Sitzung 6 PDF

Title Sitzung 6
Course Sozialstrukturanalyse
Institution Universität Bielefeld
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Summary

Zusammenfassung Sitzung 6...


Description

Sozialstrukturanalyse Vorlesung 6 – Herkunftsfamilie und Chancen der Kinder I Persistente Ungleichheiten nach sozialer Herkunft nach beträchtlichem Rückgang im Zuge der Bildungsexpansion -

Wir leben in einer Gesellschaft, in der der Erwerb höherer berufsbildenden Abschluss in hohem Maße von der sozialen Herkunft abhängig ist  Wie lässt sich dieser Befund sozialhistorisch und im internationalen Vergleich einordnen?  Welche Mechanismen sind dafür relevant?  Was daran ist ethnisch bedenklich?  Wo sind Stellschrauben, um daran etwas zu ändern?

Was sagen und solche deskriptiven Darstellungen (nicht)? -

Nur, dass es solche Unterschiede gibt Aber nicht, wie diese Unterschiede zustande kommen Und deshalb auch nicht, inwiefern sie verändert werden könnten Und noch viel weniger, ob sie verändert werden sollten Theoretische Herangehensweise: was sind die Mechanismen, die solche Unterschiede produzieren? Wie relevant sind diese Mechanismen (Stärke von Effekten) empirisch ermitteln mit Operationalisierungen und Designs, die kausal möglichst belastbar sind

Wichtige Differenzierungen 1

Was sind aussagefähige Darstellungen? 1. Ausgangspunkt: relative Chancen statt Prozente - Z.B. wieviel Prozent der Arbeiterkinder schaffen es auf die Universität, und wie viel Prozent der Akademikerkinder schaffen dies  daraus der Quotient 2. Multivariante Modelle, die den Beitrag ermitteln, zu dem bestimmte Voraussetzungen diesen Quotienten beeinflussen - Z.B. wieviel tragen Einkommen der Eltern, Bildung der Eltern, beruflicher Status der Eltern dazu bei, diesem Quotienten zu „erklären“: was ist wichtiger als anderes? Ist z.B. Armut das große Problem? - Aber da dies Ressourcen sind, die selbst nichts „tun“ am Bildungserwerb der Kinder: was sind vermittelnde Mechanismen wie: Entscheidungen über weiterführende Schulen, Kompetenzerwerb – was ist wichtiger? Und haben wir denn alle Informationen, um dies zu ermitteln? - Was ist es dann, was den Einfluss sozialer Herkunftsmerkmale auf Entscheidungen bzw. Kompetenzerwerb ausmacht?  Entscheidungen: Motivation der Eltern? Motivation der Kinder? Kompetenz der Kinder? Risikoabschätzung vor dem Hintergrund vorhandener Ressourcen?  Kompetenzerwerb: Erziehung der Eltern (Stile, Praktiken)? „kulturelles Kapital“ der Eltern? Geld für Nachhilfe? Extrakurrikulare Aktivitäten? 3. Prozesse als Prozesse analysieren - Längsschnittanalysen statt Querschnitt (Kausalitätsrichtung) - Kontrolle von Selektivität 4. Kontrolle unbeobachteter Heterogenitäten - Sind es nicht doch die „Erfolgs-Gene“, die ungleich nach sozialer Herkunft verteilt sind? - Belastungserfahrungen, die den Lernerfolg und Entscheidungen negativ und dauerhaft beeinflussen können  Und in höheren Schichten seltener vorkommen  Bzw. zwar nicht seltener vorkommen, aber besser abgepuffert werden können 5. Historischer Vergleich - Phasen von relativer Stabilität und Phasen, in denen Karten neu gemischt wurden - Wie verändern sich Ungleichheiten über die Zeit? - Führen Reformen zu Veränderung sozialer Ungleichheit?  Übergang zur Sekundarstufe nach 4 oder 6 Schuljahren  Vom dreigliederigem zum zweigliederigem Schulsystem 6. Internationaler Vergleich - Institutionelle Einflüsse können nur so analysiert werden - Ebenso ist die Auswirkung sozialstruktureller Merkmale wie etwa Ausmaß sozialer Ungleichheit

Was verstehen wir unter Bildungserwerb?  Bildungserwerb ist ein mehrdimensionaler Prozess, dessen Komponenten vergleichend und noch besser: ineinander verschränkt über die Zeit analysiert wrden müsste 1. Eingeschlagene Bildungswege 2

2. 3. 4. 5. 6. -

Erreichte Abschlüsse Schulleistungen (Tests) Schulnoten/ Übergangsempfehlungen Kognitive Kompetenzen Nichtkognitive Kompetenzen

Naive Vorstellung:

Kompetenzen  Schulleistungen  Schulnoten  Bildungspfade  Zertifikate -

Warum naiv?  Eher normativ als faktisch  Es gibt bei jedem „Pfad“ eine Spannung, ein kleinerer oder größerer „Mismatch“ im Bedingungsverhältnis

