Title | Sozialpsychologie I VL2 |
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Course | Sozialpsychologie I: Individuum und soziale Welt |
Institution | Ruhr-Universität Bochum |
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Semester: SS17
Vorlesung: Sozialpsychologie I - Individuum und soziale Welt
Dozent: Förster
Thema: Soziale Kognitionen...
SoPsy VL2: Soziale Kognitionen
Einführung
Personenbeurteilung: Wie kommt der rüber? schwul, blondiert, Deutsch, Sänger, männlich, Psychologe, 51 Jahre alt... affektive Werte: einzelne Attribute bewerten (positiv, negativ, neutral) Stereotype zu einzelnen Attributen (schwul = kreativ, verständnisvoll; blondiert = chaotisch, fashion vicitm...) Attribution: Gedanken über Begründungen einzelner Eigenschaften (Psychologe = kann nicht anders, mag Leute, niedrigen Selbstwert durch Helfen aufbessern...) soziale Kognitionen: Art und Weise, in der Menschen Info aus ihrer sozialen Umwelt aufnehmen, abspeichern, weiterverwenden kognitive Operationen: nachdenken, träumen, analysieren Personenbewertung additiv (Punkte für verschiedene Attribute) oder konfigural (kontextabhängige Beurteilung) Basis für soziale Urteile: – verfügbares (Pseudo-)Wissen im Gedächtnis Availability – Anwendbarkeit des Wissens Applicability – Zugänglichkeit/Aktivierung des Wissens (ggf. durch Priming) Accessibility
Priming
bezeichnet die Erleichterung einer Reaktion auf einen Zielreiz (Target) aufgrund der vorherigen Darbietung eines Bahnungsreizes (Prime) Wissensaktivierung semantisch, affektiv, prozedural, Zielpriming Semantisches Priming: Konzept = mentale Repräsentation einer Kategorie, Klasse von zusammengehörigen Objekten Aktivierung eines Wortes beschleunigt Verarbeitung aller Worte, die semantische/kategoriale Beziehung zu Prime aufweisen aktiviert Konzept um Wort Einfluss auf Verhalten, Denken und Urteile Relevanz von Konzepten: – geben Ergebnis eine Bedeutung Aboutness – helfen bei Generalisierung von einem Ereignis aufs nächste Predictability – helfen bei Erschließung von Unsichtbarem – helfen bei Aufmerksamkeitslenkung und Interpretation – helfen bei Kommunikation – helfen bei Schlussfolgerung Aktivierung von Konzepten durch Stimulusmerkmalen, Salienz, endogenen Gedanken/Gefühlen, Standards, Primingmethoden, chronische Aktivierung, Ziele Bsp.: Priming-Phase mit Wort „Aggression“ Testphase – Personenbeurteilung wird aggressiver, Verhalten wird aggressiver, Gedächtnis erinnert sich an aggressive Ereignisse, aggressive Reize werden schneller verarbeitet assoziatives Netz: mentale Repräsentationen als Netzwerk aus Knoten und Verbindungen Aktivierungsausbreitung (Anderson, 1983) Priming-Studie: Higgins, Rholes & Jones (1977) – Farbe nennen, in der ein Wort gedruckt ist bewusste Aktivierung, aber unbewusstes Priming der Farben mit positiven oder negativen Worten – im nächsten Raum Personenbewertung von „Donald“, aber nicht der Zusammengehörigkeit der beiden Experimente bewusst – positives Priming führte zu positiver Beurteilung, negatives Priming zu wenig positiver Bewertung
Menschen nutzen aktivierte Information für ein Urteil, selbst wenn sie nicht vom Urteilsgegenstand ausgelöst wurde unbewusster Effekt spätere Studien: auch chronische und unbewusste Aktivierung wirken, Applicability muss gewährleistet sein Priming wirkt NICHT: – wenn Situation klar und eindeutig ist – wenn Applicability nicht passt – wenn man sich des Primes bewusst wird – wenn der Prime ausgeschlossen wird – bei Zeit und Motivation, fair zu urteilen manchmal sogar Konstrasteffekte Aktivierung messen: nach der lexikalischen Entscheidungsaufgabe passendes Prime ermöglicht schnellere Reaktionszeit beim Lesen indirekt aktivierte Info erleichtert nachfolgende Wahrnehmungsprozesse erhöhte Wahrnehmungsbereitschaft (perceptual readiness) Affektives Priming: affektiver Prime erleichtert Verarbeitung eines affektiv konsistenten Reizes, Vorbereitung auf folgende affektive Ereignisse Applicability hier auf Basis der Valenz, nicht der Semantik wirkt vor allem bei starken Primes, auch unterschwellig/körperlich Bsp.: Priming-Phase mit Kategorie wie „Schalke“ Testphase - Personenbeurteilung wird unsympathischer, Person wird vermeidender, Gedächtnis an valenzkongruente Ereignisse, valenzkongruente Reize werden schneller verarbeitet, je stimmungskongruenter, desto schneller Bsp. Embodiement: – körperliche Ausdrucksmuster werden auf ein valentes Ereignis gezeigt haben bestimmte Valenz/initiieren Annäherungs-Vermeidungs-Verhalten Verbindung Valenz des Außenereignisses – Valenz des Ausdrucks werden zusammen gespeichert Prime – „Kopfbewegungs-Studie“ (Förster & Strack, 1996): negative Wörter werden besser in Verbindung mit Kopf schütteln erinnert als positive, positive Wörter besser mit Nicken unser Körper bereitet uns ohne bewusste