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Course Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten
Institution IU Internationale Hochschule
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Skript wissenschaftliches Arbeiten ...


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STUDIENSKRIPT

Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten BWIR01-01 – BBBWIR01-01

Studienskript Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten BWIR01-01 – BBBWIR01-01

2

Impressum

Impressum Herausgeber: IUBH Internationale Hochschule GmbH IUBH International University of Applied Sciences Juri-Gagarin-Ring 152 D-99084 Erfurt Postanschrift: Albert-Proeller-Straße 15-19 D-86675 Buchdorf [email protected] www.iubh.de BWIR01-01 – BBBWIR01-01 Version Nr.: 001-2020-0130

© 2020 IUBH Internationale Hochschule GmbH Dieser Lehrbrief ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Dieser Lehrbrief darf in jeglicher Form ohne vorherige schriftliche Genehmigung der IUBH Internationale Hochschule GmbH nicht reproduziert und/oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

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Wissenschaftliche Leitung

3

Wissenschaftliche Leitung Dr. Maya Stagge Frau Stagge leitet den B.A.-Studiengang Pflegemanagement der IUBH Fernstudium und ist dort sowie im B.A.-Studiengang Gesundheitsmanagement im Dualen Studium am Standort Frankfurt als Lehrende tätig. Frau Stagge hat nach erfolgreichem Abschluss als Diplomgerontologin mehrere Jahre als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Pflegeforschung und Beratung (ZePB) der Hochschule Bremen gearbeitet, welches an den Internationalen Studiengang Pflege- und Gesundheitsmanagement angegliedert ist. Dort promovierte sie in Kooperation mit der Universität Vechta zum Thema Multikulturelle Teams in der Altenpflege. Zuletzt war Frau Stagge als Koordinatorin für die Bereiche Altenpflege und Gesundheitswesen bei der F+U Rhein-Main-Neckar gGmbH beschäftigt sowie als Dozentin am Institut für Bildung und Management im Gesundheitswesen (IBMG GmbH). Davor leitete sie eine Berufsfachschule für Altenpflege bei der Akademie für Pflegeberufe und Management (apm Niedersachsen).

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Inhaltsverzeichnis

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Inhaltsverzeichnis Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten Wissenschaftliche Leitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

Einleitung Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten

7

Wegweiser durch das Studienskript . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Übergeordnete Lernziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

Lektion 1 Wissenschaftstheorie 1.1

Einführung in Wissenschaft und Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

1.2

Forschungsparadigmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

1.3

Grundentscheidungen der Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

1.4

Auswirkung wissenschaftlicher Paradigmen auf das Forschungsdesign . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

Lektion 2 Anwendung guter wissenschaftlicher Praxis

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12

28

2.1

Forschungsethik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

2.2

Evidenzlehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

2.3

Datenschutz, Eidesstattliche Erklärung und allgemeine rechtliche Hinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

2.4

Orthografie und Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

2.5

Themenfindung und Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

2.6

Forschungsfragestellung und Gliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

Inhaltsverzeichnis

Lektion 3 Forschungsmethoden

46

3.1

Empirische Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

3.2

Literatur- und Übersichtsarbeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

3.3

Quantitative Datenerhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

3.4

Qualitative Datenerhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

3.5

Methodenmix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

3.6

Methodenkritik und Selbstreflexion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

Lektion 4 Bibliothekswesen: Struktur, Nutzung und Literaturverwaltung

58

4.1

Plagiatsprävention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

4.2

Datenbankrecherche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

4.3

Literaturverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

4.4

Zitation und Autorenrichtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

4.5

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74

Lektion 5 Wissenschaftliches Arbeiten an der IUBH – die Hausarbeit/ Seminararbeit

