Title | Berufswahltheorien Zusammenfassung |
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Course | Berufswahl und berufliche Entwicklung |
Institution | Otto-Friedrich Universität Bamberg |
Pages | 9 |
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Zusammenfassung Berufswahltheorien verschiedene Ansätze, wie Entwicklungstheoretischer Ansatz, Allokationstheoretischer Ansatz etc. ...
Grundfragen des berufswahlvorbereitenden Unterrichts Erklärungsansätze zur Berufswahl (Berufswahltheorien) Allgemeines: Definition Berufswahl: = „die Gesamtheit der Ereignisse und Situationen, die in einem begründeten lebensgeschichtlichen Zusammenhang stehen.“ (Dedering 1994) Die Berufswahlvorbereitung ist das integrative Moment zur Berufsausbildung - persönlichkeitsförderliche Elemente aufnehmen
- in der Grundstufe beginnen und in Sekundarstufe I und II weiterführen Fazit: Berufswahl ist kein einmaliger Akt, der mit der Entscheidung für einen Erstberuf endet, sondern ein langfristiger komplexer und komplizierter Prozess.
lebenslanger Prozess
wiederholt sich
interaktive Lern- und Entscheidungsphase
steht unter bestimmten gesellschaftlichen Bedingungen
Ergebnis: Ausüben unterschiedlicher beruflicher Tätigkeiten
Ziele des Berufswahlprozesses: Die SS sollen:
zu einer möglichst rationalen Berufswahl befähigt werden
Hilfen für den Übergang in das Erwerbsleben erhalten
Informationen über Berufe und deren Entwicklungstendenzen erhalten
auf Konflikte in der Berufswelt vorbereitet werden
Faktoren, die den Berufswahlprozess beeinflussen:
kontrollierbare/individuelle Faktoren (endogen) z.B. Wünsche, Vorstellungen von der eigenen Zukunft, Interessen, Qualifikationen, Motivation
nicht kontrollierbare/gesellschaftliche Faktoren (exogen) z.B. aktuelle Arbeitsmarktsituation (Berücksichtigung lokaler Verschiedenheit ggf. Umzug)
Berufswahlprozess:
Ich
Beruf
Arbeitsmarkt
Berufswahlprozess= Sozialisationsprozess (Auseinandersetzung mit Lebenswelt; Durchsetzen eigener Vorstellungen aber auch Anpassung an Gegebenheiten erforderlich)
1. Berufswahl als Zuweisungsprozess (Allokation) Berufswahl als Prozess der Zuweisung des Individuums zu Berufspositionen durch die Gesellschaft → passiv → Eingrenzung der Entscheidung durch Gesellschaft Abhängig von ökonomischen Faktoren (allgemeine Wirtschaftsstruktur) Besonderheiten der Region Wegbrechen von Berufen regionalen Faktoren Mobilität, Zugang zum Arbeitsmarkt, heimatliche Bindung, Möglichkeiten vor Ort, Bildungsstruktur geschlechtsspezifischen Erwartungen Angst vor Stereotypes → Aufbrechen von Rollenklischees im Unterricht und Kontrastpraktikum! sozioökonomische Schichtzugehörigkeit Entwicklung und Bedeutung der Beruf (Nachfragen!) Zuweisung über zwei Mechanismen: direkte Zuweisung: gesellschaftliche Kontrolle des Zugangs zu den zur Verfügung gestellten Ausbildungs- und Berufsmöglichkeiten Zugang zu den zur Verfügung stehenden Ausbildungs- und Berufsmöglichkeiten ist formell (Bildungsabschluss) und informell (Beziehungen) reglementiert
indirekte Zuweisung: Sozialisationsprozess begründet die Ausrichtung auf einen Kreis bestimmter Berufe
