Professionskulturen und Verantwortung Hausarbeit PDF

Title Professionskulturen und Verantwortung Hausarbeit
Author Sina Prochno
Course Bildungswissenschaft
Institution Leuphana Universität Lüneburg
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Summary

Hausarbeit zum Thema Professionskulturen und Verantwortung...


Description

In welcher Hinsicht können Professionalisierung und Verantwortung auf das Handlungsfeld der Sozialen Arbeit übertragen werden?

Hausarbeit im Seminar: Pädagogische Handlungsfelder, Bildungsinstitutionen und ihre Professionskulturen

Inhaltsverzeichnis

1. Gegenwärtigkeit der Professionalisierungsdebatte:

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Die Entwicklung einer professionellen Sozialen Arbeit

2. Wissenschaftliche Verortung: Soziale Arbeit im disziplinären Kontext

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3. Gesellschaftliche Verortung: Komplexität und Heterogenität der Arbeitsbereiche

4-8

3.1. Spannungsfeld der Hilfe und Kontrolle

4-5

3.2. Fallbearbeitung in der Praxis der Sozialen Arbeit

5-6

3.3. Moralische Fundierung in der Wahrnehmung von Verantwortung

6-8

4. Forderung einer kritisch-reflexiven Grundhaltung: Das Studium

8 – 10

der Sozialen Arbeit

5. Fazit: Bedingungen einer konsistenten beruflichen Identität

6. Quellenverzeichnis

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1. Gegenwärtigkeit der Professionalisierungsdebatte: Die Entwicklung einer professionellen Sozialen Arbeit

Bereits Ende des vergangenen Jahrhunderts wurde auf einen generellen Professionalisierungsbedarf Sozialer Arbeit hingewiesen (vgl. Oevermann, Ulrich 1996: 72f.). Die fachlichen Wandlungsprozesse bezüglich der Professionalisierung Sozialer Arbeit deuten auf eine Diskrepanz zu in Diskursen ihrer unveränderten fachlichen Anforderungen hin. Seit den 1970er Jahren zeichnet sich eine Beurteilung zur Professionalisierung Sozialer Arbeit durch den Beginn einer disziplinären Auseinandersetzung ab (vgl. Balkow, Kerstin / Earth, Peter 2016: 22). Veränderte Ausbildungs- bzw. Studienperspektiven für Fachkräfte im Bereich der Sozialen Arbeit heben einen zentralen Fortschritt hervor. Es wird „nach den Bedingungen und Möglichkeiten einer Professionalisierung sozialarbeiterischen Handelns“ (Dewe, Bernd et al. 2001: 10) gefragt. Durch die Professionalisierungs- und Positionierungsdebatte wird eröffnet, dass eine einheitliche, grundlegende berufliche Übereinstimmung in Tätigkeitsfeldern der Sozialen Arbeit nicht vertreten ist (vgl. ebd.: 10f.; Heiner, Maja 2004: 122). Im Folgenden wird die Frage angeführt, in welcher Hinsicht Soziale Arbeit in ihrer Funktion und gesellschaftlichen Verantwortung als professionelles Handlungsfeld beurteilt werden kann. Es findet eine Auseinandersetzung mit der historisch entwickelten gesellschaftlichen Funktion, der ihr zugeschriebenen Position und ihren Wissenschaften statt.

2. Wissenschaftliche Verortung: Soziale Arbeit im disziplinären Kontext Im Hinblick ihrer Handlungs- und Spannungsfelder als auch Aufgabenbereiche, die verschiedenen gesellschaftlichen und institutionellen Ebenen zuzuordnen sind, wird die Soziale Arbeit von disziplinären Überschneidungen geprägt. (vgl. Becker-Lenz, Roland 2005: 95f.) Im Umgang mit den sich daraus ergebenen Optionen sowie Einschränkungen gilt ihr interdisziplinärer Charakter als ihr inhärent und bestimmend (vgl. Birgmaier, Bernd 2004: 112f.).

