Das Unbehagen der Geschlechter von Judith Butler — Gratis-Zusammenfassung PDF

Title Das Unbehagen der Geschlechter von Judith Butler — Gratis-Zusammenfassung
Author kikieriki mueller
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Das Unbehagen der Geschlechter von Judith Butler — Gratis-Zusammenfassung

14.06.20, 16:30

Buch

Das Unbehagen der Geschlechter Judith Butler London, 1990 Diese Ausgabe: Suhrkamp, 2016 ! " 12 # 0 Buch oder Hörbuch kaufen

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Literatur!klassiker

" 12 % + &

Philosophie Moderne

Worum es geht Geschlecht als Konstrukt Mit ihrem berühmten Satz, man werde nicht als Frau geboren, sondern zur Frau gemacht, leitete Simone de Beauvoir nach dem Zweiten Weltkrieg eine neue Phase des Feminismus ein. Ge!schlechtsiden ! t! i!tät wurde danach nicht mehr als natürlich gegeben, sondern als Folge von Kultur und Erziehung betrachtet. Judith Butler ging noch einen Schritt weiter. Die ame!ri!ka!ni!sche Philosophin meinte, nicht nur in der Ge!schlechtsiden ! !ti!tät, sondern bereits im ana!to!mis! chen Geschlecht ein Konstrukt zu erkennen. Was wir für biologische Fakten hielten, sei erst durch wiederholte Praxis, Menschen in männliche und weibliche Subjekte aufzuteilen, zur Realität geworden. Im Dienst der Fort-! pflanzung ! seien Hete! ! ro!se!xua!li!tät und Zwei!geschlechtlichkeit ! ! ! zur gesell! ! schaft-! li!chen Norm erhoben worden, unter Ausschluss aller anderen Formen sexueller Identität. Das Unbehagen der Ge!schlech!ter wurde trotz seiner stre-! cken!wei!se un!ver!ständli ! c! hen Sprache rasch zum Bestseller, seine Autorin zu einer Art Popstar der In!tel!lek!tu!el!len!sze!ne. Nicht nur unter Fem ! i!nistin ! n ! en entfachte dieses umstrittene Buch eine heftige Debatte, die bis heute anhält.

Take-aways • Judith Butlers Buch Das Unbehagen der Ge!schlech!ter zählt zu den Grün!dungsschriften ! ! der Gen!derstu ! d ! ies. • Inhalt: Nicht nur die Ge!schlechtsiden ! t! i!tät, auch das biologische Geschlecht des Menschen ist ein reines Konstrukt. Die zwanghafte, auf Re!pro!dukti ! o ! n unserer Kultur aus!gerichte ! ! te ! Norm he!tero ! s! e!xu!el!ler Zwei!ge!schlechtlichkeit ! ! lässt keine anderen Geschlechtsidentitä ! ! ! ! !ten zu. Der Feminismus muss sich von dieser Binarität befreien und sich anderen https://www.getabstract.com/de/zusammenfassung/das-unbehagen-der-geschlechter/28336

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Identitäten öffnen. • Butler stützt sich wesentlich auf die Dis!kurs!theo!rie von Michel Foucault. • Ebenso bezieht sie sich auf die Sprech!akt!theo!rie John L. Austins, wonach Sprechakte Wirk!lich!keit erzeugen. • Im Zentrum ihrer Kritik steht der klassische Feminismus, der unkritisch die Kategorien „Mann“ und „Frau“ übernommen habe. • Butlers Sprache ist schwer ver!ständ!lich und von phil! o!so!phi!schem Fach-! voka ! !bu!lar durchzogen. • Dennoch wurde das Buch ein Bestseller und machte die Autorin zum gefeierten Star. • Butler wertete den vormals abfälligen Begriff „queer“ zu einem Kampf-! begriff ! der homo! ! sex ! u!el!len Szene auf. • Das Unbehagen der Ge!schlech!ter löste vor allem in Deutschland eine heftige Kontroverse aus. • Zitat: „Die Ge!schlechtsiden ! t! i!tät erweist sich somit als Kon!struk!ti!on, die regelmäßig ihre Genese ver!schlei!ert.“