→ die individuelle Entscheidungsfreiheit von gesellschaftlichen Faktoren eingeschränkt → Berufswahl keine subjektive Entscheidung mehr! →weitere Einengung der beruflichen Möglichkeiten durch rechtliche und soziale Normierung KRITIK: Mensch als passives Objekt Übernahme der Berufsposition = Bejahung einer Zuweisung zu allgemein, vereinfachend, realitätsfern und wenig empirisch überprüft personale Faktoren und Leistungsstand unberücksichtigt → Herausforderung für den Lehrer: Verhaltensmodifikation im Unterrichts (Schüler sollen sich besser/anders verhalten als erwartet → Betriebspraktikum, Rollenspiel) DIDAKTISCHE IMPLIKATIONEN: Gegenstand des Berufswahlunterrichts sind gesellschaftliche Bedingungsfaktoren → sollen unrealistische Berufswahl verhindern und zu Berufswahlentscheidung befähigen Dazu muss man: gesellschaftliche Bedingungen analysieren → Möglichkeit erarbeiten etwas zu ändern (Bewerbung, Ausbildungsreife, richtige Berufswahl durch AL) berufliche Handlungsmöglichkeiten erkennen alternative Lösungen entwickeln
FÖRDERUNG → bewusster Methodeneinsatz! Praktika: Annäherung zu Berufen, die Schüler nicht in Erwägung ziehen → Kontrastpraktikum Rollenspiele: Bewerbungstraining (Verhalten in verschiedenen Situationen) Einzelgespräch: persönliche Zukunftskonferenz
2. Berufswahl als Entwicklungsprozess Annahmen
Berufswahl ist ein lebenslanger beruflicher Entwicklungsprozess im Hinblick auf die Gesamtpersönlichkeit Ausarbeitung eines beruflichen Selbstkonzepts erforderlich, in dem individuelle Interessen, Werthaltungen, Handlungskompetenzen und berufliche und gesellschaftliche Bedingungen verknüpft werden. (z.B. Schlechte Anstellungschancen im Wunschberuf) Selbstkonzept („Bild seines Selbst“) beeinflusst Wahrnehmung der beruflichen Wirklichkeit (Selbstkonzept ist irreversibel Problem, wenn Berufswunsch nicht erfüllbar ist) Enger Zusammenhang zwischen persönlichen Entwicklungsphasen des Berufswählers und seinem Berufsverhalten Berufswahl ist mit Lösungs- und Identitätskrisen verbunden (Verlassen des Elternhauses, ggf. keine Übereinstimmung von Berufsvorstellung und Berufswirklichkeit) Frage nach den geforderten Einstellungen, Fähigkeiten und Fertigkeiten der Berufswähler in der jeweiligen Phase der beruflichen Entwicklung (Berufswahlkompetenz) und nach den tatsächlichen (Berufswahlreife) => Entwicklung von Berufswahlreife-Tests Aufgliederung nach Ginzberg: Kindesalter: Fantasiewahl Jugendalter: Problemwahl Ab 17 Jahren: realistische Wahl (Anm.: Hauptschüler treten mit 15 oder 16 ins Berufsleben ein!) KRITIK: umfassendster Ansatz zur Erklärung der Berufswahl DIDAKTISCHE IMPLIKATIONEN: Berufswahlkompetenz kann durch Beratung kaum gefördert werden (vieljährige Vorgeschichte!), sondern v.a. durch Unterricht und Sozialisation Berufswahlunterricht knüpft an berufliche Erfahrungen der Schüler an Lehrer muss sich mit dem beruflichen Selbstbild seiner Schüler auseinandersetzen Schüler müssen sich mit subjektiven Interessen und Bedingungen der Berufswelt auseinandersetzen Schüler lange im Blick haben Kooperation im Kollegium
3. Berufswahl als Interaktionsprozess
