EWI2021 Projekt Fallstudie PDF

Title EWI2021 Projekt Fallstudie
Course Einführung in die Wirtschaftsinformatik
Institution Technische Hochschule Köln
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Einführung in die Wirtschaftsinformatik

Fallstudie ZARA

Technische Hochschule Köln, Campus Gummersbach Institut für Informatik, Studiengang Wirtschaftsinformatik EWI Projekt WS 2020/2021 Prof. Dr. Holger Günther Fallstudie zu den Meilensteinen Kann ZARA mit „Speed Chic“ mithalten?1 In der schnelllebigen Welt der Mode scheint eine schnelle Vermarktung wichtiger als alles andere zu sein. Express, ein großer amerikanischer Bekleidungseinzelhändler, wechselt wöchentlich die Schaufensterauslagen seiner Läden. Statt nach den traditionellen vier Modejahreszeiten (Frühjahr, Sommer, Herbst und Winter) ändern sich die Modelle jetzt einmal im Monat oder sogar öfter. Viele Ladenketten für Damenoberbekleidung erhalten zweimal im Monat Lieferungen neuer Modelle. Das nennt man „Speed Chic“. Einzelhändler von modischer Oberbekleidung haben zwei sehr unterschiedliche Wege eingeschlagen, um der Nachfrage nach Speed Chic gerecht zu werden. Viele Einzelhandelsketten vertreiben Produkte über Franchisenehmer und verlagern ihre Produktion in Billiglohnländer in der Hoffnung, von geringeren Arbeits- und Betriebskosten profitieren zu können. Um neue Moden schnell in die Läden zu bringen, nehmen Firmen wie Levi Strauss, Ann Taylor und The Limited Outsourcer wie Li & Fung aus Hongkong unter Vertrag, die die Produktion und Lieferung der Bekleidungsstücke handhaben. Li & Fung bietet Produktentwicklung, Beschaffung von Rohmaterialien, Management der Produktionsplanung, Qualitätssicherung und Auslieferung an. Durch den Einsatz des Internet zur Kommunikation mit Auftraggebern und mit Hilfe eines globalen Netzwerks von mehr als 7.500 Lieferanten in 37 Ländern kann Li & Fung innerhalb von fünf Wochen nach Auftragseingang Einzelhandelsgeschäfte mit neuen Produkten beliefern. Bei ZARA, einer weltweiten Kette für Damenoberbekleidung mit Hauptsitz in La Coruna in Spanien, die jetzt zum globalen Einzelhandelsunternehmen Inditex gehört, kommen die Produkte sogar noch schneller auf den Markt. ZARA hat sich für die vertikale Integration entschieden, um schnelllebige Moden auf den Markt zu bringen. Statt sich auf Outsourcer zu stützen, besitzt das Unternehmen eigene Fabriken, Filialen und ein eigenes Distributionsnetzwerk. Die Firma kontrolliert einen Großteil ihrer eigenen Produktion selbst, weil sie glaubt, durch eine sorgfältige Koordination des gesamten Produktionsprozesses am schnellsten auf den Markt zu kommen. Das Management von ZARA war der Überzeugung, dass die Fähigkeit, schnell auf Änderungen im Geschmack der Kunden reagieren zu können, viel gewinnbringender ist als die Auslagerung der Produktion an billige Zulieferer. Die vertikale Integration von Produktion und Einzelhandel ermöglicht es ZARA, schneller als die Konkurrenz auf sich ändernde Modetrends zu reagieren. Etwa die Hälfte der von ZARA vertriebenen Artikel wird in eigenen Fabriken gefertigt, der Rest wird von Vertragsunternehmen erzeugt. ZARA füllt die Warenbestände der Filialen zweimal wöchentlich auf, wobei sowohl nachbestellte Artikel als auch völlig neue Modelle geliefert werden. Die produktive Designabteilung von ZARA bringt jedes Jahr mehr als 11.000 neue Modelle hervor. Kein Wettbewerber kann damit auch nur annähernd mithalten. „Es ist so, als würde man alle zwei Wochen in ein neues Geschäft gehen", sagt Tracy Mullin, Präsidentin und CEO der National Retail Federa1

aus „Wirtschaftsinformatik – eine Einführung“ von Kennetz C. Laudon, Jane P. Laudon, Detlef Schoder, Pearson Studium 2006.

