Zusammenfassung Verfassungsrecht - Öhlinger Eberhart PDF

Title Zusammenfassung Verfassungsrecht - Öhlinger Eberhart
Author Simone Maria
Course Modulprüfung Verfassungsrecht
Institution Universität Wien
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Summary

sehr umfangreiche Zusammenfassung zur Modulprüfung aus Verfassungsrecht am Juridicum Wien...


Description

Simone Brunnhuber

Zusammenfassung Verfassungsrecht Verwendete Literatur: Verfassungsrecht - Öhlinger/Eberhard, 11. Auflage (2016)

Kapitel I Zu den Begriffen Verfassung und Verfassungsrecht

1. Verfassungsrecht im formellen Sinn Das Verfassungsrecht unterscheidet sich von einfachen Gesetzen in -

formeller Hinsicht (Verfassungsrecht im formellen Sinn): betrifft das Verfahren der Erzeugung

-

materieller Hinsicht (Verfassungsrecht im materiellen Sinn): betrifft den Inhalt ➔ Es geht um die sogenannten Fundamentalnormen, den sogenannten Baugesetzen der staatlichen Ordnung: Republik – Monarchie; Demokratie – Autokratie; Liberalismus – Totalitarismus; Bundesstaat – Einheitsstaat)

Worin besteht nun diese formelle Eigenheit? -

Verfassungsrecht wird in einem erschwerten Verfahren erlassen und abgeändert (besonderes Gesetzgebungsverfahren).

-

Ist die Verfassung einmal erlassen, so legt sie die Regel ihrer Abänderbarkeit selbst fest (in Österreich ist die Verfassung relativ leicht abänderbar; sie ist flexibel; häufige Änderungen)

Was muss man tun, um das österreichische Bundesverfassungsrecht zu ändern (Art 44 Abs 1 B-VG): 1. Mehrheit der Stimmen von min. 2/3 in NR (= Konsensquorum) + min. die Hälfte der NR-Mitglieder anwesend sein (Präsenzquorum); d.h.: von der Hälfte 2/3 2. ausdrückliche Bezeichnung als „Verfassungsgesetz“/„Verfassungsbestimmung“

Gesamtänderung der Bundesverfassung (Art 44 Abs 3 B-VG): 1. oben erwähnte Beschlusserfordernisse 2. Volksabstimmung (obligatorisch!) ➔ Gesamtänderung = Aufhebung/gravierende Änderung eines leitenden Prinzips der Bundesverfassung; also eine tiefgreifenden, die Individualität und das Wesen des Staates verändernde Regelung Was gehört noch zum Gegenstand des Verfassungsrechts: einfache Gesetze, die verfassungsgesetzliche Regelungen näher ausführen (z.B. Wahlordnung für die Wahlen zum NR und zu den Landtagen; VolksbegehrenG; VolksabstimmungsG; Gesetze über das Bundesgesetzblatt und die Landesgesetzblätter; das BundespräsidentenwahlG, das VfGG, …).

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2. Die Rechtsquellen des Verfassungsrechts Das österreichische Bundesverfassungsrecht ist nicht nur in einem einzigen Gesetzeswerk zu finden (kein Inkorporationsgebot; sog. Verfassungsurkunde; üblich in anderen Ländern). Wo findet man es nun: 1. Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG): Verfassungsurkunde bzw Stammgesetz (mehr als 100 mal novelliert; große Novelle 1929) 2. weitere Bundesverfassungsgesetze (BVG): -

BVG über die Neutralität Österreichs (26.10.1955) BVG über den umfassenden Umweltschutz (27.11.1984) Finanz-Verfassungsgesetz ...

