Einführung in die Bildanalyse PDF

Title Einführung in die Bildanalyse
Author Larina Hahn
Course Einführung in die Bildanalyse
Institution Universität Siegen
Pages 22
File Size 380.7 KB
File Type PDF
Total Downloads 86
Total Views 138

Summary

Bildanalyse...


Description

Einführung in die Bildanalyse Bild 1 • Der Mensch kommuniziert über Bilder: animal symbolicum (Ernst Cassirer), homo pictor • Erste bildliche Darstellung reichen in die Vorgeschichte zurück: Felszeichnungen des Jungpaläolithikums und des Neolithikums • Trotz wiederkehrender Bilderverbote (‚das goldene Kalb’) finden sich Bilder in allen menschlichen Kulturen. • Kultur -> Bildkultur Bild 2 • Heute: Markt für Bilder; nicht nur in Kirchen, Palästen, Galerien, sondern in allen Bereichen des öffentlichen Lebens • Bilder sind inflationär, verfügbar und billig geworden: Bilderflut. • Seit dem Ende des 18. Jh.: ständig steigende Bildproduktion durch Zeitungen, Zeitschriften, Bücher, Fotografie, Film, Fernsehen, Computer. Bild 3 Fortschritt durch technische, wirtschaftliche und Rezeptions-Faktoren: • wachsende Zahl von bildtragenden Medien • neue Arten von Bildern werden technisch reproduzierbar • bilderzeugende Apparaturen dringen in Mikro- und Makrokosmen vor • Bildmedien werden vernetzt • analoge Bilder werden durch Digitalisierung erneut verfügbar Bild 4 • Notwendigkeit ausgeprägter praktischer und theoretischer Bildkompetenz. • Bilderangst und Bilderflucht führen zu einer wenig ausgeprägten Bildwissenschaft, die sich in den letzten Jahren erst formiert und zwischen den etablierten Disziplinen agiert: Bild 5

Vertreter der Bildwissenschaft : • Erwin Panofsky, deutscher Kunsthistoriker • Ernst H. Gombrich, Wiener Kunsthistoriker • Roland Barthes, französischer Semiologe und Philosoph • Nelson Goddman, amerikanischer Philosoph • W.J.T. Mitchell, amerikanischer Kunsthistoriker • Hans Belting, deutscher Kunsthistoriker • Horst Bredekamp, deutscher Kunsthistoriker • Klaus Sachs-Hombach, deutscher Medientheoretiker Bilddefinitionen 1.1: • Bilder bezeichnen primär Dinge wie Gemälde, Zeichnungen, Stiche neben ihren vielfältigen technischen und elektronischen Weiterentwicklungen; Bilder sind also Artefakte, künstliche Gegenstände, die darstellen bzw. sehen lassen. Dazu zählen auch Fotografie, Film, Computergrafik etc. • Ikon (griech. Eikon) bezeichnete alle bildlichen Darstellungen einschließlich Standbildern (Skulpturen). Im Lateinischen dominierte der Begriff ‚imago’ (Bilderinnerung an Verstorbene, später Bild allgemein), der auch mit ‚imaginari’ (sich vorstellen) und ‚imitare’ (nachbilden) verwandt ist. Bilddefinitionen 1.2: • Seit der Renaissance gilt als Bild das gestaltete Bildkunstwerk, obwohl die meisten Bilder nicht nur ästhetischen, sondern auch religiösen (kultischen), wissenschaftlichen oder alltagspraktischen Zwecken dienten. • Eine Bildanalyse muss sich auf ästhetische wie auch auf pragmatische Darstellungen anwenden lassen, wenn nicht jeweils große Bereiche ausgeklammert werden sollen. Bilddefinitionen 2: • Zudem gibt es natürliche Bilder: 1. Spiegelungen im Wasser 2. Schatten oder 3. Abdrücke. • Unterschieden wurden seit der Antike künstliche Bilder (technei eikones) und natürlich geformte Bilder (physei eikones). Bilddefinitionen 3:

