Grundrechte Skript PDF

Title Grundrechte Skript
Course Staatsrecht II - Grundrechte
Institution Philipps-Universität Marburg
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Grundrechtevorlesung in Staatsrecht I...


Description

Staatsrecht II — Grundrechte

WS18/19 — Staatsrecht II — Grundrechte Prof. Dr. Christian von Coelln

Inhaltsverzeichnis Organisatorisches

2

Der Staat

6

Gesetzesauslegung im Allg. und Besonderheiten der Verfassungsauslegung

10

GR-funktionen und -dimensionen

14

Grundrechte als subjektive Rechte

14

Struktur der Freiheitsgrundrechte

19

Überblick und Terminologie

19

Grundrechtsträgerschaft juristischer Personen

23

Struktur der Freiheitsgrundrechte

27

Der Grundrechtseingriff

27

III. Eingriff gerechtfertigt?

29

Die Verfassungsbeschwerde

33

Die Zulässigkeit der VB

34

Die Kommunikationsrechte — Versammlungsfreiheit

38

Vereinigungsfreiheit

42

Meinungsfreiheit, Informationsfreiheit & Pressefreiheit

45

Grundrechte des Art. 5 I GG

50

Kunstfreiheit, Art. 5 III Var. 1 GG

54

Die Glaubensfreiheit

57

Gewissensfreiheit, Art. 4 I GG

62

Briefgeheimnis, Postgeheimnis & Fernmeldegeheimnis; Art. 10

65

Der Schutze des Wirtschaftslebens

70

Berufsfreiheit, Art. 12 I GG

70

Verbot von Arbeitszwang und Zwangsarbeit, Art. 12 II, III GG

73

Eigentumsfreiheit, Art. 14 GG

75

Koalitionsfreiheit, Art. 9 III GG

81

Freizügigkeit, Art. 11 I GG

84

Schutz vor Ausbürgerung — Art. 16 I GG

86

Schutz vor Auslieferung — Art. 16 II GG

88

Asylrecht — Art. 16a GG

89

Leben, Art. 2 II 1 GG

91

Körperliche Unversehrtheit, Art. 2 II 1 GG

92

Freiheit der Person, Art. 2 II 2, 104 GG

93

Menschenwürde, Art. 1 I GG

95

Allgemeine Handlungsfreiheit, Art. 2 I GG

97

Allg. Persönlichkeitsrecht, Art. 2 I iVm 1 I GG

99

Wohnung, Art. 13 GG

102

Ehe und Familie, Art. 6 I GG

104

Die Gleichheitsrechte

105

Besondere/Spezielle Gleichheitssätze

107

Justizgrundrechte (Grundrechtsgleiche Grundrechte)

109

Gesetzlicher Richter, Art. 101 I 2 GG

110

Rechtliches Gehör, Art. 103 I GG

110

Widerstandsrecht, Art. 20 IV GG

112

1

WS18/19 — Staatsrecht II — Grundrechte Prof. Dr. Christian von Coelln 08.10.2018

Organisatorisches • • • •

coelln.uni-koeln.de FB: facebook.com/LehrstuhlvonCoelln TW: twitter.com/LSvonCoelln Mail: [email protected]

Organisatorische Betreuung der Veranstaltung: Herr Wiss. Mit. Jan Holthoff, 470-3731 Mail: [email protected] Termin: Sa, 09.02.2019, 9 Uhr Dauer: 120min Falllösung, keine bloße Fragenklausur Thematische Eingrenzung: Stoff der VL Anmeldung über KLIPS

Gesetzestexte • Staats- und Verwaltungsrecht Bundesrepublik Deutschland 58. Aufl. 2018, C. F. Müller • ÖffR, Basistexte Öffentliches Recht 26. Aufl. 2018, Beck-Texte im dtv • Grundgesetz; 11. Aufl. 2017, Mohr Siebeck; Mit Nachweis aller Änderungen – nicht für die Klausur! • Andere unkommentierte (!) Gesetzessammlungen mit Texten des GG, des BVerfGG, des BWahlG und der GeschOBT

