AGB Fall mit Lösung.pdf PDF

Title AGB Fall mit Lösung.pdf
Course Bürgerliches und Öffentliches Recht für Wirtschaftswissenschaftler
Institution Universität Leipzig
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AGB Fall mit Lösung...


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Universität Leipzig

AG Zivilrecht SS 2015

Fall zu AGB Die V verkaufte einen gebrauchten Pkw, den sie zwei Jahre zuvor selbst von einem Gebrauchtwagenhändler erworben hatte, zum Preis von 4600 Euro an den K. Vor Vertragsschluss sprachen die Parteien telefonisch darüber, wer ein Vertragsformular mitbringen solle, und einigten sich schließlich auf das der V bereits vorliegende Vertragsformular einer Versicherung, das als „Kaufvertrag Gebrauchtwagen – nur für den Verkauf zwischen Privatpersonen” gekennzeichnet war. Die V stellte dieses Formular zur Verfügung. In ihm hieß es: „Die Rechte des Käufers bei Mängeln sind ausgeschlossen, es sei denn, der Verkäufer hat einen Mangel arglistig verschwiegen und/oder der Verkäufer hat eine Garantie für die Beschaffenheit des Vertragsgegenstandes abgegeben, die den Mangel betrifft”. Mit der Behauptung, das Fahrzeug habe vor Übergabe an ihn einen erheblichen Unfallschaden gehabt, beanspruchte der K eine Minderung des von ihm gezahlten Kaufpreises um 1000 Euro. Hat K einen Anspruch auf Rückzahlung von 1000 €?

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Lösung Fall zu AGB1 Anspruchsgrundlage: §§ 437 Nr. 2 Var. 2, 441 Abs. 1, Abs. 4 S. 1, 346 Abs. 1 BGB Der K macht einen Anspruch auf Rückzahlung der Differenz zwischen vereinbartem und gemindertem Kaufpreis geltend. Dann müsste K, der die Minderung erklärt hat, ein Recht zur Minderung zustehen.

I. Recht zur Minderung Die Voraussetzungen eines Minderungsrechts liegen an sich vor, da ein mehr als unerheblicher Unfallschaden auch dann, wenn er fachgerecht beseitigt wurde, einen Sachmangel i.S. von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB darstellt und – weil sich die Eigenschaft als Unfallwagen nicht beheben lässt – gem. §§ 326 Abs. 5, 441 Abs. 1 BGB ohne vorherige Fristsetzung zur Minderung berechtigt.

II. Ausschluss der Gewährleistung Fraglich ist, ob die Gewährleistungsrechte auf Grund der Klausel im verwendeten Vertragsformular ausgeschlossen sind. Da die V die Unfallfreiheit des Autos nicht garantiert und den Unfallschaden – der eingetreten war, bevor sie das Auto erworben hatte – nicht arglistig verschwiegen hatte, war die Klausel ihrem Wortlaut nach grundsätzlich einschlägig. Der Gewährleistungsausschluss könnte aber unwirksam sein. 1. § 444 BGB (-) § 444 BGB konnte von vornherein nicht zum Tragen kommen, weil der Gewährleistungsausschluss schon seinem Inhalt nach bei Arglist und Übernahme einer Garantie nicht anwendbar war. 2. §§ 474, 475 Abs. 1 BGB (-) § 475 BGB war nicht einschlägig, weil die V das Auto nicht in Ausübung einer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit verkauft hatte (§ 14 Abs. 1 BGB) und daher kein Verbrauchsgüterkauf i.S. von § 474 Abs. 1 S. 1 BGB vorlag. 3. § 309 Nr. 7 lit. a und b BGB Falls jedoch der Gewährleistungsausschluss eine AGB war, war er nach § 309 Nr. 7 lit. a und b BGB unwirksam, weil er auch Schadensersatzansprüche wegen schuldhafter Verletzung des Lebens, des Körpers und der Gesundheit und wegen grob fahrlässiger Pflichtverletzungen umfasste. Dass der K gar keinen solchen Schadensersatzanspruch geltend machte, ist dabei unerheblich, da die Klausel allein deshalb insgesamt unwirksam wäre, weil sie die Haftung auch in Fällen ausschließt, in denen das gem. § 309 Nr. 7 BGB nicht zulässig ist. Eine geltungserhaltende Reduktion, nach der die Klausel für andere Fälle wirksam bleibt, ist nach h.M.2 unzulässig. Anderenfalls würden die Verwender solcher Klauseln privilegiert, weil sie ohne Risiko die für sie jeweils günstigste Regelung erreichen könnten.

