Rechtsphilosophie Zusammenfassung PDF

Title Rechtsphilosophie Zusammenfassung
Author schaima aribi
Course Rechtsphilosophie
Institution Ludwig-Maximilians-Universität München
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§ 1: Der Begriff des Rechts I. Die MauerschützenProblematik Verfassungsrechtliches Gesetzlichkeitsprinzip Art 103 II, §1 StGB Tat darf nur mit Strafe geahndet werden, wenn ihre Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor sie begangen wurde. Fall: Mauernschützen erschossen Flüchtlinge, weil sie unerlaubt die Grenze übertreten wollten. Rechtsfertigungsgrund: § 27 GrenzGDDR: Anwendung von Schusswaffen (2) Die Anwendung der Schusswaffe ist gerechtfertigt, um die unmittelbar bevorstehende Ausführung oder die Fortsetzung einer Straftat zu verhindern, die sich den Umständen nach als ein Verbrechen darstellt. Sie ist auch gerechtfertigt zur Ergreifung von Personen, die eines Verbrechens dringend verdächtig sind.

Rspr. begründet trotzdem Strafbarkeit LG Berlin. § 27 Abs. 2 GrenzG DDR ist aufgrund eines krassen Widerspruchs zu unantastbaren Rechtsprinzipien nichtig: Frage: Ist es rechtens das man nur durch Grenzübertritt getötet wird? So ein Gesetz überhaupt zulässig? -> Kernbereich des Rechts „Erlaubnis Personen die Land verlassen wollen, notfalls zu erschießen, war rechtlich unbeachtlich, weil der Anlass (Grenzübertritt) ohne behördliche Erlaubnis, in einem solch unerträglichen Missverhältnis zur möglicherweise eintretenden Folge (Tod) eines Menschen steht, das Regelung keinen Respekt verdient und ihr der Gehorsam zu verweigern war.“



§ 27 Abs. 2 GrenzG DDR kein gültiges Recht und demzufolge eine Tötung nicht gerechtfertigt



§ 27 Abs. 2 GrenzG DDR wirklich kein gültiges Recht? Immerhin damals rechtens zustande und angewendet worden? -> Welche Voraussetzungen müssen vorliegen, damit wir etwas als Recht ansehen?

II. Definitionsversuche -

„Jedes Gesetz oder jede Rechtsregel ist ein Befehl. Oder, genauer gesagt, Gesetze oder Rechts regeln ... sind eine bestimmte Art von Befehlen.” John Austin Befehlstheorie „Die Voraussage, was die Gerichte tatsächlich tun werden, und nichts Anspruchsvolleres ist das, was ich unter „Recht“ verstehe.“ Oliver Wendell Holmes Schurkenperspektive „Als Recht wird hier eine normative Ordnung verstanden, die ein bestimmtes menschliches Verhalten dadurch herbeizuführen sucht, dass sie vorschreibt, dass im Falle eines gegenteiligen, des sogenannten rechtswidrigen Verhaltens, des ‚Unrechts‘, ein Zwangsakt als Unrechts folge, als sogenannte Sanktion erfolgen soll. In diesem Sinne ist das Recht eine normative Zwangsordnung.“ Hans Kelsen Sanktionstheorie „Recht im juristischen Sinne ist im Allgemeinen alles, was Menschen, die in irgendwelcher Gesellschaft miteinander leben, als Norm und Regel dieses Zusammenlebens wechselseitig anerkennen.“ Rudolf Bierling Anerkennungstheorie „Eine Ordnung soll heißen: Recht, wenn ihre Geltung äußerlich garantiert ist durch die Chance des (physischen oder psychischen) Zwanges durch ein auf Erzwingung der Innehaltung oder Ahndung der Verletzung gerichtetes Handeln eines eigens darauf eingestellten Stabes von Menschen.“ Max Weber Zwangstheorie „Das Recht ist also der Inbegriff der Bedingungen, unter denen die Willkür des einen mit der Willkür des andern nach einem allgemeinen Gesetz der Freiheit zusammen vereinigt werden kann.“ [Willkür = Handlungsfreiheit] Immanuel Kant Freiheitstheorie „Recht ist die Wirklichkeit, die den Sinn hat, dem Rechtswerte, der Rechtsidee zu dienen. ... Die Idee des Rechts kann nun keine andere sein als die Gerechtigkeit.“ Gustav Radbruch Gerechtigkeitstheorie „Das Recht ist ein Normensystem, das (1) einen Anspruch auf Richtigkeit erhebt, (2) aus der Gesamtheit der Normen besteht, die zu einer im großen und ganzen sozial wirksamen Verfas sung gehören und nicht extrem ungerecht sind, sowie aus der Gesamtheit der Normen, die gemäß dieser Verfassung gesetzt sind, ein Minimum an sozialer Wirksamkeit oder Wirksam keitschance aufweisen und nicht extrem ungerecht sind...“ Robert Alexy Gerechtigkeitstheorie

