Kapitel 4 und 6 Helmke PDF

Title Kapitel 4 und 6 Helmke
Course Bildungswissenschaften
Institution Universität Koblenz-Landau
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4. Unterrichtsqualität: Bereiche, Merkmale, Prinzipien Wichtige fächerübergreifende Qualitätsbereiche • • • • • • • • • •

Klassenführung Klarheit und Strukturierung Konsolidierung und Sicherung Aktivierung Motivierung Lernförderliches Klima Schülerorientierung Kompetenzorientierung Passung Angebotsvarianten

Was kann ein solcher Katalog leisten und was nicht? • • •

Jede Klassifikation von Merkmalen der Unterrichtsqualität ist eine individuelle Konstruktion willkürlich und beliebig Die Zusammenstellung von Qualitätsmerkmalen ist elektisch, d.h. es gibt keine einheitliche Theorie, aus der sich die Merkmale direkt ableiten lassen Guter Unterricht ist nicht identisch mit einer optimalen oder maximalen Ausprägung aller Merkmale o Es gibt unterschiedliche Muster erfolgreichen Unterrichts

4.1 Klassenführung 4.1.1 Sichtweisen der Klassenführung Vier Ansätze und Denkrichtungen dessen, was Klassenführung ist: 1. Klassenlehrer sein • Eine Klasse führen ist gleichbedeutend damit, Klassenlehrer zu sein o Ansprechpartner für Kollegen, für Eltern o Verantwortlich bei Konferenzen o Organisation von Klassenfahrten o Soziales Leben in der Klasse 2. Klassenführung als Inbegriff erfolgreichen Unterrichts und Führens • Praxisgestaltung • Institutionelle und kulturelle Einbindung • Wirkung und Wirksamkeit • Auch als Klassenmanagement bezeichnet 3. Klassenmanagement als Reaktion auf Störungen • Umgang mit Disziplinstörungen in Form von o Ermahnungen o Strafen o Sanktionen • Assoziiert mit Ruhe, Ordnung, Drill • Veraltetes Denken 4. Integrativer Ansatz • Umfasst präventive, proaktive und reaktive Elemente • Vorbeugung (Prophylaxe) steht im Mittelpunkt • Wechselseitige Verflechtung von Unterrichtsqualität und Klassenführung 1

4.1.2 Relevanz für Lernen und Leistung •



• • • • •

Effiziente Klassenführung ist kein Selbstzweck, sondern unabdingbare Voraussetzung für die Sicherung anspruchsvollen Unterrichts o Schafft geordneten Rahmen für die eigentlichen Lehr- und Lernaktivitäten Klassenführung als Basiskompetenz des Lehrberufs o Kein anderes Merkmal ist so eindeutig und konsistent mit dem Leistungsniveau und dem Leistungsfortschritt von Schulklassen verknüpft Zweite Stelle auf der Rangliste bei Wang et al. Hohe Effektstärke bei Hattie (d=0,52) Effizienz der Klassenführung hat signifikanten Einfluss auf die Leistungsentwicklung und den Kompetenzzuwachs in Mathe (PISA) Leistungszuwachs und Zuwachs des Lerninteresses in Englisch bei DESI Probleme in der Klassenführung auf Platz 1 der Liste für Gründe von Burn-Out

4.1.3 Gründe für die Vernachlässigung des Themas •

Gemessen an der Relevanz des Themas, führt die Klassenführung ein Schattendasein

Gründe: • •

Das Wort führen hat in Deutschland einen unguten Beigeschmack o Vorbehalte gegenüber jeglicher Führung im Kontext von Schule Disziplin als negativ besetzter Begriff durch die Konnotation mit blindem Gehorsam und Drill

