Monster in der Märchenwelt PDF

Title Monster in der Märchenwelt
Author lorelay bosca
Course Examen Lehramt Deutsch
Institution Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
Pages 2
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Summary

Sommersemester...


Description

Monster in der Märchenwelt. Fiktive Darstellung oder wissenschaftliche Erklärung?

Da die Märchen als literarisches Genre eine bedeutsame Rolle im Leben der Kinder spielen und da das Thema „Märchen” im Unterricht öfter behandelt wird, ist meine Ausarbeitung dieser Thematik empfehlenswert für diejenigen, welche nur Märchen gelesen haben, aber sich nie mit der Forschung in diesem Bereich auseinandergesetzt haben. Hauptfiguren wie Daumesdick oder Wichtelmänner sind vielen Erwachsenen bestimmt bereits aus der eigenen Kindheit bekannt, aber was hinter diesen Namen noch zu verstehen ist, stellt das weitere Essay vor. Das Thema Märchenfiguren ist von allgemeinem Interesse in der zeitgemäßen Märchenforschung. Daher betrachtet Urte Helduser in einem sehr spannenden Beitrag die Märchenfiguren mit Behinderung aus den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm, unter dem Titel Behinderung als Märchen. Die Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm im Kontext des Monstren-Wissens um 1800. Ausgehend von einer aktuellen Figur, und zwar Shrek, das grüne Monster, weckt die Autorin im Leser sein Interesse und die Neugier über das Thema “Behinderung als Märchen”, welches im obengenannten Beitrag dargestellt wird. „Mit dem Diskurs über den ‚falschen Körper‘ “ (Helduser 2015: 207) und durch Hinweise auf „das Thema der Regulierung des Lebens und die Unterscheidung zwischen einem ‚erwünschten‘ und einem ‚unerwünschten‘ Leben“ (Helduser 2015: 207) erzeugt die Autorin von Anfang an eine interessante Parallele zwischen dem aktuellen Genre des Märchens und den Volksmärchen der Brüder Grimm (vgl. Helduser 2015:207). Bemerkenswert sei auch im Ganzen die Gliederung des Heldusers Beitrags, nämlich im Vornherein die historische Kontextualisierung des Missgeburten-Diskurs und voran die zwei Märchenmotive, und zwar die ‚Versehen‘-Theorie und das Motiv des ‚Wechselbalgs‘ (vgl. ebd. 208). Bereits in der Renaissance wurde unter Monstrosität der irreguläre Körper gemeint. Im 18. Jahrhundert wird die Monstrosität, welche noch als volkssprachlicher Begriff für die angeblichen ‚Missgeburten‘

gilt, Forschungsgegenstand der

Teratologie, eine

medizinisch-zoologische Disziplin. Diese Spezialdisziplin etabliert eine Unterscheidung von fiktiven Monstern und die medizinischen körperlichen Fehlbildungen. Dies hatte folgende Konsequenz: „ ‚Missgeburten‘ werden in das Reich der Märchen verwiesen“ (Helduser 2015: 208f). 1

Das Versehen-Motiv, welches Helduser darstellt und in Märchen, wie zum Beispiel Daumesdick der Brüder Grimm vorkommt, steht im Zusammenhang mit der Idee der indirekten Wunscherfüllung der kinderlosen Eltern (vgl. Helduser 2015: 211). Die tiergestalteten Kinder (Affen, Igel, Esel), welche manche Eltern nach langer Zeit bekommen, betrachtet die Autorin als eine Gottbeschaffenheit. Mit anderen Worten: ein Kind mit Behinderung wird in Märchen „als eine Strafe für elterliches Fehlerverhalten“ (Helduser 2015: 213) thematisiert. Der Wechselbalg-Mythos beinhaltet die Vorstellung, dass behinderte Kinder aufgrund ihrer sichtbaren Missbildungen nicht die eigenen sein können und von Zwergen, Wichtelmännern, Kobolden oder Dämonen mit dem eigentlichen Kind vertauscht worden sein müssen. Unter diesem Mythos wurde im 18. und 19. Jahrhundert eine angeborene geistige Behinderung verstanden und diese Verbindung zwischen dem „falschen Kind“ und den Zwergen, Wichtelmännern, Kobolden oder Dämonen tritt in Märchen und Sagen der Brüder Grimm auf (vgl. Helduser: 213ff). Hinweise über Erkrankungen wie Kretinismus gehörten in dieser Zeit der Wechselbalgs-Theorie an, wie zum Beispiel „dicker Kopf“ oder „starre Augen“ (vgl. ebd. 215). Die Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm sind ein Spiegel der Gesellschaft des 18. Jahrhunderts, eine Gesellschaft in der die Erwachsenen puerile Erklärungen für die körperlichen oder geistigen Behinderungen entwickelt haben. Mit Hilfe der „tiermenschlichen Mischwesen oder Wechselbälgern“ (Helduser 2015: 216) konnten sie diese Idee über Behinderung eines Kindes bewältigen (vgl. Helduser: 216). Daher lässt sich daraus schließen, dass die Kinder- und Jugendliteratur hierbei ihren doppelsinnigen Charakter nochmal beweist, da die Märchen, welche im Heldusers Beitrag thematisiert werden, nicht nur an Kinder, sondern auch an Erwachsene durch ihre allegorische Bedeutung gerichtet werden.

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