Skript Wirtschaftsordnungen PDF

Title Skript Wirtschaftsordnungen
Author Fritz Walter
Course Mikroökonomie
Institution Hochschule Pforzheim
Pages 17
File Size 945.7 KB
File Type PDF
Total Downloads 38
Total Views 147

Summary

kurze Übersicht (Einführung) in die Wirtschaftsordnungen...


Description

WIRTSCHAFTSORDNUNGEN

WIRTSCHAFTSORDNUNGEN

LEITFRAGEN Was wird unter einer Wirtschaftsordnung verstanden? Welche Funktionen erfüllt eine Wirtschaftsordnung? Welche Ordnungsformen prägen die Wirtschaftsordnung? Wie lassen sich freie Marktwirtschaft, Zentralverwaltungswirtschaft unterscheiden?

soziale

Marktwirtschaft

und

Entwicklung einer Wirtschaftsordnung Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde im Frühjahr 1945 der westliche Teil Deutschlands von den Westmachten USA, Frankreich und England besetzt, der Osten Deutschlands von der Sowjetunion. In den beiden Besatzungsgebieten wurden 1949 zwei deutsche Staaten mit unterschiedlichen politischen Systemen und Wirtschaftsordnungen gegründet: In der Bundesrepublik Deutschland trugen die Westmachte dafür Sorge, dass eine parlamentarische Demokratie entstand, deren wirtschaftliche Basis die soziale Marktwirtschaft darstellt. In der Deutschen Demokratischen Republik (ehemalige DDR) entstand nach dem Vorbild der Sowjetunion ein kommunistisches Regime und auf der Grundlage einer Zentralverwaltungswirtschaft die sozialistische Planwirtschaft. Jede Wirtschaftsordnung besteht aus Wirtschaftssubjekten als Bestandteile einer Wirtschaftsgesellschaft. Das Geschehen in einer Wirtschaftsgesellschaft ist geprägt durch das Bedürfnis eines ständigen Austauschs von Gütern. Dabei sollten die Wirtschaftssubjekte rational handeln und ihre wirtschaftlichen Ziele in Wirtschaftsplanen festhalten. Ob dem Einzelnen das Recht zugestanden wird, seine Wirtschaftspläne individuell festzulegen und inwieweit der Staat das freie wirtschaftliches Handeln einschränkt, wird von der Wirtschaftsordnung bestimmt. Als idealtypisch gilt eine Wirtschaftsordnung, die in allen Teilbereichen von ihren Grundprinzipien bestimmt wird. Eine Vermischung mit Elementen anderer Systeme findet nicht statt. Eine Wirtschaftsordnung gilt als realtypisch, wenn sie in der gesellschaftlichen Realität vorkommt. Realtypische Wirtschaftsordnungen sind häufig Mischformen, die verschiedene Elemente idealtypischer Systeme miteinander verknüpfen. Wirtschaftsordnungen bieten unterschiedliche Wege zur Losung wirtschaftlicher Probleme. Mit dem Knappheitsproblem sind z. B. alle Wirtschaftsgesellschaften unabhängig von ihrer Wirtschaftsordnung konfrontiert. Es zählt zu den systemübergreifenden Grundproblemen wirtschaftlichen Handelns. Die Kernfrage hinsichtlich einer Wirtschaftsordnung ist die Frage nach der Losung des Koordinationsproblems: Wie kann eine hoch entwickelte arbeitsteilige Volkswirtschaft so koordiniert und organisiert werden, dass der Wirtschaftsprozess ohne größere Störungen ablaufen kann und es nicht zu Funktionsstörungen kommt? Es gibt systembedingte Bestandteile, die einzelne Wirtschaftsordnungen kennzeichnen. Die idealtypischen Wirtschaftsordnungen unterscheiden sich insbesondere hinsichtlich der Planungshoheit und der Planabstimmung. 2

WIRTSCHAFTSORDNUNGEN Während die freie Marktwirtschaft dem Markt die Rolle zuweist, Million en von Individualplanen zu koordinieren, setzt z. B. die Zentralverwaltungswirtschaft auf die Planungshoheit des Staates.