4.1.4 Ein theoretisches Rahmenmodell











Effiziente Klassenführung und guter Unterricht beeinflussen sich wechselseitig: ist der Unterricht motivierend, sind SuS aktiv und an der Gestaltung des Unterrichts mitbeteiligt, dann wirft die Klassenführung nur wenige Probleme auf Eine effiziente Klassenführung sicher nicht nur das Lernzeitbudget, sondern signalisiert auch die überragende Wichtigkeit und Wertigkeit, die die Lehrperson dem Lernen zuschreibt, insofern wirkt sie sich nicht nur direkt, sondern auch mittelbar aus Gesteigert wird die aktive Lernzeit, nicht direkt dagegen die Qualität ihres Lernens. Diese hängt von fachlichen, fachdidaktischen und methodischen Kompetenzen der Lehrperson ab. o Klassenführung ist notwendig aber nicht hinreichend In der Forschung wird vor allem auf die entscheidende Rolle eines durch Unterstützung, Freundlichkeit und wechselseitigen Respekt charakterisiertem Lernklimas hingewiesen o Klassenführung und Unterrichtsqualität hängen eng zusammen Die Lehrerpersönlichkeit wirkt sich sowohl auf die Unterrichtsqualität als auch auf die Klassenführung aus

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Effizienz der Klassenführung und Unterrichtsqualität bewegen sich nicht im luftleeren Raum: Die vorgefundenen Verhältnisse in der zu unterrichtenden Klasse können Rücken- aber auch Gegenwind bedeuten

4.1.5 Professionswissen Unterschied zwischen Novizen (Junglehrer) und Veteranen (Lehrer mit viel Erfahurung) Novizen: • • • •

Klassenführung identisch mit Disziplin SuS unter Kontrolle haben Mit störenden SuS umgehen Die SuS zum Zuhören bewegen

Veteranen: • • • •

Sorgfältige und rechtzeitige Planung der Unterrichtsstunde Organisation von Lehrmaterial, welches bei den SuS auf Interesse stößt Rechtzeitige und entschiedene Etablierung klarer Regeln Prävention, Vorbeugung, Prophylaxe

4.1.6 Der Ansatz von Kounin •

Empirische Forschung mit intensiv eingesetzten videografischen Methoden

Prinzipien effizienter Klassenführung: •

Allgegenwärtigkeit, Dabeisein (Withitness): o Lehrerin vermittelt SuS das Gefühl, dass sie alles im Blick hat o Störende Vorfälle werden nicht übersehen und heikle Entwicklungen nicht toleriert



Überlappung (Overlapping): o Gleichzeitig an verschiedenen Problemen arbeiten bzw. auf verschiedene SuS Bedürfnisse eingehen o Fähigkeit zur Mehrfachverarbeitung (Multitasking) isst gefordert



Zügigkeit, Reibungslosigkeit, Schwung (Momentum): o Vermeidung unnötiger Unterbrechungen o Angemessene Unterrichtsplanung als Voraussetzung o Vermeidung von Hektik und Langeweile



Geschmeidigkeit (Smoothness): o Unterricht ohne sachlogische Brüche mit erkennbarem roten Faden o Fragend-entwickelnder Unterricht



Gruppenaktivierung (Group focus): o Auch wenn nur ein Schüler dran ist, behält die Lehrkraft den Fokus auf der Gruppe



Übergangsmanagement (Managing Transitions): o Knappe und eindeutige Überleitungen ohne Zeitverlust



Vermeidung vorgetäuschter Teilnahme (Avoiding Mack Paticipation) o Sensibel sein für vorgetäuschte „Schein-Aufmerksamkeit“ 3

Kritik an Kounins Ansatz: • • •

Keller (2008) weist darauf hin, dass die Untersuchungen vor 40 Jahren stattgefunden haben Heutige Klassenzimmer und das Denken über Unterrichtsqualität und Klassenführung haben sich verändert Keller plädiert für breiter angelegtes moderneres Konzept der Störungsprävention o Umfasst folgende Elemente: ▪ Positive Autorität ▪ Kollegialer Grundkonsens ▪ Professionelle Klassenleitung ▪ Verhaltensregeln ▪ Nonverbale Verhaltenssteuerung ▪ Guter Unterrichts ▪ Schülerfeedback ▪ Kollegiale Hospitation ▪ Konzentrationsförderung ▪ Soziales Lernen ▪ Kooperation mit dem Elternhaus ▪ Selbstreflexion und Coaching