Berufswahl: Ergebnis einer Interaktionssituation, in der der Berufswähler mit anderen Personen interagiert, um das Problem der Berufswahl zu lösen Im interaktiven Prozess werden berufliche Erwartungen ergänzt und verändert => Berufswahl von Interaktionspartnern und Umwelt beeinflusst/gesteuert Interaktionsprozesse haben hohe Handlungs- und Entscheidungsrelevanz, insbesondere mit Interaktionspartnern wie Eltern, Gleichaltrige und Lehrer DIDAKTISCHE IMPLIKATIONEN: interaktionsorientierte Unterrichtsverfahren: kommunikationsorientierter Unterricht und Raum für Erfahrungsaustausch Unterricht muss möglichst kompetente Interaktionspartner bieten → Experten in die Schule, BIZ, Realbegegnungsverfahren Anleitung und Tadel in der Schule → Kritikfähigkeit, Frustrationstoleranz, Reflexionsfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit KRITIK: bedingte Möglichkeiten der Interaktion in der Schule
andere Einflussgrößen sehr bedeutsam (Eltern, Freunde, Nachbarn,…) → nur Fähigkeiten und Fertigkeiten vermittelbar
4. Berufswahl als Entscheidungsprozess Der entscheidungstheoretische Ansatz betrachtet die Berufslaufbahn als einen Entscheidungsprozess, den das Individuum zu vollziehen hat. Berufswählender besitzt: wertende Entscheidungsprämissen (er hat berufliche Interessen, Fähigkeiten, Neigungen) kognitive Entscheidungsprämissen (er nimmt Alternativen zum ausgewählten Beruf wahr) eine oder mehrere Entscheidungsregeln (er könnte einen alternativen Beruf auswählen) Problem:
Der Berufswählende kennt nach dieser Theorie alle Berufswahlalternativen und verhält sich vollständig rational. Aber niemand kann alle Informationen haben; außerdem sind diese Informationen noch von Wünschen und falschen Vorstellungen gefärbt und verändern sich im Lauf der Zeit. 4 Handlungs- und Entscheidungssituationen nach Hoppe: (Erst-)Berufsausbildung, bzw. weitere Schulbildung (z.B. Floristin oder Wirtschaftsschule) bestimmter (Ausbildungs-)Betrieb, bzw. bestimmte Schule (z.B. mit sehr guten Zukunftschancen) aktives Eintreten zur Gestaltung der Arbeitswelt, Entschluss kein „Schüler“ mehr zu sein mobiles und disponibles Verhalten im Erwerbsleben, Flexibilität, Mobilität auf dem Arbeitsmarkt (geistige und räumliche Flexibilität) Erklärungsmodelle der Erstberufswahl rationale Wahl: will optimale, rationale Berufswahl treffen Durchwurschteln: eigene Wunschvorstellungen werden den geschätzten beruflichen Anforderungen wechselseitig angepasst Zufallswahl: Entscheidung aufgrund situativer Kriterien für die nächstliegende Alternative => realistisch ist inneres Modell von der Berufs- und Arbeitswelt, das die Komplexität der Entscheidungssituation reduziert und die Informationsaufnahme und -verarbeitung steuert (Rückgriff auf soziale Beziehungsnetze und institutionelle Angebote) KRITIK: Ausgehen von einer Planbarkeit des Entscheidungsprozesses und des Berufsweges beruht auf Vorstellungen, wie eine Entscheidung idealerweise ablaufen sollte aber: Mehrzahl der Berufswähler zeigt beim Berufswahlverhalten einen bescheidenen Grad an Rationalität, Aktivität und Autonomie nicht genügend Infos für rationale Wahl DIDAKTISCHE IMPLIKATIONEN: Kern der schulischen Berufswahlvorbereitung = Entscheidungskompetenz ausreichend Infos zu verschiedenen Berufen zur Verfügung stellen → Informationskompetenz, Selbstständigkeit, exemplarisches Arbeiten → Medien, Expertengespräche, BIZ, Erkundungen, Praktika Schüler müssen sich der Entscheidungssituation bewusst sein
Zur Förderung der Handlungskompetenz in diesen Entscheidungssituationen muss somit der berufswahlvorbereitende Unterricht - und diesem dienend der Unterricht der Hauptschule - kognitive - affektive / affirmative - instrumentelle / psychomotorische Lernziele verfolgen!