• Die am schwersten definierbare Variante des Bildes sind die Inneren oder Vorstellungsbilder, die in Träumen und Halluzinationen auftauchen. • Bereits in der Antike war die Vorstellung von der Erinnerung bzw. dem Gedächtnis an die Imagination, die Visualisierung in Bildern geknüpft. Im Griechischen: eidolon, phantasma, im Lateinischen: simulacrum (Trugbild). • In der judeo-christlichen Tradition wird aus eidolon idolum (Götzenbild) sowie die abzulehnende Idolatrie (Götzenverehrung). Bilddefinitionen 4: • Im Altertum und Mittelalter galt als ‚Bild’ auch eine Person oder Sache, welche stellvertretend für eine andere Person oder Sache erscheint. • Urbild-Abbild-Verhältnis : - Urbild (paradeigma, archetypus, exemplar) - Abbild (eikon, mimema, imago) Einführendes Filmbeispiel: Blade Runner / Der Bladerunner. USA/GB 1982. Regie: Ridley Scott. -Zeigt den Vorgang einer Bildanalyse (Abbildung eines bildanalytisches Prozesses) -„Gerät“, welches die Vergrößerung bestimmter Fotoausschnitte ermöglicht (Fotoausschnittvergrößerung = Blowup) -Durch die Vergrößerung eines Bildausschnittes ergibt sich ein neues, eigenes Bild mit neuer Rahmung à ein neues Bild entsteht! -Das Verborgene wird sichtbar gemacht!

Bilddefinitionen 4: • Im Altertum und Mittelalter galt als ‚Bild’ auch eine Person oder Sache, welche stellvertretend für eine andere Person oder Sache erscheint. • Urbild-Abbild-Verhältnis : - Urbild (paradeigma, archetypus, exemplar) - Abbild (eikon, mimema, imago) Bilddefinitionen 5: • Sprachliche Vergleiche (Gleichnisse, Metaphern) können als Bild bezeichnet werden. • Platons Höhlengleichnis: Schatten als Bild von Wirklichkeit Bilddefinitionen 6: Bild kann in Kombinationen etwa

• Vorbild oder • Leitbild bedeuten. Semiotik ► Lehre von den Zeichen (griech. semeion = Kennzeichen); allgemeine Theorie vom Wesen, der Entstehung (Semiose) und dem Gebrauch von Zeichen, Teilgebiet der philosophischen Erkenntnistheorie. ► Seit Charles Sanders Peirce eigene Disziplin ► Später geprägt durch Ferdinand de Saussure und Roland Barthes („Semiologie“) Semiotik 2 ► „Die gesprochenen Worte sind die Zeichen von Vorstellungen in der Seele und die geschriebenen Worte sind die Zeichen von gesprochenen Worten. So wie nun die Schriftzeichen nicht bei allen Menschen dieselben sind, so sind auch die Worte nicht bei allen Menschen dieselben; aber die Vorstellungen in der Rede, deren unmittelbare Zeichen die Worte sind, sind bei allen Menschen dieselben und eben so sind die Gegenstände überall dieselben, von welchen diese Vorstellungen die Abbilder sind.“ – Aristoteles, Peri hermeneias, Erstes Kapitel Hermeneutik ► Theorie über die Auslegung (Interpretieren) und das Verstehen von (künstlerischen) Werken ► Der Mensch ist in eine Welt von Zeichen eingebunden und zugleich Teil einer Gemeinschaft, die eine gemeinsame Sprache benutzt. ► Alle menschlichen Schöpfungen tragen Sinn, der in wiederholter Betrachtung entschlüsselt werden kann: die hermeneutische Aufgabe. Stufen des Bildverstehens (nach Oliver Scholz) 1. perzeptuelles Verstehen --> Geeignete Bedingungen der Wahrnehmung 2. plastisches Verstehen --> Die Fähigkeit, in der bildnerischen Darstellung einen Körper zu erkennen 3. Bilder als Zeichen verstehen --> Farben und Formen als Zeichen verstehen können: Zeichenhaftigkeit des Bildes 4. Darstellung als bildliches Zeichen verstehen --> Symbolsysteme kennen und bildhafte Zeichen erkennen lernen 5. Verstehen des Bildinhalts --> Semantisches Verstehen: Gegenstands/Sachbezüge als Voraussetzung (was wird dargestellt); darauf aufbauend kann über weiteren Gehalt reflektiert werden 6. Verstehen des denotativen Bezuges Erwin Panofsky ► * 1892 in Hannover; † 1968 in Princeton, New Jersey, USA ► einer der bedeutendsten Kunsthistoriker des 20. Jahrhunderts, der die Ikonologie wesentlich weiterentwickelte. ► Panofsky promovierte 1914 in Freiburg über Dürers Kunsttheorie und lehrte ab 1927 als Professor an der Universität Hamburg. ► Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 entlassen, emigrierte er in die USA. ► Bis 1935 lehrte er an der New York University, später am Institute for Advanced Studies in Princeton (New Jersey).

