Ruder Fall 10 Thematische Schwerpunkte Berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag, auch-fremdes Geschäft, § 680 BGB, Vergütung nach § 1835 III BGB analog PDF

Title Ruder Fall 10 Thematische Schwerpunkte Berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag, auch-fremdes Geschäft, § 680 BGB, Vergütung nach § 1835 III BGB analog
Course Bürgerliches Recht
Institution Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
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Summary

-Ruderfall- Fall 10 3. Semester BGB
Thematische Schwerpunkte: Berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag, auch-fremdes Geschäft, § 680 BGB, Vergütung nach § 1835 III BGB analog...


Description

Fall 10 Der mutige M befährt mit seinem Ruderboot den Rhein. Leider nähert er sich mit seinem Gefährt zu sehr der Fahrrinne der Schiffe in der Mitte des Flusses und wird von einem Sog umgerissen. M treibt hilflos im Rhein umher. Glücklicherweise naht die Rettung in Form des Rettungssanitäters R, der gerade mit seinem Kanu auf dem Rhein unterwegs ist. R paddelt zu M hin, zieht ihn zunächst an sein Kanu und dann aus dem Wasser. Hierbei zieht sich R eine schmerzhafte Zerrung in der Schulter zu, da er im Eifer des Gefechts seine Kräfte aufgrund einer leichten Unaufmerksamkeit überschätzt. R verlangt von M Ersatz der Heilbehandlungskosten. Außerdem möchte er für seine Rettungsdienste angemessen vergütet werden. Zu Recht?

Lösung A. Anspruch des R gegen M auf Ersatz der Heilbehandlungskosten aus §§ 670 analog, 683 S. 1, 677 BGB I. Geschäftsbesorgung R müsste ein Geschäft geführt haben. Der Begriff ist grundsätzlich weit zu verstehen. Er umfasst inhaltlich jede tatsächliche und rechtliche Tätigkeit, die Inhalt eines Dienst-, Werkoder Geschäftsbesorgungsvertrags sein kann und sich nicht in einem bloßen Unterlassen erschöpft. Eine Geschäftsführung kann danach auch in einem tatsächlichen Handeln liegen. Sie ist hier in der Rettungshandlung des R zu sehen. II. Fremdheit des Geschäfts R müsste das Geschäft für einen anderen besorgt haben. Es müsste sich also um ein fremdes Geschäft handeln. Das Geschäft ist für R fremd, wenn es objektiv einem fremden Pflichtenund Interessenkreis zuzuordnen ist. Es gehört zu dem Interessenkreis des M, auf seine Unversehrtheit zu achten. Der Fremdgeschäftsführung steht auch nicht § 323c StGB entgegen, da die Erfüllung der Hilfeleistungspflicht zwar der Sphäre des R zuzuordnen ist, es jedoch ausreicht, wenn ein Geschäft zumindest auch einem fremden Interessenkreis zuzurechnen ist („sog. auch-fremdes Geschäft“). III. Fremdgeschäftsführungswille R müsste das Geschäft mit Fremdgeschäftsführungswillen getätigt haben (arg. e contrario § 687 BGB). Dazu müsste R in dem Bewusstsein und mit dem Willen gehandelt haben, ein fremdes Geschäft zu tätigen. Zwar besteht für R die allgemeine öffentlich-rechtliche Pflicht nach § 323c StGB „für einen anderen“ tätig zu werden. Die Rechtsprechung vermutet bei einem auch-fremden Geschäft den Fremdgeschäftsführungswillen. Eine andere Ansicht nimmt dies nur an, wenn der Fremdgeschäftsführungswille nach außen erkennbar wird. Hier rettet R den M gerade freiwillig und nicht nur in Erfüllung seiner Interessen. Es ist daher davon

auszugehen,

dass

R

vor

allem

zugunsten

des

M

und

damit

mit

Fremdgeschäftsführungswille handelte. IV. Ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung R müsste ohne Auftrag oder sonst eine Berechtigung i.S.d. § 677 BGB gehandelt haben. Unter Auftrag ist jeder verpflichtende Vertrag zu verstehen. Eine sonstige Berechtigung ist jede gesetzlich eingeräumte Befugnis, die Geschäfte eines anderen zu besorgen. Durch allgemeine

