BGB Fall 10 mit Lösungen.pdf PDF

Title BGB Fall 10 mit Lösungen.pdf
Course Bürgerliches und Öffentliches Recht für Wirtschaftswissenschaftler
Institution Universität Leipzig
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BGB Fall 10 mit Lösungen...


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Universität Leipzig

AG Zivilrecht SS 2015

Fall 10 Ernst Eser (E) ist Eigentümer eines marsroten VW Golf, Baujahr 2007, den er in langjähriger Eigenarbeit zu einem echten Schmuckstück („Opeljäger") verwandelt hat. Der einzige „Makel" des Fahrzeuges besteht in der absolvierten Fahrleistung, die laut Tacho 130.000 km beträgt. Mit der Beseitigung dieses Makels beauftragt E den Tommy Thielemann (T). Nach einem kurzen Besuch in dessen Werkstatt weist der Tacho einen Kilometerstand von nur noch 55.000 km auf. Im Juli 2014 veräußert E den Pkw, der zwischenzeitlich 131.262 km zurückgelegt hat, an den Autohändler Albin Achenbach (A). Dieser erkennt sofort, dass die auf dem Tacho befindliche Kilometerleistung nicht der Wahrheit entspricht, da der Wagen zuvor mehrfach in der Werkstatt des A zur Inspektion war und dort auch dem TÜV vorgeführt wurde. Auf Nachfrage klärt E den A über die Tachomanipulation auf. A vermerkt daraufhin in den Verkaufsakten, dass der Tacho manipuliert wurde und die wirkliche Fahrleistung des Pkws 75.000 km über der Tachoangabe liegt. Klaus Klunzinger (K) ist auf der Suche nach einem geeigneten Pkw. Am 04.08.2014 entdeckt er den roten Golf auf dem Hof des A. Das Verkaufsschild enthielt u.a. folgende Angaben: VW Golf, Baujahr 2007, 56.262 km, 5.000 Euro. Das Verkaufsschild war von dem für die Gebrauchtwagenabteilung zuständigen Verkäufer Viko Vahrig (V) geschrieben worden, der die Kilometerangabe vom Kilometerzähler übernommen hatte. V war die wirkliche Kilometerleistung nicht bekannt, da er die Verkaufsakte, die zu diesem Zeitpunkt noch im Büro des A lag, nicht gesehen hatte. K hielt das Angebot angesichts der geringen Laufleistung für günstig und entschloss sich zum Kauf; den Kilometerstand besprachen V und K nicht mehr. Der schriftliche Kaufvertrag enthielt nur die Bezeichnung des Wagens und den Preis von 5.000 Euro. In den auf der Rückseite abgedruckten Geschäftsbedingungen des A, auf die auf der Vorderseite des Formulars deutlich hingewiesen wird, heißt es u.a.: „Gebrauchte Fahrzeuge werden verkauft wie besichtigt und Probe gefahren. Im Übrigen wird die Gewährleistung ausgeschlossen." Der tatsächliche Wert des Pkw betrug zu diesem Zeitpunkt nur 2.500 Euro. K benutzt den Wagen ohne eine Ahnung vom manipulierten Tachostand 3 Monate lang, bis er von seinem Arbeitgeber zum 20.11.2014 für mehrere Jahre in dessen amerikanische Filiale nach New York versetzt wird. K beauftragt daraufhin seinen Freund Franz Freiberg (F) mit dem Verkauf des Pkws. Er händigt ihm eine schriftliche Vollmacht sowie Wagenschlüssel und Papiere aus. Mündlich vereinbaren sie, dass F den Wagen gegen ein Höchstgebot veräußern soll. F inseriert den Wagen zum Verkauf gegen „Meistgebot". Es melden sich der Maschinenbaustudent Maik Mischke (M) und die Lehramtsstudentin Radka Radkap (R). M bietet dem F 4.500 Euro für den Golf, R 3.500 Euro. Da F an R Gefallen findet, veräußert er ihr den Wagen am 03.12.2014 im Namen des K unter Verwendung eines vorgedruckten Kaufvertragsformulars zum Preis von 3.500 Euro. Das Formular

