1. Einleitung und Römische Antike PDF

Title 1. Einleitung und Römische Antike
Course Neuere Rechtsgeschichte II
Institution Universität Bern
Pages 10
File Size 173.8 KB
File Type PDF
Total Downloads 234
Total Views 566

Summary

NEUERE RECHTSGESCHICHTE IIFS 2020GRUNDSÄTZLICHE KONZEPTION DES ZIVILRECHTSEugen Huber: Allgemeine Grundsätze des Entwurfs, S. 4 Grundsatz der freien Gestaltungmöglichkeit ist wichtig, damit das Gesetz nicht zu schnell veraltet – das Gesetz gibt Freiraum, durch den Grundsatz der Privatautonomie ist ...


Description

NEUERE RECHTSGESCHICHTE II FS 2020 GRUNDSÄTZLICHE KONZEPTION DES ZIVILRECHTS Eugen Huber: Allgemeine Grundsätze des Entwurfs, S. 4 



Grundsatz der freien Gestaltungmöglichkeit ist wichtig, damit das Gesetz nicht zu schnell veraltet – das Gesetz gibt Freiraum, durch den Grundsatz der Privatautonomie ist es möglich, das Gesetz noch heute zu benutzen (obwohl der Gesetzgeber damals ja noch nicht vorhersehen konnte, was für Entwicklungen es in der heutigen Zeit geben wird) Soweit keine öffentlich- oder privatrechtlichen Schranken bestehen, gilt Freiheit in der Ausgestaltung der Rechtsverhältnisse – neu in vielen Kantonen!

Heinrich Honsell: schweizerisches OR, S. 4 

  

Privatautonomie: Die Grundlage des Privatrechts ist die Privatautonomie. Sie lässt sich definieren als das Recht der Privatpersonen, ihre Rechtsverhältnisse untereinander in den Grenzen der Rechtsordnung frei zu gestalten Liberales Wirtschaftsmodell (vgl. Smith S. 67): Garant für den Wohlstand der Gesellschaft ist das natürliche Streben des Individuums nach Glück – das ist aber nicht sozial Soziale Marktwirtschaft: Spannung zwischen Freiheit des Individuums und staatlicher Regulierung zum Schutz von Schwächeren Privatautonomie hat verschiedene Ausprägungen: o Wirtschaftsfreiheit o Vereinigungsfreiheit o Eigentumsgarantie  Testierfreiheit o Vertragsfreiheit

Ist es heute nicht notwendig, dass der Staat eingreift und die Privatautonomie einschränkt? Zweck: Schutz der Schwächeren (Mietrecht, Arbeitsrecht, Jugendschutz) Soll die Privatautonomie weiterhin der zentrale Grundsatz des Privatrechts sein oder soll es Sonderbestimmungen geben, mit denen der Staat in die Privatautonomie eingreift und bestimmte Personen schützt (und damit aber auch eine Bevormundung ausübt)  In dieser Vorlesung nähern wir uns dieser Frage historisch an o Verschiedene Gestaltungen und deren Auswirkungen und Konsequenzen Medienmitteilung des Bundesrates, S. 5  



Privatautonomie ist Grundsatz des OR, da Bürger mündig sind

Marlis Koller-Tumler, S. 5 

Konsumentenschutz: Der Schutz der Konsumenten gegenüber den kommerziellen Anbietern ist kein Angriff auf die Privatautonomie, sondern soll die Selbstbestimmung der Konsumenten wiederherstellen. Es ist ein systemimmanentes Korrektiv.

Wolfgang Wiegand, S. 5  1

Begrenzung des Eigentums kommt von innen (Immanente Schranken, vgl. Gierke S. 83 unten) und wurde nicht von aussen auferlegt

Vito Roberto/Stephanie Hrubesch-Millauer, S. 6   

Grundlast aus dem Mittelalter wurde ins ZGB aufgenommen Grundlast: Der Eigentümer eines belasteten Grundstücks wird zu einer Leistung verpflichtet, er haftet ausschliesslich mit dem Grundstück Inhalt: Auf ein Tun gerichtete Leistung, die mit dem Grundstück in Zusammenhang stehen muss

