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Title Fallstudie
Author Morgane Simon
Course Interkulturelle und ethnische Handlungskompetenzen
Institution IU Internationale Hochschule
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I Inhaltverzeichnis I Inhaltverzeichnis II Abkürzungsverzeichnis III Abbildungsverzeichnis 1. Einleitung 2. Kulturvergleich zwischen Deutschland und China 2.1. Kulturdimensionen nach Hofstede 2.2. Kulturdifferenzierung nach Hall 2.3. Locus-of-Control-Konzept nach Rotter 3.

Handlungsempfehlungen für deutsche Führungskräfte

4. Fazit IV Literaturverzeichnis

II Abkürzungen bspw.

beispielsweise

bzw.

beziehungsweise

CIO

Chief Investment Officer

d.h.

das heißt

ERA

Entgelt-Rahmenabkommen

Et al.

Et alii

IBM

International Business Machines

Mrd.

Milliarden

PCN

Parent Country National

USA

United States of America

S.

Seite

Vgl.

vergleiche

WTO

World Trade Organization

Zit. in

zitiert in

z.B.

zum Beispiel

III Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Kulturvergleich von China und Deutschland nach Hofstede Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Hofstede Insights (2021): Compare Countries. (URL: https://www.hofstede-insights.com/product/ compare-countries/ [letzter Zugriff: 13.03.2021]).

1. Einleitung Seit einigen Jahren wird das exponentielle Wachstum der chinesischen Wirtschaft, unter anderem aufgrund des Handelskonflikts mit den USA, stark ausgebremst. Dadurch wird auch in besonderer Weise das Business-Klima für deutsche Unternehmen in China beeinflusst. Trotz allem bleibt die Volksrepublik einer der zentralen Akteure der Globalisierung und ein enorm wichtiger Markt. „Seine Rolle wächst kontinuierlich, auch weil das Land inzwischen Mitglied der WTO ist“ (Bundeszentrale für politische Bildung 2008). Laut Bundesministerium für Wirtschaft und Energie war China 2019 erneut Deutschlands wichtigster Handelspartner. Darüber hinaus lagen 2018 die deutschen Direktinvestitionen in China bei 86,12 Mrd. Euro (vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie 2021). Weiterhin ist China ein großer Empfänger von ausländischen Tochtergesellschaften. „Mehr als 5.200 deutsche Unternehmen sind in China aktiv, wo sie mehr als eine Million Menschen beschäftigen“ (Blinadzija 2020). Allerdings gibt es aufgrund eines anhaltenden Brain-Drain der chinesischen Fachkräfte einen hohen Bedarf an hochqualifizierten Führungskräften. Das ist einer der Gründe, warum der internationale Personaleinsatz in China erheblich zugenommen hat (vgl. Harmsen 2007). Stellen wir uns ein Unternehmen vor, ein mittelständischer Maschinenbauer aus Süddeutschland, der dabei ist, international zu expandieren und in China ein Werk aufzubauen, das dann den jeweiligen Auslandmarkt bedienen soll. Das Unternehmen handelt mit einer ethnozentrischen internationalen Strategie. Die Führungspositionen sollen durch sogenannte Parent Country Nationals (PCN), d.h. durch Stammhausmitglieder besetzt werden. In anderen Worten werden deutsche Führungskräfte nach China gesandt. Somit hat das Unternehmen vor, das neue Werk mit dem vorhandenen Know-how, das sich in Deutschland als erfolgreich erwiesen hat, auszustatten und dort, in Zusammenarbeit mit den „Locals“, die Interessen der Muttergesellschaft zu vertreten. Die interkulturelle Führung läuft jedoch nicht immer reibungslos ab. Hier sprechen einige Herausforderungen sowohl seitens der Führungskräfte als auch seitens des geführten Personals für eine erfolgreiche Entsendung ins Ausland. Um potenzielle Probleme aufgrund der kulturellen Unterschiede zwischen den interagierenden Ländern zu vermeiden, ist seitens der deutschen Führungskräfte eine Auseinandersetzung mit der chinesischen Kultur im Vorfeld notwendig. Dabei werden die Handlungskompetenzen erworben, die den Führungskräften helfen werden, ihre chinesischen Partner besser zu verstehen und mit ihnen adäquat umzugehen (vgl. Thomas/Schenk/Heisel 2015, S. 9). Diese Fallstudie soll anhand der drei Konzepte von Hofstede, Hall und Rotter einen Überblick über die Unterschiede zwischen Deutschland und China geben. Des Weiteren wird ein Leitfaden entwickelt, in dem die zu entsendenden Führungskräfte auf kulturelle Besonderheiten vorbereitet werden sollen. Dabei wird vor allem auf jene Dimensionen eingegangen, bei denen zwischen den Ländern deutliche Unterschiede bestehen. Andere werden nur oberflächlich angesprochen.

