BGB - Familienrecht - Zusammenfassung PDF

Title BGB - Familienrecht - Zusammenfassung
Course BGB für Wirtschaftswissenschaftler
Institution Universität Leipzig
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Zusammenfassung Familienrecht 18/19...


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FAMILIENRECHT

A. Familienrecht 1. Einordnung Das Familienrecht ist Zivilrecht (Bürgerliches Recht). Es regelt die Innenbeziehungen in familiären Verhältnissen, definiert hierbei zugleich, was „Familie“ im Rechtssinne ist. In seinen wesentlichen Teilen ist das Familienrecht im BGB als eigenständiges Buch (4. Buch) enthalten.

2. Gliederung Das 4. Buch (Familienrecht) ist in drei Abschnitte gegliedert, nämlich: 1. Bürgerliche Ehe 2. Verwandtschaf 3. Vormundschaf, Rechtliche Betreuung, Pflegschaf Damit ist auch schon angedeutet, welche familienrechtlichen Verhältnisse das deutsche Recht kennt. Hinzu kommt die Lebenspartnerschaf, der ein eigenständiges Gesetz, das Lebenspartnerschafsgesetz (LPartG) gewidmet ist. Das hat Gründe in der Gesetzgebungsgeschichte. Es sollte klarstellen, daß die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaf keine Ehe ist und ihr auch nicht völlig gleichgestellt werden soll, denn das wäre im Hinblick auf Art. 6 I GG bedenklich gewesen.

B. Familienverfahrensrecht Das Familienverfahrensrecht ist in einem eigenständigen Gesetz, dem FamFG geregelt. Meist, aber keineswegs durchgehend, ist für Streitigkeiten innerhalb der Familie das Familiengericht zuständig. Mitgeregelt ist in diesem Gesetz ferner die sog. Freiwillige Gerichtsbarkeit, deren Gegenstände vielfältig sind und zum Teil ebenfalls mit dem Familienrecht zu tun haben, zum Teil aber auch völlig andere Rechtsbereiche betreffen. Neben einem Allgemeinen Teil (1. Buch, §§ 1 bis 110), mit dem der Gesetzgeberversucht hat, das Verfahren der Familiengerichte und der Freiwilligen Gerichtsbarkeit auf einen groben gemeinsamen Nenner zu bringen, beschreibt ein 2. Buch (§§ 111 bis 270) das Verfahren in einzelnen Familiensachen. Für einige davon (sog. Familienstreitsachen, § 112 FamFG) soll das Gericht aber doch überwiegende Zivilprozessrecht anwenden.

FAMILIENRECHT

Teil 1.: VERLÖBNIS

I. Schließung Unter „Verlöbnis“ versteht man zum einen das gegenseitig gegebene Versprechen künfiger Eheschließung, zum anderen das durch dieses Versprechen begründete familienrechtliche Verhältnis. Ein eheähnliches Verhältnis ohne ernstliches Eheversprechen ist kein Verlöbnis. Übersicht 1 Ob das Verlöbnis im vorliegenden Fall wirksam geschlossen wurde, hängt von der Theorie des Verlöbnisses ab.



Vertragstheorie Das Verlöbnis ist ein Vertrag, auf den grds. die allgemeinen Vorschrifen über Rechtsgeschäfe anwendbar sind. Folgen: der Minderjährige bedarf zur Verlobung der Einwilligung seiner gesetzlichen Vertreter, § 107. Fehlt diese, hängt die Wirksamkeit der schwebend unwirksamen Verlobung von der Genehmigung der ges. Vertreter ab, § 108 BGB. Es gelten §§ 116, 117, 118, 134, 138 z.B. Nichtigkeit wegen Verstoßes gegen die guten Sitten bei Verlobung eines noch Verheirateten oder schon Verlobten. Wegen der höchstpersönlichen Natur des Verlöbnisses gelten nicht die Regeln über Stellvertretung.



Lehre von familienrechtlichen Vertrag Das Verlöbnis ist ein Vertrag sui generis, auf den die Vorschrifen des Allgemeinen Teils über Rechtsgeschäfe nur in vorsichtiger Analogie angewendet werden können. Für ein wirksames Verlöbnis genügt die Einsichtsfähigkeit des Minderjährigen.