öffentlich-rechtliche Pflichten wird kein Auftrags- oder sonstiges Berechtigungsverhältnis begründet, denn diese Pflichten bestehen nur gegenüber der Allgemeinheit und nicht gegenüber dem Geschäftsherrn. Hier ist weder ein Auftrag noch eine sonstige Berechtigung i.S.d § 677 BGB gegeben. Somit handelte R ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung i.S.d. § 677 BGB. V. Berechtigung der Geschäftsführung R ist zur Geschäftsführung nur dann berechtigt, wenn ein Berechtigungsgrund vorliegt (vgl. § 683 S. 1 BGB; § 683 S. 2 BGB i.V.m. § 679 BGB) oder wenn der Geschäftsherr die Geschäftsführung genehmigt hat (vgl. § 684 S. 2 BGB). Hier könnte die Übernahme der Geschäftsführung gem. § 683 S. 1 BGB dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entsprechen. Unter dem wirklichen Willen ist allein der tatsächlich geäußerte Wille zu verstehen. M äußerte seinen Willen jedoch nicht. Der wirkliche Wille ist nicht erkennbar. Die Geschäftsübernahme könnte aber seinem mutmaßlichen Willen entsprechen. Dieser bemisst sich nach objektiven Kriterien, die letztlich den Kriterien für die Bestimmung des Interesses des Geschäftsherrn ähneln. Es liegt objektiv in dem Interesse des M, gerettet zu werden. Die Geschäftsübernahme entspricht damit auch dem mutmaßlichen Willen des M. Damit ist ein Berechtigungsgrund gem. § 683 S. 1 BGB gegeben. Anmerkung: Beachten Sie, dass für die Berechtigung der Geschäftsführung nach § 683 S. 1 zwei Kriterien erfüllt werden müssen. Die Übernahme der Geschäftsführung muss 1. (objektiv) dem Interesse des Geschäftsherrn entsprechen und 2. dem wirklichen (= tatsächlich geäußerten) oder dem mutmaßlichen (= anhand objektiver Kriterien zu ermittelnden) Willen. Aus dem objektiven Interesse lässt sich regelmäßig der mutmaßliche Wille des Geschäftsherrn schließen. VI. Rechtsfolge Als Rechtsfolge kann R gem. § 683 S. 1 i.V.m. § 670 BGB Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf. Aufwendungen sind freiwillige Vermögensopfer. Dem R geht es jedoch um den Ersatz seiner Heilbehandlungskosten, also einer unfreiwilligen Vermögenseinbuße, mithin eines Schadens. Fraglich ist, ob diese Kosten unter § 683 S. 1 i.V.m. § 670 BGB ersatzfähig sind.

1. Anwendbarkeit des § 670 BGB Nach herrschender Meinung umfasst der Aufwendungsbegriff i.S.d. GoA jedoch auch solche Schäden, die durch die Realisierung des typischen Risikos der Geschäftsführung und nicht nur des allgemeinen Lebensrisikos entstehen. Die Körperverletzung stellt sich als Folge der typischen und erkennbaren Gefahrenlage der Rettungshandlung dar. R kann daher unter Anwendung des § 670 BGB (eA: analog) Ersatz für die Heilbehandlungskosten verlangen. 2. Kürzung des Anspruchs nach § 254 I BGB (analog) Fraglich ist, ob der Anspruch des R wegen Mitverschuldens nach § 254 I BGB (analog) zu kürzen ist. R war bei der Entstehung seines Schadens leicht unaufmerksam, sodass nach allgemeinen Grundsätzen eine Kürzung seines Anspruchs durchaus möglich erscheint. Etwas anderes ergibt sich jedoch, sofern die Wertung des § 680 BGB berücksichtigt wird. Demnach hat der Geschäftsführer nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn die Geschäftsführung die Abwendung einer dem Geschäftsherrn drohenden dringenden Gefahr bezweckt. Vorliegend diente die Rettungsmaßnahme des R dazu, den bereits hilflos im Rhein treibenden M vor dem Ertrinken zu retten und damit zur Abwendung einer dem Geschäftsherrn drohenden dringenden Gefahr. Durch die leichte Unaufmerksamkeit hat R sich ungeachtet seiner besonderen Erfahrung als Rettungssanitäter in Anbetracht des dringenden Handlungsbedarfs und der verhältnismäßig geringen Eigengefährdung zudem jedenfalls nicht grob fahrlässig verhalten. Bei Anwendung des § 680 BGB wäre R daher kein Mitverschulden nach § 254 I BGB anzulasten. Der Anspruch des R wäre daher nicht zu kürzen. Gegen eine Anwendung von § 680 BGB könnte aber vorliegend sprechen, dass R als Rettungssanitäter ein sog. „professioneller Nothelfer“ war und aufgrund seiner beruflichen Erfahrung im Umgang mit Notsituationen im Gegensatz zu einem Laien womöglich keiner Haftungsprivilegierung als besondere Ermutigung zum helfenden Tätigwerden bedurfte. 1 Dies gilt umso mehr, da R im Falle eines „Rettungsvertrages“ mit M auch keine mit § 680 BGB vergleichbare Haftungsprivilegierung erhielte. Da R als professioneller Nothelfer im Falle einer echten berechtigten GoA mit der nach §§ 670, 683 S. 1, 677 BGB iVm § 1835 III BGB analog geschuldeten Vergütung (s.u.) so gestellt wird, wie er bei einem Rettungsvertrag stünde, scheint es angemessen, auch die Frage der Haftung entsprechend der Haftung bei einem Rettungsvertrag auszugestalten, indem § 680 BGB im Wege einer teleologischen 1