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Verhältnis zur Soziologie Soziale Arbeit wird insbesondere unter der soziologischen Auffassung, dass Mensch und Gesellschaft sich gegenseitig beeinflussen angeführt (vgl. Wolf, Klaus 1999: 119). Soziologie verbindet Beobachtung, Beschreibung und Analyse menschlichen Zusammenlebens. Sie analysiert die Vergesellschaftung der Menschen und den Einfluss auf den Menschen in der Gesellschaft (vgl. Erath, Peter 2006: 27). Aufgrund ihrer sozialwissenschaftlichen Orientierung wird eine Vielzahl an Interventionsebenen in Tätigkeitsbereichen Sozialer Arbeit geschaffen (vgl. Schäfter, Cornela 2010: 57). Soziale Arbeit unterscheidet sich von der Soziologie, dass sie sich „[...] über Entstehungsfragen sozialer Probleme hinaus - mit Handlungs- und Professionstheorien zur Bearbeitung und Vermeidung sozialer Probleme befasst“ (Erath 2006: 33). In der Auseinandersetzung mit Frage- und Problemstellungen wird soziologisches Wissen angewandt. So war bereits Henri de Saint-Simon zu Beginn des 19. Jahrhunderts „[...] der Auffassung, dass sich aus einer wissenschaftlichen Erforschung der Gesellschaft Erklärungen dafür ableiten lassen, wie die Menschheit soziale Probleme verhindern bzw. überwinden kann“ (Erath, Peter 2002: 27).

Verhältnis zur Hermeneutik Neben der Soziologie ist die Hermeneutik eine Disziplin, die sich mit der Sozialen Arbeit identifiziert. Als Aufgabe der Hermeneutik stellte Dilthey die Rekonstruktion eines Sinnzusammenhangs heraus, der Verständnis schafft warum sich ein Mensch so zum Ausdruck bringt wie er es tut (vgl. Dilthey, Wilhelm 1957: 319). Das Verfahren objektiver Hermeneutik eignet sich zur Analyse unterschiedlicher Problemfelder, an die die sozialwissenschaftliche Hermeneutik anknüpft. Sie fragt nach Schwierigkeiten, die Menschen in ihrem Tun zu lösen versuchen und ergründet Handlungsmuster, die das soziale Miteinander prägen. Sie setzt sich mit Hintergründen individueller Lebenswelten und Möglichkeiten des Andersdenken-, Andersdeuten- und Andershandelnkönnens auseinander (vgl. Böhnisch, Lothar 2012: 219). Die Orientierung Sozialer Arbeit richtet sich „auf die Bewältigungs- und Verarbeitungsformen von Problemen in der Lebenswelt der AdressatInnen [...], die sich aus der gesellschaftlichen Situation, den biographisch geprägten Lebenserfahrungen und den normativen

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Ansprüchen ergeben“ (Thiersch, Hans 1993: 12). Für die Wirkung und Qualität sozialarbeitischer Handlungen ist es von Bedeutung, einen Fall verständlich zu machen und beurteilen zu können (vgl. Mikula, Regina 2008: 61). Das hermeneutische Verfahren ist ein wissenschaftliches Vorgehen sozialarbeiterischer Erkenntnisgewinnung wie durch die Interpretation von Interaktionsprozessen.