5 Themen der Vorlesung: 1. 2. 3. 4. 5.

Vertragsfreiheit (Art. 19 Abs. 1 OR) Eigentumsfreiheit (Art. 641 Abs. 1 ZGB) Testierfreiheit (Art. 467 Abs. 1 ZGB) Eheschliessungsfreiheit Gestaltungsfähige Personen (Art. 11 Abs. 1 ZGB: Rechtsfähig ist jedermann) Die Vertragsfreiheit umfasst drei Aspekte: 





Abschlussfreiheit: Man kann selbst entscheiden, ob man einen Vertrag abschliesst oder nicht und man hat die Freiheit, den Vertragspartner selbst zu wählen. Inhaltsfreiheit (Art. 19 OR): Inhaltlich kann ein Rechtsgeschäft frei ausgestaltet werden. Im Gesetz sind meist bloss dispositive Vorschriften hinsichtlich der Verträge (es gibt nur wenige Ausnahmen, die nicht dispositiv sind). Auch die Gestalt der Vertragsarten ist frei; man kann Vertragsarten erfinden oder frei kombinieren. Grund, warum das OR noch immer funktioniert; die Verträge haben sich im Laufe der letzten Zeit sehr verändert. Formfreiheit: Man macht es den Parteien nicht unnötig schwer, einen Vertrag abzuschliessen (keine schwierigen Formen oder Notar). Grundsätzlich reicht der Konsens der Parteien (Art. 1 OR)

1. TEIL: RÖMISCHE ANTIKE  

In den Juristenschriften stehen Lösungen von Einzelfällen im Vordergrund, es werden kaum allgemeine Grundsätze formuliert Privatpersonen haben grundsätzlich einen grossen Freiraum in der Gestaltung ihrer Rechtsbeziehungen (allerdings gilt das nur für Hausväter)

A. CORPUS IURIS CIVILIS Entstanden 533/534 n. Chr. – am Ende der Römischen Antike, kurz vor dem Untergang. Rom ist bereits besetzt von den Barbaren/Germanen und aufgeteilt in Ost und West. Diese Aufzeichnung stammt aus dem östlichen Teil, Sprache ist Griechisch und nicht Latein. Erst im 16. Jahrhundert wurde ihm der Titel Corpus Iuris Civilis gegeben. Teile des Corpus Iuris Civilis: 1. Digesten (Ausschnitte aus Juristenschriften) 2. Institutionen (Anfängerlehrbuch) 3. Codex (Zusammenstellung der wichtigsten Entscheidungen der Kaiser/Kaisergesetze) Digesten (= Auswahl) oder Pandekten (griechisch für: alles umfassend): Einleitung zu den Digesten, S. 12  2

§13: Es gab Rechtsunsicherheiten & andere Missstände o Die neue Rechtsordnung ist wohlgeformt und wahr

 

 

o Soll auch für Arme günstig zu erwerben sein §15: Es gibt hier keine Widersprüche mehr; wenn es mal nach einem Widerspruch aussieht, kann man diesen durch scharfes Überlegen lösen §17: Verwirrung und Weitläufigkeit (Konkretisierung der Missstände) o Gesetze waren zu teuer, Prozesse wurden nach der Willkür der Richter entschieden o Digesten sind nun eine Auswahl aus der Weitläufigkeit der Gesetzestexte §18: Falls neue Fragen auftauchen, die noch nicht in den Digesten beantwortet sind, soll man ein kaiserliches Rechtsmittel erbitten §19: Es dürfen ausschliesslich diese neuen Rechtsätze angewendet werden – schon ein Vergleich mit der alten Rechtsordnung ist untersagt