Lehrbücher • Kingreen/Poscher, Grundrechte — Staatsrecht II, 34. Auflage 2018, C.F. Müller • Hufen, Staatsrecht II - Grundrechte, 6. Auflage 2017, C.H. Beck (7. Auflage erscheint voraussichtlich im Oktober 2018) • Ipsen, Staatsrecht II - Grundrechte; 21. Auflage 2018, Vahlen • Manssen, Staatsrecht II, 15. Auflage 2018, C.H. Beck • Michael/Morlok, 6. Auflage 2017, Nomos • Epping, Grundrechte, 7. Auflage 2017, Springer • Sachs, Verfassungsrecht II - Grundrechte, 2. Auflage 2017, Springer

Gesamtdarstellungen zum Staatsrecht • Badura, Staatsrecht, 7. Auflage 2018, C.H. Beck • Bethge/von Coelln, Grundriss Verfassungsrecht, 4. Auflage 2011, Vahlen

Ausformulierte Falllösungen • Höfling, Fälle zu den Grundrechten, 2. Auflage 2014, C.H. Beck • Degenhart, Klausurenkurs im Staatsrecht I (!), 4. Auflage 2016, C.F. Müller

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WS18/19 — Staatsrecht II — Grundrechte Prof. Dr. Christian von Coelln

GG-Kommentare • Gröpl/Windthorst/von Coelln, Studienkommentar GG, 3. Auflage 2017, C.H. Beck

Entscheidungssammlungen • Grimm/Kirchhof/Eichberger (Hrsg.), Entscheidungen des BVG, Studienauswahl, 2 Bände, 3. Auflage 2007, Mohr Siebeck Ausbildungszeitschriften • JuS, JURA, Juristische Arbeitsblätter

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WS18/19 — Staatsrecht II — Grundrechte Prof. Dr. Christian von Coelln

Teil 1 — Grundbegriffe des Staatsrechts • Unterscheidung in der Rechtsordnung: Privatrecht — Öffentliches Recht

Privatrecht • • • •

betrifft typischerweise die Rechtsverhältnisse der Bürger untereinander hat die Freiheit des Einzelnen und die Privatautonomie als Ausgangspunkt Rechtsbeziehungen meist durch Gleichordnung geprägt Normen häufig dispositiv (mögliches Abweichen von Regelungen des BGB)

Öffentliches Recht • • • •

berechtigt und verpflichtet Hoheitsträger (Staat) als solche begründet und begrenzt staatliche Befugnisse Rechtsbeziehungen meist durch Über-/Unterordnung geprägt Normen häufig zwingend

Etliche Theorien zur Abgrenzung zwischen Öffentlichem Recht (Verwaltungsgericht, Arbeitsgericht etc.) und Privatrecht (Amts- Landgericht) U.a.: Interessentheorie, Subordinationstheorie (Über- Unterordnung), Sonderrechtstheorie (Eine Norm gehört zum Öffentlichen Recht, wenn sie Träger hoheitlicher Gehalt in ihrer spezifischen Funktion berechtigt und verpflichtet. Kurz: Öffentliches Recht als Sonderrecht der Hoheitsträger) Bedeutung der Abgrenzung: U.a. relevant für anzuwendende Vorschriften, Haftungstatbestände, Rechtsweg

Öffentliches Recht Staatsrecht

Verwaltungsrecht

Die Gesamtheit der Rechtsnormen, die die Bildung, Organisation und Zuständigkeiten der obersten Staatsorgane sowie die grundlegenden Rechte und Pflichten der Bürger regeln

Die Gesamtheit der Rechtsnormen, die die Bildung, Organisation und Zuständigkeiten der obersten Staatsorgane sowie die grundlegenden Rechte und Pflichten der Bürger regeln

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WS18/19 — Staatsrecht II — Grundrechte Prof. Dr. Christian von Coelln