4.1.7 Regeln, Routine, Rituale Regeln • •

Überragende Rolle (Hattie d=0,76) Merkmale: o Frühzeitig werden Regeln etabliert o Die Regeln werden kontinuierlich gefestigt und gesichert ▪ Prinzip der Verstärkung spielt wichtige Rolle o Der Verbindlichkeitscharakter der Regeln wird unterstützt durch Plakatierungen o Die Wirksamkeit der Regeln ist dann besonders hoch, wenn diese einsichtig sind, akzeptiert werden und der Umgang mit ihnen in der gesamten Schule konsistent ist o Der Wirkungsgrad von Regeln wird erhöht, wenn die günstigen Konsequenzen für regelkonformes und die Sanktionen wir regelverletzendes Verhalten klar und deutlich gemacht werden

Routinen • • •

Sehr spezifiscje Verhaltensmuster für immer wiederkehrende Situationen o Signale, Gesten, Symbole Für Lehrpersonen haben Routinen Entlastungspotential Weinstein unterscheidet folgende Arten von Routinen: o Verwaltungsroutinen o Mobilitätsroutinen o Routinen für das Beginnen und Beenden einer Unterrichtsstunde o Routinen der Lehrer-Schüler-Interaktion o Routinen der Kommunikation zwischen Schülern

Rituale •

Oberbegriff für ein gleichbleibendes, regelmäßiges Vorgehen nach einer festgelegten Ordnung o Gleichförmige, zeremonielle Handlungen, die durch ihre regelmäßige Wiederholung eine von Lehrer und von Schülern geteilte symbolische Bedeutung erhalten haben

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Gehören zum Schulalltag, etwa in Gestalt regelmäßiger Abläufe o Bei der morgendlichen Begrüßung im Klassenraum o Beim Appell vor Schulbeginn o Als Einstieg mit dem Ziel, eine Arbeitsatmosphäre herzustellen o Bei der wöchentlichen Schulfeier o Bei der Durchführung des Erzählkreises Wenn das Timing stimmt können Rituale eine positive Wirkung entfalten o Schaffung einer lernförderlichen Atmosphäre und Steigerung eines Wir-Gefühls o Vermittlung von Sicherheit o Strukturierung des Tagesablaufs

4.1.8 Klassenmanagement als vorausplanendes Handeln Elf Punkte nach Evertson et al. (2002), die bei einem erfolgreichen Klassenmanagement zu berücksichtigen sind: 1. Klassenraum vorbereiten 2. Regeln und Verfahrensweisen planen 3. Konsequenzen festlegen 4. Unterbindung von unangemessenem Schülerverhalten 5. Regeln und Prozeduren unterrichten 6. Aktivitäten zum Schulbeginn 7. Strategien für potentielle Probleme 8. Beaufsichtigen/Überwachen 9. Vorbereiten des Unterrichts 10. Verantwortlichkeit der SuS 11. Unterrichtliche Klarheit

4.1.9 Zeitnutzung • •

• •

Gemeint ist die effektive Zeitnutzung der verfügbaren Unterrichtszeit durch eine gute Unterrichtsorganisation Zeitdiebe sind: o Unpünktlicher Beginn o Schleppende Übergänge o Unnötige Wartezeiten Die Nutzung der Unterrichtszeit wird durch eingeschliffene Prozeduren, Routinen und Rituale unterstützt Besonders sensibel sind Unterrichtsbeginn und Übergänge

