WPR II Fälle gesamt PDF

Title WPR II Fälle gesamt
Course Wirtschaftsprivatrecht II
Institution Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin
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Summary

Fälle teilweise aus: Preußer, Gesellschaftsrecht - Prüfungswissen, Multiple-Choice-Tests, Klausurfälle, 6. Aufl. Fall 1: Zu ihnen in die Kanzlei kommen Josef Campini und Detlef Grölemeier. Josef Campini erklärt Ihnen, dass er bereits seit November 2005 unter der Firma „Musikvertrieb Berlin“ in Berli...


Description

Fälle teilweise aus: Preußer, Gesellschaftsrecht - Prüfungswissen, Multiple-Choice-Tests, Klausurfälle, 6. Aufl.

Fall 1: Zu ihnen in die Kanzlei kommen Josef Campini und Detlef Grölemeier. Josef Campini erklärt Ihnen, dass er bereits seit November 2005 unter der Firma „Musikvertrieb Berlin“ in Berlin ein gut gehendes Unternehmen mit sieben Angestellten und einen durchschnittlichen Jahresumsatz von € 500.000 (Vertrieb von Musik CD) betreibt, das aber nicht im Handelsregister eingetragen ist. Josef Campini erklärt weiter, dass er Herrn Detlef Grölemeier Prokura erteilen will. Da sich beide so gut kennen würden, solle die Vertretung des Unternehmens so geregelt sein, dass immer beide nur zusammen das Unternehmen nach außen vertreten können. 1.

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a. Bestehen einer eintragungspflichtigen einzelkaufmännischen Unternehmens Nach den Angaben des Sachverhaltes betreibt Campini ein vollkaufmännisches Unternehmen, da er sieben Angestellte beschäftigt und der Jahresumsatz durchschnittlich € 500.000 beträgt, was ein Handelsgewerbe mit kaufmännischen Einrichtungen erfordert, vgl. § 1 Absatz 2 HGB. Dieses Unternehmen hätte schon 2005 zur Eintragung als einzelkaufmännisches Unternehmen im Handelsregister angemeldet werden müssen, § 29 HGB. Das Unternehmen ist auch jetzt noch zum Handelsregister anzumelden. Bei fehlender Anmeldung droht ein Zwangsgeldverfahren nach § 14 HGB. Bei der Anmeldung ist zu beachten, dass die Firma den Rechtsformzusatz „EInzelkaufmann“ oder eine gebräuchliche Abkürzung wie z.B. „eK“ aufweisen muss, § 19 Absatz I Nr. 1 HGB. Weiter ist zu beachten, dass eine Firma „Musikvertrieb Berlin“ nach herrschender Meinung nicht unterscheidungskräftig im Sinne des § 18 Absatz 1 HGB ist, da sie nur den Gegenstand des Unternehmens beschreibt und es in Berlin sicher mehrere Unternehmen gibt, die sich mit dem Vertrieb von Musik beschäftigen. Zur Herstellung der Unterscheidungskraft ist Campini zu raten, entweder eine Fantasiebezeichnung, seinen Namen oder eine Buchstabenkombination („MVB“) in die Firma aufzunehmen. Die derzeitig unzulässige Firma und der fehlende Rechtsformzusatz führen auch ohne Eintragung des Unternehmens im Handelsregister u. U. zur Einleitung eines Firmenmissbrauchsverfahrens nach § 37 HGB.

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b. Prokura für Grölemeier Beim Einzelunternehmen erteilt der Inhaber des Unternehmens die Prokura durch ausdrückliche Erklärung (§ 48 Absatz 1 HGB), wobei sich die eigentliche Erteilung nach §§ 164 ff BGB richtet, da die Prokura nur eine rechtsgeschäftliche Vollmacht ist, die allerdings in das Handelsregister eingetragen werden muss (§ 53 Absatz 1 HGB). Die Prokura wird rechtsgeschäftlich entweder gegenüber dem Prokuristen selbst oder gegenüber seinem Geschäftspartner (§ 167 Absatz 1 BGB) oder aber auch durch öffentliche Bekanntmachung (z. B. über die Handelsregistereintragung und Bekanntmachung der Eintragung) erteilt. Die gewünschte Vertretung ist so nicht zulässig. Der Inhaber des Einzelunternehmens kann nämlich nach herrschender Meinung nicht an den rechtsgeschäftlich vertretenden Prokuristen gekoppelt werden. Umgekehrt könnte der Prokurist in seiner Vertretungsmacht zwar an den Inhaber des Einzelunternehmens gebunden werden. Die Koppelung macht allerdings wirtschaftlich wenig Sinn, da der Inhaber des Einzelunternehmens immer alleine handeln kann. Sinnvoll ist hier nur die Erteilung von Einzelprokura. 2.