Zusammenfassung Ge!schlechts!iden!ti!tät als kulturelles Konstrukt Lange Zeit ist die fe!mi!nis!ti!sche Theorie davon ausgegangen, dass es so etwas wie „die Frau“ oder „die Frauen“ gebe, deren universale Interessen und politischen Ziele sie vertrete. Erst kürzlich hat man begonnen, „die Frau“ als einheit ! l! i!che Kategorie infrage zu stellen. Michel Foucault verdanken wir die Erkenntnis, dass Macht!sys!te!me die Subjekte, die sie sprachlich und politisch re!prä!sen!tie!ren, zunächst einmal diskursiv produzieren müssen. Die zeit!ge!nös!si!schen Rechts!struk!tu!ren stellen diese Subjekte als „natürliche“ Tatsache hin und ver!schlei!ern dadurch, dass es sich dabei letztlich um Kon-! struk!tionen ! handelt. Die Aufgabe eines kritischen Feminismus ist es nun, zu begreifen, dass genau die Macht!struk!tu!ren, von denen es sich zu eman!zi!pie-! ren gilt, „die Frau“ als Kategorie überhaupt erst erschaffen haben.



„Die fe!mi!nis!ti!sche Theorie ist zum größten Teil davon ausgegangen, dass eine vorgegebene Identität existiert, die durch die Kategorie ,Frau(en)‘ bezeichnet wird.“ (S. 15)



Wenn der Feminismus für sich in Anspruch nimmt, Frauen quer durch alle Kulturen zu vertreten, setzt er eine Ein!heitlich ! !keit und Univ! er!sa!li!tät der Kategorie „Frau“ voraus, die in Wahrheit nicht existiert. Die Ge!schlechtsiden! ! ti!tät ergibt sich nämlich entgegen allen hartnä! ! cki!gen Vorurteilen nicht aus dem ana!to!mi!schen, sozusagen bio!lo!gi!schen Geschlecht eines Menschen, sondern sie ist eine rein kulturelle Kon!struk!ti!on. Es gibt keine „natürliche“, jenseits von Rasse, Ethnie, Klasse und Sexualität gültige universale Ge-! schlechtsiden ! t! i!tät. „Männlich“ und „weiblich“ bedeutet je nach his!to!ri!schem, kulturellem und politischem Zu!sam!men!hang etwas anderes. Selbst wenn man von zwei bio!lo!gi!schen Ges! chlech!tern ausgeht, folgt daraus noch lange nicht, dass es auch zwei Ge!schlechtsiden ! !ti!tä!ten gibt. Die Begriffe „Mann“ und „männlich“ können sich auch auf einen weiblichen Körper beziehen, so wie „Frau“ und „weiblich“ auch einen männlichen Körper bezeichnen können. Die „natürliche“ Zwei!ge!schlecht!lich!keit Simone de Beauvoir hat darauf hingewiesen, dass man nicht als Frau zur Welt kommt, sondern dazu gemacht wird. Ein Wesen weiblichen Geschlechts nimmt demnach unter ge!sell!schaft!li!chem Druck die Ges! chlechtsiden ! t! i!tät einer Frau an. Nach Beauvoir ist das universale Subjekt männlich bestimmt, während das weibliche Geschlecht immer das Andere, Besondere, Her!aus!ge!ho!be!ne ist. Die Frau stellt das Negativ des Mannes und damit einen Mangel dar. Wie Beauvoir gehen auch andere fe!mi!nis!ti!sche Theor! e!ti!ke!rin!nen von der Grund!an!nah!me aus, dass es so etwas wie ein natürliches, anato! ! mis! ches

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Geschlecht gibt, auf dessen Basis dann männliche bzw. weibliche Identitäten konstruiert werden. Was aber, wenn auch schon das anatomische Geschlecht eine Kon!struk!ti!on wäre?