Verortung in der Erziehungswissenschaft Erziehungswissenschaft als Wissenschaft der Pädagogik beschäftigt sich mit den menschlichen Fähigkeiten und deren Förderung. Soziale Arbeit ist wissenschaftlich betrachtet innerhalb der Pädagogik zu verorten. Darüber hinaus ist sie als eine nicht nur auf den Menschen konzentrierende, sondern auch sozialwissenschaftlich und gesellschaftskritisch orientierte Handlungspraxis von Erziehung zu verstehen. Damit inbegriffen ist die Entwicklungsförderung und Autonomisierung des Menschen (vgl. Schlippe, Arist / Schweitzer, Jochen 2007: 124). Soziale Arbeit wird als eine der Erziehung und Bildung beigeordneten Wissenschaft erfasst. Aus Sicht der Erziehungswissenschaft ist der schon zuvor in der Entstehungsgeschichte der Sozialen Arbeit thematisierte „Anspruch des Menschen auf Bildung als Mensch, auf Realisierung der in ihm angelegten Möglichkeit“ (Thiersch 1996: 7) fundamental. Die Eröffnung von Lern- und Entwicklungsperspektiven beinhaltet Hilfestellungen in der Bewältigung von Lernund Lebensherausforderungen (vgl. Mikula 2008: 61). Außerhalb der klassischen Erziehung ist die Entwicklung des Menschen ein Anliegen der Erziehungswissenschaften. Sie setzen sich mit der Verwirklichung individueller Perspektiven in familiären und schulischen Kontexten auseinander, als auch in weiteren gesellschaftlichen Systemen (vgl. Böhnisch: 207f.). Die Soziale Arbeit erfährt in der Pädagogik ihre Wissenschaftlichkeit und bezieht ihre Leistungen innerhalb einer „methodischen Legitimation und Ausgestaltung“ (Hillebrandt, Frank 2005: 217). In ihrem modernen Selbstverständnis wird eine grundlegende Handlungslogik angeführt, welche die Verortung der Sozialen Arbeit innerhalb der Erziehungswissenschaften legitimiert. Die gesellschaftliche Handlungsorientierung wird durch weitere disziplinäre Überschneidungen sowie Bezugwissenschaften gestützt (vgl. Balkow / Earth: 22).

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3. Gesellschaftliche Verortung: Komplexität und Heterogenität der Arbeitsbereiche Die Komplexität des Arbeitsbereichs Sozialer Arbeit eröffnet die Frage, wie ein stabiles und kohärentes Verständnis im Handlungsfeld der Sozialen Arbeit aufgebaut werden kann. In ihrem Bezug auf menschliche und gesellschaftliche Lebensbereiche gilt sich zum einen nach disziplinären Wissen zu richten und zum anderen unterschiedliche Handlungsperspektiven wahrzunehmen (vgl. Schäfter: 57). Dem Sozialarbeiter wird die Aufgabe übertragen, sowohl Defizite als auch vorhandene Ressourcen, Ängste, Bedürfnisse oder Deutungsmuster eines Klienten zu identifizieren. Er sollte sich den Wirkungen seiner eigenen Handlungen bewusst sein, die Autonomisierung des Adressaten fördern und ihn nicht in ein Abhängigkeitsverhältnis zu bringen. In der Vermittlung zwischen individueller Lebenspraxis und Gesellschaft ist die wissenschaftlichen Verortung Sozialer Arbeit innerhalb der Erziehungswissenschaft bzw. Sozialpädagogik als eine Auseinandersetzung im Sinne des Menschen auszulegen (vgl. Sünker, Hans 2005: 241). Als gesellschaftliches Funktionssystem setzt sie sich in entsprechenden erziehungs- und sozialwissenschaftlichen Überlegungen mit der Frage auseinander, wie sich Gesellschaft zu sich selbst verhält (vgl. Erath 2006: 14; Markowski, Magdalena 2009: 26). „Demnach befasst sie sich mit der Analyse und Reflexion von Gesellschaft und damit verbundener (psycho-) sozialer Probleme hinsichtlich ihrer Entstehung, Vermeidung, Behebung und ihrer professionellen Bearbeitung“ (Erath 2002: 25). Gemäß dem Leitbild von Gerechtigkeit und Möglichkeiten der Partizipation und dem Ziel der individuellen Befähigung und Autonomisierung kann Soziale Arbeit begriffen werden als „ein Unterstützungsangebot für die Bewältigung lebenspraktischer Krisen, das keine perfekten Lösungen anzubieten hat, sondern die Fähigkeit des Klienten zur Problembearbeitung ergänzt“ (Dewe, Bernd / Otto, Hans-Uwe 2001: 32).