III. Moralneutraler vs. moralbezogener Rechtsbegriff Der moralneutrale (Positivismus) und der moralbezogene (Naturrecht) Rechtsbegriff. 1. Der moralneutrale Rechtsbegriff Es sind allein bestimmte formale Kriterien ausschlaggebend for einen moralneutralen Rechtsbegriff. Im Wesentlichen handelt es sich um zwei: • die korrekte Setzung der Normen in einem bestimmten Verfahren durch eine dazu autorisierte Instanz • und/oder ihre soziale Wirksamkeit – etwa aufgrund der Anerkennung durch die Bevölkerung und/oder der zwangsweisen Durchsetzung durch die dafür zuständigen Stellen  Gemeinsamkeit aller Definitionen: Verzicht auf inhaltlichen Maßstab insb. moralischen

„Jeder beliebige Inhalt kann Recht sein, es gibt kein menschliches Verhalten, das als solches, kraft seines Gehalts, ausgeschlossen wäre, zum Inhalt einer Rechtsnorm zu werden. Deren Geltung kann nicht dadurch in Frage gestellt werden, dass ihr Inhalt einem irgendwie voraus gesetzten materiellen Wert, etwa der Moral, nicht entspricht. Als Rechtsnorm gilt eine Norm stets nur darum, weil sie auf eine ganz bestimmte Weise zustande gekommen, ... nach einer spezifischen Methode gesetzt wurde.“ Hans Kelsen



rechtspositivistischer Rechtsbegriff, denn es kommt nur auf „positives“, d.h. empirisches (= durch Sinneserfahrung) feststellbare Fakten wie die Setzung durch eine Autorität und/oder die soziale Wirksamkeit an

2. Der moralbezogene Rechtsbegriff Es müsen auch bestimmte inhaltliche Voraussetzungen erfüllt („moralisches Minimum“) sein. Nicht jeder Inhalt kann Recht sein – nämlich nicht ein solcher, der von einer der vom vorausgesetzten Maßstab der Gerechtigkeit zu weit abweicht.

a) Die Radbruch-Formel (Klassiker): Gustav Radbruch „Der Konflikt zwischen der Gerechtigkeit und der Rechtssicherheit dürfte dahin zu lösen sein, dass das positive, durch Satzung und Macht gesicherte Recht auch dann den Vorrang hat, wenn es inhaltlich ungerecht und unzweckmäßig ist, es sei denn, dass der Widerspruch des positiven Gesetzes zur Gerechtigkeit ein so unerträgliches Maß erreicht, dass das Gesetz als ‚unrichtiges Recht‘ der Gerechtigkeit zu weichen hat. Es ist unmöglich, eine schärfere Linie zu ziehen zwischen den Fällen des gesetzlichen Unrechts und den trotz unrichtigen Inhalts den noch geltenden Gesetzen; eine andere Grenzziehung aber kann mit aller Schärfe vorgenommen werden: wo Gerechtigkeit nicht einmal erstrebt wird, wo die Gleichheit, die den Kern der Gerechtigkeit ausmacht, bei der Setzung positiven Rechts bewusst verleugnet wurde, da ist das Gesetz nicht etwa nur ‚unrichtiges‘ Recht, vielmehr entbehrt es überhaupt der Rechtsnatur. Denn man kann Recht, auch positives Recht, gar nicht anders definieren

denn als eine Ordnung und Satzung, die ihrem Sinn nach bestimmt ist, der Gerechtigkeit zu dienen.“ Radbruch