Prof. Dr. Holger Günther, TH Köln

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Einführung in die Wirtschaftsinformatik

Fallstudie ZARA

tion. Wenn Jennifer Lopez in einem tollen neuen Outfit erscheint, kann ZARA innerhalb weniger Wochen eine eigene Version davon in seinen Läden anbieten. Weil sich das Warenangebot in den ZARA-Filialen so oft ändert, kommen die Kunden häufig zurück, um zu sehen, was es Neues gibt - und gehen mit einem weiteren Stück von ZARA nach Hause. Die Kleidungstücke von ZARA gelten als „sehr modisch, sehr im Trend liegend", und viele ähneln den Modellen namhafter italienischer Modemacher, allerdings mit moderateren Preisschildern. Jeder Manager einer ZARA-Filiale informiert am Ende des Arbeitstags die Unternehmenszentrale über das Internet genauestens darüber, welche Artikel verkauft wurden. Der Manager kann nicht nur Bestellungen tätigen, sondern auch Vorschläge für Farben, Stoffe, Schnitte und sogar neue Produkte (z.B. Strickwesten für Männer) unterbreiten. Diese Informationen werden rasch an die Designabteilung von ZARA weitergeleitet, die innerhalb weniger Tage Produkte entwerfen oder abändern kann. Die 200 Designer von ZARA zeichnen neue Modeideen auf ihren Computern und senden sie über das Intranet von ZARA an die nahegelegenen Fabriken. Innerhalb weniger Tage werden neue Bekleidungsstücke geschnitten, gefärbt, genäht und gebügelt. Nach nur drei Wochen hängen die Kleider in der ganzen Welt in den ZARA-Filialen. ZARA kann Produkte zwölfmal schneller auf den Markt bringen als seine Wettbewerber. ZARA unterhält ein riesiges etwa 800.000 Quadratmeter umfassendes Lagerhaus in La Coruna, das über ein Tunnellabyrinth mit 14 Fabrikationsstätten von ZARA verbunden ist. An der Tunneldecke befindet sich jeweils eine Schiene, die zum Transport der Kleider von der Fabrik ins Lagerhaus dient. Die Kleider sind gebündelt und jedes Bündel hängt an einem Metallbügel, an dem sich einige kodierte Schilder befinden, die genau angeben, wo dieses Bündel im Lagerhaus abgelegt werden soll. Die Waren werden dort so lange sortiert, umgeleitet und neu sortiert, bis sie den Bereitstellungsbereich des Distributionszentrums erreicht haben. Die Sortiermaschinen von ZARA können 40.000 Artikel in der Stunde sortieren. Jeder ZARA-Filiale ist im Lagerhaus ein eigener Bereitstellungsbereich zugeordnet, in dem die Bestellungen der Filiale zusammengestellt werden. Sobald die Bestellung einer Filiale vollständig ist, wird sie direkt in einen Ladebereich befördert und dort zusammen mit den Bestellungen anderer Filialen für die Auslieferung verpackt. Lieferungen an europäische Filialen, die mit dem LKW innerhalb einer Fahrtzeit von 24 Stunden erreichbar sind, werden auf Lastwagen platziert. Lieferungen an außereuropäische Filialen werden mit dem Flugzeug versandt. Die meisten Artikel sind nur wenige Stunden im Lagerhaus und ZARA optimiert die Größe und die Abfolge von Lieferungen ständig, um diesen knappen Terminplan beibehalten zu können. Durch ein neues Zentrum, das kürzlich in ZARAgoza im Nordosten von Spanien eröffnet wurde, wird diese Kapazität verdoppelt. In der Vergangenheit hat ZARA etwa jede Woche eine neue Filiale eröffnet und es gibt keine Anzeichen dafür, dass sich diese Entwicklung verlangsamt. Die Fertigungskosten von ZARA sind zwar zwischen 15 und 20 Prozent höher als die der Konkurrenten, sie werden aber durch die Vorteile einer rasend schnellen Markteinführung und geringeren Werbekosten ausgeglichen. Da ZARA so schnell auf die Wünsche der Kunden reagieren kann, musste das Unternehmen kaum Fehler im Warenangebot korrigieren oder überschüssige Warenbestände im Preis reduzieren oder abschreiben. 2001, als viele Textilhandelsketten Umsatz- und Gewinneinbußen hinnehmen mussten, stieg der Gewinn von ZARA um 31 Prozent an. Die Firma verfügte Ende 2002 über liquide Mittel in Höhe von 250 Millionen EUR. Jede Firma, die Wert auf eine schnelle Vermarktung, die Berücksichtigung von Kundenwünschen und optimierte Geschäftsprozesse legt, kann ZARA als Musterunternehmen betrachten. Das Geschäftsmodell wird durch die Firmenexpansion aber vor immer größere Herausforderungen gestellt. Der sinkende US-Dollarkurs führt dazu, dass die Preisschere zwischen den Produkten von ZARA, die vorwiegend in Spanien produziert werden, und den Produkten der Konkurrenten wie Hennes & Mauritz (H&M), Adidas und Aigle of France, die Billiglohnländer benutzen und die Waren in US-Dollar zahlen, immer größer wird. Obwohl ZARA in der Vergangenheit ständig Gewinnmargen erzielte, die zu den höchsten der Branche gehören, erzielen die europäischen Wettbewerber, die in Südostasien produzieren, Prof. Dr. Holger Günther, TH Köln