5

80

Lektion 6 Wissenschaftliches Arbeiten an der IUBH – der Projektbericht

88

Lektion 7 Wissenschaftliches Arbeiten an der IUBH – die Fallstudie

96

Lektion 8 Wissenschaftliches Arbeiten an der IUBH – die Bachelorarbeit 102

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6

Inhaltsverzeichnis

Lektion 9 Wissenschaftliches Arbeiten an der IUBH – die Fachpräsentation

110

Lektion 10 Wissenschaftliches Arbeiten an der IUBH – die Projektpräsentation 116

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Lektion 11 Wissenschaftliches Arbeiten an der IUBH – das Kolloquium

124

Lektion 12 Wissenschaftliches Arbeiten an der IUBH – das Portfolio

130

Lektion 13 Wissenschaftliches Arbeiten an der IUBH – die Klausur

144

Anhang 1 Literaturverzeichnis

152

Anhang 2 Abbildungsverzeichnis

160

Einleitung Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten

Einleitung

8

Wegweiser durch das Studienskript

Herzlich willkommen! Dieses Studienskript bildet die Grundlage Ihres Kurses. Ergänzend zum Studienskript stehen Ihnen weitere Medien aus unserer Online-Bibliothek sowie Videos zur Verfügung, mit deren Hilfe Sie sich Ihren individuellen Lern-Mix zusammenstellen können. Auf diese Weise können Sie sich den Stoff in Ihrem eigenen Tempo aneignen und dabei auf lerntypspezifische Anforderungen Rücksicht nehmen. Die Inhalte sind nach didaktischen Kriterien in Lektionen aufgeteilt, wobei jede Lektion aus mehreren Lernzyklen besteht. Jeder Lernzyklus enthält jeweils nur einen neuen inhaltlichen Schwerpunkt. So können Sie neuen Lernstoff schnell und effektiv zu Ihrem bereits vorhandenen Wissen hinzufügen. Im Interactive Book befinden sich am Ende eines jeden Lernzyklus die Fragen zur Selbstkontrolle. Mithilfe dieser Fragen können Sie eigenständig und ohne jeden Druck überprüfen, ob Sie die neuen Inhalte schon verinnerlicht haben. Sobald Sie eine Lektion komplett bearbeitet haben, können Sie Ihr Wissen auf der Lernplattform unter Beweis stellen. Über automatisch auswertbare Fragen erhalten Sie ein direktes Feedback zu Ihren Lernfortschritten. Die Wissenskontrolle gilt als bestanden, wenn Sie mindestens 80 % der Fragen richtig beantwortet haben. Sollte das einmal nicht auf Anhieb klappen, können Sie die Tests beliebig oft wiederholen. Wenn Sie die Wissenskontrolle für sämtliche Lektionen gemeistert haben, führen Sie bitte die abschließende Evaluierung des Kurses durch. Im folgenden Studienskript wird aufgrund der besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum verwendet. Ungeachtet dessen möchten wir hervorheben, dass immer Männer und Frauen, Inter- und Trans*Personen gemeint sind sowie auch jene, die sich keinem Geschlecht zuordnen wollen oder können.

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Einleitung

9

Übergeordnete Lernziele

Der Kurs Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten vermittelt zunächst erste Einblicke in wissenschaftstheoretische Grundlagen und führt in die wichtigsten Aspekte guter wissenschaftlicher Praxis ein. Abgerundet werden diese Bausteine akademischer Basisqualifikationen durch eine Einführung in grundlegende Forschungsmethoden und Instrumente. Mit der Einführung in das Bibliothekswesen wird ein Überblick über die wichtigsten Grundlagen zum Verfassen wissenschaftlicher Texte gegeben und zu den praxisbezogenen Lektionen hingeführt, welche in die unterschiedlichen IUBH- Prüfungsformen einführen und einen Einblick in deren Anforderungen und Umsetzung liefert. Die Kombination aus theoretischen Grundlagen und praktischer Durchführung wissenschaftlicher Arbeit bereitet auf das zukünftige Erstellen wissenschaftlicher Arbeiten vor.