2.

Kulturvergleich zwischen Deutschland und China 2.1 Kulturdimensionen nach Hofstede

Der niederländische Sozialpsychologe und Experte für Kulturwissenschaften Geert Hofstede war einer der Pioniere im Bereich der vergleichenden interkulturellen Forschung. Im Rahmen einer empirischen Studie untersuchte er Ende der 1960er Jahre per Fragebogen die arbeitsbezogenen Wertorientierungen und Einstellungen von 116.000 IBM-Mitarbeitern in 72 Ländern (vgl. Hofstede 2001, S. 41). Daraus resultierten 6 Kulturdimensionen: Machtdistanz, Individualismus/ Kollektivismus, Maskulinität/Feminität, Unsicherheitsvermeidung, Langfrist-/Kurzfristorientierung und Genussfähigkeit/Zurückhaltung, die er in seinem 2017 erschienenen Buch „Lokales Denken, globales Handeln“ nochmal ausführlich beschreibt (Hofstede 2017). Die Wertorientierungen werden anhand von Indizien in ein Ranking nach Ländern eingeordnet. Diese Einordnung kultureller Besonderheiten sollte aber nicht als verhaltens-determinierende Einengungen verstanden werden. Die Werte können tatsächlich innerhalb eines Landes stark variieren, denn Menschen werden sich wahrscheinlich in einer bestimmten Situation unterschiedlich verhalten. Vielmehr stellt das Modell der Kulturdimensionen ein Instrumentarium dar, um eine Kultur besser einschätzen und verstehen zu können. Es ist besonders für Führungskräfte, die als Global Player agieren, von großer Bedeutung, denn sie erleben diese Kulturunterschiede im Arbeitsalltag und müssen lernen, damit umzugehen. Die Abbildung 1 ist eine graphische Darstellung des Kulturvergleichs nach Hofstede, angewendet auf China und Deutschland. Darauf basiert die durchgeführte Analyse von Unterschieden zwischen den zwei Ländern, sowie ihrer Auswirkungen im Bereich der Arbeitswelt. Abbildung 1: Kulturvergleich von China und Deutschland nach Hofstede China