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enthielt gut lesbar die Passage: „Das Kraftfahrzeug wird unter Ausschluss der Sachmängelhaftung verkauft. Dieser Ausschluss gilt nicht für Schadenersatzansprüche aus Sachmängelhaftung, die auf einer grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Verletzung von Pflichten des Verkäufers beruhen, sowie bei Körperschäden." Über den Tachostand hatten F und R nicht gesprochen, da beide keinen Anlass sahen, an der Richtigkeit der angezeigten Laufleistung zu zweifeln. Wenige Tage nachdem R den Wagen erworben hatte, kam durch eine zufällige Begegnung der R mit T die wirkliche Fahrleistung heraus. Ein Gutachter schätzt den Wert des Wagens am 12.12.2014 auf 2.200 Euro. R wendet sich daraufhin an F und beschwert sich über den „Betrug". F weist R darauf hin, dass er nur als Vertreter für K tätig geworden sei. Wegen möglicher Gewährleistungsansprüche müsse sie sich daher an K halten, den er umgehend verständigen werde. K lehnt mit einem Fax aus New York jegliche Gewährleistung ab, tritt aber ihm möglicherweise zustehende Rechte aus dem Kaufvertrag mit A an R ab.

Aufgabe: Prüfen Sie gutachtlich, welche Rechte der R gegen K, A und F zustehen. Gehen Sie dabei davon aus, dass R gegebenenfalls erforderliche Mitwirkungshandlungen vornimmt und erforderliche Erklärungen wirksam abgibt.

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Lösung Fall 12

A. Ansprüche und Rechte der R gegen K l. Anspruch auf Nacherfüllung nach §§ 437 Nr. 1, 433, 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, 439 Abs. 1 BGB R könnte gegen K einen Anspruch auf Nacherfüllung aus §§ 437 Nr. 1, 433, 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, 439 Abs. 1 BGB haben. Ein solcher Anspruch auf Nacherfüllung besteht, wenn die Kaufsache bei Gefahrübergang mit einem Sachmangel behaftet war und der Anspruch nicht ausgeschlossen ist.

1. Kaufvertrag zwischen R und K a. Inserieren zum Meistgebot bloße invitatio ad offerendum, kein Rechtsbindungswille  (-)

b. Angebot der R  Voraussetzungen nach § 145 BGB (+)

c. Annahme des K? K selbst hat nicht gehandelt, könnte aber von F wirksam gemäß § 164 Abs. 1, 3 BGB vertreten worden sein. Dies setzt voraus, dass F mit Vertretungsmacht eine eigene Willenserklärung im Namen des Vertretenen abgegeben hat. F hat eine eigene Willenserklärung im Namen des K abgegeben. Fraglich ist aber, wie es mit der Vertretungsmacht aussieht. F war mit der Auftragserteilung (§ 662 BGB) zum Verkauf des Wagens schlüssig bevollmächtigt worden (§ 167 Abs. 1 1. Alt. BGB). Die im Außenverhältnis unbeschränkte Vollmacht war im Innenverhältnis dahingehend beschränkt, dass F den Wagen nur an den Meistbietenden verkaufen dürfe. Mit dem Verkauf an R und nicht an den 1.000 € mehr bietenden M ist F zwar im Rahmen der ihm zustehenden Vertretungsmacht geblieben, er hat jedoch seine Pflicht aus dem Auftrag verletzt. Die Trennung zwischen Innen- und Außenverhältnis erfolgt zum Schutz

des

Dritten.

Deshalb

hat

grundsätzlich

der

Vertretene

das

Risiko

eines

Vollmachtmissbrauchs zu tragen, es sei denn, der Dritte ist nicht schutzwürdig. Dies ist dann der

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Fall, wenn Vertreter und Dritter bewusst zum Nachteil des Vertretenen zusammenwirken (Kollusion)1 oder wenn der Dritte weiß, dass der Vertreter seine Vertretungsmacht überschreitet bzw. wenn sich ihm eine Kenntnis vom Missbrauch der Vollmacht geradezu aufdrängen musste (Evidenz der Überschreitung des Innenverhältnisses). 2 Diese Voraussetzungen sind bei R nich t erfüllt. K wurde damit durch F wirksam gem. § 164 Abs. 1 BGB vertreten.

d. Zwischenergebnis Der Kaufvertrag ist somit wirksam zu Stande gekommen.