► In Hamburg begründete Panofsky zusammen mit Aby Warburg, Fritz Saxl und Ernst Cassirer die Hamburger kunsthistorische Schule. ► Sein hauptsächliches Interesse galt der Erforschung der Bedeutung in der Kunst, womit nicht nur der dargestellte Inhalt, sondern auch seine jeweils zeitgenössische Rezeption gemeint war, also das Verstehen des historischen Kontextes und daher auch der gewählten Formen und Motive. ► Er setzte sich von der vorherrschenden Methode der Kunstgeschichte ab, mittels Stilkritik in erster Linie eine formale, qualitative, zuschreibungsorientierte und chronologische Einordnung ihrer historischen Gegenstände zu betreiben. Filmbeispiel: Blowup / Blow Up. GB 1966. Regie: Michelangelo Antonioni. -Beispiel für Fotoausschnittvergrößerung („Blowup“)-Im Zentrum steht die Figur des Fotografen-Prozess der analogen Fotografie der Ausschnittvergrößerung Gezeigte Sequenzen: • Aufnahmen von Fotos im Park auf denen man das Paar sieht (Filmanfang) • "Blowup-Szenen": Fotograf entwickelt Bilder und nimmt Vergrößerungen bestimmter Fotoausschnitte vor ("Blowup"). ~60.Minute • Schlussszene: Pantomimisches Tennisspiel; Fotograf wirft den imaginären Ball zurück zu den "Spielern". ~100.Minute

Erwin Panofsky ► * 1892 in Hannover; † 1968 in Princeton, New Jersey, USA ► einer der bedeutendsten Kunsthistoriker des 20. Jahrhunderts, der die Ikonologie wesentlich weiterentwickelte. ► Panofsky promovierte 1914 in Freiburg über Dürers Kunsttheorie und lehrte ab 1927 als Professor an der Universität Hamburg. ► Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 entlassen, emigrierte er in die USA. ► Bis 1935 lehrte er an der New York University, später am Institute for Advanced Studies in Princeton (New Jersey). ► In Hamburg begründete Panofsky zusammen mit Aby Warburg, Fritz Saxl und Ernst Cassirer die Hamburger kunsthistorische Schule. ► Sein hauptsächliches Interesse galt der Erforschung der Bedeutung in der Kunst, womit nicht nur der dargestellte Inhalt, sondern auch seine jeweils zeitgenössische Rezeption gemeint war, also das Verstehen des historischen Kontextes und daher auch der gewählten Formen und Motive. ► Er setzte sich von der vorherrschenden Methode der Kunstgeschichte ab, mittels Stilkritik in erster Linie eine formale, qualitative, zuschreibungsorientierte und chronologische Einordnung ihrer historischen Gegenstände zu betreiben.

► Ikonologie: dreistufiges Modell, das einer immer komplexer werdenden Interpretation gerecht werden soll: 1. vor-ikonographische Beschreibung - Verstehen primärer künstlerischer Motive; mit praktischer Erfahrung zu bewältigen; führt zu einer StilGeschichte der Formen 2. ikonographische Analyse - Entschlüsselung komplexerer Bilder oder Allegorien; setzt eine profunde Kenntnis literarischer Quellen voraus; mündet in eine Typen-Geschichte 3. ikonologische Interpretation - höchste Stufe der kunsthistorischen Erkenntnis; fragt nach dem eigentlichen Gehalt und den symbolischen Werten. Voraussetzungen: synthetische Intuition (=Vertrautheit mit den wesentlichen Tendenzen des menschlichen Geistes), persönliche Psychologie und Weltanschauung; Ergebnis: Geschichte der kulturellen Symbole bzw. Geschichte der Kunst als Rekonstruktion der historischen Bedingungen, die zu wechselnden Formen und Themen als Ausdrucksmittel des menschlichen Geistes führen. Der Blick zurück: ► Beispiele für den Blick des Bildes zurück auf den Betrachter: 1. Der lethale Blick der Medusa (Arnold Böcklin, Franz von Stuck) --> siehe Bilddateien 2. Die glühenden Augen Lucifers (Franz von Stuck) --> siehe Bilddateien 3. Einfluss auf das Kino: Clash of the Titans (USA 1981, Desmond Davis)