Deutschland 87

80 67

66

66

83

65

40 35

30

La ng fri sto rie nt ie ru ng

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24

20

Betrachten wir zunächst die Dimension Machtdistanz, die Wege darstellt, mit sozialer Ungleichheit und Autorität umzugehen. In der Gesellschaft haben einige Menschen mehr Macht als andere (z.B. Vorgesetzter-Mitarbeiter-Beziehung). Machtdistanz kann definiert werden als „das Ausmaß, bis zu welchem die weniger mächtigen Mitglieder von Institutionen bzw. Organisationen eines Landes erwarten und akzeptieren, dass Macht ungleich verteilt ist“ (Hofstede et al. 2017, S. 75). Deutschland weist mit einem Index von 35 eine relative geringe Machtdistanz auf. Eine ungleiche Machtverteilung wird dementsprechend eher nicht geduldet. Ein Zeichen dafür ist die Tendenz zur Dezentralisation der Entscheidungen in Unternehmen. Die Fertigung kann z.B. in Abteilungen zersplittert werden. Diese werden jeweils von einem Meister geführt, der selbständig Entscheidungen trifft, allerdings in enger Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung. Vorgesetze und Mitarbeiter sind voneinander abhängig. Führungskräfte leiten nicht nur an, sondern sind auch als Teammitglied zu betrachten. Genauso erwarten Mitarbeiter, in Entscheidungen miteinbezogen zu werden. So finden bspw. regelmäßige Gruppengespräche statt, während dessen mögliche Probleme besprochen werden oder Entscheidungen in gegenseitiger Absprache getroffen werden. Weiterhin ist die Vorgesetzter-Mitarbeiter-Beziehung ziemlich egalitär. Das ERA sorgt z.B. für eine größere Entgeltgerechtigkeit zwischen Arbeitern und Angestellten der Metallindustrie. Ebenso werden Statussymbole verpönt. Man bemerkt immer mehr Führungskräfte, auch CIO, die ihre Anzüge gegen Jeans und Turnschuhe eintauschen (vgl. Hofstede et al. 2017, S. 91). Im Gegensatz dazu hat China einen Index von 80, was eine hohe Machtdistanz deutlich macht. In der Volksrepublik wird eine klare Trennung der Mächte nicht nur erwartet, sondern auch gewünscht. Die Zentralisation wird verehrt und es findet im Unternehmen eine Führung nach unten statt. „Auch wenn die heutige Abteilungsstruktur offiziell die maoistische Danwei-Struktur ersetzt hat, wird das gewohnte Verhalten bestehen bleiben“ (Thomas/Schenk/Heisel 2015, S. 27). Exemplarisch kann die Kommunikation zwischen zwei Abteilungen Probleme darstellen, denn es fällt chinesischen Mitarbeitern schwer, Hierarchien zu überwinden. Darüber hinaus wird die Eigeninitiative der Mitarbeiter aufgrund ihrer extremen Abhängigkeit von den Führungskräften stark eingeschränkt. Jede Person hat ihre eigene Funktion und ist damit zufrieden. Ein untergeordneter Mitarbeiter wird z.B. seinen Vorgesetzten nur selten einen Verbesserungsvorschlag unterbreiten. Überwiegend findet man in chinesischen Unternehmen den autoritären Führungsstil vor. Mitarbeiter warten auf Anweisungen ihren Vorgesetzten. Ein Laissez-Faire-Führungsstil kann schnell zu Überforderung der Mitarbeiter führen. Mitarbeiter akzeptieren Entscheidungen und werden diesen nie widersprechen. Auch wenn sie unzufrieden sind, werden sie es für sich behalten. Oft ist das Gehalt innerhalb der Hierarchie ungleich. Je höher das Gehalt, desto höher die Macht. Statussymbole, wie z.B. teure Autos oder teure Kleidung, werden gerne gezeigt (vgl. Hofstede et al. 2017, S. 91). Die zweite Dimension beschreibt den Grad, zu dem Individuen in Gruppen integriert sind. Hofstede versteht unter Individualismus die „Gesellschaften, in denen die Bindungen zwischen den Individuen