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a. Anmeldeverpflichtet sind für die Eintragung des Unternehmens der Inhaber des Unternehmens § 29 HGB und für die Eintragung des Prokuristen ebenfalls der Inhaber des Einzelunternehmens § 53 HGB. b. Inhalt der Anmeldung Bezüglich der Erstanmeldung des Einzelunternehmens sind die Angaben nach § 29 HGB (Firma, Sitz) zu machen. Bezüglich der Person des Inhabers und des Prokuristen sind deren Name, Vorname, Wohnort und Geburtsdatum anzugeben, § 40 Nr. 1 und 4 Handelsregisterverordnung. Gleichzeitig ist die Lage der Geschäftsräume anzugeben, § 24 Handelsregisterverordnung. d. Die Anmeldungen müssen notariell beglaubigt sein, § 12 HGB.

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Fall 2: Zu ihnen in die Kanzlei kommen Rudi Sorglos und Klaus Ratlos. Rudi Ratlos erklärt Ihnen, dass er bereits seit November 2005 unter der Firma „Makler Sorglos“ in Berlin ein Unternehmen mit sieben Angestellten und einen durchschnittlichen Jahresumsatz von € 500.000 (Wohnungsmakler) betreibt, das aber nicht im Handelsregister eingetragen ist. Rudi Sorglos erklärt weiter, dass er nach 30 Berufsjahren jetzt das Unternehmen an seinen Prokuristen Klaus Ratlos veräußern wolle. Klaus Ratlos bestätigt diese Angaben und führt noch aus, dass er wegen der guten Reputation des Unternehmens deren Firma weitgehend beibehalten wolle und diese nur in „Wohnungsmakler Sorglos“ ändern wolle. 1.

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a. Bestehen eines eintragungspflichtigen einzelkaufmännischen Unternehmens Nach den Angaben des Sachverhaltes betreibt Sorglos ein vollkaufmännisches Unternehmen, da er sieben Angestellte beschäftigt und der Jahresumsatz durchschnittlich € 500.000 beträgt, was ein Handelsgewerbe mit kaufmännischen Einrichtungen erfordert, vgl. § 1 Absatz 2 HGB. Dieses Unternehmen hätte schon 2005 zur Eintragung als einzelkaufmännisches Unternehmen im Handelsregister angemeldet werden müssen, § 29 HGB. Das Unternehmen ist auch jetzt noch zum Handelsregister anzumelden, selbst wenn es jetzt veräußert wird. Bei fehlender Anmeldung droht ein Zwangsgeldverfahren nach § 14 HGB. Bei der Anmeldung ist zu beachten, dass die Firma den Rechtsformzusatz „Einzelkaufmann“ oder eine gebräuchliche Abkürzung wie z.B. „eK“ aufweisen muss, § 19 Absatz I Nr. 1 HGB. Ansonsten ist die bisherige Firma mit dem Personenzusatz zulässig, da sie unterscheidungskräftig, kennzeichnungsfähig und nicht irreführend ist, § 18 HGB ist. Der fehlende Rechtsformzusatz würde auch ohne Eintragung des Unternehmens im Handelsregister u. U. zur Einleitung eines Firmenmissbrauchsverfahrens nach § 37 HGB führen. b. Inhaberwechsel, Firmenfortführung, Haftung Durch die Veräußerung des Unternehmens kommt es zu einem Inhaberwechsel, der ebenfalls einzutragen ist, § 31 HGB. Der Erwerber Ratlos will den wesentlichen Kern der bisherigen Firma („Makler Sorglos“) beibehalten. Dies ist nur mit Zustimmung des Sorglos möglich, § 22 HGB. Zu beachten ist, dass auch für die geänderte Firma der Rechtsformzusatz erforderlich ist. Aufgrund des Erwerbs des Unternehmens und der Beibehaltung des wesentlichen Kerns der Firma droht dem Erwerber Ratlos die Haftung für alte Verbindlichkeiten vor dem Erwerb nach § 25 HGB. Um diese Haftung auszuschließen, müsste die alte Firma vollständig 3