Gesetzliches Rechtsverhältnis Das Verlöbnis beruht auf dem von den Verlobten wechselseitig geschaffenen Vertrauenstatbestand.

II. Wirkungen 

§ 1297 BGB

FAMILIENRECHT

- das Versprechen der Eheschließung ist weder einklagbar (§ 1297 Abs. 1) noch vollstreckbar, es kann auch nicht durch eine Vertragsstrafe abgesichert werden, § 1297 Abs. 2. 

Privatrechtliche Wirkungen → die Verlobten können einen Ehevertrag schließen (§ 1408), der allerdings nur im Falle der Eheschließung Bedeutung erlangt



Öffentlich rechtliche Wirkungen → Verlobte sind Angehörige iSd § 11 Abs. 1 Nr. 1 a StGB → aus dem Verlöbnis kann eine Garantenstellung folgen → Verlobte haben im Zivil- und Strafprozessrecht ein Zeugnis- und Eidesverweigerungsrecht, § 383 Abs. 1 Nr. 1 ZPO; § 52 Abs. 1 Nr. 1, § 61 Nr. 2 StPO.

III. Rechtwirkungen bei Auflösung des Verlöbnisses 

Schadensersatzpflicht → desjenigen, der ohne wichtigen Grund vom Verlöbnis zurücktritt, § 1298 → desjenigen, der schuldhaf durch einen wichtigen Grund den Partner zum Rücktritt veranlasst hat, § 1299



Rückforderung von Geschenken, § 1301 Jeder Verlobte kann von dem anderen Herausgabe der Gegenstände nach dem Bereicherungsrecht verlangen, die er dem anderen geschenkt oder zum Zeichen des Verlöbnisses gegeben hat, wenn die Eheschließung unterbleibt, § 1301 S. 1

Fall: Nach der Verlobung setzt Franziska mit Stefans Wissen die Pille ab. Zwei Monate später wird sie schwanger und nimmt später Mutterschutzurlaub in Anspruch. Kann sie von Stefan ihren Verdienstausfall ersetzt verlangen, wenn sie die Pille a) im Vertrauen auf die bevorstehende Eheschließung b) aus gesundheitlichen Gründen abgesetzt hat?

→ Ist eine Verlobte bei Auflösung des Verlöbnisses von dem Verlobten schwanger, kann sie von diesem nicht den Verdienstausfall über BGB § 1298 ersetzt verlangen, den sie dadurch erleidet, dass sie Mutterschafsurlaub in Anspruch nimmt.

FAMILIENRECHT → Der Ausgleich der durch die Schwangerschaf bedingten finanziellen Nachteile wird vom Schutzzweck des BGB § 1298 nicht erfasst, der auf Ersatz des Schadens gerichtet ist, der daraus entstanden ist, dass ein Verlobter in Erwartung der ehe (angemessene) Aufwendungen gemacht hat oder (angemessene) Verbindlichkeiten eingegangen ist. Vom Schutzzweck umfasst ist daher eine Aufgabe der Berufstätigkeit in Erwartung der Ehe, nicht aber eine Aufgabe der Berufstätigkeit infolge Schwangerschaf.

Teil 2: Die Eheschließung

I. Grundlagen: obligatorische Zivilehe; → das geltende Recht gibt nirgendwo eine Definition der Ehe und enthält auch keine ausdrücklichen Aussagen über ihren Sinn und Zweck. → Demgegenüber umschrieb das DDR_FGB vom 20.12.1965 die Wesenszüge der Ehe in § 5 wie folgt: „(1) Mit der Eheschließung begründen Mann und Frau eine für das Leben geschlossene Gemeinschaft, die auf gegenseitiger Liebe, Achtung und Treue, auf Verständnis und Vertrauen und uneigennütziger Hilfe füreinander beruht. (2) Aus der Ehe soll eine Familie erwachsen, die ihre Erfüllung im gemeinsamen Zusammenleben, in der Erzeihung der Kinder und in der gemeinsamen Entwicklung der Eltern und der Kinder zu charakterisieren, allseitig gebildeten Persönlichkeit findet…“