3. Verfassungsbestimmungen (einzelne Bestimmungen eines Bundesgesetzes): haben dann ebenfalls den Rang eines Verfassungsgesetzes 4. Staatsverträge/einzelne Staatsvertragsbestimmungen im Verfassungsrang: gelten dann ebenfalls als Bestandteile des Bundesverfassungsrechts (z.B. Europäische Menschenrechtskonvention + Zusatzprotokolle). 5. Bundes-Länder-Verträge/einzelne Verfassungsrang

Bestimmungen

in

Bundes-Länder-Verträgen

im

➔ Achtung: es gibt bezüglich des Ranges und der juristischen Qualität keinen Unterschied zwischen dem B-VG (eigentliche Verfassungsurkunde) und sonstigem Bundesverfassungsrecht. Eigenheit des Bundesstaates: Differenzierung zwischen (Bundesverfassungsrecht) und dem Landesverfassungsrecht.

Verfassungsrecht

des

Bundes

Für das Landesverfassungsrecht gilt (von der Bundesverfassung vorgegeben): Änderung nur, wenn (Art 99 Abs 2 B-VG): -

Hälfte der Mitglieder des Landtages müssen anwesend sein

-

Mehrheit von 2/3 der angegebenen Stimmen

-

Bezeichnungspflicht als Landesverfassungsgesetz

3. Der Rang des Verfassungsrechts Rechtliche Qualität: Verfassungsrecht hat den höchsten Rang (alle übrigen Rechtsakte sind an die Verfassung gebunden; Gesetze sind verfassungswidrig, wenn sie der Verfassung widersprechen → dies bedeutet nicht nichtig, aber VfGH kann das Gesetz in einem bestimmten Verfahren aufheben). Vereinfachter Stufenbau der Rechtsordnung: Grundprinzipien der Bundesverfassung 3

stärker als Bundesverfassungsrecht (daher gibt es auch verfassungswidriges Verfassungsrecht) stärker als Landesverfassungsrecht stärker als Landesgesetze

Bundesgesetze

4. Die Funktion der Verfassung Man kann Verfassungsrecht schwer abändern, weil es einer qualifizierten Mehrheit bedarf (erhöhte Bestandskraft; die Minorität kann Änderungen blockieren). Der Sinn der erschwerten Abänderbarkeit ist es, die rechtliche Grundordnung des Staates (Staatsform; Verteilung der Staatsfunktionen zwischen Parlament, Regierung und Gerichten; Verteilung der Staatsfunktionen zwischen Oberstaat und Gliedstaaten, Grundrechte, Staatszielbestimmungen) außer Streit zu stellen: 1. Die Verfassung enthält die Spielregeln des politischen Prozesses (Regeln über die Bestellung der Repräsentanten, ihre Kompetenzen und Zustandekommen von Beschlüssen): Die besondere Bestandskraft dieser Regeln schützt die Minderheit davor, dass die Mehrheit diese Regeln so abändert, dass ein künftiger Wechsel der Mehrheit verhindert wird (so bleibt die Konkurrenz um die Mehrheit offen). 2. Begrenzung staatlicher Macht (rechtsstaatliches Prinzip): Die individuelle Freiheit soll gesichert werden. Auf diesem Grundgedanken beruhen zwei Prinzipien moderner Verfassungen: a. Gewaltenteilung: gesamte staatliche Gewalt verteilt sich auf mehrere Organe, die sich gegenseitig kontrollieren. Auch das Parlament (gesetzgebendes Organ) ist diesem Prinzip unterworfen (so kann auch der Gesetzgeber nicht eine ihn einschränkende Norm iSd Gewaltenteilung beseitigen (ansonsten wäre es eine „totalitäre Demokratie“). b. Grundrechte: Gewisse individuelle und gesellschaftliche Freiheitsräume werden dem staatlichen Einfluss entzogen oder dieser wird beschränkt (z.B. Freiheit der Wissenschaft, der Presse, …) Soll diese Beschränkung auch bei der Gesetzgebung wirksam sein, braucht man wieder eine höherrangige Norm (Verfassung). ➔ Wegen der Grundrechte und der Gewaltentrennung kann man von einem „Demokratischen Verfassungsstaat“ sprechen. 3. Bundesstaat (= besondere Form der Gewaltenteilung): Die staatlichen Befugnisse sind zwischen mehreren, rechtlich gleichrangigen Parlamenten und Regierungen verteilt. Nur wenn diese Verteilung auch für den Bundesgesetzgeber bindend ist (Verfassung!), kann von einer

