GSP Skript VL 5 PDF

Title GSP Skript VL 5
Course Einführung in die Grundschulpädagogik
Institution Universität Augsburg
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Zusammenfassung zur 5. Vorlesung...


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5 – Einführung in die Grundschulpädagogik 1 Wintersemester 2020/2021

5. Lehrkräfte im Wandel der Zeit 1) Lehrkräfte im 18. Jahrhundert  auf dem Land: Herrschaft der geistlichen Schulaufsicht  jeweiliger Pastor bzw. Pfarrer war direkter Vorgesetzter des Lehrers  entschied ggf. auch, wer Stelle besetzen durfte  Wie wurde man zum Lehrer: Lehrerwahl  singen, vorlesen, buchstabieren, religiöse Kenntnisse aufweisen, rechnen  1773: Ordnung für die evangelischen deutschen Schulen in Augsburg (Anforderungen für Ausübung des Lehramts)  deutliche Vorstellung über den Zweck des Berufes bei den Lehrern  Fachkenntnis über das hinaus, was unterrichtet wird  Fertigkeit, "sich deutlich auszudrücken"  Anwendung der "leichtesten und kürzesten Unterweisungs-Arten"  "Munterkeit im Vortrag"  "Geduld mit Schwachen"  sich des "eigenen Beispiels bewusst sein. Lehrer sind Vorbilder auch über die Schule hinaus, nämlich im Lebenswandel und den guten Sitten."  "Überall entweihen verdorbene Schneider, Garnweber etc. und abgedankte Soldaten das heilige Geschäft der Erziehung. Die Bildung des Volkes war in den Händen unwissender, roher, unsittlicher, halbverhungerter Menschen. Die Schulen waren zum Teil wirkliche Kerker und Zuchthäuser."  zitiert nach Herbert Gudjons, Pädagogisches Grundwissen, S. 98  Fehlen von methodischer Fähigkeit  Kompensierung durch Androhung und Erteilung von Prügelstrafe  "Sub virga degere - unter der Rute leben": seit Mittelalter gängige Formulierung für das "In-die-Schule-gehen."  Rute, Stock: bis Anfang 20. Jh. Kennzeichen des Lehrerberufs  Bruch des bösen Eigenwillens des Kindes  Wecken der Liebe zum Lehrer (als Vertreter der Obrigkeit)  Schüler hatten teils permanent schlechtes Gewissen  dachten dauerhaft etwas falsch gemacht zu haben/ zu machen  Körperstrafen bis Ende 19. Jh. immer umstrittener  Lehrer wollten durch Körperstrafen ihre Macht nicht gefährden  auch Lehrkräfte hatten Nagst vor Schülern 2) Lehrkräfte im 19. Jahrhundert  in Elementarschulen bewegte sich lange Zeit wenig/ nichts  wenig kompetente Lehrkräfte (hatten oft andere Berufe erlernt und entsprachen vom gesellschaftlichen Status dem der Arbeiterschaft)

5 – Einführung in die Grundschulpädagogik 2 Wintersemester 2020/2021

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Lehrmittel von schlechter Qualität Klassen zu groß, als dass ertragreicher Unterricht möglich gewesen wäre Löhne reichten oft kaum zum Überleben wurden oft anteilsmäßig in Naturalien ausbezahlt neue Lehrkräfte mussten die Lehrmittel und die Unterrichtsmethoden ihrer Vorgänger übernehmen, weil für Investitionen kein Geld zur Verfügung stand Änderung der Situation durch beginnende Verstaatlichung des Schulwesens im frühen 19. Jh. 1. Hälfte des 19. Jh.: Entstehung einer Art Mindestlohn 1. Drittel des 19. Jh.: Entstehung von Seminaren zur Ausbildung von Lehrkräften (an Orten im bayrischen Königreich) 1823: königliche Verordnung (jede Lehrkraft muss vor Einstellung 2 Jahre Seminar besuchen) 1925: pädagogische Akademien in Preußen (Besuch nur mit Abitur) seit 1840: mehrere Frauen im Lehrberuf (auf Grund weiblicher Wesensmerkmale) vor allem im Vorschul-, Elementarbereich Diskriminierung (geringerer Verdienst, semiprofessionalisierte Ausbildung, Lehrerinnenzölibat) gesellschaftliche Anfeindung Lehrerinnenzölibat  1880 im Deutschen Reich per Ministererlass  Instrument, mit dem durch Diskriminierung flexibel auf jeweilige Arbeitsmarktsituation reagiert werden konnte  bestand Lehrermangel, so wurde er gelockert  bestand dagegen ein Überangebot, konnten damit Lehrerinnen vom Arbeitsmarkt verdrängt werden  Verbot von Heirat  Missachtung Kündigung  Anspruch auf Ruhegehalt erlosch  Gründe:  bürgerliche Frauenrolle: nicht ein Leben lang berufstätig sein  Arbeit als Lehrkraft leidglich zur kurzfristigen Versorgung junger, unverheirateter Frauen aus bürgerlichen Familien  berufstätige Frauen galten als unnötige Konkurrenz auf Arbeitsmarkt  ihnen wurde nicht zugetraut, Doppelbelastung (Familie und Arbeit) auszuhalten