Bildgestaltung 1 Aufmerksamkeit: ► Fokussierung der Sinne ► Ein bestimmter Bildteil wird schärfer wahrgenommen als der Rest ► Konzentration auf interessante Bildelemente: ungewöhnliche Farben und Formen, emotionale Affektmomente (Kinder, Tiere), erotische Aspekte Bildgestaltung 2 Farbe als Gestaltungselement: ► Farbton ► Farbsättigung ► Farbhelligkeit ► Farbkontraste haben eine emotionale Wirkung ► Farben können an sich oder im Zusammenspiel verwendet werden Bildgestaltung 3 ► Einzelne Farben haben eine unterschiedliche Wirkung auf den Betrachter (kalte & warme Farben) ► Farbsymbolik kulturell determiniert ► Starke Farbkontraste können irritieren („Flimmern“) ► Entsättigung (Monochromatik) kann ebenso emotionalisieren Bildgestaltung 4 Farbharmonie: ► ist Moden und persönlichem Empfinden unterworfen, kann aber durch

Komplementärkontraste (etwa blau-gelb, orange- grün etc.) begünstigt werden Bildgestaltung 5 Form: ► 1. Umriss des Objekts ► 2. Gedachte dreidimensionale Form, konstruiert aus Licht-SchattenVerhältnissen ► Assoziative Qualität: kantig – hart – männlich; rund – weich - weiblich Bildgestaltung 6 Linien: ► Passive Linien ergeben sich aus den Objektkanten ► Aktive Linien strukturieren eine Objektoberfläche (Schraffur, Muster etc.) ► Linienführung: gerade oder geschwungen, vertikal, horizontal (ruhend), diagonal (dynamisch) Bildgestaltung 7 ► Linien können der Blickführung dienen. ► Daraus kann sich eine inhaltliche Ordnung oder Abfolge ergeben. ► Umrisslinien erschaffen einen Körper. ► Auf einen zentralen Punkt zulaufende Linien deuten eine räumliche Fluchtpunktkonzeption an. Bildgestaltung 8 ► Bildkomposition ist an das zweidimensionale Medium gebunden, daher ist Räumlichkeit nur als optische Täuschung zu simulieren. ► Dem menschlichen Seheindruck am nächsten kommt die Zentralperspektive, bei der die Linien auf einen (oder mehrere) Fluchtpunkt(e) zulaufen. Bildgestaltung 9 Zentralperspektive durch Linien: -->(siehe Bild "Zentralperspektive") Gezeigte Bilder: 1. Matthias Grünewald, Isenheimer Altar. Die Auferstehung Christi ► vgl. Literatur von Panofsky, S. 7-11 sowie Bilddatei ► Beispiele für den Blick des Bildes zurück auf den Betrachter: 1. Der lethale Blick der Medusa (Arnold Böcklin, Franz von Stuck) --> siehe Bilddateien 2. Die glühenden Augen Lucifers (Franz von Stuck) --> siehe Bilddateien 3. Einfluss auf das Kino: Clash of the Titans (USA 1981, Desmond Davis) Zu 1.) Medusa-Bilder von Böcklin und von Stuck geben einen unterschiedlichen Ausdruck bzw. eine unterschiedliche Darstellung der Medusa wieder:

- Darstellung nach von Stuck: aktive, aggressive Darstellung --> Der Betrachter wird durch den Blick fixiert (Konfrontation) - Darstellung nach Böcklin: melancholische Darstellung, monochromatisch Zu 2.) Franz von Stuck – Lucifer: „Der gefallene Engel“, konfrontativ durch Überbetonung der Augen -> Medusa-Bilder und Lucifer-Bilder sind der Ära des Symbolismus zuzuorden! Zu 3.) Filmbeispiel: Clash of the Titans / Kampf der Titanen. USA 1981. Regie: Desmond Davis. --> "Medusa-Sequenz"; Stop-Motion-Effekte: Illusion von Bewegung durch die Projektion von Bildern hintereinander

Bildgestaltung 10 ► Die Zentralperspektive als künstlerisches Gestaltungsmittel wurde in der Renaissance (14.- 17. Jh.) verfeinert. ► Gemalt wurde mit Hilfe eines Rastergitters, das das Objekt unterteilte. ► Zudem wurden mathematische Grundlagen ermittelt, nach denen perspektivische Darstellungen erfolgten. Bildgestaltung 11 ► Die perspektivische Darstellung räumlich angeordneter Körper konnte auf unterschiedliche Weise vereinfacht werden, etwa in der isometrischen Darstellung, die das Objekt in einem dreiachsigen Koordinatensystem einträgt. ► Zu besonderen Verzerrungen kommt es bei der Aufsicht oder Untersicht. Bildgestaltung 12 Isometrische Darstellung: (siehe Bilddatei "Isometrische_Darstellung") Bildgestaltung 13 In der perspektivischen Darstellung werden die Verhältnisse so in ihrem Verhältnis zueinander geändert, dass ein dem menschlichen Sehen entsprechender Eindruck entsteht - oder aber ungeachtet einer Verzerrung alle gewünschten Elemente gut erkennbar sind (etwa bei der Reliefperspektive etc.). Bildgestaltung 14 Ausnahmen der perspektivischen Gestaltung: ► Bedeutungsperspektive: In den Darstellungen vor der Renaissance werden Vertreter der führenden Schicht oder Heilige größer als die umgebenden Figuren dargestellt ► Luft- und Farbperspektive: Tiefenwirkung mittels blasser werdenden Farben in die Tiefe hinein, bzw. Trübung in der Ferne Bildgestaltung 15

Caspar David Friedrich: "Der Wanderer über dem Nebelmeer" (1818) --> Luftperspektive, Dreieckskonstruktion (siehe Bild "Friedrich_Wanderer") Bildgestaltung 16 Caspar David Friedrich: "Das Eismeer" (1823) -–> Luftperspektive, Dreieckskonstruktion (siehe Bild "Friedrich_Eismeer") Bildgestaltung 17 ► Der goldene Schnitt (sectio aurea), auch ‚göttliche Teilung‘ (proportio divina) ► Definition: Zwei Strecken stehen im Verhältnis des Goldenen Schnittes, wenn sich die größere zur kleineren Strecke verhält wie die Summe aus beiden zur größeren. ► Das Verhältnis des goldenen Schnitts wird in Kunst und Architektur als Inbegriff von Ästhetik und Harmonie begriffen. ► Das "goldene-Schnitt-Verhältnis" kann auch im Dreieck Ausdruck finden. Bildgestaltung 18 Leonardo da Vinci: "Mona Lisa" (1502) --> Komposition gem. goldenem Dreieck (siehe Bild "daVinci_MonaLisa") Weitere Bildbeispiele: ► Caspar David Friedrich: "Abtei im Eichwald" (1809) --> Bild: "Friedrich_Eichwald" ► Arnold Böcklin: "Die Toteninsel" (3., 1883) --> Bild: "Boecklin_Toteninsel" ► Ansel Adams: "Tetons & Snake River" (1942) --> (fotografisches) Bild: "Adams_Tetons" ► John Ford: The Searchers (1956) --> (filmisches) Bild: "Ford_Searchers" Der Blick • Das Bild basiert auf einer Konstituierung des Blicks: als Angeblicktes und möglicherweise als Anblickendes • Im Blick erst entsteht das Bild (sogar das Selbst-Bild) – Jean-Paul Sartre • Der Betrachter ermächtigt sich scheinbar mittels des Blicks eines Bildes, ist jedoch irritiert, wenn er seinen Blick erwidert bzw. reflektiert sieht • Der aktive Blick will die Macht über das erblickte Objekt gewinnen, sich selbst dagegen als Subjekt identifizieren. • Die Erfahrung des Angeblickt-Werdens dagegen gerät unversehens zur Unterwerfung unter den Blick. • Bilder, die den Blick „auf sich ziehen“, entsprechen menschlichem Begehren (S. Freud, J. Lacan), das über den biologischen Instinkt hinaus geht und nach Erwiderung verlangt. • Begehrt wird das Außeralltägliche, Kostbare, Ungewöhnliche, das Verbotene und Geheimnisvolle – letztlich: das Begehrenswerte • Bilder verdichten u.a. solche begehrenswerte Momente • Das ‚zurückblickende‘ Bild dagegen kann selbst Begehren ausdrücken. Weitere Beispielbilder (Bilddatei verfügbar): • Diego Velazquez: „Las Meninas“ (1656) • James Montgomery Flagg: „Uncle Sam“ (ca. 1914)