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Gleichrangigkeit zwischen Bund und Ländern gesprochen werden (und nicht bloß von einer Delegation von Staatsgewalt an die Länder). 4. Die extreme Zersplitterung und Dichte der österreichischen Verfassung ist durch das politische System Österreichs zu erklären (Dominanz zweier Großparteien: ÖVP und SPÖ; erzielte Kompromisse wurden durch die Verfassung vor einseitiger Abänderbarkeit geschützt; Große Koalition: die Differenz zwischen Verfassungsgesetzgebung und einfacher Gesetzgebung reduzierte sich auf das Erfordernis einer ausdrücklichen Bezeichnung als Verfassungsrecht, weil auch einfache Gesetze stets von beiden Parteien und daher mit deutlich mehr als 2/3 der Stimmen im NR beschlossen wurden; z.B. Schulwesen). 5. Konsensfunktion der Verfassung: Durch die Verfassung werden im Kampf der Parteien um die Mehrheit auch jene Werte außer Streit gestellt, welche eine funktionierende Demokratie iSe Basiskonsens voraussetzen muss.

5. Interpretation der Verfassung 5.1. Wortinterpretation Man differenziert zwischen: ➢ Verbalinterpretation ieS: Welche Bedeutung hat ein einzelnes Wort? ➢ Grammatische Interpretation: Welche Bedeutung haben die Wörter im sprachlichen Zusammenhang nach den Regeln der Grammatik? ➢ Systematische Interpretation: Welche Bedeutung haben die Sätze im gesamten Zusammenhang eines Gesetzes/und auch der gesamten Rechtsordnung? ➔ Diese Varianten der Wortinterpretation können jeweils unterschiedliche Ergebnisse liefern. 5.2. Historische Interpretation Was hat der Gesetzgeber mit der von ihm formulierten Regelung eigentlich beabsichtigt? •



• •

Problematisch: - An der Erlassung einer Rechtsvorschrift im Verfassungsrang sind viele Personen beteiligt. - Ausschussberichte sind meist sehr knapp. Hypothese: Die in den Erläuterungen einer RV zum Ausdruck kommende Absicht wird von den zustimmenden Parlamentariern als übernommen angesehen, wenn ihr im Parlament nicht ausdrücklich widersprochen wird (ist aber nur eine Fiktion). VfGH: Die Interpretation des Wortlauts hat Vorrang: Nur wenn der Wortlaut unklar ist, kann zur Auslegung auf die Materialien zurückgegriffen werden, diese sind allerdings nicht verbindlich. Grenze der historische Interpretation: neu entstandene Problemlagen (z.B. Anwendung der Grundrechte auf die Gentechnologie/künstliche Fortpflanzung?).

5.3. Teleologische Interpretation Sie forscht nach dem objektiven Sinn und Zweck einer verfassungsrechtlichen Regelung (losgelöst von der subjektiven Intention des historischen Gesetzgebers). Zu beachten sind dabei: 5

der Konnex mit dem objektiven Sinn und Zweck anderer Normen und schließlich mit dem Grundgedanken der Gesamten Rechtsordnung • und das Verständnis der Verfassung als eine Grundordnung des Staates, die aus dieser Funktion heraus ein den einzelnen Bestimmungen vorausliegendes System bildet. ➔ Die Grenze zwischen teleologischer Interpretation und richterlicher Rechtsfortbildung ist fließend (z.B. Verhältnismäßigkeitsprüfung). •