Staatsrecht in der Verfassung und in einfachen Gesetzen • Staatsrecht i.engeren Sinne.: Staatsrecht mit Verfassungsrang im GG und in den Landesverfassungen • Staatsrecht i.w.S.: auch Staatsrecht in einfachen Gesetzen, Staatsrecht ohne Verfassungsrang, z.B.: BWahlG, BVerfGG

Die Verfassung als Grundordnung des Staates Einige Besonderheiten einer Verfassung • erlassen durch einen Akt der verfassungsgebenden Gewalt • („pouvoir constituant“ im Gegensatz iim „pouvoir constituté“) • steht im Rang über den sog. einfachen Gesetzen • Änderungen sind weniger leicht möglich als bei einfachen Gesetzen • Art. 79 I GG: Textänderungsgebot • Art. 79 II GG: Qualifizierte Mehrheitserfordernisse (2/3 Mehrheit Im Bundestag für Verfassungsänderungen) Art. 42 Abs. 2 Verweis & Art. 49 • Art. 79 III GG: Ausschluss bestimmter Änderungen (föderale Struktur darf nicht aufgegeben werden) Und unterstreichen bei Art. 1 und Art 20 — darf nicht geändert werden (Einführung der Todesstrafe nicht möglich)

5

WS18/19 — Staatsrecht II — Grundrechte Prof. Dr. Christian von Coelln 10.10.2018

Der Staat • Disziplinen, die sich mit dem Staat befassen, sind u.a.: • Allgemeine Staatslehre • Verfassungsgeschichte • Politologie • Soziologie • Staatsrechtslehre • Die Staatsrechtslehre geht von einem bestimmten Normbestand aus. Sie befasst sich nicht mit dem Staat schlechthin, den es nicht gibt, sondern mit einem konkreten Staat: Mit der BRD unter dem Grundgesetz • Staat ist auch „das organisierte Gemeinwesen“ / „die organisierte Wirkungseinheit“ • Konstitutiv für einen Staat nach der völkerrechtlichen „Drei-Elemente-Lehre“ sind • Staatsvolk • Staatsgebiet • Staatsgewalt (ergänzende Ansätze aus unterschiedlichen Perspektiven) • Stark formal geprägter Ansatz: Staat als juristische Person, ist zum Handeln auf Organe angewiesen Beispiele für Staatsorgane: Bundestag (Kollegialorgan), Bundesregierung, Bundespräsident (Monestisches Organ) (nicht präsent als wirkliche zu sehende Person wie eine Aktiengesellschaft) • Freiheitlich-demokratischer Staat beruht auf Voraussetzungen, die er selbst nicht schaffen kann Beispiel: Rechte erwerben und Pflichten zu eigenen Lasten erhalten kann auch die juristische Person wie die Bayer AG, parallel zu einer natürlichen Person -> daher brauchen AGs Organe: Vorstand der AG oder Hauptversammlung oder Aufsicht (parallel dazu bei der GmbH: Geschäftsführung) -> Vertragspartner ist die Bundesrepublik selbst bei Abschluss eines Vertrags, Haftung läuft ebenfalls über sie Organwalter: Angela Merkel als natürliche Person nimmt das Amt der Bundeskanzlerin wahr (das einer juristischen Person) und nimmt spezifische Funktionen des Staates auf sich

Begriff der Verfassung • Rechtliche Grundordnung des Staates • Spezifikum des mo der nen Verfa ssun gss taates: Verfa ssu ng sch ränkt nich t ein e torkonstitutionelle Staatsgewalt ein, sondern konstituiert und legitimiert den Staat erst Besondere Dignität der Verfassung, s.o. • 6

WS18/19 — Staatsrecht II — Grundrechte Prof. Dr. Christian von Coelln

• Mindestgehalte einer Verfassung • Regelung der Gesetzgebungsverfahrens • Im Bundesstaat außerdem: Regelungen zur Abgrenzung der Kompetenzen zwischen Zentralstaat und Gliedstaaten • Unterscheidung Vollverfassungen (Verfassungen, die Grundrechte enthalten Art. 1-20)— Organisationsstatute (Bloß der Aufbau des Staates ist darin geregelt und keine Grundrechte)