„Die Begriffe Mann und männlich können (…) ebenso einfach einen männlichen und einen weiblichen Körper bezeichnen wie umgekehrt die Kategorien Frau und weiblich.“ (S. 23)

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Gegen Beauvoirs Annahme eines un!wan!del!ba!ren, faktischen Geschlechts, von dem aus eine Ge!schlechtsiden ! !ti!tät konstruiert wird, stellt sich Monique Wittig. In radikaler Weise verneint sie, dass so etwas wie ein natürliches Geschlecht überhaupt existiert. Ein mensch!li!ches Subjekt ist immer schon ein ge!schlechtlich ! bestimmtes Subjekt. Erst wenn die Frage beantwortet ist, ob es ein Junge oder ein Mädchen ist, wird das Neugeborene in unserer Kultur zu einem mensch!li!chen Wesen. Tatsächlich aber dient dieses binäre Schema nur einer von öko!no!mi!schen Interessen gesteuerten re!pro!duk!ti!ven Sexualität, die den Bestand unserer Kultur sichern soll. Durch die wiederholte Praxis, den sexuellen Unterschied sprachlich zu benennen, werden Tatsachen geschaffen und als natürlich hingestellt. Die Sprache drückt dem Körper gewaltsam einen Stempel auf und stellt zwei Ge!schlechts!ka!te!go!ri!en her.

„Die fe!mi!nis!ti!sche Kritik muss einerseits die to!ta!li!sie!ren!den Ansprüche einer maskulinen Be!deutungs ! !öko!no!mie untersuchen, aber an!de!rer!seits gegenüber den tot! alisie ! ! r! en!den Gesten des Feminismus selbst!kri!tisch bleiben.“ (S. 33)



Unser Denken ist durch den herr!schen!den Diskurs von der Binarität des Geschlechts, also der Zwei!ge!schlechtlich ! !keit geprägt. Schon unsere Sprache ist durch die männliche oder weibliche Bestimmung des Geschlechts von Sub-! stan!ti!ven gerastert und zwingt unser Denken in eine binäre Ordnung, hinter die wir nicht zu!rück!kön!nen. In dem von He!te!ro!se!xua!li!tät und Fort!pflan!zung bestimmten ju!ristisch-me ! !di!zi!ni!schen Diskurs ist das Subjekt überhaupt nur als ein männliches oder weibliches denkbar. Die in!tel!li!gi!b!le, also denkbare oder vor!stellba ! !re Ge!schlechtsidenti! ! ! tät stellt künstlich eine Kontinuität oder sogar Kausalität zwischen dem ana!to!mi!schen Geschlecht, der kulturell auferlegten Ge!schlechtsidenti! ! ! tät und dem sexuellen Begehren her. Alle Ab-! wei!chungen ! von diesem Muster erscheinen als wider ! !na!türl! ich und nicht denkbar. Psy!cho!log ! ische ! Erklärungen der Zwei!geschlecht ! !lichk ! eit Wie aber konnte sich die He!te!ro!se!xua!li!tät als scheinbar natürliche „Matrix“ des Begehrens in unserer Kultur etablieren? Durch welchen Mechanismus wird das anatomische Geschlecht zur Ge!schlechtsiden ! t! i!tät? Bei Claude Lé!vi-Strauss, Jacques Lacan und Sigmund Freud spielt das Tabu gegen den Inzest zwischen Mutter und Sohn bzw. Vater und Tochter eine ent!schei-! dende ! Rolle bei der Heraus! ! bildung ! der Ge!schlechtsiden ! ti ! !tät. Eine Erklärung, warum sich das Begehren des Kindes auf den jeweils ge!gen!ge!schlecht!li!chen Elternteil richtet, bieten sie jedoch nicht. Für Lévi-Strauss ! und Lacan ist das he!te!ro!se!xu!el!le Inzesttabu eine universelle, un!hint! er!frag!te Wahrheit aller Kultur, die die Natur in geordnete Bahnen lenkt. Alle Randformen der Sexualität dagegen sind nicht vorstellbar. Diese Ge!gen!über!stel!lung von Kultur und einer angeblich vor!dis!kur!si!ven Natur impliziert fälschl! i!cher!wei!se, dass He!te!ro!se!xua!li!tät gegeben und natürlich sei.