Grundfragen jeder Wirtschaftsordnung sind:

    

Wer trifft die Investitions- und Konsumentscheidungen? Was wird in welchen Mengen an welchen Standorten zu welchem Zeitpunkt produziert? Welche Güter werden in welcher Kombination fi.ir welche Produktionsprozesse eingesetzt? Wer legt nach welchen Kriterien die Hohe der Güterpreise fest? An wen wird die Wertsch6pfung (die Güterproduktion) wie und in welchem Umfang verteilt?

Koordination des Wirtschaftsprozesses

Jede Wirtschaftsordnung legt fest, welche Entscheidungen hinsichtlich des Einsatzes und der Verteilung knapper Ressourcen in einer Wirtschafsgesellschaft abzulaufen haben und welche Rahmenbedingungen der Staat für das wirtschaftliche Handeln setzt.

3

WIRTSCHAFTSORDNUNGEN Eine Wirtschaftsordnung hat dabei drei grundlegende Funktionen zu erfüllen:

  

Herstellung und Sicherung der Funktionsfähigkeit einer Volkswirtschaft (Welche Guter sollen wann, wo, für wen, wie und in welchem Umfang produziert werden?) zielgerichtete Koordination der wirtschaftlichen Aktivitäten in einer Volkswirtschaft (autoritäre, hierarchische, marktwirtschaftliche Koordination) Förderung gesellschaftlicher Grundwerte wie Freiheit, Sicherheit, Gerechtigkeit und Wohlstand

Hinsichtlich der Analyse und Beurteilung einer Wirtschaftsordnung sind vorab Wirtschaftssystem, Wirtschaftsordnung und Wirtschaftsverfassung voneinander abzugrenzen. Ein Wirtschaftssystem stellt die theoretische, lediglich gedachte Koordinationsform und Struktur einer Volkswirtschaft dar. Es handelt sich um eine idealtypische Betrachtungsweise der Koordinationsmechanismen, mit deren Hilfe die Wirtschaft organisiert werden soll. Das Wirtschaftssystem ist ein Teil des Gesellschaftssystems und umfasst die Beziehungen zwischen den Wirtschaftssubjekten (z. B. private Haushalte, Unternehmen und Staat). Es muss als Subsystem des Gesellschaftssystems immer in Verbindung mit anderen gesellschaftlichen Subsystemen (politisches System und kulturelles System) gesehen werden. Die Wirtschaftsordnung ist die tatsächliche Ausprägung eines Wirtschaftssystems, d. h. die reale Umsetzung der theoretischen Überlegungen. Die Wirtschaftsverfassung beinhaltet alle rechtlichen und organisatorischen Institutionen, die das wirtschaftliche Geschehen ordnen. Daher gibt es eine Fülle von Gesetzen und Rechtsordnungen.

Gesellschaftssystem mit seinen Subsystemen

4

WIRTSCHAFTSORDNUNGEN Zentrale Bedeutung für die Entwicklung eines Wirtschaftssystems haben folgende Ordnungsformen, von deren Umsetzung die reale Ausprägung einer Wirtschaftsordnung abhängt: •







PLANUNGS- UND LENKUNGSSYSTEM: Es ist die Entscheidung zu treffen, wie in einer arbeitsteilig organisierten Volkswirtschaft die Vielzahl wirtschaftlicher Aktivitäten aufeinander abgestimmt werden kann. Die Koordination einer Volkswirtschaft kann grundsätzlich zentral oder dezentral erfolgen. EIGENTUMSFORMEN: Entscheidungsbefugnisse sind eng mit dem Eigentum an den Produktionsmitteln (z. B. Fabriken, Grundstücke und Rohstoffe) verbunden. Daher gilt es zu regeln, ob Individuen, der Staat oder die Gesellschaft über die Produktionsmittel verfügen dürfen. BETRIEBLICHE ERGEBNISRECHNUNG: Es ist festzulegen, ob Unternehmen nach dem Prinzip der Gewinnmaximierung oder der Planerfüllung wirtschaften. Planerfüllung heißt, dass in der Volkswirtschaft zentral aufgestellte Plane erfüllt werden. Beide Formen des Wirtschaftens können durch spezielle Prämiensysteme ergänzt werden. PREISBILDUNGSFORMEN: Ein wesentliches Steuerungsinstrument für wirtschaftliche Aktivitäten stellen die Preise dar, zu denen die produzierten Güter verkauft werden können oder sollen. Es ist zu entscheiden, ob sich die Preise am Markt bilden oder ob sie vom Staat festgelegt werden sollen.

