Hausarbeit Rituale bei Arnold von Lübeck PDF

Title Hausarbeit Rituale bei Arnold von Lübeck
Author Felix Künneke
Course Seines Zeichens… Mittelalterliche Wappen, Münzen und Siegel und was auf ihnen zu sehen ist.
Institution Universität Paderborn
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Politische Rituale bei Arnold von Lübeck

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Inhalt I. Einleitung: Von der Bedeutung politischer Rituale II. Definition „politisches Ritual“ III. Politische Rituale bei Arnold von Lübeck IV. Bedeutung politischer Rituale im deutschen Thronstreit von 1198 V. Resümee Quellen- und Literaturverzeichnis Erklärung

S. 3 S. 4-5 S. 5-6 S. 6-11 S. 11-12 S. 13 S. 14

I. Einleitung: Von der Bedeutung politischer Rituale „Fatales Signal: Putin schenkt al-Sisi eine Kalaschnikow“1 Mit diesem Titel eines Artikels hat „Focus Online“ erst im Februar dieses Jahres für 1Artikel: „Fatales Signal: Putin schenkt al-Sisi eine Kalaschnikow”, erschienen am 10.02.2015 auf Focus-Online http://www.focus.de/politik/ausland/russische-wertarbeit-waffen-fan-putin-uebergibt-al-sisi-kriegerischesgeschenk_id_4465102.html

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Aufmerksamkeit gesorgt. Besagter Artikel handelt davon, dass Wladimir Putin dem ägyptischen Präsidenten bei einem Treffen zum Thema, wie man den islamischen Staat bekämpfen könnte, eine Kalaschnikow, als eine Art Symbol, geschenkt hat. Dieses Geschenk hat nun weltweit für Aufregung gesorgt, da es in gewisser Weise auch als eine Art Provokation gegenüber der westlichen Welt verstanden werden könnte. Aber ist es das wirklich? An diesem Beispiel lässt sich sehr gut demonstrieren, wie wichtig in der Politik die Wirkung von Ritualen und Symbolen ist. Gerade in der heutigen Zeit setzten sich viele Politiker mit diesem Mittel in Szene und beeinflussen so die Bürger, ihre Verbündeten, aber auch ihre Kontrahenten.2 Politische Rituale sind jedoch nicht nur in der jüngeren Vergangenheit ein wichtiger Bestandteil der Machtpolitik. Bereits im Mittelalter versuchten Adelige, Könige oder auch der Papst immer wieder ihre Herrschaft durch diese zu legitimieren und unter Beweis zu stellen. 3 Ein bedeutender Schriftsteller aus dieser Zeit ist Arnold von Lübeck, bei dem die Anwendung von Ritualen in der Politik immer wieder Beachtung findet. So berücksichtigt er den Aspekt auch bezogen auf den deutschen Thronstreit in seiner „Chronica Slavorum“. Da der besagte Thronstreit enorm wichtig und richtungsweisend für die Machtverhältnisse nach dem Tod Heinrichs VI. war, soll in dieser wissenschaftlichen Hausarbeit nun der Frage auf den Grund gegangen werden, welche Bedeutung die politischen Rituale und Symboliken für den deutschen Thronstreit von 1198 hatten. Um diesen Sachverhalt genauer erforschen zu können, muss jedoch vorher erst einmal definiert werden, was unter dem Begriff eigentlich zu verstehen ist. II. Definition „politisches Ritual“ Die Definition eines Rituals ist nicht auf eine oder mehrere bestimmte Handlungen einzugrenzen. Viel mehr hat der Begriff viele verschiedene Facetten und auch Themengebiete. Das erste Themengebiet, welches das Wort Ritual geprägt hat, war wohl das der Religionen und Kulte. In diesem Bereich wurde der Begriff dafür genutzt, um sich z.B. im alten Ägypten stetig wiederkehrende Ereignisse, wie den Aufgang und Untergang der Sonne zu erklären. Im nächsten Schritt fand das Ritual in der Psychologie Anklang. Hier verwendete Sigmund Freud den Begriff und beschrieb mit ihm zwanghafte Handlungen von Menschen. In der Moderne findet