Ausgewählte Stationen deutscher Verfassungsgeschichte • Grundlegende Reichsgesetze im alten Deutschen Reich seit dem 13. bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts • Deutscher Bund 1815 (EU muss sie von Mitgliedsstaaten die Kompetenzen erhalten, Kompetenzkompetenz) • Landesverfassungen des 19. Jahrhunderts • Frankfurter Reichsverfassung („Paulskirchenverfassung“) von 1849 -> moderne Verfassung, ka n nte Gr un drech te, Verfa ss u ng s bes ch w er de w a r m ög lich , Reich s ger ich t für Verfassungsbeschwerden, ist allerdings nie in Kraft getreten) • Verfassung des Deutschen Reichs 1871 (kein Grundrechtskatalog, obwohl Vorbild der Paulskirchenverfassung bereits bestand, braucht aber noch Zeit sich zu entwicklen) • Weimarer Reichsverfassung 1919 (Reichspräsident durfte durch Notverordnungsrecht das Parlament auflösen und wurde direkt vom Volk gewählt) -> Reichstag war nicht an die Grundrechte gebunden, durfte also alles beschließen, das Parlament konnte kein Unrecht tun -> heute sorgt Art.1 Abs. 3 für Gleichwertigkeit der drei Staatsorgane • Nationalsozialismus ab 1933 (Parlament war gleichgeschaltet, es gab keine föderale Struktur) • Landesverfassungen ab 1946 • Grundgesetz 1949 • Wiedervereinigung 1990 • Verfassungen der neuen Länder ab 1992

Funktionen und Wirkung der Verfassung • • • •

Symbolische Bedeutung: integrierende Wirkung für das Staatsganze Vor allem aber: Verfassung als geltendes Recht („Normativität der Verfassung“) Grundgesetz als höchstrangige Rechtsnorm in der nationalen Rechtsordnung Beachte aber auch den bloßen Rahmencharakter, den die Verfassung in vielerlei Hinsicht besitzt (es kann auch andere Formen der Wirtschaftsordnung z.B. geben, doch sind dennoch Grenzen gesetzt (Art. 14: Eigentumsgarantie) -> Gestaltungsfreiraum

Offenheit erforderlich, um die unterschiedlichen Herausforderungen einzelner Epochen bewältigen zu können In jüngerer Zeit Tendenz zu detailüberfrachteten Regelungen durch den verfassungsändernden Gesetzgeber Unabhängig davon gibt es Rechtsfragen, die unmittelbar aus der Verfassung zu beantworten sind 7

WS18/19 — Staatsrecht II — Grundrechte Prof. Dr. Christian von Coelln

Formelle Gesetze = vom Bundestag beschlossene Gesetze Verfassung der einzelnen Bundesländer Formelle Gesetze: Hochschulgesetz oder Polizeigesetz Untergesetzliche Rechtsnormen auf Landesebene: Prüfungsordnung = müssen alle im Einklang mit Grundgesetz stehen, egal ob auf Bundes- oder Landesebene

Verfassungsinterpretation Allgemeine Vorbemerkungen zur Falllösung Phasen der Fallbearbeitung • Aufmerksame Lektüre des Sachverhalts • Auswerten des Sachverhalts • Erstellung einer Gliederung • Niederschrift der ausformulierten Lösung Der Gutachtenstil • Bedeutung • Urteilsstil als Gegenbegriff • Juristische Prüfung durch Subsumtion

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WS18/19 — Staatsrecht II — Grundrechte Prof. Dr. Christian von Coelln

1. Aufmerksames Lesen des Sachverhalts 1. Tipp: Fallfrage zuerst 2. Auswerten des Sachverhalts • Lösungsrelevante Informationen herausarbeiten Insbesondere: Rechtsansichten der Beteiligten Sachverhalt als gegeben hinnehmen Ggf. Skizzen und Zeittafeln 3. Erstellen einer Gliederung • Fallfrage beachten • Auf Schwerpunktsetzung achten • Gliederungspunkte/Überschriften • Faustregel zur Zeiteinteilung: Bis hier max. 1/3 der Arbeitszeit 4. Ausformulieren der Lösung • Ganze Sätze • Rechtschreibung und Zeichensetzung • Gliederungspunkte und Überschriften • Schwerpunktsetzung • Vernünftiges, sachliches Deutsch • Zwischenergebnisse und Endergebnis, das die Fallfrage beantwortet