→ heute versteht man in Europa und in verwandten Kulturen unter der Ehe die auf einem freien Entschluss von Mann und Frau beruhende, unter Wahrung bestimmter Formen eingegangene Vereinigung zu einer grundsätzlich unauflöslichen Lebensgemeinschaf

Prinzipien der Ehe 

Lebenszeitprinzip, § 1353 I 1



Prinzip der Einehe, § 1306 BGB



Konsensprinzip, § 1310, 1311 BGB



Prinzip der umfassenden Lebensgemeinschaf, § 1353 I 2 BGB

FAMILIENRECHT

II. Die Form der Eheschließung

→ die Ehe muss, damit sie rechtswirksam zustande kommt, vor einem staatlichen Standesbeamten geschlossen werden, vgl. § 1310 I 1 BGB. → Eine rein kirchliche Trauung hat keine bürgerlichrechtliche Wirkung, sie darf nach § 67 PStG auch nicht vor der Ziviltrauung erfolgen. → der Standesbeamte muss darüber hinaus zur Mitwirkung bei der Eheschließung bereit sein, also nicht mit Gewalt gezwungen werden

→ gem. § 1310 I BGB wird die Ehe dadurch geschlossen, dass die Verlobten vor dem Standesbeamten persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen.

„Bärbel will ihren Hans heiraten, hat aber terminliche Probleme. Sie schickt deshalb ihre Zwillingsschwester Kathrin zur standesamtlichen Trauung. Niemand merkt etwas. Zwei Wochen später kommt alles raus. Hans möchte wissen, ob er verheiratet ist, wenn ja, mit wem?“



Hans und Bärbel? → Erklärung der Bärbel nach § 1311 (-) → eine Vertretung ist nach § 1311 nicht zulässig



Hans und Kathrin? → Erklärungen nach § 1311 liegen vor → Voraussetzungen des § 1310 (+)



Aufhebung nach § 1314 Abs. 1 Nr. 3

III. Ehefähigkeit → weitere Voraussetzung ist die Ehefähigkeit → diese setzt die Ehemündigkeit, § 1303 BGB → und Geschäfsfähigkeit, § 1304 BGB voraus

FAMILIENRECHT

„Die 17-jährige Schülerin Franziska und der 20-jährige Student Michael wollen heiraten, weil Franziska ein Kind erwartet. Michaels Eltern sind gegen die Eheschließung, weil er seine Berufsausbildung noch nicht abgeschlossen hat. Franziskas Eltern sind mit der Eheschließung ebenso nicht einverstanden. Kann eine entsprechende Ehe zwischen Franziska und Michael geschlossen werden? I. Ehefähigkeit von Michael Michael kann eine Ehe eingehen, weil er als Volljähriger (§ 2 BGB) ehemündig, § 1303 Abs. 1 BGB, und auch unbeschränkt geschäftsfähig ist. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob seine Eltern der Ehe mit Franziska zustimmen. II. Ehefähigkeit von Franziska Als Minderjährige ist Franziska nicht ehemündig, § 1303 Abs. 1 BGB). Auf ihren Antrag kann das Familiengericht sie aber vom Erfordernis der Ehemündigkeit befreien, § 1303 Abs. 2 BGB. Voraussetzung für eine solche Entscheidung ist zunächst, dass der künftige Ehegatte Michael volljährig ist und sie selbst das 16 Lebensjahr vollendet hat. Das Familiengericht kann die Befreiung aber nur erteilen, wenn die Heirat im wohlverstandenen Interesse der minderjährigen Franziska liegt. Dabei müssen auch die Eltern angehört werden. Diese werden einen Widerspruch gegen den Antrag Befreiung erheben. Gegen den Widerspruch kann das Familiengericht eine Befreiung nur erteilen, wenn der Widerspruch nicht auf triftigen Gründen beruht, § 1303 Abs. 3 BGB. Das wäre zu bejahen, wenn die Entscheidung der Eltern bei objektiver Betrachtung mit dem Wohl ihrer minderjährigen Tochter schlechthin nicht zu vereinbaren wäre. Davon kann aber bei den erheblichen äußeren Belastungen, denen die Ehe ihrer Tochter mit Michael ausgesetzt wäre, nicht die Rede sein. Es besteht die ernsthafte Gefahr, dass diese Ehe an den äußeren Schwierigkeiten scheitern wird. „