4.1.10 Umgang mit Störungen: Der Low-Profile-Ansatz • •



Der Low-Profile-Ansatz lässt sich am Ehesten mit „den Ball flach halten“ übersetzen Ziel: Mit Störungen so umgehen, dass der Unterrichtsfluss nicht unterbrochen und das Lernklima nicht beeinträchtigt wird o Entspricht dem Prinzip des frühzeitigen deeskalierenden Eingreifens Anwendungsfeld sind kleinere Vorkommnisse

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Es werden auf der Zeitschiene drei Zonen unterschieden: 1. Anticipation: Überprüfen, im Auge behalten, mit dem Ziel der Vorbeugung 2. Deflection: Sparsame Aktion bei unmittelbar bevorstehender Störung, möglichst nonverbal, falls nötig aber auch verbal 3. Reaction: Ist die Störung unterhalb der Akzeptanzschwelle: ignorieren, ansonsten unverzüglich und undramatisch eingreifen Ein mit dem Low-Profile-Ansatz verwandtes Prinzip ist das des interactive teaching Es umfasst die folgenden Komponenten: • • • •

In regelmäßigen Zeitabständen in der Klasse umhergehen, das Schülerverhalten beobachten Kommunizieren, dass man das Lernverhalten im Auge hat Zeit für nichtunterrichtliche Aktivitäten minimieren Vorbeugende, proaktive Klassenführungsmethoden einsetzen, um störendes Verhalten zu verhindern

Lernpsychologisch basierte Prinzipien der Verhaltensanalyse nach Rost (2006), denen zufolge jedes Verhalten von vier Elementen abhängt: • • • •

Der Gesamtheit aller relevanten externen und internen Reizbedingungen Den relevanten biologisch-psychologischen Faktoren einer Person Der Kontingenz, das heißt der Konsequent und Systematik, mit der Verhaltensfolgen eintreffen Der Konsequenz, das heißt der Qualität nachfolgender verstärkender Ereignisse

Ein wirksamer Umgang mit Störungen erfordert die situationsangemessene Beherrschung der vier klassischen Varianten des operanten Lernens: 1. 2. 3. 4.

Positive Verstärkung Bestrafung Negative Verstärkung Entzug eines positiven Verstärkers

➔ Methode 1 und 3 erhöhen die Auftretenswahrscheinlichkeit des gewünschten Verhaltens, Methode 2 und 4 verringern sie

Forschungsstand zur Wirksamkeit von Strafen im Kontext Schule (nach Wellenreuther, 2005): • • • • • • • •

Die Lehrer sollten eine einheitliche Meinung vertreten Die Strafe sollte durch Erinnern an die betreffende Regel begründet werden Strafen sollten konsequent bei allen SuS angewendet werden Sie sollte verhältnismäßig zur gemachten Störung sein Sie sollten auch als Strafe empfunden werden Nicht Rache, sondern Wiedergutmachung sollte im Vordergrund stehen Beim Verteilen der Strafen sollte der Lehrer möglichst ein positives Verhaltensmodell abgeben (nicht selbst gegen Regeln verstoßen) Durch den Akt der Bestrafung sollte die Aufmerksamkeit der Klasse wenig gestört werden

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Kellers Leitfaden zur Störungsdiagnose (2008) •

Schlägt vor zunächst Antworten auf folgende Fragen zu finden: o Wie lässt sich das Störverhalten beschreiben? o Wie ist der Schweregrad des Störverhaltens? o In welchen Fächern stört der Schüler? o In welcher Unterrichtsphase tritt das Störverhalten gehäuft auf? o Wie reagiert die Klasse auf das Störverhalten o Welche Störungsursache können dem Störverhalten zugrunde liegen? o Welche verborgene Botschaft könnte das Störverhalten beinhalten? o In welcher Situation ist das Verhalten des Schülers unproblematisch? o Wie haben Lehrer das Störverhalten bisher zu bewältigen versucht? o Wie könnte das Störverhalten wirksam verändert werden?