Allgemeines:  Grund für die frühere Weitläufigkeit: Kaisergesetze (eine Antwort auf eine konkrete Rechtsfrage, nur Einzelfallentscheidungen) führten zu Weitläufigkeit o Zudem Juristen: Alles, was Juristen verfassten, war geltendes Recht! Unvorstellbar in der heutigen Zeit, heute sind juristische Schriften nur Diskussionsbeiträge. Dies führte damals zu einer grossen Unübersichtlichkeit; es gab keine Kodifikationen, nur eine riesige Masse von rechtswissenschaftlichen Publikationen (Aussagen zu einzelnen Rechtsfragen).  In Istanbul hat man nun eine Auswahl aus diesen Juristenschriften getroffen und zusammengefasst. Es ist eine Zitatensammlung. Dadurch werden die Aussagen aus ihrem Zusammenhang gerissen und auch inhaltlich leicht verändert.  Unsere Kenntnis des Römischen Rechts ist also sehr schlecht – die Hauptquelle kommt aus einer sehr späten Zeit, die Sprache war nicht einmal Latein und es ist bloss eine Zusammenstellung von Juristenschriften. Wir kennen das Römische Recht also bloss aus zweiter Hand.  Wir haben keine allgemein abstrakten Regelungen, sondern nur Einzelfallentscheidungen. Am ehesten sind im Anfängerlehrbuch allgemeine Regeln zu finden.  Auch im Codex sind keine umfassenden Regelungen eines Rechtsbereichs zu finden, es ist keine Kodifikation.

B. PRIVATRECHT – ÖFFENTLICHES RECHT Digesten 1, 1, 1 Ulpian, S. 14   



3

Öffentliches Recht = Ordnung des Staatswesens, dient dem öffentlichen Interesse Privatrecht = Interessen der Einzelnen Privatrecht ist ein Überbegriff für: o Naturrecht (Regeln der Natur, zB Verbindung von Mann und Frau) o Völkergemeinrecht (Regeln, die für alle Menschen gelten; unabhängig von der Staatsangehörigkeit.) o Zivilrecht (das Recht der Bürger; rechtliche Regeln für Personen, die das römische Bürgerrecht haben. Abstufung nach Staatsangehörigkeit.) Diese Abgrenzung war aber nur theoretischer Natur; hatte keine praktischen Konsequenzen

B. KONZEPTION DES PRIVATRECHTS I. GESTALTUNGSFÄHIGE PERSONEN GESTALTUNGSFÄHIGKEIT: SKLAVEN Institutionen 1, 3, S. 14  Unterteilung in Freie und Sklaven  Nur die Freien dürfen tun, was ihnen beliebt (zB Rechtsgeschäfte abschliessen)  Sklaven sind Eigentum von anderen, sie haben die Rechtsstellung von Sachen. Sie haben nicht die Fähigkeit, Rechtsgeschäfte abzuschliessen. o Sklaverei: Entgegen dem Naturzustand dem Eigentum eines anderen unterworfen (nach den Regeln des Völkergemeinrechts, also geltend für alle). o Man hat also gesehen, dass es eigentlich unnatürlich war, einen Menschen zu besitzen; allerdings zog man daraus keine Konsequenzen.  Sklave wurde man beispielsweise durch Kriegsgefangenschaft oder schon durch Geburt  Ungefähr die Hälfte der Bevölkerung im alten Rom waren Sklaven, Unfreie

Institutionen 2, 9 S. 15 Realität: Obwohl Sklaven eigentlich nicht rechtsfähig waren, schlossen sie für ihre Eigentümer Geschäfte ab (zB Einkauf). Da Sklaven nicht selbst Eigentum besitzen können, erwerben die Eigentümer der Sklaven alles, was von den Sklaven einkauft wird. Sklaven können nicht für sich selbst Rechtsgeschäfte abschliessen. Vgl. Vertretung: Nicht der Vertreter wird Vertragspartei, sondern der Vertretene. GESTALTUNGSFÄHIGKEIT: HAUSKINDER (AUSWIRKUNGEN DER PATRIA POTESTAS)  

Patria postesta (Hausgewalt des Familienvaters): Macht und Gewalt, im Extremfall sogar über Leben und Tod. Nicht nur Sklaven sind nicht gestaltungsfähig, auch Kinder (vgl. heute: Rechtsfähig ist man schon vor der Geburt, handlungsfähig erst später).