2. Sachmangel bei Gefahrübergang Es müsste weiterhin ein Sachmangel vorgelegen haben. Gemäß dem in § 434 BGB kodifizierten subjektiven Fehlerbegriff liegt ein Sachmangel dann vor, wenn die Ist-Beschaffenheit negativ von der vertraglich vereinbarten Soll-Beschaffenheit abweicht (subjektiver Fehlerbegriff). Dabei fallen unter den Begriff der Beschaffenheit einer Sache, die ihr anhaftenden physischen Eigenschaften ebenso wie die so genannten Umweltfaktoren, also rechtliche, tatsächliche oder wirtschaftliche Beziehungen der Sache zu ihrer Umwelt. Die Fahrleistung ist zweifellos eine Eigenschaft, die einem Pkw anhaftet. R und K müssten zudem zumindest konkludent die Fahrleistung vereinbart habe n, § 434 Abs. 1 S. 1 BGB. Eine solche ist hier nicht erkennbar. Jedenfalls aber mangelt es an der üblichen Beschaffenheit im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB. Die Abweichung in der Laufleistung lag zudem bereits bei Übergabe der Sache (§ 446 S. 1 BGB) vor. Mithin handelt es sich um einen Sachmangel bei Gefahrübergang.

3. Möglichkeit der Nacherfüllung (§ 275 Abs 1 BGB) Fraglich ist aber, ob Nacher füllung überhaupt in Betracht kommt. Nacherfüllung ist nach Wahl des Käufers in zwei Formen möglich, nämlich als Nachlieferung und als Nachbesserung, § 439 Abs. 1 BGB.

a. Nachbesserung Es ist nicht möglich, die erhöhte Fahrleistung des ausgesuchten Pkw zu beseitigen. Eine

1

Dann ist der Vertrag nach h.M. gem. § 138 BGB nichtig, vgl. BGH NJW 2000, 2896, 2897; MünchKommBGB/Schramm (6. Aufl. 2012) § 164 Rn. 107; Staudinger/Schilken (2014) § 167 Rn. 93. 2 Fall der unzulässigen Rechtsausübung, dem Geschäftsgegner ist das Berufen auf die Vertretungsmacht nach Treu und Glauben versagt, vgl. statt vieler MünchKomm-BGB/Schramm (6. Aufl. 2012) § 164 Rn. 108 ff.

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Nachbesserung scheidet folglich aufgrund objektiver Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 1 BGB aus.

b. Nachlieferung Fraglich ist, ob stattdessen eine Nachlieferung in Betracht kommt. Dies ist bei Vorliegen einer Stückschuld umstritten.3 Nach einer Ansicht soll die Nachlieferung bei Stückschulden generell ausgeschlossen sein. Es kommt danach schon begriffsnotwendig keine andere erfüllungstaugliche Sache in Betracht. Mithin wäre auch die Nachlieferung nach § 275 Abs. 1 BGB unmöglich. Nach h.M. hingegen kommt eine Ersatzlieferung auch bei Stückschulden grundsätzlich in Betracht. Entscheidend sei hierfür, ob nach dem durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zu ermittelnden Parteiwillen die Nacherfüllung durch eine andere als die ursprünglich geschuldete Sache möglich sein sollte. Allerdings haben sich hier K und R über ein bestimmtes auf Grund seiner Eigenschaft als Gebrauchtwagen einmaliges Automobil („Opeljäger“) geeinigt. Ein anderes Fahrzeug, selbst des gleichen Typs und mit gleicher Fahrleistung etc. wäre nicht das von R ausgesuchte. Mithin scheidet Nachlieferung auch nach h.M. hier jedenfalls aus. Die Nachlieferung ist also nach beiden Ansichten (anfänglich) unmöglich, § 275 Abs. 1 BGB, ein Streitentscheid somit entbehrlich .

c. Zwischenergebnis Nacherfüllung scheidet daher wegen § 275 Abs. 1 BGB vorliegend aus.