ÜBERBLICK Eine Wirtschaftsordnung legt fest, nach welchen Regeln die ökonomischen Austauschprozesse in einer Wirtschaftsgesellschaft abzulaufen haben und welche Rahmenbedingungen der Staat für das wirtschaftliche Handeln setzt.

5

WIRTSCHAFTSORDNUNGEN

Vertiefungsfragen Erläutern Sie, warum in einer modernen Volkswirtschaft die Notwendigkeit. besteht Wirtschaftsprozesse zu koordinieren. 2) Beschreiben Sie den Zusammenhang zwischen Gesellschaftssystem, Wirtschaftssystem, Wirtschaftsordnung und Wirtschaftsverfassung. 3) Erläutern Sie die grundlegenden Funktionen einer Wirtschaftsordnung. 4) Erläutern Sie die grundlegenden Ordnungsformen für die Entwicklung einer Wirtschaftsordnung anhand des folgenden Textes: 1)

Die Wirtschaftsordnung umfasst alle Regeln, Normen und Institutionen, die als meist längerfristig angelegte Rahmenbedingungen wirtschaftliche Entscheidungs- und Handlungsspielraume von Individuen und wirtschaftlichen Einheiten (Haushalte, Unternehmen) abgrenzen. Unter ordnungstheoretischen ( ... ) Gesichtspunkten sind Wirtschaftsordnungen die Kombination einer begrenzten Zahl von Ordnungsformen. Als Klassifikationskriterien von Wirtschaftsordnungen werden z. B. Formen der Planung und Lenkung, Eigentums-, Markt- und Preisbildungs- und Unternehmensformen sowie Formen der Geldund Finanzwirtschaft angesehen. Jede Ordnungsform hat verschiedene Ausprägungen: Der Wirtschaftsprozess kann zentral oder dezentral gelenkt werden; Produktionsmittel können Privat-, Staatsoder Gesellschaftseigentum sein; der Güteraustausch auf Markten kann durch Leistungswettbewerb, aber auch durch Monopole geprägt sein; Willensbildung und -durchsetzung sowie Erfolgsrechnung von Unternehmen können verschiedenen Organisationsprinzipien folgen usw. Die Vielfalt konkreter Wirtschaftsordnungen ist Ausdruck der Fülle von Kombinationsmöglichkeiten dieser Ausprägungen von Ordnungsformen. Quelle: Thieme, J.: Wirtschaftssysteme, in: Vahlens Kompendium der Wirtschaftstheorie und Wirtschaftspolitik, Bd. 1, 6.A., München (1995), S. 10ff.