aufgegeben werden, die Gläubiger über eine Haftungsausschlussvereinbarung informiert werden oder – der in der Praxis sinnvollste Weg – im Handelsregister ein Haftungsausschluss eingetragen werden. Bezüglich Letzterem ist zu beachten, dass der Haftungsausschluss nur wirksam wird, wenn er „alsbald“ (bis ca. zehn Wochen nach Veräußerung des Unternehmens) in das Handelsregister eingetragen ist. c. Prokura Durch den Wechsel in die Inhaberstellung erlischt die Prokura des Ratlos. Auch dies ist im Handelsregister einzutragen, § 53 Absatz 3 HGB. 2.

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a. Anmeldeverpflichtet sind für die Eintragung des Unternehmens der alte Inhaber des Unternehmens § 29 HGB und für die Eintragung des Prokuristen ebenfalls der alte Inhaber des Einzelunternehmens § 53 Absatz 1 HGB. Den Inhaberwechsel und den Haftungsausschluss müssen wegen der Beibehaltung des wesentlichen Kerns der Firma sowohl der alte Inhaber als auch der neue Inhaber anmelden. Das Erlöschen der Prokura ist vom neuen Inhaber anzumelden, § 53 Absatz 3 HGB. b. Inhalt der Anmeldung Bezüglich der Erstanmeldung des Einzelunternehmens sind die Angaben nach § 29 HGB (Firma, Sitz) zu machen. Bezüglich der Personen des alten und neuen Inhabers und des Prokuristen sind deren Name, Vorname, Wohnort und Geburtsdatum anzugeben, § 40 Nr. 1 und 4 Handelsregisterverordnung. Gleichzeitig ist die Lage der Geschäftsräume anzugeben, § 24 Handelsregisterverordnung. Schließlich sind Haftungsausschluss und Erlöschen der Prokura anzumelden. c. Die Anmeldungen müssen notariell beglaubigt sein, § 12 HGB.

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Fall 3: Die Ärzte Dres. A, B und C haben sich zum Betrieb einer Praxis für plastische Schönheitschirurgie in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammengeschlossen. Im Gesellschaftsvertrag ist vereinbart, dass die Geschäftsführung A und B übertragen ist. In der Folgezeit kümmert sich A jeweils um Personalfragen wie Entlassungen, Einstellung von Personal etc. Hingegen kümmert sich der technikbegeistere Dr. B um Anschaffungen für die Praxisausstattung. C hingegen konzentriert sich, wie von Anfang an gewollt, auf seine chirurgische Tätigkeit. Als A wieder eine Stellenanzeige in der Zeitung schaltet, um eine neue Sprechstundenhilfe zu akquirieren, bewirbt sich u. a. S. Dr. A lädt si zum Bewerbungsgespräch ein, da er wie bislang allein führt. Auf rund der attraktiven Erscheinung der S stellt er diese ein. Dr. C, der mit S nicht zurechtkommt, beraumt eine Gesellschafterversammlung ein. Er vertritt die Ansicht, in so wesentlichen Personalfragen wie Einstellungen hätte er gefragt werden müssen. Letztlich habe A keine Vertretungsmacht gehabt, so dass gar kein wirksamer Arbeitsvertrag mit S zustande gekommen sei. Auch B widerspricht der Einstellung, nachdem S seine Annäherungsversuche kühl zurückgewiesen hat. Hatte A Alleinvertretungsmacht? Fraglich ist, ob A Alleinvertretungsmacht hatte, einen Arbeitsvertrag mit S abzuschließen. I. Vertretungsmacht, § 714 BGB Soweit ein Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag die Befugnis zur Geschäftsführung zusteht, ist er im Zweifel auch ermächtigt, nach außen hin die Vertretungsmacht auszuüben. Somit schaltet § 714, 1. Halbs. BGB grundsätzlich die Vertretungsmacht im Außenverhältnis mit der Geschäftsführungsbefugnis im Innenverhältnis gleich. 1. Grundsätzlich: gemeinschaftlich Gemäß § 709 Abs. 1 BGB steht die Führung der Geschäfte der Gesellschaft den Gesellschaftern gemeinschaftlich zu; für jedes Geschäft ist die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich. Hiernach besteht grundsätzlich gemeinschaftliche Geschäftsführung aller Gesellschafter. Allerdings kann gemäß § 710 S,. 1 BGB im Gesellschaftsvertrag die Führung der Geschäfte einem Gesellschafte oder mehreren Gesellschaftern übertragen werden. Vorliegend wurde 5