Definition des Kindes im antiken Rom: Man war Kind, solange der Vater lebte. Das heisst: Solange der Vater lebt, sind die Kinder nicht in der Lage, für sich selbst etwas zu erwerben oder eigene Rechtsgeschäfte abzuschliessen. Sie wurden nie Inhaber der Rechte, die sie erwarben. Kind-Sein endet also nicht mit einem bestimmten Alter oder einer Heirat, sondern ausschliesslich mit dem Tod des Vaters. Auch die Kinder der Kinder standen unter der Macht des Familienvaters (ihres Grossvaters). Inst. 2, 9 (Corpus Iuris Civilis), S. 15 Frühere Regelung: Kinder waren wohl handlungsfähig, sie konnten die Wirkung von Geschäften abschätzen. Die Wirkungen trafen aber den Vater, er wurde durch Handlungen der Kinder verpflichtet und erwarb Eigentum an allem, was die Kinder einkauften. Die Position der Kinder wird ähnlich gehandhabt wie die der Sklaven. Sie können Geschäfte machen, die Wirkungen des Geschäfts treffen aber den Vater. Es gab nun aber eine Rechtsänderung:  4

Wenn das Geld, mit dem das Kind etwas kauft, aus dem Vermögen des Vaters kommt, wird weiterhin nur der Vater Partei des Vertrags



Neue Situation: Wenn das Geld vom Sohn selbst kommt (zB durch eigenen Arbeitsverdienst oder Erbschaft), bleibt das Eigentum der Kaufsache beim Sohn. Hier hat er also die Möglichkeit, ein Rechtsgeschäft mit Eigenwirkung abzuschliessen. Der Vater hat aber noch immer Nutzniessungsrecht; man bricht nicht völlig mit der Tradition.

Gaius Institutionen 1, S. 15 Keine Institution aus dem Corpus Iuris Civilis, sondern einfach ein Anfängerlehrbuch, das jemand Namens Gaius geschrieben hat – stammt vermutlich aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. und ist eine der wenigen Quellen, die uns von früher bekannt ist. Im Corpus Iuris Civilis kommt die Emanzipation gar nicht mehr vor. Andere Teile von Gaius wurden für die Regesten im Corpus ausgewählt, diese hier aber nicht. Ein Kind scheidet durch (dreimalige) Emanzipation aus der väterlichen Gewalt aus – es erlangt so also eine eigene Rechtsposition. Emanzipation = «Manzipation», Rechtsakt; eine Art Scheinkauf     

Symbol für den Kaufpreis wird übergeben Grosse Förmlichkeiten und 5 Zeugen Gegenstand des Kaufes ist ein Mensch Nur für römische Bürger Stammt aus Zeiten der Agrargesellschaft

Kinder waren nicht unfreie Personen (solange sie nicht Kinder von Sklaven oder Kriegsgefangene waren); trotzdem konnte der Vater die Arbeitskraft der Kinder verkaufen. Aber auch durch die Manzipation wurden die Kinder nicht unfrei, es war eher eine Art Arbeitsvertrag. Wurde das Kind dreimal an jemanden manzipiert, wurde das Kind aus der väterlichen Gewalt entlassen. Das steht im Zwölftafelgesetz. Zwölftafelgesetz: Alte Aufzeichnung von Rechtsätzen, die aber nicht mehr erhalten ist. Nur durch Zitate kennen wir einige Teile. Vorgang der Emanzipation: 

Man spielte die dreifache Manzipation nun nach, um das Kind aus der väterlichen Gewalt zu entlassen. Es war nur eine Scheinveräusserung, die sofort wieder rückgängig gemacht wird. So konnte man sich an die alten Regeln aus dem Zwölftafelgesetz halten. Da man ein hohes Traditionsbewusstsein besass, wollte man nicht einfach eine neue Regelung erlassen oder eine einfache Vereinbarung zwischen Vater und Kind zulassen. Verschiedene Phasen des römischen Rechts: 1. Frühzeit:  

Förmliche Geschäfte (zB Manzipation) 12 Tafelgesetz (450 v. Chr.): Ende der väterlichen Gewalt bei dreimaliger Manzipation

2. Sog. Klassische Zeit: Juristenschriften (zB von Gaius, 2. Jh. N. Chr: Bericht über die Emanzipation von Kindern; nur noch förmliches Vorspielen der Manzipation) 3. Spätzeit 

 

Kaisergesetze: o Justitian: Differenzierung nach Herkunft des Vermögens Rechtssammlung: Corpus Iuris Civilis

Zwischenfazit: Sklaven und Hauskinder (im römischen Verständnis) sind nicht gestaltungsfähig. 5