Ein solches Vorgehen ist nach Keller die Voraussetzung für den erfolgreichen Umgang mit Störungen



Er stellt folgende Interventionsvarianten dar: o Direktes Reagieren in der Störsituation o Konfliktgespräch: mit dem Schüler, den Eltern, der Klasse o Konfliktbearbeitung in der Klassenkonferenz o Verhaltensmodifikation mit Tonkens o Kooperative Verhaltensänderung mit der Klasse o Auszeit im Trainingsraum o Außerschulische Hilfe

4.2 Klarheit und Strukturierung • • •



Klarheit und Verständlichkeit sprachlicher Äußerungen im Unterricht sind von überragender Bedeutung für das Lernen (Hattie, 2009, d=0,75) Q = Quality, A = Appropiateness, I = Incentives to learn, T = Time (QuAIT-Modell nach Slavin, 1994) o Klarheit, Strukturierung und Verständlichkeit sind Leitkonzepte der Qualität des Unterrichts Mayer (2004) stellt das Merkmal „Klare Strukturierung“ an den Anfang seiner zehn Merkmale der Unterrichtsqualität o Umfasst für ihn: Stimmigkeit von Zielen, Inhalten, Methoden und Folgerichtigkeit des methodischen Gangs Klarheit, Verständlichkeit und Strukturierung müssen begrifflich auseinandergehalten werden o Klarheit hat vier Komponenten: akustisch, sprachlich, inhaltlich, fachlich o Klarheit ist eher sender- Verständlichkeit eher empfängerbezogen o Verständlichkeit hängen von Merkmalen der Sprache und des Sprechens ab o Strukturiertheit hat zwei Bedeutungen: ▪ Umfasst alle Merkmale des Informationsangebots (gedächtnispsychologisch) ▪ Unterricht wird so geplant und sequenziert, dass er seine Ziele erreicht (didaktisch)

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4.2.1 Anwendbarkeit auf Lehrer-Schüleräußerungen •



Wenn man von Klarheit und Strukturierung spricht hat man den Input seitens der Lehrperson im Auge > Lehreräußerungen o Lassen sich aber auf jede sprachliche Äußerung im Kontext des Unterrichts anwenden Simultan zum Unterrichtsgespräch gibt es Parallelaktionen der SuS o Nuthall (1997) hat diese Parallelaktionen untersucht ▪ Nur 14% aller Schüleräußerungen finden mit dem Lehrer statt ▪ 69% sind Gespräche mit Gleichaltrigen ▪ 15% Selbstgespräche ▪ 2% Singen, Stöhnen, etc.

4.2.2 Akustische Verständlichkeit und sprachliche Klarheit • •

In Studien mit SuS wurde geprüft welche Merkmale der Unklarheit sich negativ auf die Leistung auswirkt Leistungen wurden umso geringer, je mehr die Lehrersprache durch folgende Merkmale charakterisiert war: o Unsicherheits- und Vagheitsausdrücke o Inkorrekte Grammatik oder Lexik o Bruch der Kontinuität o Manierismen, Sprechverzögerungen, Füllwörter

4.2.3 Lehrperson als Sprachmodelle • • •

Aussprache, pragmatische und grammatische Kompetenz der Lehrer sind von überragender Bedeutung Lehrer sind nicht nur Instrukteure, sondern äußerst wirksame Verhaltensmodelle Videografien des Unterrichts könnten dazu beitragen, Lehrer ihre eigenen sprachlichen Stärken aber auch Eigentümlichkeiten der Rhetorik bewusst zu machen

4.2.4 Sprecherziehung und Stimmprobleme im Lehrerberuf • •

Sprechkompetenz und Rhetorik finden in der heutigen Lehrerausbildung wenig Beachtung Stimmprobleme werden durch die ökologischen Gegebenheiten in der Schule noch verschärft o Die Norm DIN 18041 (Hörsamkeit in kleinen mit mittelgroßen Räumen), die die Schulen einhalten müssten, werden nirgends erfüllt o Lehrer arbeiten unter Bedingungen, bei denen anderswo Gehörschutz vorgeschrieben ist