IV. Keine Eheverbote → Es darf kein Eheverbot bestehen. → die Eheverbote sind in den § 1306 bis 1308 BGB abschließend geregelt → wir unterscheiden zwischen trennenden und aufschiebenden Eheverboten

FAMILIENRECHT

Trennende Eheverbote

Aufschiebende Eheverbote

→ § 1306

→ 1308

→ § 1307 Fall: Berta möchte nach ihrem Tod ihres Mannes Alfons dessen jüngeren Bruder Hans heiraten. Besteht eine Eheverbot?

→ der Verstoß gegen ein trennendes Eheverbot führt grundsätzlich zur Aufhebbarkeit der Ehe, § 1314 I: Die Ehe kann auf Antrag durch gerichtliches Urteil aufgehoben werden, § 1313 BGB → das aufschiebende Eheverbot des § 1308 hindert den Standesbeamten zwar daran, die Erklärungen der Eheschließenden entgegenzunehmen, berührt aber die Gültigkeit einer trotzdem geschlossenen Ehe nicht. Im Übrigen kann das Gericht von diesem Verbot Befreiung erteilen. 

Die trennende Eheverbote → das Verbot der Doppelehe. § 1306 → das Eheverbot der Verwandtschaf, § 1307

→ Verwandte in der geraden Linie, § 1589 S. 1 – wenn die eine von der anderen abstammt → Verwandte in Seitenlinie- wenn sie von der gemeinsamen dritten Person abstammen (Geschwister, Tante-Nichte, Onkel-Neffe) 

Das aufschiebende Eheverbot der Adoption, § 1308

V. Willensmängel •

Bewusstlosigkeit oder vorübergehende Störung der Geistestätigkeit, § 1314 Abs. 2 Nr. 1



Irrtum, § 1314 Abs. 2 Nr. 2



Täuschung, § 1314 Abs. 2 Nr. 3



Drohung, § 1314 Abs. 2 Nr. 2



Scheinehe, § 1314 Abs. 2 Nr. 5

→ dazu noch ein abschließender Fall:

FAMILIENRECHT

Almut und Ingo lieben sich, Als Almut schwanger wird, möchte Ingo sie heiraten, Almut ist einverstanden, obwohl sie nicht sicher ist, ob das Kind nicht von Johann abstammt, mit dem sie ebenfalls ein intimes Verhältnis hatte. Sie sagt Ingo nichts davon, weil sie Angst hat, dass aus der Hochzeit sonst nichts wird. Als das Kind geboren wird, stellt sich heraus, dass es von Johann abstammt. Ingo stellt Antrag auf Aufhebung der Ehe wegen arglistiger Täuschung. Mit Aussicht auf Erfolg?

→ eine Täuschung durch Unterlassen würde nur vorliegen, wenn eine Pflicht zur Offenbarung bestand → Wird die Ehe wegen einer Schwangerschaf geschlossen, besteht eine Offenbarungspflicht über anderweitigen Geschlechtsverkehr während der Empfängniszeit auch ohne ausdrückliche Nachfrage.

Teil. 3: 

Sanktionen bei Nichtbeachtung von Formvorschrifen: Unterschieden wird zwischen folgenden Konstellationen: → Nichtehe: Der Versuch der Eheschließung ist völlig fehlgeschlagen, es entstehen keine Ehewirkungen. Beispiel: Die Eheschließung hat nicht vor einem Standesbeamten stattgefunden (§ 1310 I 1 BGB). → Auffhebbare Ehe: Die Eheschließung ist zwar erfolgt, leidet jedoch unter einem erheblichen Mangel, der nicht völlig unbeachtlich ist. Es kann die Aufhebung der Ehe verlangt werden, allerdings nur für die Zukunf und auch nur den vom Gesetz dazu vorgesehenen Fällen (§§ 1313 ff. BGB). →Voll gültige Ehe: Bei der Eheschließung sind bloße Soll-Vorschrifen verletzt worden, deren Übertretung aber keine Auswirkungen auf die Gültigkeit der Eheschließung und den rechtlichen Bestand der Ehe hat; Beispiel: § 1303 Abs. 1 BGB.

