Title | Hausarbeit Europarecht |
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Course | Europarecht/ Internationalisierung des Rechts |
Institution | Universität Bremen |
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Hausarbeit, Europarecht, Zusammenfassung, Sehr gute Benotung...
Gutachten 1. Teil: Aufgabe 1 Zu prüfen ist, ob die Regelungen der Lotterie- Sportwettengesetzes des Landes H mit den Grundfreiheiten des Europäischen Rechts vereinbar sind. A. Verstoß gegen die europäischen Grundfreiheiten Das Primärrecht der europäischen Gemeinschaft begründet für den zwischenstaatlichen Geschäftsverkehr Grundfreiheiten, die dem einzelnen Wirtschaftssubjekt subjektive Rechte verleihen.1 Das LottG darf kein Verstoß gegen die Grundfreiheiten begründen, da es sonst nicht anwendbar ist. I.
Verstoß gegen die Warenverkehrsfreiheit, Art. 28 ff.2
Nach Art. 28 sind alle mengenmäßigen Einfuhrbeschränkungen oder Maßnahmen gleicher Wirkung zwischen den Mitgliedsstaaten verboten. Die Warenfreiheit bezieht sich allein auf die den Warenaustausch betreffende Wirtschaftstätigkeit. Träger der Warenverkehrsfreiheit sind alle Personen, die Waren über die Grenze bringen wollen. Der sachliche Anwendungsvoraussetzung
ist
demnach
die
grenzüberschreitende
Verbringung von Waren.3 Dem LottG des Landes H können durch die Warenverkehrsfreiheit nur Grenzen gesetzt werden, wenn es sich bei Glücksspielen um eine Ware handelt. Dies sind solche Gegenstände die Geldwert besitzen und tauglich für Handelsgeschäfte sind. Bei Glücksspielen fehlt es bereits an der Gegenstandseigenschaft,
so
dass
eine
Anwendung
der
Warenverkehrsfreiheit ausscheidet.4 II.
Verstoß gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit, Art. 45
Das LottG betrifft die Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspielen und betrifft keine Regelungen, die die Ausübung als Arbeitnehmer in diesem Sektor betreffen. Ein Verstoß gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit des Art. 45 liegt nicht vor. 1 Johnston, S. 88 f. 2 Alle nachfolgenden Art.- Bezeichnungen ohne Angabe sind solche des AEUV. 3 Johnston, S. 89. 4 EuGH U.v. 24.03.1994, C-275/92 Rn. 21 ff.; Johnston, S. 89.
1
III. Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit, Art 49 AEUV Die Ausweitung der Tätigkeit eines in einem anderen Mitgliedsstaat ansässigen Anbieters von Glücksspielen über die nationale Grenze hinweg wird möglicherweise von der Niederlassungsfreiheit des Art. 49 erfasst. Ein Verstoß liegt vor, wenn ein Eingriff in den Schutzbereich der vorliegt, der nicht gerechtfertigt ist. 1.Eingriff in den Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit Zunächst müsste der Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit eröffnet sein und ein Eingriff in diesen vorliegen. 1. Eröffnung des Schutzbereichs Der Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit ist eröffnet, wenn der persönliche und sachliche Schutzbereich vorliegt. a. Persönlicher Schutzbereich Der Niederlassungsfreiheit ist grundsätzlich sowohl auf natürliche Personen als auch juristische Personen anwendbar. 5 Berechtigte der Niederlassungsfreiheit sind diejenigen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedsstaates besitzen, also Unionsbürger sind. 6Weiterhin gelten als Berechtigte der Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 54 Abs. 2 auch sämtlichen juristischen Personen des öffentlichen und privaten Rechts. Mangels einer Staatsangehörigkeit einer juristischen Person müssen diese nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedsstaates gegründet worden sein und
ihren
satzungsmäßigen
Sitz,
die
Hauptverwaltung
oder
Hauptniederlassung innerhalb der Union haben.7 Als Veranstalter von Glücksspielen kommen sowohl Unionsbürger als auch juristische Personen des öffentlichen und privaten Rechts in Betracht. Der persönliche Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit ist auf das LottG anwendbar. b. Sachlicher Schutzbereich aa. Vorliegen des sachlichen Anwendungsbereichs In sachlicher Hinsicht ist die Niederlassungsfreiheit an verschiedene Bedingungen geknüpft. Es muss sich um eine tatsächliche Aufnahme oder 5 H/K/P, Rn. 965 f.; O/C/N § 28 Rn. 11. 6 O/C/N, § 28 Rn. 11; Stefan Korte, in Callies/Ruffert, Art. 49 Rn. 6 f. 7 H/K/P, Rn. 968.