3.1. Spannungsfeld der Hilfe und Kontrolle Im Spannungsfeld von Hilfe und Kontrolle kann im Hinblick eines professionellen Umgangs mit komplexen und unterschiedlichen Herausforderungen der Professionalisierungsanspruch Sozialer Arbeit angeführt werden (vgl. Becker-Lenz: 87f.). Gleichzeitig wird durch ein Strukturproblem von Hilfe und Kontrolle auf eine vermeintliche Unprofessionalisierbarkeit verwiesen. So wird in Handlungsfeldern von Drogen- und Bewährungshilfe als auch in Vormundschaften mehr Kontrolle ausgeübt.Vergleichend dazu grenzt

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die offene Kinder- und Jugensarbeit, Beratung oder Mediation ein weniger kontrollierendes Handlungsfeld ein. (vgl. ebd.: 92f.) Auch in Betracht der Leistungen zur Herstellung von individuellem und gesellschaftlichem Wohl kann dieses Spannungsfeld nicht behoben werden. Soziale Arbeit ist nicht nur „[...] Aufgabe der Gestaltung gesellschaftlicher Beziehungen wie der Sicherung der Möglichkeit der Konstitution von Subjekthaftigkeit [...]“. Sie stellt darüber hinaus das „[...] widersprüchliche oder spannungsvolle Verhältnis von Individuum und Gesellschaft [...]“ (vgl. Sünker 2005: 229) heraus. Einerseits wird Zugehörigkeit zu und Anerkennung durch die Gesellschaft verlangt und andererseits die Notwendigkeit von gesellschaftlicher Sicherheit durch und Stabilität in der Gesellschaft herausgestellt. Das Spannungsfeld der Hilfe und Kontrolle ist daher neben der Interdisziplinarität Sozialer Arbeit ein immanentes und daher für ihre Identität und Professionalität bestimmendes Merkmal. (vgl. Becker-Lenz: 87f.) In ihrer Vermittlerfunktion ist die Soziale Arbeit danach ausgerichtet, die Erreichbarkeit von Ressourcen und die Eigenständigkeit der Betroffenen zu fördern. In sozialarbeiterischen Tätigkeiten wird eine individuelle, fallspezifische Vermittlung sowie Befähigung skizziert, die sowohl die Aufrechterhaltung gesellschaftlicher Ordnung, als auch die Autonomisierung des Einzelnen beabsichtigt (vgl. Birgmaier: 110f.). Durch diese Absicht kann ein professionelles, Handlungs- und Partizipationschancen hervorrufendes Handeln auf sozialer und gesellschaftlicher Ebene eröffnet werden. Die Konzentration ist auf den Menschen gerichtet, welcher Hilfestellung in der Überwindung temporärer Krisen unter vielschichtigen gesellschaftlichen Voraussetzungen beansprucht (vgl. Urban, Ulrike 2004: 171).

3.2. Fallbearbeitung in der Praxis der Sozialen Arbeit Die in der Praxis angewandte Fallbearbeitung beruft sich auf verschiedene Informationen, um eine Repräsentation der persönlichen Krise und gemeinsam entsprechende Interventionen auszuarbeiten (vgl. Birgmaier: 111). Sie richtet sich nach der Persönlichkeit des Adressaten, seinen Vorstellungen sowie Ressourcen und ist bedingt durch das fallspezifische Verständnis von Kontrolle und Hilfe (vgl. ebd.:109f.; Kleve, Heiko 1999: 15). Die von Machtgefällen geprägte Auseinandersetzung mit Lebenswelten führt zu konfliktbeladenen Handlungssituationen. Angesichts dieser asymmetrischen Lage begründet Oevermann eine hermeneutische Führung des Professionellen gegenüber dem Klienten (vgl. Oevermann: 149). Für einen