5.4. Besonderheiten der Verfassungsinterpretation a) Älterer Stil der Verfassungsinterpretation: Früher wurde die Verfassung als Verfahrensordnung des politischen Prozesses („Spielregelverfassung“) verstanden (also als streng „formales Recht“). Daher wurde strikt die Wortinterpretation unter Ausblendung von Sinn und Zweck angewandt. Verbunden mit einer objektiv-historischen Interpretation (subjektiv wäre die Absicht der gesetzgebenden Organe) ergab sich sodann die Versteinerungstheorie (Bedeutung, die einem Begriff in der gesamten Rechtsordnung zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der jeweiligen Verfassungsbestimmung zugekommen ist, ist maßgeblich; Bedeutung va im Bereich der Kompetenzverteilung). ➔ Dieser ältere Stil ist Ausdruck eines judicial self-restraint (richterliche Selbstbeschränkung) des VfGH gegenüber dem Gesetzgeber. ➔ Er ist jedenfalls dort unzulänglich, wo die Verfassung mehr und anderes anordnet als Spielregeln des politischen Prozesses (formal-reduktionistischer Interpretationsstil; va Grundrechte und Staatszielbestimmungen) ➔ Die Jud des VfGH wurde sodann allmählich von der Theorie wertorientierter Verfassungsauslegung (Vorrang der teleologischen Interpretation) beeinflusst. b) Neuerer Stil der Verfassungsinterpretation (ab Beginn der 1980er Jahre): Änderungen va hinsichtlich der Grundrechte und dem Rechtsstaatsprinzip (va durch richterliche Rechtsfortbildung; faktische Rechtsquelle wird damit die Judikatur des VfGH). ➔ Beispiel: VfGH leitet aus Art 90 Abs 2 B-VG (= im Strafverfahren gilt der Anklageprozess) die Verfassungswidrigkeit einer gesetzlichen Verpflichtung zur Lenkerauskunft ab (hat mit den herkömmlichen juristischen Auslegungsmethoden nicht mehr viel zu tun). ➔ Die Jud des VfGH ist heute durch ein systemloses Nebeneinander unterschiedlicher Auslegungsmethoden geprägt (seine Entscheidungen sind daher auch schwer vorherzusehen). 5.5. Verfassungskonforme Interpretation = Auslegung von Gesetzen und sonstigen Rechtsvorschriften im Einklang mit Verfassungsrecht (= Variante einer auf die Gesamtrechtsordnung abstellenden systematischen Interpretation). Dies bedeutet, dass jene Interpretationsergebnisse ausgeschlossen werden, die mit dem Verfassungsrecht nicht vereinbar sind (damit wird die Aufhebung eines Gesetzes vermieden). ➔ Grenze der verfassungskonformen Interpretation: dort, wo sie dem Wortlaut des Gesetzes eindeutig widerspricht (dies kann nur durch die Aufhebung eines Gesetzes im Verfahren nach Art 140 B-VG beseitigt werden). ➔ Auch die vollziehenden Organe (Verwaltung + Gerichtsbarkeit) haben bei der Anwendung der Gesetze die Verfassung mitzuberücksichtigen (unterlassen sie dies so handelt es sich um eine

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Unterstellung eines gleichheitswidrigen Inhalts/denkunmögliche Unterstellung eines verfassungswidrigen Inhalts = Verletzung des Gleichheitssatzes/anderen Grundrechts). ➔ Weiters besteht das Gebot der Auslegung des Bundes- und Landesverfassungsrechts im Einklang mit den leitenden Prinzipien der Bundesverfassung (Landesverfassungsrecht ist außerdem im Einklang mit dem Bundesverfassungsrecht auszulegen). ➔ Weiters verlangt das Unionsrecht eine unionsrechtskonforme Interpretation des nationalen Rechts + des Verfassungsrechts.

Kapitel II Geschichte der Bundesverfassung

Kapitel III Die Grundprinzipien der Verfassung Alle Grundprinzipien zusammen bilden die verfassungsrechtliche Grundordnung (oberste Stufe der Rechtsordnung; Maßstab, an dem der VfGH Bundes- und Landesverfassungsrecht prüfen darf und auch aufheben darf = „verfassungswidriges Verfassungsrecht“). Im B-VG sind folgende Grundprinzipien enthalten: Demokratisches Prinzip (Art 1 B-VG) Bundesstaatliches Prinzip (Art 2 B-VG) ➔ Das Rechtsstaatliche Prinzip und das gewaltenteilende bzw. liberale Prinzip wird von Lehre und Rsp als drittes und viertes Prinzip angesehen. -