6

WIRTSCHAFTSORDNUNGEN

Freie Marktwirtschaft als idealtypische Wirtschaftsordnung Das Modell der freien Marktwirtschaft hat - im Sinne einer idealtypischen Modellvorstellung seine geistigen Wurzeln in den Ideen des klassischen Liberalismus. Der Liberalismus entwickelte sich als Reaktion auf die uneingeschränkte Herrschaft der Fürsten (Absolutismus) und des Merkantilismus als vorherrschender Wirtschaftsform im 17. Jahrhundert. Der Merkantilismus hatte zum Ziel, die Finanzkraft des Staates, d. h. der absolutistisch regierenden Herrscher, zu mehren, indem die Ausfuhr von Gütern unterstutzt und die Einfuhr weitgehend unterbunden wurde. Ein ausgeprägter Handelsprotektionismus war das zentrale wirtschaftspolitische Mittel. Die Annahme war, dass durch den Export von Gütern Geld in Form von Gold und Silber ins Land zurückströmt. Adam Smith (1723-1790) ist zwar nicht der einzige Begründer des klassischen ökonomischen Liberalismus, er gilt aber als der bedeutendste Theoretiker dieser ökonomischen Lehre. Grundlegend für die Auffassung von Smith ist die Einsicht, dass der wirtschaftliche Erfolg nicht auf der Nächstenliebe (Altruismus), sondern auf der Eigenliebe des Einzelnen (Egoismus) beruht. Ferner nimmt er an, dass das sogenannte Eigennutzstreben die wesentliche Antriebskraft für wirtschaftliches Handeln ist. Jeder Mensch verfolgt seinen eigenen Vorteil und nicht den der unsicht cht chtba ba barr e Ha Han n d‘ sorgt für die Vereinbarkeit von Einzel- und Gesellschaft. Eine ‚unsi Gesamtinteressen. Zwar wird das wirtschaftliche Handeln des Kaufmanns durch sein Gewinnstreben motiviert, d. h., die Gesellschaft wird nicht durch das Wohlwollen der Kaufleute mit Gütern versorgt, die Durchsetzung des Einzelinteresses führt dennoch zum Vorteil für alle. So lange der einzelne Kaufmann seine Guter mit Gewinn verkaufen kann, ist auf diese Weise die Versorgung aller Menschen mit Gütern sichergestellt. Die liberalen Klassiker wandten sich gegen Eingriffe des Staates in das Wirtschaftsgeschehen. Ihnen zufolge soll der Staat keine eigenen Interessen wahrnehmen, sondern nur den ordnungspolitischen Rahmen schaffen. Seine Tätigkeit beschränkt sich auf Belange der inneren und äußeren Sicherheit, der Bildung zur Wahrung der Chancengleichheit und einer funktionierenden Rechts- und Geldordnung. Er gilt als ‚ Nachtwächterstaat‘ und sichert so die freie Entfaltung seiner Burger auch in wirtschaftlichen Angelegenheiten ab. Grundprinzip der freien Marktwirtschaft ist die Planungsautonomie der Wirtschaftssubjekte in allen wirtschaftlichen Angelegenheiten. Der Einzelne bestimmt Art und Umfang seiner ökonomischen Aktivität. Konsum-, Spar-und Investitionsentscheidungen sind dem Privatsektor vorbehalten. Die Menschen sind gezwungen, sich aktiv am Wertschöpfungsprozess zu beteiligen. Sie gründen Unternehmen, bieten ihre Faktorleistungen (Arbeit, Boden, Kapitel) privaten Güterproduzenten an oder finanzieren durch ihre Spargelder gesamtwirtschaftliche Produktionsprozesse. Da der Staat nur einen ordnungspolitischen Rahmen schafft, existiert kein staatliches soziales Netz. Die privaten Haushalte sind gezwungen, ihre Lebensrisiken (Alter, Krankheit, Pflege. Arbeitslosigkeit, Unfall) selbst abzusichern. Sie entscheiden darüber, ob sie Teile ihres Einkommens zum Zwecke der Privatvorsorge einsetzen oder es in vollem Umfang konsumieren. Vorsorge ist nur auf der Grundlage eines ausreichenden Einkommens möglich. Die wirtschaftliche Situation der Wirtschaftssubjekte wird bestimmt von ihrer Leistungsfähigkeit. Der ordnungspolitische Rahmen der freien Marktwirtschaft ist gekennzeichnet durch wirtschaftliche Freiheitsrechte, die der Staat den Wirtschaftssubjekten gewahrt. Sie sind das Wesensmerkmal der freien Marktwirtschaft und gewährleisten, dass die Wirtschaftsprozesse von den Interessen des Privatsektors bestimmt werden. 7

WIRTSCHAFTSORDNUNGEN

des Unternehmenssektors schließt die Gewerbefreiheit mit ein. Als Gewerbe gilt eine unternehmerische Tätigkeit, die auf Dauer angelegt ist, Gewinnerzielungsabsichten verfolgt und mit der Teilnahme am öffentlichen Wirtschaftsleben verknüpft ist. Daraus folgt, dass Investitionsentscheidungen weitgehend dem Unternehmenssektor vorbehalten bleiben.