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spezifischen Fall wird ein hermeneutisches Verständnis gefordert (vgl. Dewe et al.: 31). Während in Arbeitsfeldern ohne erforderliche Fallbearbeitung umfassendes Fachwissen verlangt wird, zeichnet sich professionelles Handeln im Bereich der Sozialen Arbeit durch „Erfahrungswissen und hermeneutische Sensibilität“ (ebd.: 32) aus. Damit wird die Übertragung von Theorien auf menschliche Lebenspraxis angeführt, bei der nicht das Vorhandensein notwendigen Wissens zentral ist, sondern die Reflexion dieses Wissens und die Anwendung auf den Einzelfall. Dieses Verfahren der Zusammenführung von Theorie und Praxis begründet professionelles Vorgehen Sozialer Arbeit (vgl. Oevermann: 152). „Es ist keine bloße Anwendung von Wissen denkbar, sondern lediglich seine fall- und kontextbezogene Verwendung. Diese Transformation des Wissens im Handeln ist eine spezifische Leistung des Professionellen, die nicht nach dem Modell der Übersetzung naturwissenschaftlicher Gesetze in technische Verfahren gedacht werden kann“ (Dewe et al.: 30). Die kritische Haltung wird durch einen professionellen Habitus bedingt, der inhaltlich einen sozialarbeiterischen Konsens begründet und nicht nur eine Verinnerlichung individueller Erfahrungen von Krisen oder entsprechender Unterstützungsmaßnahmen auslegt (vgl. Holzkamp, Klaus 1995: 189). Die durch Wahrnehmungs- und Verstehenskompetenzen geprägte Haltung wird mit einem ethischen Konzept als Grundlage professionellen Handelns verbunden. Volz bezeichnet hier den normativen Auftrag als kontextabhängige Deutung von Zuständen im Sinne der Klientel (vgl. Volz 1993: 25ff.; Balkow & Earth: 182). Angesichts der zuvor ausgeführten Spannungsfelder ist Soziale Arbeit in ihrer Vermittlerfunktion zwischen der Generalität der Bezugsnorm und der Besonderheit des Falles im Dienstleistungsbereich anzuordnen (vgl. Schlippe & Schweitzer 2007: 124f.; Schnell 1996: 211). Unterschieden wird innerhalb des Arbeitsfelds, im Auftrag und in der Nähe zum Adressaten. (vgl. Marzahn, Christian 1992: 29; Balkow & Earth: 497)

3.3. Moralische Fundierung in der Wahrnehmung von Verantwortung Bereits im historischen Kontext wurde Herausforderungen bezüglich der Legitimation von Entscheidungen eröffnet und in der Auseinandersetzung über moralische Orientierung thematisiert (vgl. Hafeneger, Benno 1998: 272ff.; Schäfter: 57). Den gegenwärtigen Professionsdiskussionen gegenübergestellt haben sich die Diskussionen von einer personenorientierten zu

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einer strukturell gewandelten Betrachtungsweise entwickelt. Bezüglich der Legitimation ist fraglich, wonach eine Entscheidung im sozialen Handeln als Wertentscheidung auslegt werden kann (vgl. Exner, Horst 1994: 81; Schäfter: 50ff.). Der Strukturfunktionalismus nach Talcott Parson beschäftigt sich primär mit den klassischen Professionen der Ärzte und Juristen und führt das Merkmal einer Professionsethik an, welches als „ein Gegengewicht zu den ansonsten herrschenden Werten der Wirtschaftsgesellschaft” darstelle (vgl. Merten, Roland / Olk, Thomas 1996: 573). Vertreter der Chicagoer Schule sind der Ansicht, dass eine Profession eine ethisch auslegte Sinnwelt gestaltet, welche „höhersymbolisch” ist und demnach aus überalltäglich vereinigten Sinnsphären stammt (vgl. Schütze, Fritz 1997: 191). Die moralische Verbindlichkeit wird durch die Verbundenheit mit dem Patienten oder Klienten geprägt, entwickelt durch einen Vertrauensanspruch angesichts der Hilfsbedürftigkeit und verletzlichen Beschaffenheit (vgl. Schäfter: 57; Exner: 92). Die Profession habe die gesellschaftliche Berechtigung „zur Verrichtung besonderer Leistungen der Problembewältigung und zur Verwaltung ihr übertragener besonderer gesellschaftlicher Werte” (Schütze: 191). Im Spannungsfeld der Sozialen Arbeit wird angesichts individueller und sozialer Interessen zwischen der individuellen und sozialen Ebene der Moral unterschieden. (vgl. Schäfter 2010: 50 ff.) Im moralischen Dualismus zwischen Gesellschaft und Individuum wird das Interessendreieck zwischen Klientel, Gesellschaft und Institutionen berücksichtigt (vgl. Balkow / Earth: 448; Koring, Bernhard 1989: 124). Nach Martin Schell richtet sich der professioneller Auftrag auf die verpflichtende Hilfeleistung ausgehend von institutionellen Vorgaben. Damit inbegriffen ist die Verantwortung gegenüber dem hilfsbedürftigen Individuum als auch die Berücksichtigung öffentlicher Annahme einer bestimmten Umgangsweise mit Hilfebedürftigen (vgl. Schnell: 211). Angesichts der Spannung zwischen organisationeller und professioneller Handlungslogiken kann nach Ernst Martin eine „ethische Rationalität”, das Handeln auf der Basis möglichst begründeter Annahmen, erschlossen und damit das professionelle Pflichtbewußtsein fundiert werden (vgl. Balkow & Earth: 215f.). Alltagstheorien, erzieherischen Handlungsnormen und sozialen Werten und Normen überschneiden sich in der Praxis Sozialer Arbeit (vgl. Schäfter: 54; Balkow & Earth: 217). Neben dem Anspruch verschiedene Interessen von Klientel, Gesellschaft und Institutionen zu berücksichtigen weist Schnell auf die Verantwortung gegenüber einem konkreten Individuum hin (vgl. Schnell: 211f.). 7