Reduktion unangewendet bleibt. Teilweise wird eine teleologische Reduktion des § 680 BGB abgelehnt und dem Nothelfer die Haftungsprivilegierung zugesprochen, wenn er jedenfalls nach § 658 BGB auf sein Entgelt verzichtet2. R macht allerdings seinen Vergütungsanspruch geltend und ist daher so zu stellen, wie er bei Abschluss eines Rettungsvertrags stünde. § 680 BGB ist teleologisch zu reduzieren, sodass der Ausgleichsanspruch des R aufgrund seiner leichten Unaufmerksamkeit nach § 254 I BGB (analog) zu kürzen ist. VII. Ergebnis R hat gegen M einen Anspruch auf Ersatz der Heilbehandlungskosten aus den §§ 670, 683 S. 1, 677 BGB, allerdings nur gekürzt nach § 254 I BGB (analog). Anmerkung: Eine a.A. ist gut vertretbar. Auf der anderen Seite könnte etwa zu beachten sein, dass die besondere Erfahrung eines professionellen Nothelfers sich auch weitgehend dadurch berücksichtigen lässt, dass man die gebotene Sorgfalt eines professionellen Nothelfers nach allgemeinen Grundsätzen entsprechend strenger bestimmt. Ist dem professionellen Nothelfer – wie vorliegend – selbst bei Anlegung strenger Sorgfaltsmaßstäbe nur leichte Fahrlässigkeit vorzuwerfen, ließe sich die Haftungsprivilegierung nach § 680 BGB zudem jedenfalls bei Rettungsfällen, die sich außerhalb der Dienstzeiten des Nothelfers ereignen, wertungsmäßig dadurch rechtfertigen, dass der Nothelfer – anders als im Dienst – nicht jederzeit mit Notfällen rechnen muss und sich daher ähnlich einem Laien tendenziell weniger sorgfältig verhält. Dass R zum Zeitpunkt der Rettung im Dienst war, ist nicht ersichtlich. Vielmehr lässt der Umstand, dass R mit seinem privaten Kanu unterwegs war, auf eine Freizeitbetätigung schließen. Dementsprechend könnte eine teleologische Reduktion des § 680 BGB auch abzulehnen sein, sodass der Ausgleichsanspruch des R ungeachtet der leichten Unaufmerksamkeit nicht analog § 254 I BGB gekürzt werden müsste.

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B. Anspruch des R gegen M auf Zahlung einer angemessenen Vergütung aus §§ 670, 683 S. 1, 677 BGB i.V.m. § 1835 III BGB analog I. Berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag Die Voraussetzungen einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag liegen vor (s.o.). VIII. Rechtsfolge Fraglich ist allerdings, ob R nach § 670 BGB eine Vergütung verlangt werden kann. In analoger Anwendung des § 1835 III BGB kann der Geschäftsführer nach herrschender Meinung für die eigene Arbeitsleistung eine angemessene Vergütung verlangen, wenn die Tätigkeit seinem Beruf oder Gewerbe angehört. R ist als Rettungssanitäter tätig. Die Rettungshandlung gehörte somit zu seinem Beruf. Anhaltspunkte dafür, dass R mit Schenkungsabsicht i.S.d. § 685 I BGB handelte, sind nicht ersichtlich. IX. Ergebnis R kann von M die Zahlung einer angemessenen Vergütung nach §§ 670, 683 S. 1, 677 BGB i.V.m. § 1835 III BGB analog verlangen....


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