2 Edelmann, Murray: Politik als Ritual, Frankfurt 2005 3 Althoff, Gerd: Die Macht der Rituale. Symbolik und Herrschaft im Mittelalter, Darmstadt 2013, S.11

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man den Ausdruck „Ritual“ schließlich auch in der Politik wieder.4 Jedoch ist die Bedeutung auf diesem Themengebiet keineswegs positiv besetzt. Unter einem politischen Ritual versteht man heutzutage meist die Selbstinszenierungen bei Auftritten von Politikern. Es wird ihnen vorgeworfen, dass sie jede Handlung bis ins letzte Detail planen und ihre Präsenz in der Öffentlichkeit ein einziges großes Theaterspiel ist. Viele Menschen führen die mittlerweile entstandene Politikverdrossenheit sogar auf das Nutzen von gekünstelten Ritualen in diesem Bereich zurück. Daher ist es immer wichtig zu unterscheiden, ob das politische Ritual spontan durchgeführt wurde, oder ob es von langer Hand geplant war. Allerdings muss an dieser Stelle nochmals verdeutlicht werden, dass auch hinter Handlungen und Gesten, die vorher minuziös geplant wurden eine Substanz stecken kann und dass sie in der heutigen Zeit, wie am Beispiel von Willy Brandts Warschauer Kniefall zu erkennen ist, weiterhin große Bedeutung finden. 5 In der Zeit des Thronstreits um 1198 war die Kommunikation der Machthaber über Symboliken und Rituale sogar essentiell wichtig. Das Handeln von ihnen wurde in der Öffentlichkeit genauestens wahrgenommen und daher vollzog sie auch ihre Machtausübung oftmals über diese Ebene. 6 Von der Sitzordnung auf Hoftagen, über den Gang nach Canossa bis hin zur Selbstdemütigung von Königen - jede rituelle Handlung, welche von den machthabenden Personen nicht im familiären Kreis ausgeübt wurde, diente dazu den eigenen Rang zu wahren, Respekt vor anderen Herrschern zu demonstrieren, oder aber auch Respekt von anderen Herrschern zu bekommen. 7 Über die Jahre hinweg veränderten sich die Rituale schließlich auf Grund des Anpassungsdrucks, da man sie in der jeweiligen Zeit dann nicht mehr für adäquat hielt. So gesehen erkennt man in ihnen auch den Spiegel der gesellschaftlichen Verhältnisse und Entwickelungen. 8 Alles in allem kann man den Begriff daher auch definieren, wie Wolfgang Reinhard es einst getan hat: „Rituale sind Macht“. 9 III. Politische Rituale bei Arnold von Lübeck In diesem Kapitel soll nun untersucht werden, wie und in welcher Form politische 4 Ebd., S.12-13 5 Ebd., S. 13 6 Ebd., S. 11 7 Ebd., S. 19 8 Ebd., S. 203 9 Reinhard, Wolfgang: Geschichte der Staatsgewalt. Eine vergleichende Verfassungsgeschichte Europas von den Anfängen bis zur Gegenwart, München 1999