Radbruch-Formel enthält zwei Komponenten: Unerträglichkeitsthese, nach der eine unerträglich ungerechte Gesetzesvorschrift als gesetzliches Unrecht ihre Rechtsgeltung verliert, also nicht mehr angewendet wird Verleugnungsthese, nach der eine Gesetzesvorschrift, die von vornherein nicht auf die Idee des Rechts, die Gerechtigkeit, bezogen ist, schlicht Nicht-Recht ist  Verhätnis beider Komponenten zueinander unklar. Meisten halten Unerträglichkeitsthese für entscheidendes Grundprinzip und in Verleugnungsthese nur eine unselbständige Konkretisierung dieses Grundprinzips (z.B.

Saliger) -> Ob Deutung Radbruchs Intentionen gerecht, fraglich Denn in seinem Text entscheidet Radbruch sehr genau zwischen drei Arten unrichtiger Normen.

1

1.

gesetzliche Normen, die zwar ungerecht, d.h. moralisch falsch sind, aber Ungerechtigkeit erträglich ist, und somit weiter rechtlich gelten (z.B. Steuergesetze, die Wohlhabende zu sehr begünstigen)

2.

gesetzliche Normen, die unerträglich ungerecht, d.h. moralisch unerträglich falsch sind, und deshalb ihre Rechtsgeltung verlieren – jedoch, da sie gleichwohl vorgeben, gerecht zu sein, ihren Rechtscharakter behalten (z.B. Gesetze, die die Sklaverei erlauben und dies mit Wesensunterschieden zwischen Bürgern und Sklaven rechtfertigen -> keine Gehorsamspflicht

3.  

gesetzliche Normen, die nicht einmal vorgeben gerecht zu sein, und deshalb schon keinen Rechtscharakter besitzen -> keine Gehorsamspflicht Unklar Unterschied zwischen Normen mit und ohne Rechtscharakter, da beide unerträglich und keinerlei rechtliche Bedeutung; d.h rechtlich nicht existent An anderer Stelle spricht Radbruch ohne Differenzierung davon, es k önne „Gesetze mit einem solchen Maß von Ungerechtigkeit und Gemeinschädlichkeit geben, dass ihnen die Geltung, ja der Rechtscharakter abgesprochen werden muss.“ -> Insoweit irrelevant, ob gesetzliche Norm nun die Rechtsgeltung oder der -charakter abgesprochen wird -> Das rechtfertigt es, künftig von der Unerträglichkeitsthese als dem entscheidenden Grundprinzip der Radbruch-Formel auszugehen

b) Das Zwei Ebenen Modell des klassischen Naturrechts Aufgrund der Bezugnahme auf einen Maßstab übergeordneter Richtigkeit bzw. Gerechigkeit -> spricht man auch von einem naturrechtlichen Rechtsbegriff, da die v.a. in der antiken und mittelalterlichen Rechtsphilosophie weit verbreitete Auffassung herrscht, es gebe eine objektiv vorgegebene Ordnung menschlichen Zusammenlebens, die ihre Grundlage in der „Natur“ des Menschen bzw. den „natürlichen“ Lebensverhältnissen finde. Die klassischen Naturrechtslehren gehen von einem Zwei Ebenen Modell des Rechts aus: 1. Ebene des Naturrechts, d.h. Rechtsnormen, die bereits unabhängig und vor aller menschlichen Setzung oder Übereinkunft gelten, 2. Ebene des positiven Rechts, d.h. Normen, die erst durch Setzung oder Übereinkunft ihre rechtliche Gültigkeit erhalten Modell klarer formuliert:

„Das Polisrecht [= Recht der griechischen Stadtstaaten] ist teils Natur, teils Gesetzesrecht. Das Naturrecht hat überall dieselbe Kraft der Geltung und ist unabhängig von Zustimmung oder Nichtzustimmung. Beim Gesetzesrecht ist es ursprünglich ohne Bedeutung, ob die Bestimmungen so oder anders getroffen wurden, wenn es aber festgelegt ist, dann ist es verbindlich, z.B. ... dass eine Ziege zu opfern ist und nicht etwa zwei Schafe.“ Aristoteles

Und ganz in diesem Sinne heißt es auch bei Kant: „Unter diesen [Gesetzen] sind diejenigen, zu denen die Verbindlichkeit auch ohne äußere Gesetzgebung a priori [= vor aller Erfahrung] durch die Vernunft erkannt werden kann, ... natürliche Gesetze; diejenigen dagegen, die ohne wirkliche äußere Gesetzgebung gar nicht verbinden (also ohne die letztere nicht Gesetz sein würden) heißen positive Gesetze.“



-

Die Vorstellung von einem Naturrecht, das bereits vor aller menschlichen Setzung oder Vereinbarung existiert, haben verschiedene moderne Naturrechtslehren aufgegeben Das bestimmte Regelung unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten gefordert ist, genügt nicht für Gültigkeit (Vgl. Positivismus) gehen sie davon aus, dass alles Recht positives Recht a) d.h die korrekte Setzung des Recht durch eine autorisierte Instanz b) und/oder die soziale Wirksamkeit sind notwendige Bedingungen für Gültigkeit Moderne Naturrechtslehren meinen jedoch, dass korrekte Setzung und/oder soziale Wirksamkeit noch keine hinreichenden Bedingungen dafür sind, dass eine Norm als Recht gilt Weitere Bedingung muss erfüllt sein: Norm muss gerecht bzw. darf zumindest nicht extrem ungerecht sein

In diesem Bezug des Rechts auf eine objektiv verstandene Gerechtigkeit stimmen die modernen mit den klassischen Naturrechtslehren überein. Grob lassen sich also folgende drei Positionen unterscheiden: 1.

klassische Naturrechtslehren: Korrekte Setzung und/oder soziale Wirksamkeit sind keine notwendigen Bedingungen der Rechtsgeltung. Naturrecht vor und unabhängig von diesen Faktoren. Korrekte Setzung und/oder soziale Wirksamkeit sind aber auch keine hinreichenden Bedingungen der Rechtsgeltung, selbst wenn Gesetz steht, ist es ungültig wenn es gegen Naturrecht (eklatant) verstoßt.

 z.B allgemeine Menschenrechte. Zwar wurden diese mittlerweile auch in verschiedenen Regelungswerken kodifiziert, so z.B. in der UN-Menschenrechtscharta und in der Europäischen Menschenrechtskonvention. Nicht wenige glauben allerdings, dass die entsprechenden Kodifikationen lediglich das bekräftigen, was ohnehin schon und ganz unabhängig von ihnen geltendes Recht ist, nämlich dass jeder Mensch von Natur aus und von Geburt an bestimmte unverlierbare Rechte besitzt. Die Menschenrechts Kodifikationen sind nach diesem Verständnis also bloß deklaratorisch (= klarstellend) und nicht konstitutiv (= rechtserzeugend). 2.

moderne Naturrechtslehren: Korrekte Setzung und/oder soziale Wirksamkeit sind notwendige Bedingungen der Rechtsgeltung. Kein Recht vor und unabhängig von diesen Faktoren. Korrekte Setzung und/oder soziale Wirksamkeit sind aber keine hinreichenden Bedingungen der Rechtsgeltung. Denn Vorschriften, die gegen Gerechtigkeit verstoßen können kein geltendes Recht sein.

3.