im Gesellschaftsvertrag die Geschäftsführungsbefugnis A und B übertragen. C war damit von der Geschäftsführung ausgeschlossen, § 710 S. 1, 2. Halbs. BGB. 2. Ausnahme: Einzelbefugnis Allerdings geht hier nicht aus dem Gesellschaftsvertrag hervor, ob A und B jeweils allein geschäftsführungsbefugt sein sollten oder nur gemeinschaftlich. Gemäß § 710 S. 2 BGB gilt aber die Vorschrift des § 709 BGB entsprechend, falls die Geschäftsführung mehrere Gesellschaftern übertragen ist. Gemäß § 710 S 2. i. V. m. § 709 BGB besteht daher grundsätzlich gemeinschaftliche Geschäftsführung von A und B. Damit bestünde i. V. m. § 714 BGB wiederum nur Gesamtvertretungsmacht nach außen hin für A und B zusammen. II. Abweichung durch tatsächliche Übung Jedoch kann durch tatsächliche Übung innerhalb der Gesellschaft die gemeinschaftliche Vertretung konkludent abbedungen werden, zumal § 714 BGB nur als Zweifelsregelung ausgestaltet ist. Vorliegend gab es bereits seit geraumer Zeit eine Aufgabenteilung dergestalt, dass A für Personal allein zuständig sein sollte und B allein für die Technik. Somit ist hier auf Grund der tatsächlichen Übung von einer Alleinvertretungsmacht des A auszugehen. III. Widerspruchsrecht, § 711 BGB Steht nach dem Gesellschaftsvertrag die Führung der Geschäfte mehreren Gesellschaftern in der Art zu, dass jeder allein zu handeln berechtigt ist, so kann jeder Vornahme eines Geschäfts durch den anderen gemäß § 711 S. 1 BGB widersprechen. Vorliegend hat B der Einstellung der S widersprochen. Zum einen wurde aber der Widerspruch erst nach Abschluss des Arbeitsvertrages und damit zu spät ausgesprochen. Im Übrigen hat der Widerspruch gemäß § 711 BGB nur Auswirkungen im Innenverhältnis für die Geschäftsführungsbefugnis. Nicht dagegen im Außenverhältnis für die Vertretungsmacht. Somit verbleibt es bei der Alleinvertretungsmacht des A, so dass er den Arbeitsvertrag mit S abschließen konnte.