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bürgerliche Frauenbewegung Ende des 19. Jh.:

5 – Einführung in die Grundschulpädagogik 3 Wintersemester 2020/2021

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Zugang zum Besuch mittlerer und höherer Bildungseinrichtungen zu Reihe qualifizierter Berufe (meist im pädagogischen und sozialen Bereich) Verzichten von Familie für berufliche Erfüllung: emanzipative Entscheidung Lehrerinnenzölibat brachte damit die „innere Berufung“ zum Ausdruck prägte das Berufsethos der Lehrerinnen.

3) Lehrkräfte im 20. Jahrhundert Abschaffung des Lehrerinnenzölibats  in Artikel 128 II der Weimarer Reichsverfassung 1919  „Alle Ausnahmebestimmungen gegen weibliche Beamte werden beseitigt.“ Personalabbauverordnung  schon im Oktober 1923: aus arbeitsmarktpolitischen Gründen wieder eingeführt  Personalabbauverordnung erlaubte die Entlassung verheirateter Beamtinnen  um in wirtschaftlich schwierigen Zeiten Stellen für Männer zu sichern  unverheiratete Lehrerinnen mussten „Ledigensteuer“ (einen zehnprozentigen Lohnsteueraufschlag) bezahlen  Personalabbauverordnung galt bis 1951 (außer in der DDR)         



Lehrermangel im 2. WK. Lehrerinnentätigkeit als „Frauendienst am Deutschen Volk“ nationalsozialistische Ideologie: Frau auf Mutterrolle beschränken steigender Anteil an Lehrerinnen (entgegen nationalsozialistischer Ideologie) Nachkriegszeit in West-Deutschland: Ausbildung erneut an pädagogischen Akademien/ Hochschulen ab 1970: Ausbildung an Universitäten verlagert mittlerweile: akademische Studiengänge für Lehrämter (flächendecken in DE au0er Baden-Württemberg) bis 1959: in Ba.-Wü. musste Frau im Falle einer Heirat Stellung verlassen an Grundschulen viele unverheiratete Lehrerinnen Urteil vom Bundesarbeitsgericht am 10.Mai 1957: Zölibats-Klausel in Arbeitsverträgen verfassungswidrig, also nichtig Bildungsexpansion Mitte 1960er: Basis für zunehmende Beteiligung von Frauen gerade im Grundschulbereich

5 – Einführung in die Grundschulpädagogik 4 Wintersemester 2020/2021



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nach wie vor starkes Ungleichgewicht der Repräsentanz in Leitungspositionen im Verhältnis zur allgemeinen Präsenz von Frauen in den Schulen mit Feminisierung der Grundschulen auch Karrierechancen eingeschränkt, das Ansehen sank und die Professionalität des Berufs wurde geleugnet Feminisierung als Nachteil? 2 Thesen:  Jungen benötigen angeblich gleichgeschlechtliche Identifikationsfiguren für eine gelingende (schulische) Sozialisation  Erziehungsziele und Erziehungsstil würden weiblichen Orientierungsmustern folgen, die Jungen aber fremd bleiben würden und sie in ihren schulischen Aussichten benachteiligen würden  empirische Belege dafür fehlen jedoch verbesserte Ausbildung bessere Expertise der Lehrkräfte Änderung der Wahrnehmung von Lehrkräften in der Öffentlichkeit Autorität und Ansehen

4) Ab 1960er-Jahren  Autorität wurde hinterfragt  konfliktreiche Zeit  Lehrer systemkritisch als "Agenten der kapitalistischen Gesellschaft" angesehen  Didaktik und Methodik wurden politisiert  Lehrkräfte, die sich für fortschrittlich hielten, begaben sich nun mit ihren Schüler*innen "auf Augenhöhe", trugen Schlabberhosen und selbstgestrickte Pullover, duzten ihre Schüler, rauchten Selbstgedrehte und trugen Anti-AKW-Plaketten  überall Konflikte mit „dem System“,  weil Staat Berufsverbote aussprach (wer der DKP angehörte, konnte nicht Lehrer werden)  dass die Lehrkräfte sich z.B. weigerten, Noten zu erteilen (was zu Entlassungen von Kollegen geführt hat)  durch Gründung alternativer Schulen  didaktische Ansprüche stiegen  auch Schüler*innen und Eltern wurden anspruchsvoller.  Eltern wagten immer öfter (nicht zuletzt juristischen) Widerspruch (was schließlich mit zur Bürokratisierung der Schulen geführt hat)  Schülerzahlen stiegen   

in 70er Jahren erstmals Untersuchungen zur Arbeitszeit von LuL sehr hohe Wochenarbeitszeit psychische Belastung