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Lektion 1 Wissenschaftstheorie

LERNZIELE Nach der Bearbeitung dieser Lektion werden Sie, … … die wesentlichen Merkmale wissenschaftlicher Forschung kennen. … fundamentale Annahmen von Forschenden zu unterscheiden wissen. … in der Lage sein, die wesentlichen Grundentscheidungen der Forschung zu benennen.

DL-D-BWIR01-01-L01

12

Lektion 1

1. Wissenschaftstheorie

Aus der Praxis Simon ist Student der Betriebswirtschaft an der IUBH und arbeitet in einem kleinen Marktforschungsinstitut namens zielNET in der Produktentwicklung. Vor vier Jahren hat er hier bereits erfolgreich seine Ausbildung zum Fachangestellten für Markt- und Sozialforschung absolviert. Bereits damals musste er sich in einer Hausarbeit mit wissenschaftstheoretischen Fragestellungen auseinandersetzen, da er sich mit Meinungsbildung unterschiedlicher Konsumentengruppen auseinandergesetzt hat. Zielgruppenanalysen und Milieuverhalten haben ihn schon immer interessiert, daher auch die Wahl seines Berufes. Simon liebt es, den Dingen auf den Grund zu gehen. Getreu dem Motto, wie Goethe es schon im Faust formulierte: „[…] zu wissen was die Welt, im Innersten zusammenhält“ (Goethe 2018 [1808], Faust I, Vers 382). Auch sein Chef hat diese Eigenschaft von Simon bereits zu schätzen gelernt. Er zieht ihn sehr oft zurate. Seit er sein Studium vor einem Jahr begonnen hat, noch mehr. Aktuell ist Simon in eine für das Institut sehr wichtige Analyse involviert. Das letzte Produkt eines langjährigen Großkundens ist gefloppt. Und das obwohl zielNET sechs Monate in den Relaunch investierte. Simon soll nun im Rahmen einer Seminararbeit überprüfen, warum die potenziellen Kunden für das neu eingeführte Produkt, kein Interesse am Kauf haben. Schnell ist für ihn klar, dass er für ein solch empirisches Projekt erst noch einmal sein bisheriges Grundlagenwissen vertiefen muss. Was bedeutet es eigentlich, wissenschaftlich zu arbeiten? Auch die Forschungsparadigmen, das heißt den empirischen Zugang zu seiner Forschungsfragestellung, muss Simon noch einmal vertiefen. Macht es hier mehr Sinn, Hypothesen zuerst einmal neu zu generieren oder vielmehr bereits bestehende zu überprüfen? Simon kramt in seinem Gedächtnis, ob er im Verlauf seines bisherigen Studiums bereits Modelle oder Theorien, die sich mit Konsumentscheidungen und Kaufverhalten bestimmter Zielgruppen auseinandersetzen, kennenlernen konnte.

1.1 Einführung in Wissenschaft und Forschung In dieser Lektion werden wir zunächst einige Grundüberlegungen zur Forschung anstellen und uns dabei mit der Wissenschaftstheorie beschäftigen. Das mag zunächst trocken und kompliziert erscheinen, es sollte jedoch schnell erkennbar werden, dass die zugrunde liegenden Strukturen der Wissenschaft unser tägliches Leben wesentlich beeinflussen. Zugleich wird das gedankliche Rüstzeug geliefert, um zukünftig die Ergebnisse von Forschungsprojekten auf ihre Grundannahmen hin kritisch überprüfen zu können.