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Fall 4: Die Studentin Sandra ist eine leidenschaftliche Reiterin. Als in ihrem Reitstall die Stute Lisa relativ günstig abzugeben ist, will sie die Gelegenheit nutzen. Sie überredet ihre Freundin Felicitas mitzumachen. Die beiden teilen sich die Anschaffungs- und Unterhaltskosten und verabreden, wer Lisa wann reiten darf. Angesichts der zusätzlichen Ausgaben kommt Sandra ein Angebot gerade recht, das sie von zwei Kommilitonen erhält. Knut und Kim haben in den letzten Jahren für eine Werbeagentur Promotion-Jobs gemacht und planen, sich in diesem Bereich gemeinsam selbstständig zu machen. Da sie neben dem Studium nicht unbegrenzt Zeit haben, wollen sie Sandra mit ins Boot holen, die auch schon nebenbei für eine Werbeagentur gearbeitet hat. Sie stellen einträgliche Gewinne in Aussicht, da sie für das nächste halbe Jahr schon sechs Aufträge sicher in der Tasche hätten. Die drei gründen bei einer Besprechung die KSK-Promotion-GbR. Der erste Auftrag betrifft Werbung für einen Fitnessklub. Die KSK-Promotion-GbR lässt Flyer drucken, heuert Helfer an und richtet Aktionsstände ein. Die Werbung ist erfolgreich, aber schlecht kalkuliert, sodass die KSKPromotion-GbR die Druckkosten für die Flyer nicht vollständig bezahlen kann. Weitere Aufträge bleiben aus. Kim und Knut müssen zugeben, dass die Aussage, sechs Aufträge seien sicher, gelogen war. Sandra erklärt sofort, dass alle Verabredungen zwischen ihnen wegen dieser Lüge unwirksam seien. Ohne zusätzliche Einnahmequelle ist Sandra die Beteiligung an Lisa zu kostspielig. Sie überlegt deshalb, ihren Anteil an Lisa zu Geld zu machen. Frage 1: Kann die Druckerei von Sandra die offenen Druckkosten verlangen? Frage 2: Kann Sandra ihren Anteil an Lisa ohne Felicitas Zustimmung an einen potenziellen Käufer übertragen? Lösung zu Frage 1: I. Die Druckerei hat gegen Sandra einen Anspruch auf Zahlung der Druckkosten aus Werkvertrag i. V. m. § 128 HGB analog, wenn § 128 HGB auf die GbR entsprechend anwendbar ist, eine Gesellschaftsverbindlichkeit besteht und Sandra Gesellschafterin der GbR ist. 1. § 128 HGB regelt dem Wortlaut nach nur die akzessorische Gesellschafterhaftung der OHGGesellschafter. Da im Recht der GbR eine entsprechende Regelung fehlt, existiert dort eine Regelungslücke, die angesichts der Vergleichbarkeit von OHG und GbR nach Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Außen-GbR durch eine entsprechende Anwendung des § 128 HGB zu schließen ist. 7

2. Der Vertrag mit der Druckerei begründete eine Gesellschaftsverbindlichkeit, wenn überhaupt eine Gesellschaft zwischen Sandra, Knut und Kim bestand. Sie haben sich über den Abschluss eines Gesellschaftsvertrages geeinigt. Fraglich ist, ob die Einigung auch wirksam ist. a) Ein Formverstoß (vgl. § 125 S. 1 BGB) liegt nicht vor, da ein GbR-Vertrag im Normalfall auch mündlich wirksam abgeschlossen werden kann. b) In Betracht kommt aber Unwirksamkeit des Vertrages wegen Anfechtung gemäß § 142 I BGB. aa) Eine wirksame Anfechtung setzt voraus, dass ein Anfechtungsgrund besteht, die Anfechtung erklärt wird und die Erklärung innerhalb der maßgeblichen Anfechtungsfrist erfolgt. Sandra hat unter Bezugnahme auf die Lüge über weitere sichere Aufträge erklärt, dass der Vertrag unwirksam sei. Darin liegt eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB, die auch fristgerecht erfolgte (vgl. § 124 BGB). Normalerweise hätte diese Anfechtung die rückwirkende Nichtigkeit des Gesellschaftsvertrages zur Folge, sodass eine Haftung Sandras analog § 128 HGB ausscheiden würde, da gar keine GbR und damit auch keine Gesellschaftsverbindlichkeit entstanden wäre. bb) Ein abweichendes Ergebnis kann sich aber aus dem richterrechtlich entwickelten Rechtsinstitut der fehlerhaften Gesellschaft ergeben. Danach wird eine fehlerhaft gegründete Gesellschaft, die bereits in Vollzug gesetzt wurde, für die Vergangenheit wie eine wirksam gegründete behandelt, wenn nicht höherrangige Interessen entgegenstehen. Sandra, Knut und Kim haben einen Gesellschaftsvertrag abgeschlossen. Dieser Gesellschaftsvertrag ist infolge der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung fehlerhaft. Die Gesellschaft wurde auch in Vollzug gesetzt, da die sie mit dem ersten Auftraggeber und der Druckerei Rechtsgeschäfte im Außenverhältnis abgeschlossen hat. Höherrangige Interessen der Allgemeinheit oder einzelner schutzwürdiger Personen (beispielsweise Minderjähriger) stehen der Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft nicht entgegen. Damit ist der Gesellschaftsvertrag in Abweichung von § 142 I BGB nicht von Anfang nichtig, sondern nur für die Zukunft (durch Kündigung) vernichtbar.