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Einführung in die Wirtschaftsinformatik

Fallstudie ZARA

jetzt Gewinne, mit denen das Unternehmen nicht mithalten kann. (ZARA lässt einige Grundartikel, z.B. T-Shirts und Jeans, von Fremdherstellern in Asien fertigen, der Großteil der Waren wird jedoch in Spanien produziert.) Der europäische Markt von ZARA ist noch nicht gesättigt. Wenn ZARA jedoch eine wirklich globale Marke werden soll, dann muss das Unternehmen sein ausgeklügeltes Fertigungsund Distributionssystem auf anderen Kontinenten replizieren. ZARA hat sich in den USA langsam vergrößert und besitzt dort mehr als zehn Filialen. Um in den US-Markt noch stärker eindringen zu können, bräuchte das Unternehmen aber ein Fertigungs- und Distributionssystem in Nordamerika. Inditex, die Muttergesellschaft von ZARA, investiert gleichzeitig in viele neu gegründete Unternehmen. Zum einen baut sie ihre Einzelhandelsmarken aus und zum anderen führt sie eine neue Raumausstatterkette namens ZARA Home ein. Gleichzeitig werden die ZARA-Filialen zusätzlich mit Bekleidung für ältere Frauen sowie in größeren Kleidergrößen ausgestattet. Manche befürchten, dass solche Maßnahmen das Markenimage von ZARA verwässern. Angesichts dieser Veränderungen stellt sich die Frage, ob das Geschäftsmodell von ZARA auch in der Zukunft lebensfähig ist. Quellen: John Tagliabue, „A Rival to Gap That Operates Like Dell", The New York Times, 30. Mai 2003; Hadley Freeman, „Spanish Designers Make a Pitch for Larger Women", The Guardian, 8. Mai 2003; Nicole Graev, „Rags to Riches", The Washington Post, 7. Mai 2003; „Supply Chain Challenges: Building Relationships", Harvard Business Review, Juli 2003; Miguel Helft, „Fashion Fast Forward", Business 2.0, Mai 2002; und „Inditex: A Business Model That Is Tailor-Made", Barcelona Business, Mai 2001.

Prof. Dr. Holger Günther, TH Köln

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