Fallbeispiel: Beobachten, Nachdenken, Schlussfolgern Folgende Situation soll als Ausgangspunkt für weitere Überlegungen dienen: Ein Jäger und Sammler vor vielen tausend Jahren hat gerade Holzzweige zusammengetragen. Auf dem Weg zurück in sein Dorf stolpert er und die Zweige fallen zu Boden. Zunächst mal

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Lektion 1

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Wissenschaftstheorie

ärgert ihn das natürlich. Er beginnt, die Situation mit anderen Erlebnissen zu vergleichen und stellt fest, dass ihm eigentlich immer wieder Dinge herunterfallen, aber niemals ist irgendetwas nach oben gefallen. Er überlegt weiter und merkt, dass dies zumindest für alle Dinge gilt, die er bisher getragen hat: Zweige, Tiere, Steine und Früchte. Sogar Blätter, die er kürzlich für seine Höhle gesammelt hat, sind ihm schon einmal heruntergefallen, jedoch anders, langsamer. Einige Blätter wurden sogar vom Wind weggeweht, was ihm bei Steinen noch nie passiert ist. Er merkt sich zu diesem Zeitpunkt also, dass all das, was er sammelt, herunterfallen kann, jedoch noch nie hochgefallen ist und dass das Tempo des Fallens manchmal unterschiedlich ist. Er fragt sich nun, ob dies auch allen anderen Stammesmitgliedern so geht oder ob es vielleicht auch Dinge gibt, die nach oben fallen. Ohne bereits Antworten auf diese Fragen liefern zu können, könnte man wie folgt vorgehen: Zunächst einmal könnte der Stammesälteste befragt werden sowie einige andere Stammesmitglieder, welche Erfahrungen sie mit fallenden Dingen gemacht haben. Dabei könnten die Meinungen auseinandergehen. Der Stammesälteste erinnert beispielsweise daran, dass die Seelen der Verstorbenen zu den Göttern aufsteigen, also hoch fallen, nicht herunter. Andere Stammesmitglieder geben an, schon einmal Blätter, durch einen besonders starken Wind, nach oben fliegen gesehen zu haben. Insgesamt ergibt sich aber eine Tendenz, dass die meisten Dinge herunterzufallen scheinen, wobei die Einschätzung der Geschwindigkeit sehr stark variiert. Darüber hinaus gibt es auch ein paar Stimmen, die festhalten, dass es sehr wohl Dinge gibt, die nach oben fallen. Diese Einschätzungen zeigen erste Richtungen auf, jedoch bleiben viele Fragen offen, sodass es nun zu überlegen gilt, wie das Ganze einer genaueren Untersuchung unterzogen werden könnte. Der Fall soll eine erste Idee geben, wie Wissenschaft entstanden ist, was Wissenschaft letztlich bedeutet und wie Wissenschaft von der ersten Beobachtung zu einer finalen Schlussfolgerung kommen kann. Daher seien im Folgenden zunächst Definitionen und Begriffserklärungen beschrieben. „Wissenschaft = (ein begründetes, geordnetes, für gesichert erachtetes) Wissen hervorbringende forschende Tätigkeit in einem bestimmten Bereich“ (Duden 2018a). Dies ist natürlich nicht die einzige Definition von Wissenschaft - als weiteres Beispiel soll die folgende Definition aus dem Englischen dienen: Science = “The intellectual and practical activity encompassing the systematic study of the structure and behaviour of the physical and natural world through observation and experiment” (Lexico.com 2019).

Wissenschaft Der Begriff bedeutet, dass durch systematische Forschungstätigkeit Wissen generiert wird, das als gesichert angenommen wird.

Wenn wir von Wissenschaft sprechen, so meinen wir damit also zumeist auch den Prozess der Forschung und sprechen genauer insofern auch von wissenschaftlicher Forschung. Dazu die folgende Definition: „Scientific research is research that is conducted within the rules and convictions of science“ (Veal 2005, S. 3).