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WS18/19 — Staatsrecht II — Grundrechte Prof. Dr. Christian von Coelln

15. Oktober 2018

Gesetzesauslegung im Allg. und Besonderheiten der Verfassungsauslegung Allgemeine Methoden der Gesetzesauslegung • grammatisch • systematisch • historisch • teleologisch ggf. zudem • rechtsvergleichend • verfassungskonform (Gesetz auslegen, dass es mit der Verfassung konform geht) Besonderheiten der Verfassungsauslegung • Das Prinzip der Einheit der Verfassung (Verfassung als Ganzes, Norm nicht in Widerspruch zu einer anderen setzen) • Das Prinzip praktischer Konkordanz (beide Gruppen sollen zu ihrem Recht kommen -> Versammlungsfreiheit beider Seiten, Lösung finden, die nicht in einer Gruppe alle Recht gibt und der anderen nicht)

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WS18/19 — Staatsrecht II — Grundrechte Prof. Dr. Christian von Coelln

Teil 2 Allgemeine Grundrechtslehren Historische Entwicklung Vorläufer der Grundrechte in anderen Rechtsordnungen • Magna Carta Libertatum 1215 (Vereinbarung mit revoltierendem englischen Adel, englisches Grundgesetz; Vorläufer heutiger deutscher Grundrechtverbürgungen, waren allerdings im Adel verankert und damit heute nicht zu bürgerlichen rechten vereinbar) Habeas Corpus 1679 • • Bill of Rights 1689 • Bill of Rights of Virginia 1776 (Katalog an fundamentaler Rechte, Gleichheit der Menschen, Wahlrecht, Verbot grausamer Strafen, Pressefreiheit) Bill of Rights - Amendments zur Bundesverfassung der USA 1871 — USA selbst 1787 noch • ohne Grundrechte Déclaration des droits de l’homme et du citoyen 1789 (FR) • • Unterschiedlich weite Grundrechtsverbürgungen in den französischen Verfassungen von 1791, 1793 und 1795 • Einzelne Rechteverbürgungen in süddeutschen Landesverfassungen im 19. Jahrhundert (von der Landesebene aus) • Pa ulskirch enverfa ssu ng 18 48/49 (Versu ch deuts chen Ges amtsta at zu schaffen, Verfassungswerk, welches allerdings nicht in Kraft getreten ist) • Preußische Verfassungsurkunde 1850 ( • Nicht: Norddeutsche Bundesverfassung 1867, Reichsverfassung 1871 • Weimarer Reichsverfassung 1919 (dezidierter Grundrechtsteil und Grundpflichten, liberale Freiheitsrechte (Meinungsfreiheit, Pressefreiheit), Glaubensfreiheit (heute Art. 4), Verhältnis von Staat und Kirche (Staatskrichenrecht -> bis heute in der Verfassung), Sozialversicherung (Arbeitslosen-, Arbeits-, Krankenversicherung…) • Grundgesetz 1949 • knüpft im Grundrechtsteil vielfach an die WRV an • aber: Grundrechtsbindung aller drei Staatsgewalten, Art. 1 III GG • aber: Zurückhaltung bei sozialen Garantien (Neue Vorschrift geschaffen: Art. 20a Naturschutz und Tierschutz ->

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WS18/19 — Staatsrecht II — Grundrechte Prof. Dr. Christian von Coelln