5. Berufswahl als Lernprozess Für die Berufswahl wichtigen persönlichen Faktoren sind Ergebnisse von Lernerfahrungen => Faktoren sind: Selbstkonzept (reales und ideales) Umweltkonzept (Teil dieses Konzeptes sind Berufsvorstellungen) Problemlösungsmethoden (v.a. berufswahlrelevante wie Entwickeln von Alternativen, beschaffen von Informationen usw.) zwei Lernarten: instrumentelles Lernen: ausbildendes Verhalten als Instrument zur Erreichung von Verhaltenskonsequenzen (z.B. Ausbildung von Berufspräferenzen in Abhängigkeit von positiven Reaktionen der Eltern) assoziatives Lernen: Annahme neuer Verhaltensweisen auf der Grundlage von ReizReaktions-Verbindungen (z.B. Übernahme der Berufspräferenz eines Freundes, weil es die Präferenz eines Freundes ist) → Die erlernten Faktoren bestimmen die Berufswahltendenz KRITIK: begrenzter Beitrag zur Erklärung der Berufswahl DIDAKTISCHE IMPLIKATIONEN: besondere Bedeutung des Ansatzes, da ihm zu entnehmen ist, wie durch gezielte Lernprozesse der Berufswahlprozess gefördert werden kann
6. Berufswahl als matching – Prozess
Annahme: jede Person verfügt über ein spezifisches Muster von Persönlichkeitsmerkmalen und jeder Beruf ist durch ein typisches Muster von geforderten Fähigkeiten und Möglichkeiten der Interessenbefriedigung gekennzeichnet => Berufswahl als Vorgang, in dem der Berufswähler versucht, den Beruf zu ergreifen, der am besten zu seinen Persönlichkeitsmerkmalen passt (matching of men to jobs) KRITIK: Theorie übernimmt alltagsweltliche Vorstellungen zur Berufswahl => Berufswahl wird dabei als zu kurzphasiger Vorgang betrachtet Zudem: Belege für die Kongruenz-Zufriedenheits-Hypothese liegen vor, aber nicht für die Kongruenz-ErfolgsHypothese
DIDAKTISCHE IMPLIKATIONEN: Gefahr, dass der Berufswähler in die Rolle des Beobachters und Empfängers von Ergebnissen (traits, factors) abgedrängt wird, ohne die Chancen zu erhalten, die Ergebnisse zu verarbeiten und zu assimilieren
Zusammenfassung der verschiedenen Ansätze zu einem Rahmenmodell (BUßHOFF) Berufswahl ist eingebunden in einen Entwicklungsprozess = Zusammenspiel von Reifungsprozessen und Lernerfahrungen Vor der Entwicklungsaufgabe der Berufswahl hat sich bereits ein Selbstkonzept, eine Umweltkonzept und Problemlösungsmethoden entwickelt. In der Phase der Berufswahl entwickelt der Einzelne hieraus Entscheidungskriterien, Entscheidungsalternativen und Entscheidungsfertigkeiten => Grundlage für Präferenzen und Realisierungserwartungen Hieraus resultiert die Handlungsabsicht => evtl. Ausführungsversuch (vollzogen: Entscheidungsprozeß vorläufig beendet - nicht vollzogen: Entscheidungsprozeß neu aufgerollt), der wiederum eine neue Lernerfahrung darstellt Orientierungsrahmen als Metatheorie: zeigt den Zusammenhang der einzelnen Berufswahltheorien und ihren singulär begrenzten Stellenwert auf
Bewertung der Berufswahltheorien im Hinblick auf die Schule
1. Berufswahltheorien markieren schulische Grenzen. 2. Durch die Aussagen der einzelnen Berufswahltheorien ergeben sich unterschiedliche Möglichkeiten der Förderung des Berufswahlprozesses. 3. Der Lehrer sollte somit alle Berufswahltheorien fokussieren und deren unterschiedliche Auswirkungen auf die Gestaltung des Unterrichts beachten. 4. Berufswahltheorien sind nie vollständig gültig und aussagefähig....