locker sind: man erwartet von jedem, dass er für sich selbst und seine unmittelbare Familie sorgt“. Wohingegen er kollektivistische Kulturen als „Gesellschaften, in denen der Mensch von Geburt an in starke, geschlossene Wir-Gruppen integriert ist, die ihn ein Leben lang schützen und dafür bedingungslose Loyalität verlangen“, definiert (Hofstede et al. 2017, S. 110). Deutschland kann mit einem Index von 67 als eine eher individualistische Gesellschaft gekennzeichnet werden. Da steht nämlich das Interesse des Individuums vor dem Interesse der Gruppe (vgl. Hofstede et al. 2017, S. 108). Darunter versteht man z.B. einen jungen Ingenieur, der seinen beruflichen Aufstieg und Erfolg der Harmonie in einer Abteilung überordnet. Darüber hinaus ist der Wettbewerb unter Kollegen die Norm. Im Extremfall könnten bspw. zwei Mitarbeiter sowohl gute Freunde als auch starke Konkurrenten um eine Stelle sein. Konfrontationen sind nicht als Problem anzusehen, sondern sind für das Individuum gesund. In diesem Sinn verlangen Führungskräfte genauso wie Mitarbeiter, Ehrlichkeit. Ein Mitarbeiter fragt z.B. seinen Vorgesetzte nach einem Feedback, damit er sich verbessern kann. Die Vorgesetzter-Mitarbeiter-Beziehung kann als geschäftlicher Vertrag betrachtet werden und kann jederzeit beendet werden, sobald eine der beiden Parteien nicht auf seine Kosten kommt. Findet ein Mitarbeiter anderswo bessere Arbeitsbedingungen, wird er nicht zögern, das Schiff zu verlassen. (vgl. Hofstede et al. 2017, S. 142f). Im Gegensatz dazu ist mit einem Index von 20 Kollektivismus in China stark ausgeprägt. Dort ist die Identität im sozialen Netzwerk begründet, dem man angehört und das gemeinsame Interesse steht im Vordergrund (vgl. Hofstede et al. 2017, S. 109). Die Vorgesetzter-Mitarbeiter-Beziehung ist vielwertig und geistlich. Ebenso wie in der Familie sind Werte wie Schutz und Loyalität von größter Bedeutung. Ein Verstoß dagegen gilt als unverzeihlich. Ein Mitarbeiter würde z.B. aus Anständigkeit gegenüber seinen Vorgesetzter einen lukratives Jobangebot ablehnen. Weiterhin hilft mit Diplomatie zu handeln, Harmonie und gute Beziehungen zu erhalten. In der Öffentlichkeit kritisiert zu werden, gilt für Chinesen als Beleidigung und führt zu Gesichtsverlust. Während die Deutschen dazu tendieren, zuerst Geschäfte zu machen und mit der Zeit eine Beziehung mit den Geschäftspartnern aufzubauen, legen Chinesen von Anfang an einen besonderen Wert auf die Beziehung. Vertrauen erwerben, um Mitglied der „Familie“ zu werden, verlangt Geduld und Entschlossenheit. Erst dann können Verhandlungen beginnen. Chinesen machen nicht mit einer Firma, sondern mit Personen Geschäfte. Es ist unerlässlich, dass Führungskräfte, mit denen Vertrauen aufgebaut wurde, auch bis zum Ende dieselben bleiben, ansonsten könnte die Zusammenarbeit abgebrochen werden (vgl. Hofstede et al. 2017, S. 142f). Individualismus bzw. Kollektivismus und Machtdistanz sind verbunden. In kollektivistischen Kulturen ist eine höhere Machtdistanz zu beobachten. Umgekehrt beweisen individualistische Kulturen eine niedrige Machtdistanz (vgl. Hofstede et al. 2017, S. 121). Die Dimension Maskulinität kennzeichnet eine Gesellschaft, in der „die Rollen der Geschlechter klar gegeneinander abgegrenzt sind: Männer haben bestimmt, hart und materiell orientiert zu sein,