GESTALTUNGSFÄHIGKEIT: FRAUEN Gaius Institution 1 190. S. 16 Auch Mädchen stehen unter der väterlichen Gewalt. Durch Heirat geht die Frau in die Gewalt der Familie ihres Mannes über. Wenn der Vater einer Frau starb, bevor sie verheiratet war, bekam sie einen Vormund. Offizielle Begründung für den Vormund: Frauen sind leichtsinnig und nicht klug genug, selbst zu handeln. Sie sollen vor nachteiligen Rechtsgeschäften geschützt werden. Gaius sagt nun, dass diese Begründung gar nicht stimmt. Die Realität scheint also manchmal anders zu sein als die Rechtstexte. Realität: Es gibt durchaus Frauen, die selbst Rechtsgeschäfte tätigen und der Vormund muss nur pro forma zustimmen, man kann ihn sogar zur Zustimmung zwingen. Man hält sich also nicht so eng an diese Regelung, man behält sie aber bei (Tradition). Zwischenfazit: Sklaven, Hauskinder und Frauen sind (offiziell) nicht gestaltungsfähig. 1/10 der Bevölkerung waren Hausväter/Hausvorstände – nur diese Personen sind gestaltungsfähig und im Folgenden betroffen! Die Regelungen im römischen Recht sind also beschränkt auf diese Hausväter. II. EHE: FREIHEIT DER EHESCHLIESSUNG? EHESCHLIESSUNG DURCH KONSENS Juristische Vorfrage: Wann ist die Eheschliessung gültig? (damit das Erbe empfangen werden kann) Digesten 23, 2, S. 16    

1: Definition Ehe 2: Ehe entsteht durch Konsens = Zustimmung aller Beteiligter (Eheleute und Hausväter) 24: Andere Meinung – Bereits das Zusammenleben von Mann und Frau ist eine Ehe 25: Ein emanzipierter Sohn braucht die Zustimmung des Vaters nicht

Digesten 35, 1, S. 17  Konsens macht die Ehe  Eine Ehe ist auch dann gültig, wenn noch kein Beischlaf stattgefunden hat EHESCHEIDUNG Digesten 24, 2, S. 17  

2: Das Ende der Ehe ist sehr einfach, es reicht zu sagen «Pack deine Sachen» - es ist also doch kein Rechtsgeschäft, kein Vertrag, an den man fest gebunden ist. 3: Eine Scheidung muss ernst gemeint sein; alles was im Zorn gesagt wird, ist unbeachtlich

III. VERTRÄGE 

Vertragsfreiheit: o Abschlussfreiheit o Formfreiheit o Inhaltsfreiheit

VERTRAGSFREIHEIT IN DER RÖMISCHEN ANTIKE?

6

 



Strenger Formalismus: Für den wirksamen Abschluss mussten oft bestimmte Worte (Formeln) gesprochen oder symbolische Handlungen ausgeführt werden Erst durch Rechtsfortbildungen (Edikt des Prätors) wurde irgendwann auch formloser Konsens anerkannt, um eine Forderung vor Gericht geltend zu machen – allerdings nur für bestimmte Vertragsarten (siehe unten S. 19 22.) o nach der Rechtswissenschaft auch möglich im Synallagma (Gegenseitigkeitsverhältnis) Die Vertragsarten waren abschliessend geregelt, das beschränkte die freie Gestaltungsmöglichkeit auf bestimmte Vertragstypen

Digesten 2, 14, 7 S. 18  Grundsätzlich keine allgemeine Klagbarkeit von Vereinbarungen  Blosse Willensübereinstimmung (nackter Vertrag) reicht nicht als Basis für einen Vertrag o ≠ Art. 1 OR Institutionen 3 S. 18: Vertragsarten 