2
Ausübung einer wirtschaftlichen selbstständigen Tätigkeit mittels einer festen Einrichtung in einem anderen Mitgliedsstaat auf unbestimmte Zeit handeln. 8. Das Erfordernis der Dauerhaftigkeit der Tätigkeit dient der Abgrenzung zur Dienstleistungsfreiheit.9 Die Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspielen müsste eine solche vom sachlichen Schutzbereich erfasste wirtschaftliche Tätigkeit darstellen. Grundsätzlich
entfalten
Wirtschaftsleben,
die
solche
gegen
Aktivitäten
Entgelt
einen
angeboten
Bezug
und
mit
zum einem
Erwerbszweck verfolgt werden. Ein Glücksspiel funktioniert so, dass der Spieler ein bestimmtes Entgelt erbringt und ihm im Gegenzug die Chance auf einen Geldgewinn eröffnet wird.10Unter dem Begriff Entgelt versteht man eine wirtschaftlichen Gegenleistung für die betreffende Leistung.11 Es
bestehen
jedoch
Zweifel
darüber,
ob
ein
wirtschaftliches
Leistungsverhältnis besteht, da die Gewinnmöglichkeit sich nach dem Zufallsprinzip bestimmt. Die Zufallsabhängigkeit habe zur Folge, dass die Chance auf eine „Niete“ eher bestehe und der Spieler somit keine wirtschaftliche Gegenleistung für seine Leistung erhalte.12 Dem ist jedoch entgegen zu halten, dass der Spieler durch die Teilnahme zumindest eine Gewinnchance zum Zeitpunkt des Abschluss des Spielvertrags und im Falle des Gewinns eine Recht auf dessen Auszahlung erhält. Weiterhin weist der EuGh darauf hin, dass Lotterien von dessen Betreibern mit Gewinnabsicht betrieben werden.13 Es ist somit festzustellen, dass es sich dabei sowohl aus der Sicht des Spielers als auch aus der Perspektive des Betreibers um eine wirtschaftliche Tätigkeit handelt. Ob die Niederlassungsfreiheit durch die grenzüberschreitende Ausweitung der Tätigkeit eines Glücksspielveranstalters betroffen ist, lässt sich nur für den konkreten Einzelfall und nicht generell beantworten.14 Grundsätzlich sind
Anwendungsfälle
der
Niederlassungsfreiheit
in
solchen
Konstellationen denkbar, in denen eine dauerhafte Verlagerung der 8 H/K/P, Rn. 959 f.; Stefan Korte in Callies/Ruffert, Art. 49 Rn. 11 f. 9 H/K/P, Rn. 959 f.; Stefan Korte in Callies/Ruffert, Art. 49 Rn. 11 f. 10 Kolb, S. 146. 11 Kolb, S. 140. 12 Kolb, S. 140 ff. 13 Kolb S. 140. 14 EuGH U.v 06.11.2003, C-243/01 Rn. 20.