(Hier die Tabelle) Rechtsfolgen

Nichtehe

Aufhebbare Ehe

(rechtliches Nullum)

(abschließende Regelung,

Vollwirksame Ehe

FAMILIENRECHT

Rechtsverstöße

-Eheschluss ohne

§§ 1313 S. 3, 1314 f) -Nichtbeachtung der

-Verstoß gegen

Standesbeamten

Ehemündigkeit

aufschiebende

(§ 1310 Abs. 1 und

(§§ 1314 Abs. 1, 1303)

Eheverbote

Nichtvorliegen von

-Nichtbeachtung der

(§ 1308 Abs. 1)

Abs. 2, Abs. 3

Geschäfsunfähigkeit

-Verstoß gegen

-Fehlen des

(§§ 1314 Abs. 1, 1304)

Ordnungsvorschrifen

Ehekonsens

-Verstoß gegen Verbot

(§ 1312)

(§ 1310 Abs. 1)

der Doppelehe (§§ 1314 Abs. 1, 1306) -Verstoß gegen Eheverbot der Verwandtschaf (§§ 1314 Abs. 1, 1307) -Nichtbeachtung der Eheschließungsform (§ 1314 Abs. 1, 1311) -Willensmängel (§ 1314 Abs.2 Nr. 1-4) -„Scheinehe“ (§ 1314 Abs. 2 Nr. 5)

Teil 4: Ehescheidung

Ehescheidung Das geltende materielle Scheidungsrecht beruht auf dem 1. EheRG und ist in des §§ 15641568 normiert Nach geltendem Recht kommt es für die Ehescheidung nicht darauf an, ob und von wem die Zerrüttung der Ehe verursacht und verschuldet ist. Einziger Scheidungsgrund ist das Scheitern der Ehe. I. Begriff

FAMILIENRECHT

Scheidung ist die gerichtliche Auflösung der Ehe für die Zukunf aus Gründen, die nach der Eheschließung eingetreten sind (im Gegensatz zur Aufhebung), vgl. § 1564. Nach kanonischem Recht ist die Ehe dagegen grundsätzlich unauflöslich. Schwere Eheverfehlungen führen lediglich zu einer Trennung von Tisch und Bett (separatio mensa et thoro). •

Bis 1976: Schuldprinzip Pflichtverletzung des Ehegatten berechtigen dazu, die Scheidung zu verlangen



Seit 1977: Zerrüttungsprinzip Einheitlicher Scheidungsgrund ist die unheilbar zerstörte Ehe

II. Grundsatz der Zerrüttungsscheidung 1. Zerrüttungsprinzip (§ 1565 I 1) → Nach § 1565 I 1 kann eine Ehe geschieden werden, wenn sie gescheitert ist. → Scheitern ist ein Zustand der Ehe, der eine Scheidung rechtfertigt. →Der Ausdruck „Scheitern“ wurde dem schillernden Begriff „Zerrüttung“ vorgezogen. →Dies ist gleichwohl eine Kodifikation des Zerrüttungsprinzips; die Scheidung erfolgt also nicht wegen Eheverfehlungen. →Weder Ehegatten noch das Gericht sind in der Lage, alle Zerrüttungsursachen zu erkennen und ihr Gewicht für Zerstörung der Ehe zutreffend einzuschätzen →Das Zerrüttungsprinzip ist zwingendes Recht; die Ehegatten können die Scheidung nicht durch vertragliche Vereinbarung ausschließen.

