UE 2 Motivationspsychologie - Kapitel 6 Implizite und explizite Motive S PDF

Title UE 2 Motivationspsychologie - Kapitel 6 Implizite und explizite Motive S
Course Motivationspsychologie
Institution Hochschule Luzern
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Frühlingssemster 21...


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UE 2: Motivationspsychologie - Kapitel 6: Implizite und explizite Motive S.81-96 6.1 Einleitung ●

Ein weiteres Einteilungsmerkmal ist jenes in »implizit« und »explizit«. Implizite Motive sind dem Bewusstsein nicht direkt zugänglich und daher nur indirekt messbar. Explizite Motive sind bewusst repräsentiert und über den Selbstbericht erfassbar.

6.2 Die Geschichte der Unterscheidung in implizite und explizite Motive ● ● ●



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Motive lassen sich nur indirekt, d. h. unabhängig von bewusster Selbstreflexion,unter Umgehung von Selbstdarstellungs tendenzen, messen. Eine direkte offene Befragung ist keine adäquate Messmethode, da sich Personen ihrer impliziten Motive gar nicht bewusst sind. Die mittels Bildgeschichtenübung und mittels Fragebogenverfahren gemessenen Motive erfassen zwei voneinander unabhängige Motivationssysteme, von denen deshalb gar nicht erwartet werden kann, dass sie miteinander korrelieren. Diese nannten sie »implizite Motive« (»implicit motives«) und »selbstzugeschriebene Motive« (»self-attributed motives«) – später auch »explizite Motive« genannt. Nach McClelland beruhen implizite Motive auf ontogenetisch frühen vor-sprachlichen affektiven Erfahrungen, die Kinder mit bestimmten Anreizen in ihrer sozialen Umwelt gemacht haben. Für das Leistungsmotiv ist es der Stolz, wenn man eine herausfordernde Aufgabe gemeistert hat. Für das Machtmotiv ist es die positive affektive Erfahrung, sich als stark zu erleben, wenn es gelingt, andere zu beeinflussen. Für das Anschlussmotiv ist es ein Gefühl sozialer Harmonie, wenn man Zuwendung und Sympathie von anderen Personen erfährt. Implizite Motive werden auch als affektgesteuerte Bedürfnisse bezeichnet. Explizite Motive hingegen sind bewusste Selbstzuschreibungen, die sich durch Anforderungen und Erwartungen wichtiger Bezugspersonen und Normen und Regeln der sozialen Umwelt als Teil des Selbstkonzeptes entwickelt haben. Sie sind auf Kognitionen basierende motivationale Selbstbilder, die mittels Fragebogen erfasst werden können. Implizite und explizite Motive sind zwei unabhängige Motivationssysteme, die funktional zusammenwirken.

6.3 Die Unterscheidungsmerkmale impliziter und expliziter Motive 6.3.1 Verhaltenskorrelate impliziter und expliziter Motive ●

Explizite Motive sagen Verhalten in eher klar strukturierten Situationen vorher (»respondentes Verhalten«), während implizite Motive Verhalten in offenen Situationen (»operantes Verhalten«) prognostizieren.

6.3.2 Anreize für implizite und explizite Motive 1

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Die andere Determinante, ohne die Motive gar nicht verhaltenswirksam werden können, sind Anreize. Sie stammen aus der Umwelt. Implizite und explizite Motive unterscheiden sich in den Anreizen, also in den Situationen und Bedingungen, die sie anregen. Implizite Motive sprechen auf intrinsische Anreize an, die in der Aufgabe oder Tätigkeit selbst liegen. Hingegen kommt es Personen mit einem expliziten Leistungsmotiv auf von außen kommende Anreize an. Da es ihnen darum geht, Leistung nach außen zu demonstrieren und sie sich an sozialen,statt individuellen Bezugsnormen orientieren, brauchen sie extrinsische Anreize, wie beispielsweise sozial-evaluative Anreize. Für Personen mit einem hohen impliziten Motiv liegen die Anreize also in der Leistungs-, Anschluss- oder Machtsituation selbst während Personen mit einem hohen expliziten Motiv von den sozialen Konsequenzen des Handelns in diesen Situationen angeregt werden.

6.3.3 Die Entstehung impliziter und expliziter Motive ● ●

So beruhen implizite Motive auf affektiven Erfahrungen in der vor-sprachlichen Kindheit. Explizite Motive entwickeln sich aus Zielen,Werten und Normvorstellungen der Bezugspersonen, die diese für wichtig halten und dem Kind kommunizieren.