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Rituale bei dem Chronisten Arnold von Lübeck vorkommen. Um dieses Thema erforschen zu können, ist, die von ihm verfasste „Chronica Slavorum“, wohl das wichtigste Werkzeug. Der Chronist fertigte diese ursprünglich als Fortführung der Slavenchronik an und widmete sie dem Bischof Philipp von Ratzeburg. Die besagte „Chronica Slavorum“ umfasst die Jahre 1171-1209 und bezieht sich vor allem auf Heinrich den Löwen. Um die Chronik hinreichend auswerten zu können, muss jedoch erwähnt werden, dass der Abt Arnold von Lübeck seine Schulausbildung im Aegedienkloster in Brauschweig, dem Hauskloster der Welfen, genossen hat und somit auch tendenziell pro welfisch eingestellt ist. 10 Jedoch soll sein Schriftwerk durch besagten Kritikpunkt an dieser Stelle nicht geschmälert werden. Vielmehr ist es Arnold von Lübeck mit diesem Jahrbuch gelungen, der Nachwelt ein Bild von der besagten Zeit zu vermitteln. Bei dieser Vermittlung beschreibt er immer wieder politische Rituale um die Verhältnisse und Machtstellungen der Zeit von 1171-1209 aufzuzeigen. Eines der wohl berühmtesten politischen Rituale, welches in der Chronik Erwähnung findet, ereignete sich auf dem Mainzer Hoftag von 1184. Auf besagtem Hoftag beklagte sich der Fuldaer Abt, dass der Kölner Erzbischof Philipp von Heinsberg ihm das Recht streitig gemacht habe, auf Versammlungen zur Linken des Kaisers zu sitzen. Kaiser Friedrich bat daher den Erzbischof von Köln die Feier nicht unnötig zu stören und dem Abt von Fulda sein altes Recht wieder einzugestehen. Philipp von Heinsberg jedoch sah diesen Platzwechsel als einen Angriff auf seine Person an und beschloss den Mainzer Hoftag zu verlassen. Doch sollte er damit nicht der einzige sein, der die Feier verlässt. Nachdem der Erzbischof seinen Beschluss bekannt gegeben hatte, folgten ihm zahlreiche Lehensmänner unter denen auch der Pfalzgraf vom Rheine, des Kaisers Bruder, war. Erst als Heinrich, der Sohn des Kaisers, intervenierte und den Kölner Erzbischof anflehte nicht zu gehen, beruhigte sich die Situation wieder und es wurde beschlossen, dass sich die Sitzordnung doch nicht ändert. 11 An Beispielen, wie der Sitzordnung des Mainzer Hoftags, lässt sich vortrefflich veranschaulichen, wie wichtig zu jener Zeit, aber auch noch heute, die kleinsten Handlungen von machthabenden 10 Eggert, Wolfgang, Artikel zu Arnold von Lübeck, 01.01.1995 Universität Leipzig, http://www.unileipzig.de/gwzo/wissensdatenbank/artikel.php?ArtikelID=175.0000 11 Von Lübeck, Arnold: Die Chronik Arnolds von Lübeck, Berlin 1853, S.89-91, digitalisiert in Google books: http://books.google.de/books? id=pA4sAQAAIAAJ&printsec=frontcover&hl=de&source=gbs_ge_summary_r&cad=0#v=onepage&q=mainzer %20hoftag&f=false

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Personen sein können und zu welchen Eklats sie führen können. Aus diesem Grund ist es wichtig zu analysieren, wie Symbole und Rituale die Streitigkeiten und Kriege dieser Welt beeinflusst haben und beeinflussen. Da es dem Chronisten Arnold von Lübeck gelungen ist, diverse politische Rituale zu beobachten und zu beschreiben, wird das nächste Kapitel davon handeln, welche Rolle diese in dem deutschen Thronstreit von 1198 gespielt haben. Bedeutung politischer Rituale im deutschen Thronstreit von 1198 Während des gesamten Thronstreits haben politische Rituale und Symbole eine große Bedeutung für die Frage der legitimierten Herrschaft gehabt. An dieser Stelle soll nun genauer darauf eingegangen werden, welche Rituale benutzt wurden und welche Funktionen sie im Einzelnen hatten. Die Ausgangssituation in diesem Streitfall war, dass nach dem unerwarteten Tod von Heinrich VI. nun ein Nachfolger gefunden werden musste und sowohl der Welfe Otto von Braunschweig, als auch der Staufer Philipp von Schwaben Anspruch auf den Königstitel erhoben.12 Um ihre Ansprüche aufzuzeigen, kommunizierten die beiden Kontrahenten daraufhin viel über die Ebene der Symbole und politischen Rituale. Bereits in ihren beiden Krönungen lassen sich viele Merkmale dieser Art von Kommunikation feststellen. Bei der Wahl Ottos waren viele Mächtige des Landes, wie der Kölner Erzbischof oder der Pfalzgraf vom Rheine anwesend, und wählten Otto übereinstimmend zum neuen König. Ebenfalls unterstützte Richard I. , König Englands und Onkel von Otto, die Entscheidung.Er steuerte reiche Gaben und große Summen an Geld zur Krönung seines Neffen bei. 13 Die Wahl, die durch eine Zusammenkunft von vielen bedeutenden Personen durchgeführt wurde, sollte zum ersten Mal die Ansprüche Ottos auf den Königsthron unterstreichen. Mit ihr wollte man symbolisieren, wie einflussreich seine Unterstützer sind und wie groß sein Rückhalt ist. Zudem konnte man mit der einstimmigen Wahl Einigkeit nach außen demonstrieren. Da Otto jedoch in Abwesenheit gewählt wurde, musste er erst noch nach Köln geholt und dort gesalbt werden. Dieses Ritual übernahm der Erzbischof von Köln persönlich. Er erhöhte ihn auf den Thron und begrüßte ihn als Augustus des römischen Reichs. 12 Begriff: „Thronstreit: Philipp von Schwaben, Otto IV. und Friedrich II.“ im Universal-Lexikon, Beitrag 2012 erschienen, http://universal_lexikon.deacademic.com/309786/Thronstreit %3A_Philipp_von_Schwaben,_Otto_IV._und_Friedrich_II. 13 Ebd. S. 225