Eine gravierende Veränderung eines Grundprinzips ist als Gesamtänderung der Bundesverfassung zu verstehen und bedarf daher einer Volksabstimmung (Art 44 Abs 3 B-VG). Die Frage ist, wo die Grenze zwischen einer bloßen „Berührung“ und einer „Gesamtänderung“ verläuft: Beispiel: Berührt wird z.B. das bundesstaatliche Prinzip durch jede Änderung der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern, doch ist dies natürlich nicht sogleich auch eine Gesamtänderung. Gesamtänderung = eine tiefgreifende, die Individualität und mit ihr die spezifische Wesenheit des Staates „Republik Österreich“ verändernde Regelung. Strittig bleibt aber, wo genau die Grenze zwischen Gesamtänderung und bloßer Teiländerung iSd Art 44 Abs 3 B-VG verläuft. ➔ Eine Gesamtänderung liegt natürlich auch dann vor, wenn die in Art 44 Abs 3 B-VG normierten verfahrensrechtlichen Voraussetzungen einer Gesamtänderung aufgehoben werden würden. -

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1. Die einzelnen Prinzipien 1.1. Das demokratische Prinzip Aus dem Gesamttext der Bundesverfassung ergibt sich, dass Österreich als eine repräsentativparlamentarische Demokratie eingerichtet ist. ➔ Daher wäre es eine Gesamtänderung, wenn die Stellung der Parlamente (NR, Landtage) zugunsten von Regierungsorganen maßgeblich verändert werden würde. wenn das parlamentarische Regierungssystem in ein echtes präsidentielles Regierungssystem (volksgewähltes Staatsoberhaupt, das zugleich Regierungschef ist ohne parlamentarische Verantwortlichkeit) auf Bundesebene, aber auch auf Landesebene (Direktwahl des LH). Wenn das über das B-VG festgelegte Maß der direkten Demokratie ausgebaut wird (wird wohl aber nur auf Bundesebene der Fall sein, wegen Verfassungsautonomie der Länder). 1.2. Das republikanische Prinzip Dieses Prinzip bedeutet, dass an der Spitze des Staates ein vom Volk direkt oder indirekt gewähltes verantwortliches Staatsoberhaupt mit begrenzter Amtsdauer steht (Bundespräsident Van der Bellen). ➔ Unterscheide Monarchie (in Österreich bis 1918): an der Spitze steht ein unverantwortliches Organ mit unbegrenzter Amtsdauer (Monarch = durch Erbfolge und damit sakral legitimiert). ➔ Würde Ö wieder in eine Monarchie umgewandelt werden, so wäre dies eine Gesamtänderung iSd Art 44 Abs 3 B-VG („Habsburgergesetze“ und „Gesetz über die Aufhebung des Adels“ gehören nicht zur verfassungsrechtlichen Grundordnung, weshalb ihre Aufhebung auch ohne Volksabstimmung zulässig wäre). ➔ Weiters: säkularistisches Verständnis des Staates (eine Beseitigung wäre natürlich eine Gesamtänderung): Aufgaben und Ziele sind ausschließlich weltlich-irdische. Legitime Mittel und Sanktionen zur Durchsetzung der Rechtsordnung sind nur solche, denen nichts Transzendentales anhaftet. Dies verlangt daher eine (nicht unbedingt absolute) Trennung von Staat und Kirche + religiöse Neutralität des Staates (der Staat darf zwar Religionen fördern, muss aber in interkonfessionell ausgewogener Weise handeln).