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Lektion 1

Dies bedeutet, dass wissenschaftliche Forschung ein systematischer, regelgeleiteter Vorgang zur Erzielung von Erkenntnisgewinn ist. Auf den Fall weiter oben bezogen, kann also erkannt werden, dass die erste Beobachtung (Zweige fallen herunter) noch nicht wirklich als wissenschaftliche Forschung zu sehen ist, alle weiteren Schritte kommen diesem Vorgang aber zusehends näher, da sie immer systematischer und regelgeleiteter erfolgen. Da im Zeitalter von Google und Internet viele Informationen verfügbar sind, können zum Thema Erdanziehungskraft auf Anhieb viele Erkenntnisse gefunden werden. Einige dieser Erklärungsansätze und Theorien können heute als gesichertes Wissen angesehen werden. So würde man sicherlich sagen, dass die Erklärung der Erdanziehungskraft als wahr angesehen werden kann. Doch ist das unumstößlich so? An dieser Stelle sei noch einmal an die zu den Göttern aufstrebenden Seelen der Verstorbenen erinnert, von denen der Stammesälteste sprach. Kann man demnach absolut sicher sein, dass es diese nicht gibt? Die Frage, ob etwas als wahr angesehen wird, hängt immer mit den Grundannahmen zusammen, auf denen unsere Weltsicht basiert. Es ist beispielsweise bekannt, dass Zeugenaussagen nach Unfällen oder kriminellen Begebenheiten häufig unzuverlässig sind, weil die verschiedenen Zeugen ganz unterschiedliche Wahrnehmungen haben in Bezug auf das erlebte Geschehen. Da schwört der eine, dass es drei Schüsse waren, die er gehört hat, während eine andere Person hundertprozentig nur einen Schuss gehört hat. Das flüchtige Unfallfahrzeug war garantiert ein blauer SUV, sagt eine Person, während es ziemlich sicher ein schwarzer Kombi war, so eine andere Person. Jede dieser Individuen ist absolut überzeugt, die Wahrheit zu berichten. Doch damit nicht genug zum Thema Wahrheit: Es gibt ganz viele Zustände, die wir als wahr annehmen und zugleich sind sie doch fraglich, mindestens aber abhängig davon, dass bestimmte Grundannahmen mit anderen Menschen geteilt werden. Hier ein paar Beispiele: Beispiel 1 Es dürfte kaum einen Zweifel darüber geben, was unter einem blauen Haus zu verstehen ist, nämlich ein Haus, das blau angestrichen wurde. Für einen Menschen, den man als farbenblind bezeichnet, trifft diese Wahrheit aber nicht zu. Hier wird angenommen, dass der farbenblinde Mensch falsch liegt, weil er eben nicht – wie die anderen – die Farbe Blau erkennen kann. Ist das wirklich so? Ist der Farbenblinde deshalb beispielsweise krank? Was wäre, wenn alle farbenblinden Menschen im Grunde die genetisch ursprünglichsten Menschen wären und die anderen – die Farben sehen können – diejenigen sind, die durch eine Mutation an „Farbsehfähigkeit“ erkrankt sind? Was, wenn plötzlich die meisten Menschen keine Farben mehr erkennen können und sich darauf einigen, dass die wenigen verbleibenden Menschen, die Farben sehen können, ganz offensichtlich erkrankt sind? Dann wäre das blaue Haus plötzlich eines, das es gar nicht gibt, sondern tatsächlich hätte es eine bestimmte Schattierung von Grau. Die Wahrheit – als allgemein geteiltes Wissen – wäre das graue Haus. Das Attribut blau wäre nicht mehr wahr, vielmehr wäre es wahr – im Sinne von allgemein geteilt – dass das Haus grau ist. Zum Thema „Was ist Wahrheit“ soll hier folgendes Kippbild zur Anschauung dienen:

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Lektion 1

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Wissenschaftstheorie

Ist es wahr, dass hier zwei Gesichter abgebildet sind oder ist es wahr, dass hier eine Vase dargestellt wird? Oder beides? Zu unterscheiden wäre diese Fragestellung auch von der Frage, was der Beobachter sieht. Also auch das zentrale wissenschaftliche Kriterium der Beobachtung erweist sich bei näherer Untersuchung als fragwürdig. Beispiel 2 In viele...


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