II. Schadensersatzanspruch nach §§ 437 Nr. 3 Alt. 1, 433, 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, 311a Abs. 2 BGB Stattdessen könnte R gegen K einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 1.300 € aus §§ 437 Nr. 3 Alt. 1, 433, 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, 311a Abs. 2 BGB. Voraussetzung dafür ist, neben einem wirksamen Kaufvertrag und einem Mangel im Zeitpunkt des Gefahrübergangs, die Unmöglichkeit der Leistung bereits bei Vertragsschluss sowie die Kenntnis bzw. fahrlässige Unkenntnis des Schuldners im Hinblick auf das bestehende Leistungshindernis.

1. Kaufvertrag (+) 2. Mangel bei Gefahrübergang (+) Die erhöhte Fahrleistung war ein anfänglicher, bei Vertragsschluss bereits bestehender Mangel. K war es daher unmöglich (§ 275 Abs. 1 BGB), seiner Pflicht aus § 433 Abs. 1 S. 2 BGB zu mangelfreier 3

Sehr gute Erläuterung des Streites bei Tiedke/Schmitt JuS 2005, 583; siehe dazu bereits ausführlich die Lösungshinweise zu Fall 6.

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Leistung zu genügen (§ 311a Abs. 1 BGB).

3. Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis R hat einen Wagen im Wert von 2.200 € für 3.500 € gekauft. Ihr Vermögen wurde dadurch um 1.300 € gemindert. Diesen Vermögensschaden muss K nach § 311a Abs. 2 S. 1 BGB ersetzen, soweit er das Leistungshindernis bei Vertragsschluss kannte oder seine Unkenntnis zu vertreten hat, § 311a Abs. 2 S. 2 BGB. Daran fehlt es hier. K hatte keine Ahnung von dem manipulierten Tachostand und seine Unkenntnis darüber beruhte auch nicht auf Fahrlässigkeit.

4. Zwischenergebnis K haftet gegenüber R somit nicht auf Schadensersatz aus §§ 437 Nr. 3 Alt. 1, 433, 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, 311a Abs. 2 BGB.

III. Rücktrittsrecht gemäß §§ 437 Nr. 2 Alt. 1, 433, 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, 326 Abs. 5, 323 BGB § 326 begründet nach h.M. kein eigenständiges Rücktrittsrecht, sondern nur im Zusammenhang mit § 323 BGB.4 § 326 Abs. 1 Hs. 1 BGB beinhaltet danach eine Rechtsgrundverweisung auf die Voraussetzungen in § 323 BGB.

R könnte möglicherweise gemäß §§ 437 Nr. 2 Alt. 1, 433, 434 Abs. 1^S. 2 Nr. 2, 326 Abs. 5, 323 BGB den Rücktritt vom Kaufvertrag mit K erklären (§ 349 BGB).

1. Voraussetzungen Der Pkw war bei Gefahrübergang auf R (also bei der Übergabe nach § 446 S. 1 BGB) mangelhaft im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr 2 BGB (siehe oben A. I. 2.). Der Wagen wies den nicht behebbaren Mangel schon bei Vertragsschluss auf. Somit war es K nach § 275 Abs. 1 BGB unmöglich, seine Leistungen vertragsgemäß (§ 323 Abs. 1 BGB), d.h. gemäß § 433 Abs. 1 S. 2 BGB frei von Sachmängeln, zu erbringen. Er „brauchte" daher im Sinne von § 326 Abs. 5 Hs. 1 BGB nicht zu leisten, weshalb R zurücktreten kann. Eine Nachfrist ist hier gemäß § 326 Abs. 5 Hs. 2 BGB entbehrlich.