Der Begriff „Grundrechte“ • Subjektive Rechte des einzelnen Menschen • Adressat ist der Staat (im Gegensatz zum BGB -> Gläubiger und Schuldner / Grundrecht des Bürgers gegen den Staat) • Verfassungsrang - in der Normenpyramide „ganz oben“ • Staat muss sich für Einschränkungen rechtfertigen (nie der Bürger muss sich nie rechtfertigen, Staat muss sich rechtfertigen, wenn er dem Bürger Grundrechte entzieht) Normativer Standort der GRe Die Grundrechte des Grundgesetzes • Art. 1 bis 19 GG • Grundrechtsgleiche Rechte außerhalb des ersten Abschnitts (Hilfestellung im Verfassungstext: Art. 93 I Nr. 4a GG) Art. 93: Zuständigkeiten des BVerfG „Alle Wegen führen nach Karlsruhe.“ Die Grundrechte etlicher Landesverfassungen • Unterscheidung Vollverfassungen — Organisationsstatute • Grundgesetzliche „Regelung“ der Landesgrundrechte: Art. 142 GG • Beachten: Unterschiedliche Geltungsbereiche von Bundes- und Landesgrundrechten • A ußerdem bea ch ten : Bu n desg r un dr echte s in d Prü fu n gs ma ßstab des BVer fG, Landesgrundrechte sind Prüfungsmaßstab des jeweiligen Landesverfassungsgerichts • [Sonderproblem: Bindung von Landesorganen, die Bundesrecht anwenden, an Grundrechte ihrer Landesverfassung? Grundlegend — aber letztlich unzutreffend - dazu BVerfGE 96, 345 ff.] Bsp. für „spezielles“ Landes-GR: Art. 4 NRWVerf. (1) ! Die im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der Fassung vom 23. Mai 1949 festgelegten Grundrechte und staatsbürgerlichen Rechte sind Bestandteil dieser Verfassung und unmittelbar geltendes Landesrecht. (2) ! Jeder hat Anspruch auf Schutz seiner personenbezogenen Daten. Eingriffe sind nur in überwiegendem Interesse der Allgemeinheit auf Grund eines Gesetzes zulässig. Praxisfall: Bundes- und Landespolizist im zuständigen Territorium • Landesbundes- und Bundesstaatsgewalt in der Praxis eines Bundespolizisten und Landespolizisten • Gr un drechte im GG u nd etlichen Lan desver fa ss un gen, binden die jeweilig e Landesstaatsgewalt an die Verfassung • GG bindet Landes- und Bundesstaatsgewalt und kann vom BVerfG geprüft werden

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WS18/19 — Staatsrecht II — Grundrechte Prof. Dr. Christian von Coelln

Normativer Standort der GRe (supranationale Rechtsordnung) Die Rechte der Europäischen Menschenrechtskonvention • Rechtsverbürgungen in der EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) • Kontrolle ihrer Beachtung durch den EGMR (Europäische Gerichtshof für Menschenrechte/ Strasbourg; nicht der europäische Gerichtshof oder das europäische Gericht in erster Instanz) • Geltung der EMRK in Deutschland im Rang einfachen Bundesrechts (in der Normenpyramide steht die EMRK nicht im Range des Verfassungsrechts unter de Grundrechten im einfachen Bundesrecht) • Grundlegend zur Bedeutung der EMRK bei der Auslegung und Anwendung nationalen Rechts und zum Verhältnis der EMRK zu den Grundrechten des Grundgesetzes BVerfGE 111. Band, 307 ff. Die Unionsgrundrechte • Zunächst nicht im Primärrecht geregelt, aber aus den Verfassungstraditionen der Mitgliedsstaaten entwickelt und allgemein anerkannt; außerdem später „Achtung“ der Grundrechte im EUV • 2000: Proklamation der Europäischen Grundrechtecharta • Seit dem 01.12.2009 • Anerkennung der GrCh durch die EU gem. Art. 6 I EUV • Zudem Beitritt der EU zur EMRK vorgesehen, Art. 6 I EUV • Aber: Beitritt derzeit noch nicht erfolgt — und in näherer Zukunft auch nicht zu erwarten: EuGH hat in einem Gutachten nach Art. 218 XI AEUV den von der Kommission vorgelegten Entwurf eines Übereinkommens über den Beitritt der EU zur EMRK für unvereinbar mit dem Recht der EU...


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