3
Glücksspielveranstaltung in einem anderen Mitgliedsstaat erfolgt oder angestrebt wird. Dies kann beispielsweise durch Eröffnung einer Spielhalle in einem anderen Mitgliedsstaat der Fall sein (sogenannte primäre Niederlassungsfreiheit) oder in Fällen, in denen ein bereits in einem
Mitgliedsland
zugelassener
Glücksspielunternehmer
seine
Vertriebsgebiet unter Beibehaltung des Hauptsitzes ausdehnt, indem beispielsweise Zweigniederlassungen gegründet werden (sogenannte sekundäre Niederlassungsfreiheit).15 bb. Bereichsausnahme des Art. 51 I Fraglich ist jedoch, ob die Bereichsausnahme des Art. 51 I greift. Die Niederlassungsfreiheit ist in Bezug auf
solche Tätigkeiten nicht
anwendbar, die dauernd oder zeitweise mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind.16 Dies ist dann der Fall, wenn die Aufnahme einer selbstständigen oder unternehmerischen
Erwerbstätigkeit
begehrt
wird,
diese
in
dem
Mitgliedsstaat jedoch hoheitliche organisiert ist. Dabei handelt es sich um Tätigkeiten, die mit der Ausübung von Sonderrechten, Hoheitsprivilegien und Zwangsbefugnisse verbunden sind. Es muss im konkreten Einzelfall ermittelt werden, ob die Tätigkeit eine unmittelbare und spezifische Teilnahme an der öffentlichen Gewalt darstellt.17 Vorliegend geht aus den Regelungen des LottG eine staatliche Monopolisierung im Bereich der Glücksspiele mit hohem Gefährdungspotential hervor. Fraglich ist, ob dies eine hoheitliche Tätigkeit darstellt. Dafür spricht, dass es wegen der mit Glücksspielveranstaltung
einhergehenden
Gefahren
unter
Berücksichtigung des Verbraucherschutzes nützlich ist, diese einer strengen staatlichen Kontrolle zu unterziehen und daher eine besondere Nähebeziehung zum Staat aufweisen. Auch fungiert der Staat als Ventil und wirkt der manipulativen Ausnutzung zu Gewinnzwecken entgegen.18 Gegen die Qualifizierung als hoheitliche Tätigkeit spricht, dass das staatliche Anbieten von Glücksspielen nicht mit der Ausübung von 15 EuZW 2004, S.115 Rn. 48 ; Kolb S. 152 f. 16 Friedemann Kainer, in Frankfurter Kommentar, Art. 51 Rn. 1 ff. 17 Friedemann Kainer, in Frankfurter Kommentar, Art. 51 Rn. 1 ff.;Fischer in Lenz/Borchardt, Art. 51 Rn. 2. 18 Kolb, S. 154 f.
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Zwangsbefugnissen, Sonderrechten oder Hoheitsprivilegien verbunden ist. Bei dieser Tätigkeit tritt der staatliche Anbieter dem Verbraucher uneingeschränkt
in
einem
Gleichordnungsverhältnis
auf
Basis
zivilrechtlicher Verträge gegenüber. Die Rechte und Pflichten vom staatlichen Anbieter ergeben sich lediglich durch den Abschluss des zivilrechtlichen Vertrages mit dem Vertragspartner und nicht etwa durch die Ausübung von öffentlicher Gewalt. Glücksspielen
stellt
Voraussetzungen
der
somit
keine
19
Das staatliche Anbieten von
hoheitliche Tätigkeit dar. Die
Bereichsausnahme
des
Art.
51
zur
Niederlassungsfreiheit liegen nicht vor. cc. Zwischenergebnis Folglich fallen Glücksspielveranstaltungen in den Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit. 2. Eingriff in den Schutzbereich Ein Eingriff in den Schutzbereich liegt vor, wenn die Ausübung der Grundfreiheit nicht unwesentlich behindert beziehungsweise erschwert wird. a. Handlung eines Verpflichtungsadressaten Zunächst setzt ein Eingriff voraus, dass die fragliche Handlung einem Verpflichteten der Niederlassungsfreiheit zugerechnet werden kann.
20
Verpflichtete der Niederlassungsfreiheit sind in erster Linie die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, also jede Tätigkeit und jeder Teil der öffentlichen Hand.21 Das Bundesland H ist ein Teil der öffentlichen Hand in Deutschland, welches ein Mitgliedsstaat der europäischen Union ist. Das Sport- und Lotteriegesetz des Landes H stellt weiterhin auch eine Tätigkeit der öffentlichen Hand dar. Folglich ist eine Handlung eines Verpflichtungsadressaten zu bejahen. c. Diskriminierung Die Niederlassungsfreiheit sichert den Unionsbürgern das Recht, sich in dem Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedsstaates zwecks Aufnahme und Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit sowie der Gründung und 19 Kolb, S. 156 ff. 20 H/K/P, Rn. 982. 21 Stefan Korte, in Callies/Ruffert, Art. 49 Rn. 40.