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c) Zwischenergebnis: Zum maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bestand somit eine Gesellschaft und die Druckkosten sind damit eine Gesellschaftsverbindlichkeit. Dass die GbR, zumindest wenn sie als Außengesellschaft am Rechtsverkehr teilnimmt, in analoger Anwendung des § 124 I HGB fähig ist, Verbindlichkeiten einzugehen, ist inzwischen anerkannt. 3. Sandra war zur Zeit des Abschlusses des Vertrags mit der Druckerei auch Gesellschafterin der GbR. Ergebnis: Die Voraussetzungen von § 128 HGB analog liegen vor. Die Druckerei hat einen Anspruch aus dem Werkvertrag i. V. m. § 128 HGB analog auf Zahlung der Druckkosten gegen Sandra. Lösung zu Frage 2: Gemäß § 929 S. 1 i. V. m. § 747 S. 1 BGB kann Sandra ihren Anteil an Lisa ohne Felicitas Zustimmung übertragen, wenn sie Bruchteilseigentümerin ist. Gemeinsamer Eigentumserwerb führt gemäß § 741 BGB zu Bruchteilseigentum, wenn sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt. Sandra und Felicitas haben Lisa gemeinsam erworben. § 747 S. 1 BGB wird aber durch § 719 I 1. Hs. BGB verdrängt mit der Folge, dass das Pferd statt Bruchteilseigentum Gesamthandseigentum und der Anteil an ihm unübertragbar ist, wenn zwischen Sandra und Felicitas eine GbR (§ 705 BGB) besteht. Das ist der Fall, wenn Sandra und Felicitas einen Vertrag abgeschlossen haben, der auf Erreichung eines gemeinsamen Zwecks gerichtet ist. Ein Vertrag zwischen Sandra und Felicitas besteht, da sie sich formlos darüber geeinigt haben, Lisa zusammen zu erwerben und sie gemeinsam zu unterhalten und zu nutzen. Fraglich ist, ob diese Vereinbarung ein Gesellschaftsvertrag, also inhaltlich auf die Erreichung eines gemeinsamen Zwecks gerichtet ist. Das bloße gemeinsame Anschaffen und Halten (und ggf. Verwalten) einer Sache, die jeder Beteiligte ansonsten nur für eigene Zwecke verwenden will, führt im Normalfall zu einer schlichten Interessengemeinschaft. Ein gemeinsamer Zweck im Sinne eines Gesellschaftsvertrages ergibt sich daraus nur, wenn der Gegenstand einem weitergehenden gemeinsamen Zweck dienen soll (beispielsweise Vermietung) oder ausdrücklich vereinbart wird, dass allein schon das Anschaffen, Halten und Verwalten der gemeinsame Zweck ist. Beides ist hier nicht der Fall. Damit besteht kein Gesellschaftsvertrag und § 747 S. 1 BGB ist nicht durch § 719 I 1. Hs. BGB verdrängt. Sandra kann also ihren Anteil an Lisa gemäß § 929 S. 1 i. V. m. § 747 S. 1 BGB auch ohne Felicitas Zustimmung auf einen Dritten übertragen. 9

Fall 5: Die Innenarchitekten A, B und C betreiben gemeinsam unter dem Namen „ABC-Ladenbau“ ein Büro, das sich auf die Konzeption und Ausstattung von Ladeneinrichtungen spezialisiert hat. A ist der Ansicht, dass sie dringend ein neues Zeichenprogramm benötigen, das bessere 3D-Darstellungen ermöglicht. Das Programm kostet für drei Computerarbeitsplätze 9.900 €. Er ordert das Programm im Namen von „ABC-Ladenbau“ beim Lieferanten L. Als B und C davon erfahren, sind sie empört. Sie sind der Ansicht, dass A die Entscheidung nicht ohne ihre Beteiligung treffen durfte. Die „ABC-Ladenbau“ sei nicht verpflichtet, den Kaufpreis für das Programm zu zahlen. Haben B und C mit diesen zwei Aussagen Recht? Abwandlung: A hatte auch in der Vergangenheit schon allein Computerausstattung im Namen der „ABC-Ladenbau“ bei L bestellt. Die Rechnungen in Höhe von 8.000 € und 12.000 € waren von der Gesellschaft jeweils anstandslos beg...


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