Frauen müssen bescheidener, sensibler sein und Wert auf Lebensqualität legen“ (Hofstede et al. 2017, S. 159). Besonders im Bereich der Arbeit gibt sie Auskunft darüber, wie Ziele angestrebt werden, und wie mit Konfliktsituationen umgegangen wird (vgl. Hofstede et al. 2017, S. 185) Deutschland genauso wie China sind, mit einem Index von jeweils 66, relativ maskulin geprägte Kulturen. In beiden Gesellschaften lebt man, um zu arbeiten. Auch wenn es draußen viel schneit, geht man auf die Arbeit, auch wenn es zu Fuß sein soll. Die Arbeit wird sogar der Familie vorgezogen. In China ist es z.B. nicht ungewöhnlich, dass Frauen nach einer Geburt wieder direkt arbeiten gehen. Merkmale wie Konkurrenzdenken, Disziplin und Ehrgeiz sind in den Sitten verankert und lassen sich schon in der frühsten Kindheit spüren. Kinder werden in der Schule zu den Besten gemacht. Konflikte werden meistens zu Wettbewerben, die allerding immer fair bleiben sollen, also nach dem Motto „Let the best man win“ (Hofstede et al. 2017, S. 185). Die Möglichkeit des beruflichen Aufstiegs ist auch von großer Bedeutung. Weiterhin liegt auch die Betonung auf der Höhe des Einkommens sowie auf der Anerkennung der geleisteten Arbeit. Meistens werden Mitarbeiter der Produktion mit dem Prämienlohn vergütet, was als Anreiz in der Massenproduktion verwendet werden kann. Darüber hinaus sind Männer für komplexe Aufgaben (z.B. Instandhaltung) und Führungspositionen zuständig, Frauen eher für die einfachen Aufgaben (z.B. Bürotätigkeit) (vgl. Hofstede et al. 2017, S. 188). Hofstede definiert Unsicherheitsvermeidung als der „Grad, bis zu dem die Mitglieder einer Kultur sich durch uneindeutige oder unbekannte Situationen bedroht fühlen“. Jede Gesellschaft hat seine eigene Art und Weise mit dieser Angst umzugehen. (Hofstede et al. 2017, S. 210). Mit einem Wert von 65 zählt Deutschland zu den Ländern mit starker Unsicherheitsvermeidung. In deutschen Unternehmen herrscht ein Klima, in dem Disziplin und Struktur ein hohen Stellenwert haben. Besonders am Arbeitsplatz gibt es zahlreiche Regeln und Maßnahmen. Dazu zählen unter anderem die Verwendung des japanischen 5S-Modell. Deutsche Mitarbeiter sind ständig auf der Suche nach Stabilität und Sicherheit. Nicht zuletzt in großen und erfolgreichen Unternehmen ist es üblich, dass Mitarbeiter ihr gesamtes Arbeitsleben dort verbringen. Weiterhin müssen sie immer Beschäftigung haben. Im Falle eines Produktionsstillstandes werden meistens Wartungsarbeiten durchgeführt . Ferner sorgen klare Anweisungen, sowie klare Antworten für Eindeutigkeit und somit für die Vermeidung von Stress und Angst. Schließlich ist zu betonen, dass wenig Wert auf das Mündliche gelegt wird, nur das Schriftliche zählt. Während ein Händedrück in China ausreichend wäre, gilt für Deutsche ein Vertrag nur dann als abgeschlossen, wenn er schriftlich niedergelegt und von beiden Parteien unterzeichnet ist (Hofstede et al. 2017, S. 239f). Im Gegensatz dazu weist China, mit einem Wert von 35, eine schwache Unsicherheitsvermeidung auf. Die Erkundung des Unbekannten ist nicht beängstigend, sondern eher interessant. In diesem Sinne zögern Chinesen bspw. nicht die Abteilung zu wechseln. Während die Deutschen eine einwandfreie Zeitplanung führen, um ihren Terminkalender bestmöglich zu gestalten, gilt die Zeit in