PRODUKTIONS-



FREIE BERUFSWAHL und FREIE WAHL DES ARBEITSPLATZES sind die Konsequenzen aus

UND

HANDELSFREIHEIT

der Produktionsfreiheit. Private Haushalte bzw. Arbeitnehmerhaushalte haben das Recht, ihre Faktorleistung Arbeit einem Unternehmen ihrer Wahl zur Verfügung zu stellen. Durch die Berufswahl werden Eignungsprofile erworben, die im Arbeitsleben die Existenz sichern. •

KONSUMFREIHEIT bedeutet, dass private Haushalte ihr Einkommen frei verwenden,

indem sie ihr Nachfrageverhalten an ihren Individualbedürfnissen ausrichten. Auch Sparen und die damit verbundene Kapitalanlage ist den wirtschaftlichen Freiheitsrechten zuzuordnen. •

Die FREIHEIT DER EIGENTUMSNUTZUNG gesteht den Wirtschaftssubjekten das Privateigentum an Gütern zu, sodass diese privat genutzt werden können. Dies gilt für Konsumgüter ebenso wie für Produktionsgüter.



Ohne die VERTRAGSFREIHEIT ist eine freie Marktwirtschaft nicht vorstellbar. Unternehmen und private Haushalte sind für den Austausch von Gütern auf Vertragspartner angewiesen. Vertragsfreiheit meint die freie Wahl der Vertragspartner und die freie Gestaltung der Vertragsinhalte durch die Vertragspartner.

Markte und Preise- dezentrale Lenkungsinstanzen Die den Wirtschaftssubjekten eingeräumte Planungsautonomie hat zur Folge, dass in jedem Unternehmen und in jedem privaten Haushalt individuelle Wirtschaftspläne erstellt werden. Dezentrale Wirtschaftsordnungen wie die freie Marktwirtschaft sind gekennzeichnet durch eine unendliche Zahl von Wirtschaftsplanen, deren Koordination zu organisieren ist. Koordination meint die Lenkung der ökonomischen Austauschprozesse. Koordinationsinstrumente in der freien Marktwirtschaft sind Markte und Freise.

8

WIRTSCHAFTSORDNUNGEN Private Haushalte und Güterproduzenten werden Marktteilnehmer unter der Voraussetzung, dass ihnen der freie Marktzugang gestattet ist und sie Guter und Faktorleistungen nachfragen oder anbieten können. Sowohl auf Güter- als auch auf Faktormarkten kommt es zu Tauschhandlungen, wenn sich Anbieter und Nachfrager auf die Tauschbedingungen hinsichtlich der Mengen und Freise verständigen. Die Nachfrager geben Preisgebote ab, die Anbieter stellen Preisforderungen. Es entstehen Marktpreise.

Die Auslesefunktion von Preisen wird in folgenden Fällen deutlich: •

• Oberhöhte Preisforderungen können dazu führen, dass Nachfrager auf den Kauf verzichten. Sie können oder wollen sich den Kauf nicht leisten.



Zu niedrige Preisgebote können Anbieter dazu veranlassen, ihr Angebot zurückzuziehen. Sie wollen oder können sich den Verkauf zu niedrigen Preisen nicht leisten.

Die Anreizfunktion von Preisen zeigt sich in umgekehrter Weise: •

• Hohe Preisgebote können dazu führen, dass Anbieter ihre Angebotsmengen erhöhen. Umsatze oder Einkommen steigen.



Niedrige Preisforderungen können Nachfrager dazu veranlassen, ihre Nachfragemengen zu erhöhen. Sie können sich den Kauf leisten.