5 – Einführung in die Grundschulpädagogik 5 Wintersemester 2020/2021

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ungleiche Verteilung der Arbeit (Wochenende, …) Diskussion und weitere Untersuchungen über Lehrerarbeitszeit wurde vermehrt/vertieft Anforderungen an Lehrkräfte erwiesen sich als widersprüchlich (Teamarbeit funktionierte nicht, Lehrer standen doch allein vor ihrer Klasse) Tätigkeiten einer Lehrkraft sind überkomplex alltägliche Dauerspannung (Burnout, Krankheiten, Frühpensionierungen) Gefühl der Sisyphusarbeit Lebenswelten der Kinder und Jugendlichen wandeln mehr Medieneinfluss und Mediengebrauch immer stärkere Sekundärerfahrungen statt sinnlicher, eigentätiger Primärerfahrungen gravierende Veränderungen in familiärer Lage (Scheidungen, geringere Kinderzahl, Alleinerziehende, soziale Vernachlässigungen) Kinder mit Fluchthintergrund

5) Heute  Grundschule in der "Anspruchsfalle"?  Anforderungen an das Lehren und Lernen in der Grundschule wachsen ständig  Ziel- und Inhaltskataloge immer umfänglicher und anspruchsvoller  neue "Schlüsselqualifikationen"  neue Fächer und Lernbereiche  Fremdsprachenlernen,  Umgang mit digitalen Informations- und Kommunikationsmitteln,  Bildung für nachhaltige Entwicklung  Gefühl, dass man bis an die Grenzen belastet ist  



Schülerinnen und Schüler stellen Ansprüche auf folgende Aspekte achten SuS:  Unterrichtsqualität  diagnostische Kompetenz der Lehrkraft  Verhältnis zwischen Lehrkraft und Schülern  Klarheit, Interessantheit und Motivierungsqualität des Unterrichts. unterschiedlichen Anforderungen an Lehrkräfte können zu Konflikten mit eigener Rolle führen: Angst vor dem eigenen Scheitern, Druck von Eltern und Vorgesetzten, unzufriedene Schüler*innen ...

Balanceakt  Dompteur  Entertainer  Neo-Romantiker

5 – Einführung in die Grundschulpädagogik 6 Wintersemester 2020/2021



coole Fachfrau Früher

Heute

Kooperation auf das Nötigste beschränkt Einzelkämpfer

gemeinsame, verbindliche Schulstruktur teamfähiger Schulreformer

alleinige Verantwortung für Unterricht

Steuergruppensitzung Teamsitzungen Fachkonferenzen kollegiale Abstimmung

6) Lehrergesundheit (WICHTIG!!)  Muster G (Gesundheit):  stärkeres, doch nicht exzessives berufliches Engagement  höhere Widerstandsfähigkeit gegenüber Belastungen und positive Emotionen  Risikomuster A (Anstrengung):  überhöhtes Engagement  verminderter Widerstandsfähigkeit gegenüber Belastungen und eher negativen Emotionen  Gesundheitsrisiko durch Selbstüberforderung  Muster S (Schonung):  geringes Engagement bei wenig Auffälligkeiten in den übrigen Bereichen  kein gesundheitliches Risiko  im Lehrerberuf ein ernstes Hindernis für erfolgreiche Arbeit  Risikomuster B (Burnout):  Überforderungserleben, Erschöpfung und Resignation  geringes Arbeitsengagement  Einschränkungen in der Widerstandsfähigkeit gegenüber Belastungen  stark negative Emotionen 7) Aufgabenspektrum im Lehrer/innenberuf  Unterrichten  Erziehen  Diagnostizieren, Beurteilen, Beraten  Innovieren 8) Besondere Herausforderungen bei „Grundschularbeit“ im Vergleich zur Arbeit an anderen Schularten  hohe Erwartungen  produktive Gestaltung des Übergangs zwischen Elternhaus und Schule

5 – Einführung in die Grundschulpädagogik 7 Wintersemester 2020/2021

effektives und humanes Unterrichten solide Wissensvermittlung Diagnosefähigkeiten Ausgleich von Erziehungs- und Sozialisationsdefiziten in den Familien  Kooperation mit Eltern, Kolleg*innen und anderen pädagogischen Einrichtungen, Fortbildung ... schwierige Rahmenbedingungen  höhere Stundenverpflichtung als Lehrkräfte an anderen Schularten  niedrigere Bezahlung  vergleichsweise niedriger gesellschaftlicher Status (Zweifel an FachExpertise)    

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