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Nachdem dies geschehen war, ließ es sich auch Papst Innozenz III. nicht nehmen, Ottos Investitur zu billigen. Er ernannte ihn darüber hinaus zu „seinem geliebten Sohn“ und wies alle Erzbischöfe, Bischöfe und Äbte an, den Willen des neuerwählten Königs zu befolgen.14 Dadurch, dass nun auch der Papst die Herrschaft Ottos anerkannt hatte und befürwortete, symbolisierte dies gleichzeitig, dass der Welfe auch auf die Unterstützung des Großteils der Kirche hoffen konnte. Dieses Kriterium stärkte seine Machtstellung gegenüber Philipp von Schwaben erheblich. Jedoch ließ es sich Philipp nicht nehmen sich ebenfalls zum König krönen zu lassen, so dass zu diesem Zeitpunkt zwei Könige im Reich herrschten. Seiner Investitur fehlten aber logischerweise die großen Würdenträger der Kirche. Dies versuchte er durch eine große Anzahl an Fürsten auszugleichen. Aufgrund des Aspekts, dass Philipp von Schwaben fast alle Städte und Burgen im Reich besetzt hielt, hingen ihm daher viele Franken, Schwaben, Bayern und Sachsen an. So kam es, dass er bei seiner Investitur von einer Menge Prälaten und Fürsten aus diesen Teilen des Reichs in allgemeiner Übereinstimmung in Mainz zum König gewählt wurde. Einzig Köln und ein Teil Westfalens unterstützten Otto. Mit dem Erzbischof von Tarent fand Philipp schließlich zusätzlich noch eine Geistlichkeit der Kirche, welche ihn salbte. Ein weiterer Vorteil war, dass er die königlichen Insignien besaß. Jedoch erschien die Königin bei seiner Krönung nicht mit königlichem Diadem, sondern lediglich mit einem goldenen Haarreif geschmückt.15 Die Ausgangssituation nach den beiden Wahlen und Krönungen könnte für das Forschungsgebiet der Rituale im Mittelalter nun wohl kaum besser sein. Dadurch, dass Otto und Philipp in ihren Machtbegründungen darlegen, welche Symbole und Handlungen ein König, besitzen oder erfüllen muss, lässt sich hieraus hervorragend schließen, welche politischen Rituale für einen König im Mittelalter essentiell wichtig waren. Auf der einen Seite gibt es König Otto. Er versucht seine Macht zu legitimieren, indem er argumentiert, dass seine Wahl in Köln und seine Krönung in Aachen am rechten Ort waren. Der vorgesehene Platz für die Investitur ist also das erste wichtige politische Ritual, welches einen König auszeichnet. Weiterhin begründet er die Rechtmäßigkeit seiner Herrschaft dadurch, dass er von der rechten Person, nämlich von dem Kölner Erzbischof Adolf von Altena gekrönt wurde. Es lässt sich also ableiten, dass es zur damaligen Zeit auch ein wichtiges Zeichen war, wer den König in sein Amt einführt. Auf der anderen Seite gibt es aber 14 Ebd. S. 226 15 Ebd. S. 227