An den Rändern des professionellen Handelns bilden sich den kontinuierlichen Wandel „Problemzonen, welche die Profession schlecht in den Griff bekommt und welche die Orientierungsparadigmata ihrer Sinnwelt in Frage stellen" (Schütze 1997: 194f.). Durch ihre Berufsethik werden Professionelle besonders zur Verantwortungsübernahme gegenüber ihrem moralischen Mandat verpflichtet. Im Diskurs um moralische Verpflichtung von Professionellen in der Sozialen Arbeit wird dieser Verpflichtung ausgenommen konkreter Entscheidungen kaum Bedeutung zugetragen (vgl. Schnell: 212). Es gilt zu ergründen, ob Wertorientierungen sozialpädagogischen Handelns prinzipiell gleich oder abhängig vom Handlungsfeld, nach Aufgabenstellung abweichen und individuell zu lösen sind (vgl. Böhnisch: 219).

4. Forderung einer kritisch-reflexiven Grundhaltung: Das Studium der Sozialen Arbeit Angesichts der Dienstleistung der Sozialen Arbeit wird die Frage zentral, ob sich für die Professionsrolle und -profil einerseits und den ethisch-moralischen Fragen professionellen Handelns andererseits gemeinsam geteilte Prinzipien Sozialer Arbeit ermitteln lassen bzw. welche Form und Inhalte diese im professionellen Kontext haben. In einer übereinstimmenden Handlungslogik wird die These einer grundlegenden sozialarbeiterischen Idee und entsprechenden Denk- und Deutungsweise aufgestellt. Unter diesem Leitgedanken wird die Professionalität der Praxis bestimmt (vgl. Balkow / Earth: 447). Gleichzeitig wird das generelle Verständnis dazu eröffnet, worin die Aufgabe der Sozialen Arbeit besteht und die Bearbeitung gestaltet. In diesem Zusammenhang gilt es in „Zonen von Ungewissheit“ (Müller, Burkhard 2012: 21) als auch in spannungsbeladenen Fällen professionell zu handeln. Ein sozialarbeiterischer Konsens kann durch die gesellschaftlichen Funktionen und der disziplinären Verortung begründet werden (vgl. Birgmaier: 111f.). „Professionalität materialisiert sich gewissermaßen in einer spezifischen Qualität sozialpädagogischer Handlungspraxis, die eine Erhöhung von Handlungsoptionen, Chancenvervielfältigung und die Steigerung von Partizipations- und Zugangsmöglichkeiten auf Seiten...


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