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vgl. BGH NJW 2010, 1131 = JuS 2010, 538.

BGHZ 84, 109, 115 ff.; BGHZ 146, 377, 385; BGH NJW 2005, 1574, 1576; Palandt/Grüneberg (74. Aufl. 2015) § 306 Rn. 6; Jauernig/Stadler (15. Aufl. 2014) § 306 Rn. 1; Hk-BGB/Schulte-Nölke (8. Aufl. 2014) § 306 Rn. 4.

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Entscheidend ist daher, ob die Haftungsausschluss-Klausel eine AGB ist.

a. Begriff AGB AGB sind nach § 305 Abs. 1 S. 1 BGB alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. aa. Vorformuliert Es handelt sich um vorformulierte Vertragsbedingungen. Die für Verbraucherverträge geltenden Modifikationen des § 310 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 BGB waren hier nicht einschlägig. Der Eigenschaft als AGB stand dabei nicht entgegen, dass nicht die V, sondern ein Dritter das betreffende Formular entworfen hatte und die V selbst keine mehrfache Verwendung plante.3 Wesentlich ist vielmehr, dass der andere Vertragsteil, der mit den Vertragsbedingungen konfrontiert wird, auf die Ausgestaltung keinen Einfluss nehmen kann. Dagegen misst der Gesetzgeber der Frage nach dem Urheber der Vertragsbedingungen keine Bedeutung zu. bb. Für eine Vielzahl von Verträgen Die AGB wurden (von der Versicherung) auch für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert. cc. Von V gestellt Bei von einem Dritten formulierten Bedingungen kommt es darauf an, ob eine der Vertragsparteien sie sich als von ihr gestellt zurechnen lassen muss. Bei Verträgen zwischen Verbrauchern gibt es allerdings keine gesetzliche Vermutung dafür, dass die Geschäftsbedingungen von einer der Parteien gestellt worden sind und welche der Parteien sie gestellt hat. Dies beurteilt sich vielmehr nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls. Ein Stellen von Vertragsbedingungen setzt nicht voraus, dass ein Ungleichgewicht zwischen den Vertragsbeteiligten hinsichtlich der vertraglichen Durchsetzungsmacht besteht. Verwender kann vielmehr auch eine Vertragspartei sein, die der anderen weder wirtschaftlich noch sonst überlegen ist. Der vom Gesetzgeber bezweckte Schutz resultierte vielmehr aus der Einseitigkeit ihrer Auferlegung und dem Umstand, dass der andere Vertragsteil, der mit einer solchen Regelung konfrontiert wird, auf ihre Ausgestaltung gewöhnlich keinen Einfluss nehmen kann. Keine für sich allein entscheidende Bedeutung kommt daher auch dem Umstand zu, wer durch die betreffende Klausel begünstigt wird. Entscheidend ist dagegen, auf welche Weise die vorformulierten Vertragsbedingungen Vertragsbestandteil geworden sind. An dem Stellen vorformulierter Vertragsbedingungen fehlt es, wenn deren Einbeziehung sich als das Ergebnis einer freien Entscheidung desjenigen darstellt, der vom anderen Vertragsteil mit dem Verwendungsvorschlag konfrontiert wird. Dazu genügt es zwar nicht, dass der andere Vertragsteil lediglich die Wahl zwischen bestimmten, von der anderen Seite vorgegebenen Formularalternativen hat. Erforderlich ist vielmehr, dass er – wenn er schon auf die 3

BGH NJW 2000, 2988, 2 989.

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inhaltliche Gestaltung des vorgeschlagenen Formulartextes keinen Einfluss nehmen konnte – in der Auswahl der in Betracht kommenden Vertragstexte frei ist und insbesondere Gelegenheit erhält, alternativ eigene Textvorschläge mit der effektiven Möglichkeit ihrer Durchsetzung in die Verhandlungen einzubringen. Hier hatten die Parteien telefonisch darüber gesprochen, wer das Vertragsformular mitbringt. Dabei haben sich die Parteien auf die Verwendung des Formulars der Versicherung geeinigt, ohne dass die V dies im rechtlichen Sinne verlangt hätte. Es fehlt daher an einem einseitigen Stellen der AGB. Ergebnis Der Gewährleistungsausschluss war daher wirksam und folglich der von K geltend gemachte Anspruch aus Minderung nicht begründet.

Zur Vertiefung: Löhnig/Gietl, Grundfälle zum Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, JuS 2012, 393, 494...


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