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auch noch König Philipp. Er wurde weder von der rechten Person noch am rechten Ort gekrönt, jedoch legitimiert er seine Herrschaft damit, dass er Krone, Apfel, Schwert und somit die Königsinsignien besitzt. Es lässt sich daraus folgern, dass die Insignien des Königs ein letztes wichtiges Symbol der Macht sind. Da auf der Grundlage dieser notwendigen politischen Rituale keiner der beiden die vollkommen rechtmäßige Herrschaft für sich beanspruchen konnte, regierten ab diesem Zeitpunkt zwei Könige nebeneinander. 16 Ein weiteres wichtiges Zeichen zur Stärkung Ottos wurde dann erneut von Innozenz III. getätigt. Indem er ihm seine Prälaten unterstellte und so seine Meinung bekundete, wagte es die Kirche aus Angst vor dem Papst nicht Partei für Philipp zu ergreifen. Es gab daher nur einige wenige Bischöfe, die sich offiziell zu dem Staufer bekannten. 17 Mit dieser Handlung bekräftigte Innozenz III. abermals seine Zustimmung zur Herrschaft Königs Ottos und gab der Kirche, als Inhaber des römischen Stuhls vor, es ihm gleich zu tun. Allerdings folgte hierauf ein unerwartetes Ereignis im Thronstreit. Der Pfalzgraf, welcher gleichzeitig der Bruder von Otto war, verlässt seinen Bruder, da er von Philipp stetig mit dem Verlust der Pfalzgrafschaft bedroht wurde. Darüber hinaus wechselte er zum Lager Philipps über. 18 Dieser Bruch mit der eigenen Familie wunderte und betrübte viele Anhänger Ottos, aber er ließ Philipp auch an Stärke dazugewinnen, da nun der eigene Bruder seines Konkurrenten auf die Seite von ihm übergewechselt war. Um seine Stärke weiter unter Beweis zu stellen und seine Macht zu festigen, belagerte Otto nun Lichtenberg. Man muss hierzu wissen, dass die Stadt Lichtenberg dem Welfen zuvor bereits lange Zeit Widerstand geleistet hatte. Als er schließlich die Kontrolle über die Stadt übernommen hatte, plünderte er sie erst, gab die Güter aber teilweise wieder zurück.19 Mit dieser Belagerung und der anschließenden Plünderung wollte Otto demonstrieren, dass er in der Lage ist, jeden Widerstand zu brechen und diejenigen die sich ihm in den Weg stellen, auch bestrafen wird. Jedoch sollte sich das Blatt und einer seiner wichtigsten Verbündeten bald gegen ihn wenden. Um den richtungsweisenden Wandel zu erklären, ist es nun wichtig sich noch einmal vor Augen zu führen, welche Kriterien einen König rechtmäßig legitimieren. Bis zu diesem Zeitpunkt konnte sich Philipp nur mit den Königsinsignien rechtfertigen. 16 Ebd. S.225-227 17 Ebd. S. 227-228 18 Ebd. S. 234 19 Ebd. S. 236