6.4 Die Messung impliziter und expliziter Motive 6.4.1 Übersicht über die gängigsten impliziten Motivmessinstrumente ● ●

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Da implizite Motive unbewusst sind, können sie nur indirekt, d. h. unter Umgehung der bewussten Angabe über die eigenen Motive erfasst werden. Bildgeschichtenübung ○ Diese Umgehung von bewussten Vorstellungen von sich selbst und Selbstdarstellungstendenzen lässt die impliziten Motive in den Geschichten sichtbar werden. ○ Nachdem sie das Bild für einen Moment angesehen haben, werden sie aufgefordert, eine fantasievolle und vollständige Geschichte zu verfassen und erhalten einige Leitfragen, die als Anhaltspunkte für die Geschichte dienen können. ○ positive Bewertung von Leistung: »Ihre Leistung war unübertroffen« ○ Anschlussmotiv die Äußerung positiver Gefühle gegenüber anderen Personen. ○ Machtmotiv die Absicht, andere Personen beeinflussen zu wollen. ○ Im Partner-Related Agency and Communion Test (PACT) werden acht Bilder dargeboten, die zwischenmenschliche Situationen darstellen. ○ agentischen Bedürfnisses (»agentic need«; Streben nach Unabhängigkeit, ○ Können und Bewältigung) und eines gemeinschaftsbezogenen Bedürfnisses (»communion need«; Bedürfnis nach Nähe, Zweisamkeit) bezogen auf Paarbeziehungen ermittelt. Operanter Motivtest





Die Probanden werden aufgefordert, sich eine kurze Geschichte zu Strichzeichnungen einfallen zu lassen, diese jedoch nicht als Ganze auf zuschreiben, sondern lediglich Stichpunkte zu vorformulierten Fragen zu notieren. Multi-Motiv-Gitter ○ Ausdruck des Motivs wird über vorformulierte Items zur bildlich dargestellten Situation erfasst. ○ Unter jeder Strichzeichnung (z. B. Seilkletterer, Kneipenszene) finden sich Aussagen zur dargestellten Situation, denen als passend zugestimmt werden kann oder die als unpassend abgelehnt werden können.

6.4.2 Übersicht über die gängigsten expliziten Motivmessinstrumente ●

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Die Messinstrumente für das explizite Motivationssystem (explizite Motive und Ziele) sind Selbstberichte in Form von Items in Fragebogen oder vorgegebenen Zielen, die bzgl. des Zutreffens auf die eigene Person bewertet werden. Die Auswertung geschieht durch das Aufsummieren der im Sinne der Merkmalsausprägung angekreuzten Antworten. Personality Research Form (PRF) ○ Fragebogen zur Messung grundlegender Persönlichkeitseigenschaften. GOALS ○ Zum expliziten Motivationssystem gehören auch Ziele, die sich Menschen in ihrem Leben zu erreichen vornehmen. ○ basiert der »GOALS« auf einem nomothetischen Vorgehen. Die Probanden bewerten anhand einer 5-stufigen Likert skala vorgegebene Ziele aus verschiedenen Inhaltsbereichen nach ihrer Wichtigkeit, Realisierbarkeit und ○ dem bisher in diesen Zielen erreichten Erfolg. Unified Motive Scales (UMS) ○ misst in einer Ultra-Kurz- (15 Items), Kurz- (30 Items) und Langversion (54 Items) die Motive Leistung, Anschluss, Intimität und Angst. PSE - Questionnaire (PSE-Q) ○ Ein aktueller Ansatz zur Messung expliziter Machtmotive basiert auf der direkten Übersetzung der Verrechnungskategorien für Bildgeschichtenübungen in ein Fragebogenformat. ○ Die Probanden erhalten die Aufgabe, sich nacheinander in eine Person auf dargebotenen Bildern hineinzuversetzen und im Anschluss anhand von vorformulierten Aussagen zu beurteilen, wie sie in dieser Situation denken, fühlen oder handeln würde. Motivspezifische Fragebogen ○ existieren Fragebogen, die auf einzelne Motive fokussieren. ○ Achievement Motives Scale ○ Mehrabian Achievement Risk Preference Scale

6.5 Das Zusammenspiel von impliziten und expliziten Motiven ●

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Der statistische Sachverhalt, dass implizite und explizite Motive nicht oder nur gering miteinander korrelieren (McClelland, 1989), bedeutet vereinfacht gesagt, dass etwa