China eher als Orientierungsmaßnahmen. Es ist z.B. nicht ungewöhnlich, dass Chinesen mit Verspätung in einem Meeting erscheinen. Weiterhin tun Chinesen nur das Nötigste. Wenn man ihnen keine Aufgaben gibt, dann machen sie auch nichts. Darüber hinaus liegt in China die Betonung auf dem Mündlichen. Eine zusammenfassende E-Mail der letzten Sitzung kann somit von Chinesen als Mangel an Vertrauen empfunden werden. Ferner haben Wörter in der chinesischen Sprache öfters mehrere Bedeutungen. Wenn Führungskräfte nicht auf Uneindeutigkeiten vorbereitet sind, kann es zu Missverständnissen kommen (Hofstede et al. 2017, S. 239f). Da es bei den zwei letzten Dimensionen kaum Unterschiede zwischen Deutschland und China gibt, werden diese nun zur Vollständigkeit in einigen Worten erwähnt. Die fünfte Dimension zeigt das Ausmaß des zeitlichen Planungshorizontes in einer Gesellschaft. Hofstede definiert die Langfristorientierung als „das Hegen von Tugenden, die auf künftigen Erfolg hin ausgerichtet sind, insbesondere Beharrlichkeit und Sparsamkeit“ (Hofstede et al. 2017, S. 257). Deutschland genauso wie China sind, mit jeweils einem Index von 83 und 87, stark langfristig ausgerichtete Kulturen und insofern eher zukunftsorientiert. Ein gutes Beispiel dafür wäre eine Investition, die das Kapital des Unternehmens zwar nicht direkt erhöht, jedoch langfristig betrachtet, die Zukunft und somit den Erfolg des Unternehmens sichert. Nichtdestotrotz werden Traditionen stark betont, allerdings der Gegenwart angepasst. Aufgrund der Globalisierung wurde die in China übliche Verbeugung zur Begrüßung durch das westliche Händeschütteln ersetzt. Zu vermerken sind auch Aspekte wie Loyalität, Engagement und Schamgefühl. Der Guanxi bzw. das Netzwerk persönlicher Beziehungen ist auch von großer Bedeutung. Schwarz-Weiß gibt es nicht, sondern eher die Situation, der Kontext und die Zeit sind relevant (vgl. Hofstede et al. 2017, S. 268f). Die letzte Dimension gibt Auskunft über die Genussfähigkeit einer Gesellschaft. „Genuss steht für die Tendenz, eine relativ großzügige Befriedigung grundlegender natürlicher Bedürfnisse des Menschen zu ermöglichen, die darin bestehen, das Leben zu genießen und Spaß zu haben. Der entgegengesetzte Pol – Zurückhaltung – spiegelt die Überzeugung wider, dass eine solche Befriedigung eingeschränkt und durch strenge soziale Normen geregelt werden muss“ (Hofstede et al. 2017, S. 313). Deutschland sowie China sind, mit einem Wert von jeweils 40 und 23, Gesellschaften, in denen die Zurückhaltung stark geprägt ist. Ernste Mimik sind z.B. ein Zeichen von Seriosität. Sie betrachten Ereignisse mit einem pessimistischen Blick und sind allgemein strenger Natur. Weiter legen sie kaum Wert auf Freundschaften und Freizeit (vgl. Hofstede 2017, S. 320).

2.2 Kulturdifferenzierung nach Hall Der amerikanische Kulturanthropologe Edward T. Hall widmete sich der interkulturellen Kommunikation und insbesondere der nonverbalen Kommunikation. Aus seiner Analyse der Interaktion zwischen Menschen resultierten 4 Dimensionen: Raumorientierung, Kontextorientierung, Zeitorientierung und später Informationsgeschwindigkeit (vgl. Hall/Hall 1990). Letztere wird hier vernachlässigt.

Diese stehen nicht nur in Beziehung zueinander, sondern sind auch unbestritten eng mit dem Kulturvergleich nach Hofstede verbunden. Die Kulturdifferenzierung nach Hall sieht jedoch die Herausforderungen des interkulturellen Managements aus einer neuen Perspektive. Betrachten wir zunächst die Kontextorientierung, welche die kulturspezifische Beziehung ...


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