► Der mit "I Want You for U.S. Army" auf den Betrachter blickende und mit Finger deutende Uncle Sam, warb während der beiden Weltkriege für die soldatische Verpflichtung als patriotischen Akt

Mythische Körper: • Eine besondere Bedeutung erlangt die Darstellung des ‚schönen Körpers‘ in Bildender Kunst, Fotografie und Film • Beliebtes Sujet der Darstellung idealisierter Körper: mythische Figuren • Mythos: kulturstiftende Urerzählung, kultureller Archetyp (andere Definitionen möglich) • Erfüllung des Betrachter-Begehrens: idealisierter nackter Körper Besprochene Beispielbilder (im Bildordner verfügbar): • Praxiteletes: „Aphrodite“ (um 350 v. Chr.) • Michelangelo: „David“ (um 1500) • Botticelli: „Geburt der Venus“ (1485/1486) • Franz von Stuck: „Salome“ (1906) • Körperkult der 1920er: „Wege zu Kraft und Schönheit“ • Leni Riefenstahl: „Olympia“ (1936) – neoklassizistisches Körperbild im ‚Dritten Reich‘ • Neoklassizismus im ‚Dritten Reich‘ (A. Breker, J. Thorak) • Riefenstahl: „Die Nuba“ (1970er Jahre) • Robert Mapplethorpe: „Ken & Lidia & Tyler“ (1970er Jahre) • Körper als Skulptur (Man Ray: „Le violin d‘Ingres, 1924; Joel-Peter Witkin: „Woman once a Bird“, 1990)

• Auflösung des Körpers: Die Dekonstruktion des Körpers, Verschwimmen der Form --> Beispiel: J.-P. Witkin: Stillleben aus Pflanzen und Leichenteilen

• In Auflösung begriffene Körper: --> Francis Bacon, "Pope"

--> Philippe Grandrieux, "Sombre", 1999 – Film • Körperdekonstruktion durch Unschärfe und Fragmentierung: --> Bacon, "Self" --> Grandrieux, "La Vie nouvelle", 2002 – Film Literatur: ► Jean-Paul Sartre: Das Sein und das Nichts, Paris 1943 ► W.J.T. Mitchell: Das Leben der Bilder: eine Theorie der visuellen Kultur, München 2008 Roland

Barthes

• Roland Barthes (* 1915 in Cherbourg; † 1980 in Paris), Philosoph, Schriftsteller und Literaturkritiker

französischer

• einer der markantesten Wissenschaftler im Bereich der strukturalistischen Semiotik bzw. Semiologie • verwendete Methoden des Strukturalismus, der Dekonstruktion, der Psychoanalyse, um moderne gesellschaftliche Phänomene wie Texte, Film, Fotografie, Mode, Werbung, Mythologie oder die Liebe zu untersuchen. • wichtige Einflüsse: Theater, Musik, Bildende Kunst. • Leistung: ein Beitrag, zu erkennen, wie die Herstellung von Wahrheit, Bedeutung und Sinn in der Sprache, im Text, im Diskurs bei allen daran Beteiligten funktioniert und sich strukturiert. • Möglichkeit der Reflexion und Kritik, etwa an den gesellschaftlichen Mythen des Alltags. • Seine Arbeit sollte nie zur „Doxa“ (fixen Lehre) verko...


Similar Free PDFs