2. Ausschluss des Rücktrittsrechts Das Rücktrittsrecht könnte aber aufgrund des Ausschlusses der Sachmängelhaftung im Kaufvertrag wirksam ausgeschlossen worden sein.

a. § 444 BGB

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Vgl. MünchKomm-BGB/Ernst (6. Aufl. 2012) § 326 Rn. 106 ff.

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Die Wirksamkeit eines solchen Haftungsausschlusses richtet sich zunächst nach § 444 BGB. Danach ist eine Vereinbarung, durch welche die Rechte des Käufers wegen eines Mangels ausgeschlossen werden, prinzipiell möglich, außer der Verkäufer hat den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen. Eine Garantie (Zusicherung der Fahrleistung) hat K eindeutig nicht abgegeben. Er hat „unter Ausschluss der Sachmängelhaftung" verkauft; das bezieht sich auf alle Mängel, auch auf eine erhöhte Fahrleistung. K hat zudem mangels eigener Kenntnis über den fehlerhaften Tachostand nicht arglistig gehandelt. Somit ergeben sich gegen den Gewährleistungsausschluss nach § 444 BGB keine Bedenken.

b. § 475 Abs. 1 BGB § 475 Abs. 1 S. 1 BGB, wonach zum Nachteil des Verbrauchers von den §§ 433 bis 435, 437, 439 bis 443 BGB nicht abgewichen werden darf, ist hier nicht anwendbar. Bei dem Geschäft zwischen K und R handelt es sich mangels Unternehmereigenschaft des K (§ 14 BGB) nicht um einen Verbrauchsgüterkauf im Sinne von § 474 Abs. 1 S. 1 BGB.

c. AGB Der Ausschluss könnte aber eine unwirksame allgemeine Geschäftsbedingung sein. aa. Vorliegen von AGB Dafür müsste es sich bei der verwendeten Klausel zunächst um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des Gesetzes handeln. Dies sind nach § 305 Abs. 1 S. 1 BGB alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. K verwandte ein Formular, das für viele andere Kaufverträge ebenfalls benutzt wird. Darauf, dass K das Vertragsmuster selbst nur einmal benutzen wollte, kommt es für die Anwendbarkeit des § 305 Abs. 1 BGB nicht an. Mithin handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung nach § 305 Abs. 1 S. 1 BGB. bb. Einbeziehung in Vertrag Weiterhin müsste der Haftungsausschluss, um überhaupt Wirksamkeit zu entfalten, in den Vertrag einbezogen worden sein (§ 305 Abs . 2 BGB). Dies erfordert einen ausdrücklichen oder konkludenten Hinweis des Verwenders auf seine AGB, die Möglichkeit der zumutbaren Kenntnisnahme durch den Vertragspartner sowie dessen

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Einverständnis mit der Geltung der AGB. Die Klausel war für R gut lesbar und sie erklärte sich mit ihrer Unterschrift konkludent mir ihr einverstanden. Demnach wurde der Haftungsausschluss gemäß § 305 Abs. 2 BGB wirksam in den Vertrag einbezogen. cc. Wertung Der Ausschluss der Haftung ist daher insbesondere an § 309 BGB zu messen: 

Nr. 8 lit. a ist hier nicht einschlägig, weil die Regelung gerade nicht mangelbezogene Pflichtverletzung en betrifft.



Nr. 8 lit. b bezieht sich nur auf neu hergestellte Sachen.



Zu beachten ist jedoch Nr. 7 lit. a, b, wonach durch eine AGB die Haftung für fahrlässige Körperverletzungen sowie für mindestens grob fahrlässig verursachte sonstige Schäden nicht wirksam ausgeschlossen werden kann. Gerade für diese Fälle sieht das von K verwandte Vertragsmuster aber auch keinen Haftungsausschluss vor, weshalb im Übrigen die Gewährleistung wirksam abbedungen wurde.

d. Zwischenergebnis R hat daher kein Rücktrittsrecht gemäß § 437 Nr. 2 Alt. 1, 433, 434 Abs. 1^S. 2 Nr. 2, 326 Abs. 5, 323 BGB.