„Die binäre Regulierung der Sexualität unterdrückt die subversive Man!nig!fal!tig!keit einer Sexualität, die mit den Hegemonien der He!te!ro!sexua ! li ! !tät, der Fort!pflan!zung und des me!di!zi!nisch-juris ! !ti!schen Diskurses bricht.“ (S. 41)

Freud geht zwar von einer angeborenen Bi!se!xua!li!tät aus, doch seine Theorie vom ödipalen Konflikt besagt, dass der kleine Junge das sexuelle Begehren nach der Mutter – nicht nach dem Vater – sublimieren muss, damit sich seine https://www.getabstract.com/de/zusammenfassung/das-unbehagen-der-geschlechter/28336

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Ge!schlechtsidenti! ! ! tät und seine männlichen Anlagen festigen. Das aber setzt eine ge!schlecht!li!che Un!ter!schei!dung und he!te!ro!se!xu!el!les Begehren schon voraus. In Freuds Theorie der angeborenen Bi!se!xua!li!tät ist nur von der Anziehung der Gegensätze, nicht von Ho!mo!se!xua!li!tät die Rede. Will man nun erklären, wie ge!schlecht!li!che Diff! e!ren!zie!rung und das, was Freud als männliche oder weibliche Anlage bezeichnet, entsteht, muss man einen Schritt zurückgehen und vor dem In!zest!ver!bot ansetzen. Ent!schei!dend für die Iden!titäts ! bildung ! ! ist nämlich nicht nur das Inzesttabu, sondern auch das vor-! ge!la!ger!te Ho!mo!se!xual! i!tätsta ! !bu. Sexuelle Anlagen sind eben nicht natürlich gegeben, sondern immer schon das Ergebnis sexueller Verbote und der Verdrängung eines ho!mo!se!xu!el!len, auf das gleichg ! e!schlecht!li!che Elternteil gerichteten Begehrens. Das Tabu gegen Ho!mo!se!xua!li!tät geht dem Tabu gegen he!te!ro!se!xu!el!len Inzest voraus und schafft die Anlagen, die den Ödi!pus!kom!plex überhaupt erst möglich machen.

„Das heißt, es geht um den Versuch, zur Ge!schlech!ter!ver!wir!rung anzustiften.“ (S. 61)





Bei der he!te!ro!se!xu!el!len Identität verschiebt der Junge sein Begehren von der Mutter auf ein anderes weibliches Objekt und trauert über den Verlust. Bei der ho!mo!se!xu!el!len Identität dagegen geht nicht nur das Objekt des Begehrens (für den Jungen: der Vater) verloren, sondern das Begehren selbst wird vollständig negiert. Es handelt sich also um eine doppelte Verleugnung sowohl des Objekts als auch des Ziels ho!mo!se!xu!el!len Begehrens. Das verlorene, zugleich verleugnete Lie!bes!ob!jekt aber kann nicht betrauert werden, was zu einer Grund!struk!tur der Melancholie führt. Der Verlust wird me!lan!cholisch ! verinner! ! ! licht und in den Körper einge! ! schrieben. ! Erst nachdem sich durch Verbote eine he!te!ro!se!xu!el!le Identität gefestigt hat, verortet sich die sexuelle Lust in den jeweiligen Kör!per!tei!len, die dem normativen Ideal für den Mann (Penis) und die Frau (Brüste, Vagina) entsprechen. Gibt es eine vor!dis!kur!si!ve Sexualität? In der Nachfolge von Lévi-Strauss ! und Lacan gehen manche fe!mi!nis!ti!sche Theo!re!ti!ke!rinn ! en davon aus, dass es eine ur!sprüng!li!che libidinöse Vielfalt gibt, die durch die Kultur unserer Ge!sell!schaft verdrängt wurde. Gayle Rubin etwa behauptet, vor der Verwandlung eines biologisch männlichen oder weiblichen Wesens in einen Mann oder eine Frau seien im Kind alle sexuellen Mög!lichkei! ! ten angelegt. Nach Julia Kristeva gibt es ein primäres weibliches Prinzip, das durch ein unsere gesamte Kultur und Sprache struk!tu!rie!ren!des Ord!nungs!prin!zip verdrängt wurde. Der Weg für die Frau, mit diesem verdrängten weiblichen Urprinzip und libidinöser Vielfalt wieder in Kontakt zu treten und die herrschende, männlich definierte Ordnung zu unterlaufen, besteht darin, selbst Mutter zu werden. Der Wunsch, zu gebären, ist Teil eines archaischen, kollektiven weiblichen Triebs. Lesbentum dagegen begreift Kristeva als Selbst!ver!lust, als Psychose und Regression.