Rechtspositivismus: Korrekte Setzung und/oder soziale Wirksamkeit sind notwendige Bedingungen der Rechtsgeltung. Kein Recht vor und unabhängig von diesen Faktoren. Korrekte Setzung und/oder soziale Wirksamkeit sind hinreichende Bedingungen der Rechtsgeltung. Auch Vorschriften, die gegen Gerechtigkeit (eklatant) verstoßen, stellen Recht dar, wenn sie nur korrekt gesetzt und/oder sozial wirksam sind.

c) Die Quelle des Gerechtigkeitsmaßstabs Umstritten ist, wo der objektiv, d.h. für alle Menschen, verbindliche Gerechtigkeitsmaßstab herrührt, dem die Normen ihrer Auffassung nach entsprechen müssen.

3 beliebte Auffassungen wonach sich der Gerechtigkeitsmaßstab ergibt: 1.

Aus der biologischen oder sozialen Natur des Menschen bzw. den natürlichen Lebensverhältnissen,

2

Dass es in der sozialen Natur des Menschen liegt, im Staat zusammenzuleben, und dieser dem Menschen erst das gute, d.h. das seinem Wesen entsprechende Leben ermöglicht, ist die berühmte These von Aristoteles. „Ein staatlicher Verband ist aber die aus mehreren Dörfern gebildete vollendete Gemeinschaft, die die Grenze erreicht hat, bei der – wenn man so sagen darf – vollständige Autarkie besteht. Um des Überlebenswillen ist er entstanden, er besteht aber um des vollkommenen Lebens willen. Jeder staatliche Verband existiert deswegen von Natur, da dies ja auch für die ersten Gemeinschaften galt; denn er ist das Ziel jener, und es ist die Natur, die das Ziel darstellt. Die Beschaffenheit eines jeden Dinges, dessen Entwicklung vollständig abgeschlossen ist, bezeichnen wir ja als seine Natur... Daraus geht nun klar hervor, dass der Staat zu den Dingen zu zählen ist, die von Natur sind, und dass der Mensch von Natur ein Lebewesen ist, das zum staatlichen Verband gehört.“ Aristoteles

Aristoteles verwendet hier einen teleologischen (= zielbezogenen) Naturbegriff. Als Natur eines Dings bezeichnet er den Endzustand, auf den hin das Ding sich entwickelt z.B Die Raupe verwandelt sich in einen Schmetterling. Schmetterlingseigenschaft ist ihre Natur und zwar bereits dann, wenn sie noch eine kleine Raupe ist –weil sie darauf angelegt ist, sich zu einem Schmetterling zu entwickeln. So versteht Aristoteles den Staat als etwas Natürliches. Denn der Staat bildet die Form der Gemeinschaft, zu der hin sich menschliches Zusammenleben notwendig entwickelt, da nur er dem Menschen das gute Leben ermöglicht, das jeder Mensch als oberstes Ziel anstrebt. Weiteres Bsp. für erst genannten Begründungsansatz: „Das Wesen des Naturrechts, d.h. seine grundsätzliche Unentbehrlichkeit und seinen Inhalt beim gegenwärtigen Zustand der Menschheit, erkennt man am besten aufgrund einer sorgfältigen Erforschung von Natur und Veranlagung des Menschen. ... Der Mensch ist ... das Lebewesen, das am meisten auf seine Selbsterhaltung bedacht ist. Dabei ist er aber auf sich allein gestellt ganz hilflos. Er ist nicht in der Lage, ohne Unterstützung von seinesgleichen zu überleben, ist aber auch bestens geeignet zur gegenseitigen Förderung. Bei allem ist er jedoch böswillig, angriffslustig und leicht reizbar und ebenso schnell bereit, anderen zu schaden, wie er dazu auch in der Lage ist. Daraus ergibt sich, dass der Mensch, um zu überleben, ein Leben in Gemeinschaft führen muss, d.h. er muss sich mit seinen Mitmenschen zusammentun und sich ihnen gegenüber so betragen, dass sie ihrerseits nicht jeden Vorwand ergreifen, ihm zu schaden, sondern stattdessen bereit sind, auch seinen Vorteil zu wahren und zu fördern. Daraus ergibt sich folgende Grundregel des Naturrechts: Jeder muss die Gemeinschaft nach Kräften schützen und fördern. ... Gebot des Naturrechts ist alles, was für das Leben in Gemeinschaft notwendig und nützlich ist; was stört und schadet, ist verboten.“ Pufendorf