Boudon: Primäre und sekundäre Herkunftseffekte

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Üblicherweise bezogen auf die Relevanz elterlicher Ressourcen  Soziale Herkunft = Bildung, Geld, Berufsstatus, soziale Klasse der Eltern  Primäre Herkunftseffekt sind Einflüsse elterlicher Ungleichheitslagen, die Kompetenzentwicklung und Schulleistungen fördern oder behindern  Sekundäre Herkunftseffekte sind Einflüsse elterlicher Ungleichheitslagen, die bei gleichen Kompetenzen bzw. Schulleistungen zu unterschiedlichen Entscheidungen über Bildungswege führen

1. Boudons (1974) ebenso simple wie schlüssige Zweiteilung sozialer Herkunft ist als Einstieg ins Verständnis sozialer Herkunftseinflüsse immer noch hilfreich ab:  Primäre Effekte nennt er all jene Effekte, die sich in besseren Schulleistungen der Schüler aus privilegierten Herkunftsgruppen niederschlafen und die durch deren besseren Zugang zu kulturellen und sonstigen schulrelevanten Ressourcen bedingt sind 3

Sekundäre Herkunftseffekte nennt er solche Unterschiede im Bildungsverhalten, die sich bei gleich Leistungen aufgrund herkunftsspezifisch verschiedener Entscheidungsmuster bei Bildungsentscheidungen ergeben Aber keine explizite Thematisierung von Kompetenzen im Unterschied zu Schulleistungen Hat aber vernachlässigt, dass auch primäre Einflüsse Entscheidungsprozesse beinhalten Soziologie hat sich bisher deutlich mehr mit sekundären als mit primären Herkunftseffekten befasst (ändert sich langsam) Unberücksichtigt in dieser Entscheidung sind schulische Instanzen Was fehlt in diesem Modell:  Die Rolle von Entscheidern  Das relevante Verhältnis von primären und sekundären Effekten  Die Bedeutung verschiedener elterlicher Merkmale



2. 3. 4. 5. 6.

Wer entscheidet über Bildungschancen? Vorschule  Schule  tertiäre Bildung: zunächst eher die Eltern als die Kinder selbst; mit zunehmendem Alter dann stärker auch die Kinder -

Innerhalb der Schule Lehrer (und bei Fehlverhalten ggf. auch die Schulleitung) als „Gatekeeper“ für:  Benotung  Übergangsempfehlungen  Zulassung zu Prüfungen (z.B. Abitur)

Die Eltern Bildung als Investitionsentscheidung

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Eltern treffen rationale Entscheidungen aufgrund des Vergleichs des erwarteten Nutzens von Bildung (zukünftiger Beruf, Verdienst) und Kosten (notwendige Unterstützung der Kinder) Soziale Situation der Eltern beeinflusst sowohl die wahrgenommenen Kosten als auch Nutzen von Bildung wie auch Wahrscheinlichkeit von Erfolg und Scheitern Daraus resultieren sozialstrukturell unterschiedlich verteilte Bildungsaspirationen Subjektiv wahrgenommener Nutzen einer Bildungsalternative wird bei Boudon als Differenz der erwarteten Erträge und Kosten modelliert Die Einschätzung des Erfolgs wird durch das Wissen um Anforderungen des jeweiligen Ausbildungsranges, die Verfügbarkeit elterlicher Ressourcen zur Unterstützung bei der Bewältigung dieser Anforderungen sowie durch die Orientierung an vorangegangenen Schulleistungen beeinflusst

Die Seite der Kosten 5

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Ausgangspunkt: Bildung wird in der Schullaufbahn eher von Eltern entschieden auf der Basis von Kosten, später stärker von den Kindern Paradoxon: das Schultern dieser Kosten und damit die verbundene Erfolgswahrscheinlichkeit ist für einkommensstarke Familien leichter als für ökonomisch schwache Hohe Ressourcen der Eltern bedeuten per Sozialisation besser vorbereitete Kinder (vor Schuleintritt) und Möglichkeit des Helfens nach Schuleintritt  höhere Erfolgswahrscheinlichkeit (demnach sind primäre Herkunftseffekte Teil der Kalkulation) Für tertiäre Bildung: auch Geld zunehmend wichtig

Die Seite des Nutzens -

Sollte ja eigentlich konstant sein „Abitur ist schließlich Abitur“ Aber: Nutzen von Bildung in höheren Bildungsschichten selbstverständlicher Nutzen wird nicht absolut (Bildungsrendite), sondern schichtspezifisch bewertet; für höhere Schichten ist das Motiv des Statuserhalts psychologisch wichtiger als für niedrigere Schichten ein Statusgewinn des Kindes

Konsequenzen -

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Schüler und Eltern aus bildungsnahen Familien die Erfolgsaussichten höherer Bildungsgänge in aller Regel positiv bewerten als ihre Mitschüler aus Bildungsfernen Elternhäusern Besonders bedeutsam sind die bei Kindern im mittleren Leistungs – und Notenbereich: bei brillianten Schülern sollte die Entscheidung leicht fallen, bei sichtlich Unbegabten auch, aber die breite Mitte ist diffus

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