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gleich viele Personen mit einem hohen impliziten über ein hohes, mittleres oder niedriges korrespondierendes explizites Motiv verfügen. Stimmen implizite und explizite Motive in ihrer Ausprägung miteinander überein, wird dies als Motivkongruenz bezeichnet, klaffen die Ausprägungsgrade impliziter und expliziter Motive auseinander, ist von Motivinkongruenz die Rede. Ein Motivkongruenztyp ist gekennzeichnet durch eine niedrige Ausprägung im impliziten und expliziten Motiv. Der zweite Motivkongruenztyp hat hohe Ausprägungen in beiden Motivtypen. Das implizite und explizite Motiv spielen gut zusammen. Im Gegensatz zu den harmonisch zusammenwirkenden Motivkongruenztypen bergen die beiden Motivinkongruenztypen ein hohes Konfliktpotenzial. Für den einen Motivinkongruenztyp besteht das Problem darin, dass das mit der hohen Ausprägung im impliziten Leistungsmotiv verbundene Verlangen, nach herausfordernden Aufgaben zu streben und deren Bewältigung zu genießen, durch das niedrige explizite Motiv nicht gesättigt wird. Das niedrige explizite Motiv generiert keine anspruchsvollen Leistungsziele und lässt Personen sich in leistungsneutralen Situationen aufhalten. Das implizite Motiv findet keinen Ausdruck im Verhalten, und die Motivbefriedigung entfällt. Beim zweiten Motivinkongruenztyp besteht ein anderer Konflikt zwischen den Motiven. Das hohe explizite Motiv führt zur Generierung von Zielen, für deren Umsetzung dann jedoch die Energie, die durch das implizite Motiv bereitgestellt wird, fehlt.

6.5.1 Welche Folgen hat Motivinkongruenz? ●



Der Grund hierfür ist, dass der mit Motivinkongruenz assoziierte Konflikt wie ein permanenter, im Hintergrund wirkender Stressor wirkt, der die Handlungsausführung und das emotionale und körperliche Wohlbefinden ähnlich beeinträchtigt wie andere Stressoren (z. B. Zeitdruck, Lärm) auch. Motivinkongruenz mindert volitionale Ressourcen und emotionales Befinden.

5.5.2 Wie entsteht Motivinkongruenz und wie kann sie verändert werden? ● ●



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die implizite und affektive Motivanregung häufig nicht gut wahrgenommen und so auch nicht als Information für die expliziten Zielsetzungen genutzt werden kann. Ursache für Inkongruenz ist eine starke Orientierung an der sozialen Umwelt bei gleichzeitiger Vernachlässigung von innerhalb der Person liegenden Informationsquellen. die Fähigkeit, non-verbale Körpergefühle aufmerksam wahrzunehmen, und eine geringe Neigung, die soziale Angemessenheit des eigenen Verhaltens zu bewerten, zur Entwicklung eines motivationalen Selbstbildes führen, das zu den impliziten Motiven passt. referentielle Kompetenz (»referential competence«) und meinen damit die Fähigkeit, non-verbale in verbale Repräsentationen (und umgekehrt) übersetzen zu können. emotionale Bewältigungsstrategien, wie das Mitteilen emotionaler Erlebnisse (»emotional disclosure«), die negativen Folgen, die Motivinkongruenz auf das Befinden hat, mindern können.



Imaginieren von Zielen, also die lebhafte Vorstellung des Prozesses der Zielverfolgung, eine Brücke zwischen den abstrakten impliziten Motiven und den konkreten expliziten Zielsetzungen darstellen kann.

6.6 Alltagsbezug und Anwendungsaspekte ●





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persönliches Unbehagen oder Missbefinden in bestimmten Situationen darin begründet liegen können, dass das Herz (implizite Motive) und der Kopf (explizite Motive) nicht das Gleiche wollen. Zusammenfassend kann eine mögliche Ursache für Unbehagen oder Missbefinden also darin bestehen, dass sich Personen in Situationen bewegen, die nicht ihren impliziten Motiven entsprechen. Für den Alltagsgebrauch eignen sich Zielimaginationen, das Fantasieren über Ziele und die Selbstbeobachtung, wie sich die Zielverfolgung anfühlt. Das Reflektieren der eigenen Tätigkeitsvorlieben ist eine weitere Methode, näher an implizite Motive heranzukommen....


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