IV. Minderungsrecht gemäß §§ 437 Nr. 2 Alt. 2, 433, 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, 441 BGB Aufgrund des wirksamen Haftungsausschlusses kann R auch nicht anstelle des Rücktritts die Minderung erklären.

V. Herausgabe des Kaufpreises nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB R könnte den Kaufpreis von K nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB kondizieren, wenn K ohne rechtlichen Grund etwas durch Leistung von ihr erlangt hätte.

1. Leistung Leistung ist die bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens. R hat an K den Kaufpreis gezahlt und somit dessen Vermögen gemehrt. Dies geschah zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeit aus § 433 Abs. 2 BGB und demnach auch bewusst und zweckgerichtet. M ithin liegt eine Leistung vor

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2. Erlangtes Etwas Unter dem erlangten etwas ist jeder vermögenswerte Vorteil zu verstehen. K hat Eigentum und Besitz an dem Geld (bzw. den Anspruch auf Auszahlung des Geldbetrages gegen die kontoführende Bank) und damit einen vermögenswerten Vorteil erlangt.

3. Ohne Rechtsgrund Schließlich müsste der Rechtsgrund der Leistung später weggefallen sein. Dies wäre der Fall, wenn R den Vertrag wirksam angefochten hätte (§ 142 Abs. 1 BGB ).5 Voraussetzung hierfür sind ein Anfechtungsgrund und eine fristgerechte Anfechtungserklärung. In Betracht käme lediglich eine Irrtumsanfechtung nach § 119 Abs. 2 BGB. Die Fahrleistung ist ein wertbildender Faktor und damit eine verkehrswesentliche Eigenschaft im Sinne des § 119 Abs. 2 BGB. Die Anfechtung wegen Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft, die gleichzeitig eine Beschaffenheit im Sinne des § 434 BGB ist, wird jedoch durch die §§ 433 ff. BGB als legis speciales ausgeschlossen . Andernfalls könnten die spezielleren Regelungen des Kaufrecht s über das Erfordernis der Nachfristsetzung im Hinblick auf eine Nacherfüllung ( § 437 BGB i.V.m. §§ 439, 323 BGB), der kurzen Verjährungsfrist (§ 438 BGB: 2 bzw. 5 Jahre, bei der Anfechtung gem. § 121 Abs. 2 BGB 10 Jahre) und des Ausschlusses der Sachmangelhaftung bei grob fahrlässiger Unkenntnis des Käufers (§ 442 Abs. 1 S. 2 BGB) unterlaufen werden könnten.6 Die Irrtumsanfechtung ist auch nicht ausnahmsweise zulässig, wenn die Sachmängelansprüche wie hier vertraglich ausgeschlossen sind. Ein vertraglicher Gewährleistungsausschluss, selbst wenn er in AGB vereinbart ist, erfasst nämlich stets auch die Anfechtung nach § 119 Abs. 2 BGB, ansonsten liefe die mit dem Ausschluss bezweckte Risikobeschränkung weitgehend leer.7

4. Zwischenergebnis Mithin ist die Anfechtung ausgeschlossen, eine Rückforderung des Kaufpreises nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB kommt nicht in Betracht.

VI. Ergebnis R stehen somit gegen K keine eigenen Ansprüche und Rechte zu.

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Wegen der ex tunc Wirkung der Anfechtung wendet eine a.A. hier § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB an. Vgl. dazu Cziupka JuS 2009, 887, 889; MünchKomm-BGB/Armbrüster (6. Aufl. 2012) § 119 Rn. 29. 7 BGH NJW 2001, 966, 967; Köhler JA 1982, 157, 159.

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Lösung Fall 10 – Teil II

B. Von K abgetretene Ansprüche und Rechte der R gegen A I. Anspruch auf Nacherfüllung nach §§ 437 Nr. 1, 433, 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, 439 Abs. 1, 398 S. 2 BGB R könnte ein Anspruch auf Nacherfüllung nach §§ 437 Nr. 1, 433, 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, 439 Abs. 1, 398 S. 2 BGB gegen A zustehen, wenn K ein solcher Anspruch gegen A zustand und er diesen an R wirksam abgetreten hat. K hat sich mit R ...


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