4.2.5 Dimensionen der sprachlichen Verständlichkeit •

In der sozialpsychologischen und soziolinguistischen Forschung wurden Dimensionen der Verständlichkeit entwickelt, die sich auf das sprachliche Unterrichtsangebot anwenden lassen o Schriftliche Texte o Aufgaben o Lehrer- Schüleräußerungen

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Dimensionen des Hamburger Verständlichkeitskonzepts (Langer, Schulz von Thun, Tausch, 1974) sind besonders relevant • • • •

Einfachheit versus Kompliziertheit Kürze und Prägnanz versus Langatmigkeit und fehlende Prägnanz Ordnung und Gliederung versus Ungegliedertheit und Zusammenhanglosigkeit Zusätzliche Stimulanz

4.2.6 Struktur und Kohärenz Strukturierung • • • •





Struktur als Kernmerkmal der Unterrichtsqualität Die Lernwirksamkeit erkennbarer Lernziele, von Strukturierungshilfen und die Transparent von Erfolgskriterien wird auch von Hattie belegt Gute Wissensstrukturierung und zusätzliche Lernhilfen haben sich als lern- und leistungsfördernd herausgestellt Die Strukturierung dient dem Ziel, Unterrichtsstoff so zu vermitteln, dass eine gut organisierte Wissensbasis entsteht o Das wiederum erfordert eine gute Passung zwischen Vorwissen und Vorerfahrung einerseits und neuem Stoff andererseits In der pädagogisch-psychologisch orientierten Unterrichtsforschung und in der kognitionspsychologisch orientierten Lehr-Lern-Forschung wird ein engeres Konzept von Strukturierung vertreten: o Mitteilung der Unterrichts- und Lernziele o Transparente Leistungserwartung o Ausdrückliche Verknüpfung der neu vermittelten Informationen mit Vorwissen und Aufgreifen evtl. Missverständnisse o Fragen stellen, um den Lernenden zu einer intensiveren Auseinandersetzung mit dem Inhalt anzuregen o Das Angebot eines Gerüstes in Form übergreifender Ideen, Begriffe und Begriffsnetze, um so die Integration neuen Wissens zu erleichtern o Lernhilfen wie vorangestellte Strukturierungshilfen an strategisch wichtigen Stellen für den Lernenden, die über den eigentlichen Lerninhalt hinausgehen und den Lernprozess unterstützen Strukturierung aus Sicht der Lehr-Lern-Forschung bezieht sich auf die Schlüssigkeit, mit der im Unterricht funktional unterschiedliche Phasen aufeinanderfolgenden und miteinander verknüpft sind

Kohärenz • •

Meint den inhaltlichen Zusammenhang des Textes bzw. der Rede Kriterien: o Wie gut und stimmig sind verbale und schriftliche Äußerungen? o Werden unterschiedliche Sinne angesprochen? o Sind verschiedene Lehr-Lern-Medien aufeinander abgestimmt? o Gibt es einen roten Faden? o Sind die Segmente einer Stunde folgenrichtig geplant?

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Empfehlungen und Richtlinien für die Strukturierung des Unterrichts am Beispiel der „Guidelines for effective lectures“ (Duffy, Roelen, Meloth, Vavrus, Chilcoat): • • • • • •

Beginnen Sie mit vorangestellten Strukturierungshilfen, die es den SuS ermöglichen, einen Kontext für die folgende neue Unterrichtseinheit zu entwickeln Stellen Sie die Unterrichtsziele oder die erwarteten Lernergebnisse der neuen Unterrichtseinheit vor o SuS werden für die Schlüsselkompetenz sensibilisiert Präsentieren Sie den neuen Stoff und stellen sie Verbindungen zum Vorwissen der SuS her Stellen Sie von Zeit zu Zeit Nachfragen, um zu kontrollieren, ob alles verstan...


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