Prozesse/bestimmte Stimmung auf bestimmte Reize vor Anwendung im Bereich der Vorurteilsmessung und Konsumentenpsychologie Prozedurales Priming: wurde zuvor eine bestimmte Prozedur durch den Prime aktiviert, wird dieselbe Verarbeitungsart beim Target schneller durchgeführt, auch wenn Prime in anderem Kontext/Zusammenhang präsentiert wurde Bsp.: Priming-Phase mit Prozedur „Suche nach Gemeinsamkeiten“ Testphase – mehr Gemeinsamkeiten zwischen Personen bei Personenbeurteilung, Suche nach Gemeinsamkeiten im Verhalten, Person erinnert Gemeinsamkeiten besser, zur Prozedur passende Aufgaben werden schneller verarbeitet Studie (Friedman, Fishbach, Förster & Werth, 2003): – 1. Phase: lokales Priming („Schau auf die Details der Landkarte“) vs. globales Priming („Schau auf die Gesamtgestalt der Landkarte“) – lokales Priming an gleichem Ort in Gehirn wie Kreativität 2. Phase: an das untypischste Exemplar einer bestimmten Kategorie denken, von unabhängigen Experten nach Typikalität/Kreativität bewertet – Kategorien haben nichts mit Landkarten zu tun, nur Prozedur des globalen/lokalen Denkens Atypikalität der generierten Exemplare als Funktion des prozeduralen Aufmerksamkeitspriming global kreativer als lokal Prozeduren können von einer auf die andere Aufgabe springen (procedural jumping) Prozeduren sind semantisch inhaltsleer (kein Zusammenhang), haben nicht zwangsweise eine Valenz neben Semantik und Affekt werden auch Strategien und Prozeduren aktiviert, die nachfolgende Aufgaben fördern/behindern können
wenig erforschte Primingvariante Zielpriming: bestimmte Primes aktivieren Ziele und Mittel für Zielerreichung bzw. andersherum, auch unbewusst (Mittel-Ziel-Relation) automatisches Handeln Bsp.: Priming-Phase mit Erinnerung an Ziel Bild aufhängen Testphase – Aktivierung spontaner Bereitstellung von Mittel Hammer und Ziel Bild gerade aufzuhängen Befunde: – Shah (2003): Wert des Ziels spielt eine Rolle (primte Mutter und Vater subliminal, bei Liebe zu Eltern steig Leistung der Probanden, weil Eltern auch Leistung erwarteten) – Bargh & Barndollar (1996): Wettbewerb oder Kooperations-Ziele werden unterschiedlich geprimt – Shah & Kruglanski (2003): Mittel zur Zielerreichung primen Ziele, Ziele primen Mittel – Shah, Friedman & Kruglanski (2002): wenn man ein Ziel fokussiert, blockiert man die anderen im Gedächtnis (goal shielding) – Förster, Liberman & Higgins (2005): Nähe von Zielpriming steigt mit Nähe zum Ziel, Aktivierung nimmt danach schlagartig ab; hoher Wert des Ziels verstärkt Effekte Förster, Liberman & Higgins (2005): – Zielpriming: 4 Bilderfolgen anschauen, danach Worterkennungstest, dann Bescheid sagen wenn Brille erscheint – Kontrolle: 4 Bilderfolgen anschauen, danach Worterkennungstest, müssen nicht Brillenalarm geben – hohe Differenzen der Reaktionszeiten zwischen brillenbezogenen Wörtern und Wörtern ohne Brillenbezug bei Ziel „Brille“ Zielpriming ist dynamisch: Aktivierung steigt vor Ziel, bis Ziel erreicht ist, danach Inhibierung (Zeigarnik-Effekt) Zielpriming ist abhängig von Erwartung und Wert (motivationale Prinzipien): je wertvoller das Ziel/je höher die Erwartung der Zielerreichung, desto höher Aktivierung davor/Inhibierung danach Funktion: Mobilisierung von Ressourcen, Entspannung nach Zielerreichung Fragen der Primingforschung: Wann prime ich was? Ziele, Konzepte, Gefühle? noch unklar Verfall: – affektives/semantisches Priming verfällt schnell – Zielpriming verfällt, wenn Ziel erreicht ist – prozedurales Priming ist langandauernd Wert und Erwartung: spielen bei Zielpriming eine Rolle, sonst eher nicht je mehr und je rezenter, desto stärker die Effekte (frequency und recency principle) jedes Ereignis kann Affekte, Kognitionen und Handlungen auslösen Zuordnung kann nur durch eindeutige Aufgaben erfolgen Wie kommt es zum Priming-Effekt? – Metakognition: Ich denke, das, was ich im Kopf habe, hat etwas mit dem Urteilsgegenstand zu tun. – Papierkorb-Modell (Wyer & Srull, 1980): zuletzt abgelegte Info kann am einfachsten wieder abgerufen werden – Synapsenmodell (Higgins & King, 1981): Gedächtnisknoten braucht eine gewisse Aktivierung (Schwellenmodell), die aus verschiedenen Quellen kommen kann Reaktion auf Target, wenn verarbeiteter Prime mit derselben Reaktion verknüpft ist wie Target – neuere ökologische Modelle (Cesario, Jonas, Higgins): Reize primen Interaktion Anwendung: Medien, Werbung/Marketing, Erziehung, Therapie (neue Ideen, neue Prozeduren, affektive Reaktionen, Selbst-Priming der Therapeuten Förster 2017, Empathie-Priming) Zusammenfassung:
im Kopf gespeicherte Assoziationen können unbewusst oder bewusst aktiviert werden leiten Urteile, Verhalten, Gedanken bewusstes Handeln ist möglich, aber zeitintensiv unbewusstes Handeln bestimmt unseren Alltag, ist häufig stereotyp, aber nicht falsch oder Erfolglos...