2. Keine Lebensgemeinschaf mehr Erste Voraussetzung in § 1565 I 2 ist, dass die Lebensgemeinschaf der Ehegatten nicht mehr besteht; → also eine Art „Eheanalyse“ oder auch „Retrospektive“ ist notwendig. →Damit ist vor allem das Getrenntleben gemeint. Lebensgemeinschaf ist aber mehr als die häusliche Gemeinschaf. •

Objektiv: Es darf keine häusliche Gemeinschaf mehr bestehen Möglich ist aber Getrenntleben in der Ehewohnung, § 1567 I 2 BGB



Subjektiv Zumindest ein Ehegatte muss Wiederherstellung der Lebensgemeinschaf endgültig ablehnen

FAMILIENRECHT → Das Getrenntleben ist Realakt, die Äußerung des Trennungswillens kein Rechtsgeschäf (PalandtBrudermüller § 1567 BGB Rn.5). Zum Getrenntleben gehört ein objektives Element, das Nichtbestehen der häuslichen Gemeinschaf. → Es gilt der Grundsatz der totalen Trennung; es müssen die Gemeinsamkeiten in allen Lebensbereichen aufgegeben sein, Palandt-Brudermüller § 1567 BGB Rn. 2. → Auch ein subjektives Element ist erforderlich: Trennungsabsicht muss vorhanden und erkennbar sein. Sie fehlt etwa beim Strafgefangenen. Beim Geisteskranken ist entscheidend, ob noch Empfinden vorhanden ist, ehelich oder ehefeindlich zu fühlen; sonst besteht keine Lebensgemeinschaf mehr (Fall 2a).

„Die geistige Behinderung“ a) Ehemann A möchte sich von seiner geistig behinderten Frau scheiden lassen. Kann man von Getrenntleben sprechen, wenn sie ihrer Sinne nicht mehr mächtig ist? (BGH 25.1.1989, FamRZ 1989, 479) → Der geistig behinderte Ehegatte kann eine Scheidung durchsetzen, solange noch eine „Verantwortungsgemeinschaf“ mit dem anderen Teil besteht (Fall 2b).

b) Ehefrau B hat Alzheimer. Ihr Betreuer betreibt die Ehescheidung von ihrem 56 Jahre jüngeren, homosexuell veranlagten Ehemann, der sich aber um sie kümmert. → Getrenntleben ist auch in der Ehewohnung möglich (§ 1567 I), wenn kein gemeinsamer Haushalt mehr geführt wird und keine wesentlichen persönlichen Beziehungen mehr bestehen. Keine totale Abwendung notwendig (str.) Restliche Gemeinsamkeiten können bestehen.

„Gemeinsames Fernsehen“ Ehepaar A lebt in der ehelichen Wohnung getrennt. Es trifft sich allerdings noch in der Küche, um dort gemeinsam mit seinem Kind zu essen und auch fernzusehen. Liegt eine eheliche Trennung vor? Dies gilt auch für die gemeinschafliche tatsächliche Sorge im Kindesinteresse, z.B. gemeinsames Fernsehen mit dem Kind (Fall 1); 3. Trennungsdauer → Das Gesetz misst der Trennungsdauer besondere Bedeutung bei. →Scheitern wird nämlich grundsätzlich der Trennung entnommen. →Die Trennungsdauer von einem oder drei Jahren zeigt wiederum den Grad des Scheiterns an (§ 1566 I, II). (Das werden wir uns noch im Detail anschauen) 4. Versöhnungsversuch (§ 1567 II) → Ein Zusammenkommen, das nicht der Versöhnung dient, schadet von vornherein nicht (z.B. gemeinsames Wochenende).

FAMILIENRECHT →Aber auch ein kurzfristiges Zusammenleben in Versöhnungsbereitschaf kann die Fristen des § 1566 nicht hemmen oder unterbrechen. → Als Obergrenze gelten etwa drei Monate (Palandt-Brudermüller § 1567 BGB Rn.8). 5. Keine Wiederherstellung der Lebensgemeinschaf →Weitere Voraussetzung ist, dass nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten die Lebensgemeinschaf wiederherstellen (§ 1565 I 2). →Es geht also insofern um eine negative Prognose, die fehlende Aussicht einer Wiederherstellung. → Dafür spricht die Abkehr eines Ehegatten von der ehelichen Gemeinschaf, der Wille ist entscheidend; Gründe sind unmaßgeblich. →Erklärung allein ist nicht ausreichend, richterliche Bewertung maßgeblich. → I.d....


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