„Bestimmte Körperteile werden genau deshalb zu Vor!stel!lungs!zen!tren der Lust, wie sie dem normativen Ideal eines solchen, für die Ge!schlechts!iden!tität ! spez! i!fi!schen Körpers entsprechen.“ (S. 111)



Die Annahme einer wahren, ur!sprüng!li!chen Sexualität jenseits des Diskurses, zu der man zu!rück!keh!ren könnte, ist eine romantische Illusion. Wie schon Foucault gezeigt hat, kann Repression prohibitiv und zugleich produktiv begriffen werden. Die juridische Macht, die in den Verboten und Tabus einer Kultur Gestalt annimmt, unterdrückt nicht eine ur!sprüng!li!che Weib!lichkeit, ! Bi!se!xua!li!tät oder andere Formen des Begehrens, sondern sie produziert diese erst. Es gibt keine Sexualität außerhalb der Macht, denn der Diskurs über Sexualität ist immer schon von Macht!be!ziehun ! !gen durchzogen: Sexualität und Macht sind de!ckungs!gleich. Die Vorstellung von einem befreiten Eros ist selbst schon Teil des Macht!dis!kur!ses, und der Mut!ter!in!stinkt, von dem Kristeva spricht, ist ebenso ein Konstrukt wie Weib!lichkeit. !

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Die Subversion zwanghafter He!te!ro!se!xua!li!tät Normative He!te!ro!se!xua!li!tät ist laut Wittig ein Instrument zur Festigung der männlichen Herrschaft. Geschlecht ist somit keine natürliche, sondern eine politische Kategorie. Durch das Lesbentum, das jenseits von „männlich“ und „weiblich“ ein drittes Geschlecht darstellt, wird die Norm der Zwei!ge!schlecht-! lich!keit unterlaufen. Für Wittig stellt Ho!mo!se!xua!li!tät also einen Akt der Subversion und des politischen Widerstands dar. Lesbentum versteht sie als grund!le!gen!de Zu!rück!wei!sung der He!te!ro!se!xua!li!tät, und sie lehnt die in der lesbischen Szene ver!brei!te!ten Kopien he!te!ro!se!xu!el!ler Identitäten, etwa in Form betonter Männ!lichkeit ! (die sogenannte Butch-Iden!ti!tät) oder betonter Weiblich ! k ! eit (die Femme-Iden!ti!tät), strikt ab. Dabei sind es gerade diese Parodien stereotyper Ge!schlechtsiden ! t! i!tä!ten, die die Viels! chichtig ! !keit im Verhältnis von Männlichem und Weiblichem zum Vorschein bringen und die Vorstellung fester, ur!sprüngli ! !cher sexueller Identitäten infrage stellen. Die he!te!ro!se!xu!el!len Konstrukte verlieren durch die pas!ti!chea ! r!ti!ge Zur!schau!stel!lung in der Lesben- und Schwu!len!sze!ne ihren Anspruch auf Nat! ür!lich!keit und Ur!sprüng!lichkeit ! und werden ihrerseits als Parodie entlarvt. Die sich betont männlich gebende lesbische Frau und der feminine Schwule erzeugen Verwirrung und tragen zur De!sta!bi!li!sie!rung und De!na!tu!ra!li!sie!rung unserer scheinbar festen Ge!schlechts!ka!te!go!ri!en bei. Sie unterlaufen das Ideal einer normativen, kohärenten He!te!ro!se!xua!li!tät und führen die Dis!kon!ti!nui!tät der Ge!schlechtsidenti! ! ! tät vor Augen.



„Ein Kind wird in dem Augenblick zum mensch!li!chen Wesen, wenn die Frage: ,Ist es ein Junge oder ein Mädchen?‘ beantwortet ist.“ (S. 165 f.)