Die AUSGLEICHSFUNKTION von Preisen beschreibt die Tatsache, dass der Marktpreis für einen Interessenausgleich unter den Marktteilnehmern sorgt und den Markt ‚räumt‘. Bei einem bestimmten Marktpreis kommen diejenigen Anbieter mit Preisforderungen über dem Marktpreis genauso wenig zum Zuge wie diejenigen Nachfrager, deren Preisgebote unter dem Marktpreis liegen. Preise erfüllen eine LENKUNGSFUNKTION, da sie sowohl Produktionsentscheidungen als auch Konsumentscheidungen beeinflussen. Darüber hinaus sind Preise ein Gradmesser für den Wert von Gütern und Faktorleistungen. Überlässt man dem Markt die Preisbildung, so werden die Werte ausschließlich von den Vorstellungen der Marktteilnehmer bestimmt.

9

WIRTSCHAFTSORDNUNGEN

ÜBERBLICK Die freie Marktwirtschaft ist eine idealtypische Wirtschaftsordnung und hat Modellcharakter. Dieses Modell beruht auf den Ideen des klassischen Liberalismus. Der Wirtschaftsprozess wird dezentral geplant. Der Staat schafft nur einen ordnungspolitischen Rahmen und übernimmt die Aufgabe, Schutz, Sicherheit und Eigentum der Bürger zu gewährleisten. Wesensmerkmale der freien Marktwirtschaft sind:     

Produktions- und Handelsfreiheit (Gewerbefreiheit) freie Berufswahl und freie Wahl des Arbeitsplatzes Konsumfreiheit Freiheit der Eigentumsnutzung Vertragsfreiheit

Die MARKTPREISE entwickeln sich aus Preisvorstellungen der Anbieter (Preisforderungen) und den Preisvorstellungen der Nachfrager (Preisgebote) unter Berücksichtigung der gewünschten Kauf- und Verkaufsmengen.

Vertiefungsfragen 1)

Erläutern Sie die Entstehungsbedingungen des klassischen Liberalismus.

2) Welche ökonomischen Kerngedanken enthält der klassische Liberalismus? 3) Erläutern Sie die zentralen Merkmale des Modells der freien Marktwirtschaft. 4) Erläutern Sie die Rolle des Staates im Modell der freien Marktwirtschaft. 5) Welche Funktionsprobleme der freien Marktwirtschaft konnte es geben? 6) Welche

Aussagen gelten für Preisfunktionen Marktwirtschaft? (2 richtige Antworten) a.

und

Marktpreise

in

der

freien

Die Anreizfunktion der Marktpreise besteht darin, dass Anbieter eine Preisgarantie haben und so ihre Preisforderungen durchsetzen können.

b. Die Auslesefunktion der Marktpreise macht deutlich, dass Nachfrager mit niedrigen Preisgeboten Gefahr laufen, kein Angebot zu erhalten. c.

Die Ausgleichsfunktion der Marktpreise führt dazu, dass Marktpreise Gleichgewichtspreise sind, wenn Kauf- und Verkaufsmengen übereinstimmen.

d.

Marktpreise haben zur Folge, dass Anbieter mit Preisforderungen unterhalb des Marktpreises durch den einheitlichen Marktpreis ‚bestraft‘ werden.

e.

Die Anreizfunktion erfüllen Marktpreise für alle Nachfrager, die hohe Preisforderungen zu akzeptieren bereit sind. Marktpreise sichern die G üterversorgung der Verbraucher zu niedrigen Preisen, da zwischen Anbietern ein harter Wettbewerb herrscht.

f.

10

WIRTSCHAFTSORDNUNGEN

Soziale Marktwirtschaft als realtypische Wirtschaftsordnung Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs stellte sich die Frage, wie Deutschland politisch und wirtschaftlich organisiert werden sollte. Aufgrund der negativen Erfahrungen mit dem Frühkapitalismus des 19. Jahrhunderts und den Erfahrungen mit der Kriegswirtschaft des nationalsozialistischen Regimes wurde versucht, in wirtschaftlicher Hinsicht mit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland einen neuen Weg einzuschlagen. Dieser bestand in dem Konzept, eine marktwirtschaftliche Ordnung mit staatlich re...


Similar Free PDFs