissen In den folgenden Vorlesungsfolien finden Sie noch weitere Informationen zum Leseprozess. VL - Der Leseprozess und seine Schwierigkeiten Der Leseprozess und seine Schwierigkeiten.pdf (2.32 MB)

Zwei-Wege-Modell des Rechtschreibens Wenn Sie ein Wort schreiben, denken Sie in den meisten Fällen nicht darüber nach, wie man es schreibt, sondern Sie schreiben einfach in einem Zug. Da denken Sie nicht an eine Auslautverhärtung oder Rechtschreibregeln, sondern Sie greifen direkt auf Ihr „inneres Lexikon“ zu. Ein Schreibanfänger muss sich dieses „innere Lexikon“ aber erst aufbauen und als erstes die Phonem-Graphem-Struktur verstehen und beherrschen. Ein Schreibanfänger greift also nicht direkt wie der „Profi“ auf sein Lexikon zu, sondern muss einen indirekten Weg zur richtigen Schreibung eines Wortes gehen: nämlich über das Sprechen und Hören. Wie schon bei den Zwei-Wege-Modellen zum Lesen wird auch bei den Modellen zum Rechtschreiben von einer Interaktion von phonologischen und lexikalischen Fähigkeiten ausgegangen. Ziel des Rechtschreibunterrichts ist also ein automatischer, direkter Zugriff auf das „innere Lexikon“. Um sich die Schreibung von Wörtern einprägen zu können, hat man lange Zeit auf Abschreiben gesetzt. Hier hat sich aber das Verständnis gewandelt. Denn die richtige Schreibung von Wörtern wird nicht erlernt, indem man sie „kopflos“ möglichst oft wiederholt und aufschreibt, sondern es muss über die Rechtschreibung gesprochen und reflektiert werden. So sollen Kinder eine erhöhte Fehlersensibilität erwerben und ein Interesse für die Orthographie entwickeln.

Entwicklungsstufen Als Basismodell ist das dreistufige Modell des Schriftspracherwerbs von Frith (1985) zentral. Jede der vorkommenden Phasen wird sowohl beim Lesen als auch beim Schreiben durchlaufen, wobei der Verlauf wechseln kann. Lesen- und Rechtschreiblernen wird von Frith als sich gegenseitig unterstützender Prozess gesehen. Das Modell umfasst folgende Stufen: Logografische Stufe https://www.studon.fau.de/studon/ilias.php?ref_id=1964610&obj_id=296769&cmd=post&cmdClass=illmpresentationgui&cmdNode=ik&baseClass… 5/6

23.7.2021

StudOn - 02 Basiswissen zum Schriftspracherwerb

Logografische Stufe: Kinder erkennen Wörter wieder, die häufig in ihrem Umfeld vorkommen und für sie emotional bedeutsam sind, z.B. M für Mc Donalds. Auch Schriftzüge werden als Wortgebilde erkannt, wobei zum Erkennen keine Buchstabenkenntnis nötig ist. Das Kind kann den Schriftzug einfach einer Bedeutung zuweisen, weil es diese kennt. Es wird irgendeine, aber keine buchstabenorientierte, Relation zwischen Schriftzeichen und Bedeutung hergestellt. Buchstaben haben als sog. cues nur Symbolcharakter. Wichtig ist die Erkenntnis, dass Kinder schon vor Schuleintritt damit beginnen, sich für Schrift zu interessieren und so tritt Schriftspracherwerb schon vor der Vermittlung von Buchstabenkenntnissen ein. Alphabetische Stufe Alphabetische Stufe: Kinder erwerben Kenntnisse zum phonetisch-phonologischen Prinzip der Verschriftung der Sprache. Wörter werden nun nicht mehr als Logo oder Symbol wahrgenommen, sondern das Kind versteht, dass ein Wort eine Aneinanderreihung von Buchstaben(folgen) ist, die eine lautliche Entsprechung haben. Kinder können in dieser Phase also Laute, die sie hören, verschriften. Natürlich darf nicht davon ausgegangen werden, dass alle Laute korrekt verschriftet werden. Vielmehr werden zunächst nur Laute verschriftet, die besonders auffallen (z.B. MZ für Maus). Kinder erlernen auf dieser Stufe die Graphem-PhonemKorrespondenz und die Phonem-Graphem-Korrespondenz. Lautgetreue Wörter können weitgehend erlesen und lautorientiert geschrieben werden. Orthografische Stufe Orthografische Stufe: Kinder orientieren sich nun nicht mehr an einzelnen Buchstaben, sondern an wiederkehrenden Buchstabenkombinationen. Sie erkennen typische Wortendungen, Silben, Signalgruppen, Morpheme und häufige kurze Wörter. Dies ist möglich, da Strategien und Verarbeitungsmechanismen der ersten beiden Stufen nun automatisiert und integriert sind. Der Zugriff auf das „innere Lexikon“ hat sich schon mehr eingespielt. In dieser Phase werden auch die grundlegenden orthographischen Regelungen erlernt. Neben diesem Basismodell wurden auch Mehrstufenmodelle entwickelt. So etwa von Günther (1986). Er geht von einer „präliteral-symbolischen“ Phase aus, die er noch vor der logografischen Stufe von Frith ansiedelt. In dieser Phase beginnen Kinder durch das Beobachten von Erwachsenen beim Schreiben erste Einsichten in die Funktion von Sprache zu erlangen. Dies sieht man daran, dass Kinder so tun als ob sie lesen und schreiben würden. Günther fügt dem Modell von Frith schließlich auch noch eine weitere, abschließende Phase hinzu, in der eine Integration der Teilprozesse stattfindet („Integrativ-automatisierte“ Phase). Verbreitet sind zudem die Stufenmodelle von Scheerer-Neumann (1998, 2004) und Valtin (1997). Letzteres ist hier abgebildet: Phase Fähigkeiten und Einsichten

Lesen

Schreiben Kritzeln

1

Nachahmung äußerer Verhaltensweisen

„Als-ob“-Lesen

2

Kenntnis einzelner Buchstaben an Hand figurativer Merkmale

Erraten von Wörtern

Schreiben von Lautelementen

3

Beginnende Einsicht in den Buchstaben-LautBezug, Kenntnis einiger Buchstaben / Laute

Benennen von Lautelementen

Schreiben von Lautelementen

4

Einsicht in die Buchstaben-Laut-Beziehung

Buchstabenweises Phonetische Erlesen Schreibungen

5

Verwendung orthographischer bzw. sprachstruktureller Elemente

Fortgeschrittenes Lesen

6

Automatisierung von Teilprozessen

Automatisiertes Worterkennen

Verwendung orthographischer Muster

Entfaltete orthographische Kenntnisse Stufenmodell des Schriftspracherwerbs nach Valtin (1997), aus: Schründer-Lenzen (2013), 74.

https://www.studon.fau.de/studon/ilias.php?ref_id=1964610&obj_id=296769&cmd=post&cmdClass=illmpresentationgui&cmdNode=ik&baseClass… 6/6...


Similar Free PDFs