Nicht nur Ge!schlechtsiden ! !ti!tät, auch der Körper mit seiner Unt! er!schei!dung zwischen Innen- und Außenwelt ist eine Illusion, die zum Zweck der Re!pro!dukti ! o ! n ge!sell!schaftlich ! auf!recht!er!halten ! wird. Körper und Geschlecht besitzen keine on!to!lo!gi!sche Realität, sondern sie sind performativ und werden durch Sprechakte, Kör!per!ges!ten und In!sze!nie!rung erzeugt. Indem die Psychologie etwas Innerliches, Seelisches als Ursache erotischen Begehrens annimmt, ver!schlei!ert sie den per!for!ma!ti!ven Ursprung von Ge!schlechtsiden! ! ti!tät. Lesben, Schwule und Bisexuelle führen uns durch die Praktiken der Travestie und des Klei!der!tau!sches vor, dass es sich bei der Ges! chlechtsiden ! t! i!tät um nichts Innerliches, Expressives sondern um aus!tausch!ba!re Attribute handelt: Geschlecht ist nicht etwas, was man hat, sondern was man tut. Die Travestie, die eine Ge!schlechtsiden ! t! i!tät imitiert, zeigt, dass Ges! chlechtsiden ! t! i!tät grund!sätz!lich eine Imitation ist. Das scheinbar Normale ist immer schon eine Kopie.

Für einen neuen Feminismus Der Feminismus setzt sich politisch für „die Frauen“ ein und impliziert damit, dass es „die Frau“ gibt. So wie es jedoch keine universal gültige weibliche Identität gibt, so existiert auch keine universale Form des Patriachats oder der männlichen Un!ter!drü!ckung. Der Feminismus irrt, wenn er den Anspruch vertritt, „die Frau(en)“ zu re!prä!sen!tie!ren, und den Feind allein in Gestalt „des Mannes“ sieht. Zum einen übernehmen viele Fe!mi!nistin ! !nen unkritisch die Ka!te!gor! i!sierung ! des Un!terdrü ! !ckers, zum anderen übersehen sie die ver!schie-! de!nen Formen von Un!terdrü ! ckung, ! die sich nicht nur im Geschlechter-, ! ! sondern auch in Rassen- und Klas!sen!ver!hältnis ! s! en äußert.

„In he!te!ro!sexuel! ! ! len Beziehungen finden sich ebenso durchaus ho!mo!se!xuel! ! le psychische Strukturen wie umgekehrt in schwulen und lesbischen Beziehungen psychische Strukturen der He!te!ro!sexua ! li ! !tät.“ (S. 180)

Der Feminismus muss begreifen, dass auch das biologische Geschlecht ein Produkt des ge!sellschaft ! !li!chen Diskurses ist, allein dazu bestimmt, die männliche he!te!ro!s!e!xis!ti!sche Herrschaft zu festigen. Gewiss ist weltweite Solidarität „der Frau(en)“ eine Waffe im politischen Kampf gegen Un!ter!drü!ckung. Doch diese zwanghafte Ver!einheit ! l! i!chung der Frauen – gleich welcher

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Rasse oder Klasse, welchen Alters und welcher sexuellen Ori!en!tie!rung – in einer Kategorie hat etwas Totalitäres. Es würde den Feminismus stärken, wenn er Wi!der!sprü!che, Brüche und Un!ter!schie!de zuließe und sich der Vielfalt von Ge!schlechtsidentitä ! ! ! !ten öffnete, statt normativ zu bestimmen, was weibliche Identität ist.

Zum Text Aufbau und Stil Judith Butlers Das Unbehagen der Ge!schlech!ter besteht aus drei Kapiteln, die ihrerseits in Un!ter!ka!pi!tel gegliedert sind. Die Autorin setzt sich mit fe!mi!nis!ti!schen und psy!cho!lo!gi!schen Theorien auseinander, deren Kenntnis sie voraussetzt. Mitunter hat man den Eindruck, sie setze eine Debatte mit anderen fe!mi!nisti! ! schen Theo!re!ti!ke!rin!nen in schrift!li!c...


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