Monarchie

Demokratie

Staatsoberhaupt üblicherweise nicht gewählt, sondern durch das Volk legitimierter Staatspräsident Herrscher von Gottes Gnaden (sakral legitimiert) nicht abberufbar

abberufbar

hat Funktion auf Lebzeit inne

Funktion ist zeitlich begrenzt

ist niemandem rechtlich verantwortlich

ist einer Volksvertretung oder einem Höchstgericht verantwortlich (politisch und rechtlich verantwortlich) 8

1.3. Das bundesstaatliche Prinzip Dieses Prinzip bedeutet, dass die Staatsgewalten (Gesetzgebung, Gerichtsbarkeit und Vollziehung) auf verschiedene Gebietskörperschaften aufgeteilt sind. Wesentliche Elemente des bundesstaatlichen Prinzips sind daher (VfGH): • •

Verteilung der staatlichen Funktionen zwischen Bund und Ländern Möglichkeit einer Mitwirkung der Länder an der Bundesgesetzgebung



Kompetenzen der Länder sind gegenüber einer einseitigen Beschränkung durch den Bund verfassungsrechtlich geschützt (in Ö relativ schwach, weil der Bundesverfassungsgesetzgeber mit dem Bundesparlament identisch ist und somit die Kompetenzverteilung einseitig durch Bundesorgane abänderbar ist). Verfassungsautonomie der Länder



➔ Eine Gesamtänderung wäre daher die Beseitigung eines substanziellen autonomen Wirkungsbereiches der Länder, die Beseitigung des BR (Instrument der Mitwirkung der Länder an der Bundesgesetzgebung; keine Gesamtänderung, wenn der BR durch ein anderes nicht noch ineffizienteres Instrument ersetzt werden würde), die Beseitigung der Möglichkeit der Länder sich selbst eine Verfassung zu geben. ➔ Eine Änderung im Bestand der Länder bedarf einer übereinstimmenden verfassungsgesetzlichen Regelung sowohl des Bundes als auch aller Länder (Art 2 Abs 3 B-VG). ➔ Keine Gesamtänderung wäre der Ersatz der mittelbaren Bundesverwaltung durch eine autonome Landesverwaltung, weil dadurch das bundesstaatliche Prinzip gestärkt werden würde.

Einheitsstaat

Bundesstaat

Staatenbund

alle Staatsaufgaben kommen nur die Summe der Staatsaufgaben ist völkerrechtlicher einem Verband zu. zwischen mehreren Verbänden Zusammenschluss bei prinzipieller (Bund; Länder/Kantone) geteilt Selbständigkeit der Staaten Territoriale Gliederungen (departments) nur für Verwaltung (mit abgeleiteten Rechtssetzungsbefugnissen) → z.B. Frankreich

diese Verbände haben jeweils Gewisse Angelegenheiten eigene Organe und eine jeweils (Währung, Heer, Außenpolitik) eigenständige werden gemeinsam verwaltet Rechtssetzungsbefugnis → DB (früher), Gemeinschaft → USA, Schweiz, Deutschland, unabhängiger Staaten (GUS) Österreich.

1.4. Das rechtsstaatliche Prinzip Art 1 B-VG: Das Recht der Republik geht vom Volk aus.

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Das rechtsstaatliche Grundprinzip ergibt sich erst aus dem Gesamtaufbau des B-VG. Es besteht ein enger Zusammenhang mit dem demokratischen Grundprinzip, denn Demokratie iSd B-VG ist eine rechtsstaatliche Demokratie. Dieses Prinzip bedeutet, das die gesamte Vollziehung nur auf Grund der Gesetze tätig werden darf (im Sinne des Legalitätsprinzips; Art 18 Abs 1 B-VG). Das Legalitätsprinzip wurde von der älteren Lehre mit dem Rechtsstaatsprinzip schlechthin identifiziert (formeller Rechtsstaatsbegriff). ➔ Der Gesetzgeber ist an die Verfassung gebunden und die Vollziehung ist an die Gesetze gebunden. Das rechtsstaatliche Prinzip verlangt auch Rechtsschutzeinrichtungen: Kontrolle der Verwaltung durch den VwGH und durch den VfGH (Rechtsschutzstaat). ➔ Zum rechtsstaatlichen Prinzip gehört auch die Existenz unabhängiger Gerichte. Unterscheide: Polizeistaat → Vollziehung entscheidet meist selbst und frei, ob und wie sie tätig wird. Hier herrscht nicht das allgemeine Gesetz, sondern die Vollziehung durch Einzelfallentscheidungen...


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