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Nachdem Adolf von Altena, der Erzbischof von Köln, und Otto aber im Streit auseinandergingen, geschah etwas Unvorhersehbares. Am 06. Januar 1203 weihte der Kölner Erzbischof Philipp, als rechtmäßige Person und am rechtmäßigen Ort, zum König und setzte ihn auf den Thron.20 Durch diese Weihe vollzog Adolf von Altena das politische Ritual, welches dem Staufer noch zu seiner legitimen Herrschaft gefehlt hatte. Das besagte Ritual hatte daher im Thronstreit eine enorme Bedeutung für alle Beteiligten. Für Philipp hatte die Inthronisierung in Aachen zu Folge, dass er ab diesem Zeitpunkt offiziell alle Kriterien erfüllte, die einen König zur damaligen Zeit ausmachten. Er war nun also rechtmäßig legitimiert. Otto konnte seine Herrschaft hingegen nicht mehr angemessen rechtfertigen, da sein Alleinstellungsmerkmal, von der richtigen Person am richtigen Ort gekrönt worden zu sein, jetzt keinen Wert mehr hatte. Eine weitere Person, die ebenfalls Machtverluste hinnehmen musste, war nun Innozenz. Nachdem er immer wieder symbolisiert hatte, dass er Otto den Rücken stärke, war es ausgerechnet jemand aus seinen eigenen Reihen, der Philipp dazu verhalf, dass seine Königswürde jetzt von allen anerkannt werden musste. Das nächste politische Ritual kam daher auch von ihm. Innozenz lud den Kölner Erzbischof zu einer päpstlichen Audienz ein, um mit ihm über die Weihe zu reden. Adolf von Altena jedoch schlug die Einladung aus, was zur Folge hatte, dass der Papst ihm einen Brief schrieb, in dem er ihn auf das Übelste beschimpft und ihn aus seinem Amt als Erzbischof von Köln enthebt.21

Da Innozenz auf Grund der Ereignisse trotzdem nicht mehr über die Rechtmäßigkeit Philipps als König hinweggehen konnte, schlug er ihm vor, den von ihm gefangengenommenen neuen Erzbischof Kölns, Bruno, freizulassen. Dafür erklärte sich der Papst bereit, Philipp von seinem Bann zu befreien. 22 Diese symbolische Handlung hatte für die einzelnen Personen unterschiedliche Bedeutungen. Für Philipp war nun, durch die Befreiung vom Bann, eine weitere große Hürde auf dem Weg zur päpstlichen Anerkennung seines Königstitels aus dem Weg geräumt worden. Für den alten Kölner Erzbischof bedeutete die Freilassung des neuen Erzbischofs durch die Person, die er selbst inthronisiert hatte, eine persönliche Niederlage und Demütigung. Innozenz kam diese Demütigung Adolf von Altenas 20 Ebd. S. 266 21 Ebd. S. 268 22 Ebd. S. 274-275

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genau recht, da er spätestens nach der Ausschlagung seiner päpstlichen Audienz, auf Rache aus war. Aus diesem Grund hatte selbst diese kleine Handlung einen hohen symbolischen Wert für den Thronstreit. Kurz bevor der Papst sich jedoch noch genauer mit Philipp befassen musste, wurde der Staufer von Otto von Wittelsbach ermordet.23 In der Folge überlegte Otto sich, ob nach dem Tod seines größten Konkurrenten, nicht der Zeitpunkt gekommen war, die anderen Widersacher mit Waffen anzugreifen. Diesen Plan verwarf er jedoch wieder und rief stattdessen den Reichstag zu Halverstadt ein, um für keine weitere Aufregung zu sorgen. 24 Dem daraufhin entstehenden Herrschertreffen zur Ernennung eines neuen Königs wohnten ein Großteil der Prälaten aus Sachsen und Thüringen bei. Sie alle erwählten Otto als neuen römischen König. 25 Diese zweite Wahl Ottos hatte zu Folge, dass er nun, ohne die Konkurrenz von Philipp und mit dem eindeutigen Urteil der anwesenden Prälaten und Fürsten, der alleinige römische König war. Auf einem zweiten Reichstag zu Frankfurt klagte die Tochter des verstorbenen König Philipps jedoch darüber, dass man ihren Vater umgebracht habe und dass, wenn man jetzt kein Zeichen setzte, kein Fürst mehr sicher sei. Aus diesem Grund befahl der neue König den Mörder Philipps zu köpfen und seinen Kopf in die Donau zu werfen. Daraufhin beschlossen Otto und Philipps Tochter noch auf dem Reichstag zu heiraten. Zudem wurden dem Welfen noch die königlichen Insignien verliehen, die ihm während des Thronstreits gefehlt hatten. 26 Für die Ritualforschung könnte wohl auch dieser Reichstag zu Frankfurt kaum interessanter sein. Nachdem der Mörder Philipps, symbolisch für seine Tochter, hingerichtet wurde, e...


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