2. Aus einem göttlichen Willen bzw. einer göttlichen Schöpfungsordnung Am weitesten verbreite naturrechtliche Begründungsansatz besteht darin, das Naturrecht auf den Willen Gottes bzw. eine göttlichen Schöpfungsordnung zurückzuführen ist. „Das wahre Gesetz ist die richtige Vernunft, die mit der Natur in Einklang steht, die allen Menschen zuteilgeworden ist, beständig, ewig gültig... Auch können wir wahrlich nicht durch Senats oder Volksbeschluss von diesem Gesetz entbunden werden, ... und es wird dieses Gesetz in Rom nicht anders sein als in Athen, auch nicht jetzt anders als späterhin, sondern alle Völker wird zu allen Zeiten ein einziges, ewiges, unveränderliches Gesetz zusammenhalten, und einer wird sozusagen der gemeinsame Lehrer und Gebieter aller sein: Gott.“ Cicero

Locke geht in seiner Vertragstheorie von einem vorstaatlichen Naturzustand aus, in dem die Naturzustandsbewohner bereits vor aller staatlicher Ordnung natürliche Rechte besitzen, die die jeweils anderen zu achten und zu respektieren haben. Begründet in theologisches Argument: „Aber obgleich dies [= der Naturzustand] ein Zustand der Freiheit ist, so ist es doch kein Zustand der Zügellosigkeit. ... Im Naturzustand herrscht ein natürliches Gesetz, das jeden verpflichtet. Und die Vernunft, der dieses Gesetz entspricht, lehrt die Menschheit, wenn sie sie nur befragen will, dass niemand einem anderen, da alle gleich und unabhängig sind, an seinem Leben und Besitz, seiner Gesundheit und Freiheit Schaden zufügen soll. Denn alle Menschen sind das Werk eines einzigen allmächtigen und unendlich weisen Schöpfers, die Diener eines einzigen souveränen Herrn, auf dessen Befehl und in dessen Auftrag sie in die Welt gesandt wurden. Sie sind sein Eigentum, da sie sein Werk sind, und er hat sie geschaffen, so lange zu bestehen, wie es ihm, nicht aber wie es ihnen untereinander gefällt.“ John Locke

3. Aus der Vernunft Prominentestes Bsp. für eine solche vernunftrechtliche Konzeption ist die Rechtsphilosophie Kants: „Was Rechtens sei (quid sit iuris), d.i. was die Gesetze an einem gewissen Ort und zu einer gewissen Zeit sagen oder gesagt haben, kann er [= der Rechtsgelehrte] noch wohl angeben; aber, ob das, was sie wollten, auch recht [= gerecht] sei, und das allgemeine Kriterium, woran man überhaupt Recht sowohl als Unrecht (iustum et iniustum) erkennen könne, bleibt ihm wohl verborgen, wenn er nicht ... die Quellen jener Urteile in der bloßen Vernunft sucht..., um zu einer möglichen positiven Gesetzgebung die Grundlage zu errichten.“ Immanuel Kant

  

Die unterschiedlichen drei Begründungansätze wurden (und werden) oft auch in Kombination vertreten. So stützt sich Pufendorf nicht nur auf die Natur des Menschen, sondern benennt außerdem Gott als Urheber und damit als Legitimationsquelle des Naturrechts Und bei Locke spielt die Vernunft in der Argumentation eine so tragende Rolle, dass ihn viele nicht so sehr als Vertreter eines theologischen Naturrechts, sondern vielmehr als Vernunftrechtler ansehen

IV. Argumente für einen moralbezogenen Rechtsbegriff Zurück zur Kontroverse: Moralneutraler oder moralbezogener Rechtsbegriff vorzugswürdig? Zwei Argumente für moralbezogenen Rechtsbegriff:

1.

Das Unrechtsargument

Ein Rechtsbegriff, der auf einen Maßstab der Gerechtigkeit Bezug nimmt, kann besser mit de...


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