13 (2): Ab wann ist eine wirksame Verpflichtung vorhanden? 4 Möglichkeiten: o Sachhingabe (die Übergabe der Sachen), war zB nötig beim Darlehen o Worte: Unterschied zum Konsens? Vgl. 15 Stipulation unten Vgl. Manzipation: Wortformeln müssen gesprochen werden. Worte bedeuten also nicht, dass man nur den Konsens ausspricht, sondern es sind gewisse Formeln. Nur, wenn die richtigen Formeln ausgesprochen wurden, war eine Verpflichtung wirksam. o Schrift o Konsens (vgl. Art. 22 unten) 15: Stipulation (sehr altes Rechtsgeschäft; man scheut sich etwas Neues zu machen) o Vertragszustandekommen durch Worte (= Formeln) o Mündliches Versprechen mit Frage – Antwort. Das gleiche Verb muss in der Frage und in der Antwort verwendet werden. o Wortformalismus, zwingende Form. Sehr förmlich, dafür aber freier Inhalt (die zu erbringende Leistung muss aber genau umschrieben werden) o Kann nur unter Anwesenden geschlossen werden (Einschränkung) 22: Konsens reicht für einen gültigen Vertragsschluss, aber nur bei bestimmten Vertragsarten, die ausdrücklich aufgezählt werden (Darlehen, Schenkung etc. wird nicht erwähnt). o Bei uns in Art. 1 OR sind generell alle Vertragsarten gemeint. o Römer hatten die Vorstellung, dass es zwingend feste Vertragsarten gibt (also keine Inhaltsfreiheit). Bei einigen fest fixierten Vertragsarten (wie dem Kauf) reicht also der Konsens der Parteien, bei anderen nicht. o Für Vertragsarten, bei denen Konsens nicht reicht, braucht es einen Schriftakt und Anwesenheit.

Fazit:  7

Eher keine Formfreiheit. Bei den meisten Geschäften ist eine bestimmte Form notwendig. Nur bei wenigen Vertragsarten reicht Konsens.

  

Inhaltsfreiheit: Es gibt bestimmte Vertragstypen, diese sind abschliessend und zwingend. Eine nackte Vereinbarung reicht nicht dafür, dass eine klagbare Verpflichtung entsteht. Keine Inhaltsfreiheit. Der Akzent liegt auf Beschränkungen. Man gewährt nur wenige Gestaltungsmöglichkeiten. Das alles gilt natürlich nur für die Hausväter.

IV. EIGENTUM Gibt es Verfügungsfreiheiten des Eigentümers einer Sache? Kann ein Eigentümer mit seinen Sachen so verfahren, wie er es möchte? 

Art. 641 ZGB Verfügungsfreiheit: Man kann nach Belieben über sein Eigentum verfügen

UMFANG: GAB ES VERFÜGUNGSFREIHEIT? Digesten 8, 5, 8 S. 19    

Einschränkungen der freien Verfügung zum Schutz von privaten oder öffentlichen Interessen Wieder keine Grundsätze, keine allgemeinen Formulierungen Der Artikel zielt ab auf Nachbarschaftssituationen (Verbot übermässiger Immissionen) Indirekte Aussage: Grundsätzlich darf man auf seinem eigenen Grundstück tun, was man will. Übermässige Auswirkungen auf die Nachbargrundstücke sollen aber unterlassen werden o vgl. Art. 684 ZGB

SACHENRECHT HEUTE:  

Eigentum: Umfassendes dingliches Recht Beschränkte dingliche Rechte: Man hat nur einzelne Rechte und nicht umfassende Verfügungsmöglichkeiten

Berechtigung an einer Sache:  

Eigentum ZGB 641, vgl. S. 8 Nutzungsbefugnisse. Mögliche Gestaltung: o Miete  Obligatorisches Recht (kein dingliches Recht)  Vereinbarung zwischen zwei Personen; grundsätzlich kündbar. Das führt zu Unsicherheiten. o Nutzniessung ZGB 745 II, 755  Eigentlich gleiche Wirkung wie die Miete, aber es ist ein beschränktes dingliches Recht.  ZGB 748/749: Es gibt keine Kündigungsmöglichkeit. Das gibt dem Nutzer mehr Planungssicherheit.  Das Eigentum geht dabei nicht über. Der Nutzer hat aber ein gesichertes Recht an der Sache, über das er auch verfügen kann (er kann es auch auf andere übertragen).

NUTZNIESSUNG ALS BESCHRÄNKTES DINGLICHES RECHT: Institutionen 2, 4 S. 19  

Es gibt beschränkte dingliche Rechte Nutzniessung: Das Recht, eine Sache unter Erhaltung ihrer Substanz zu nutzen o = Abspaltung vom Eigentum, Herrschaft wird geteilt

BESONDERE FORM DE...


Similar Free PDFs