5
Leitung von Unternehmen niederzulassen und dabei keinen anderen Bestimmungen
zu
unterliegen
als
die
Staatsangehörigen
des
Niederlassungsstaates. 22Das allgemeine Diskriminierungsverbot des Art. 18 wird in Art. 49 konkretisiert.23 In Anbetracht der unterschiedlichen Rechtfertigungsgründe ist im Rahmen des Diskriminierungsverbots eine Differenzierung zwischen offenen und versteckten Diskriminierungen vorzunehmen.24 aa. Offene Diskriminierung Die Vorschrift des Art. 49 verbietet nach dem Grundsatz der Inländergleichbehandlung
eine
unterschiedlichen
Behandlung
aus
Gründen der Staatsangehörigkeit.25 In
Bezug
auf
den
vorliegenden
Sachverhalt
der
Glücksspielveranstaltungen läge eine offene Diskriminierung vor, wenn bei der staatlichen Zulassung von Glücksspielen eine Differenzierung zwischen deutschen und ausländischen Bewerber vorgenommen wird. Die Regelungen des LottG gelten für Inländer und Ausländer unterschiedslos,
so
dass
keine
Differenzierung
nach
der
Staatsangehörigkeit vorgenommen wird. bb. Versteckte Diskriminierung Eine versteckte Diskriminierung liegt vor, wenn Unionsbürger zwar nicht wegen der Staatsangehörigkeit ungleich behandelt werden, sondern eine Schlechterstellung dadurch bewirkt wird, dass eine Erlaubniserteilung von Bedingungen abhängig gemacht wird, die von Inländern leichter zu erfüllen
sind.26
Vorliegend
geht
es
um
einen Ausschluss
der
Erlaubniserteilung für Glücksspiele mit hohem Gefährdungspotential für private Personen und Gesellschaften. Die Erlaubniserteilung wird von der Mitwirkung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abhängig gemacht. Dies stellt keine Bedingung dar, die für Inländer leichter zu erfüllen ist als für Unionsbürger. Eine versteckte Diskriminierung liegt folglich nicht vor. 22 Johnston, S. 92 f. 23 Schlag, in Schwarze, Art. 49 Rn 34 24 Kolb, S. 165; Kotzur, in G/K/K, Art. 49 Rn.8. 25 Schlag, in Schwarze, Art. 49 Rn 34. 26 Kolb, S. 166 ; H/K/P, Rn. 983f.
6
cc. Zwischenergebnis Folglich ist eine Diskriminierung zu verneinen. d. Beschränkungsverbot Die Niederlassungsfreiheit unterliegt einem Beschränkungsverbot.27 Art. 49 ist darauf gereichtet, grenzüberschreitende Mobilität selbstständiger und unternehmerischer Erwerbstätigkeit innerhalb der Union zu gewährleisten.
Eine
Gefährdung
dieses
Zieles
kann
durch
diskriminierende wie auch durch nichtdiskriminierende Hindernisse bewirkt werden.28 Der Begriff der Beschränkung wird weit definiert und erfasst nach der für alle Grundfreiheiten entwickelten „DassonvilleFormel“
alle
Maßnahmen,
welche
die
Ausübung
der
Niederlassungsfreiheit behindern, unterbinden oder weniger attraktiv machen.29 Die Reichweite des Beschränkungsverbots ist umstritten, da zu berücksichtigen ist, dass stets mit der Errichtung einer Niederlassung eine Anpassung an das innerstaatliche Rechtsstaatssystem des jeweiligen Landes
verbunden
Mitgliedsstaaten
ist
und
grundsätzlich
nach die
dem
Subsidiaritätsprinzip
Befugnis
zur
die
Regelung
niederlassungsrelevanten Vorschriften z kommt.30 Zu den rechtfertigungsbedürftigen Zugangsbehinderungen zählen objektive Zugangshemmnisse, die bereits die Aufnahme der Tätigkeit verbieten oder beschränken. Dazu zählen unter anderem Tätigkeitsvorbehalte zu Gunsten der öffentlichen Hand, die Schaffung staatlicher
Monopole
sowie
die Verstaatlichung
eines
gesamten
Wirtschaftsbereichs.31 Nach
§
2
I
LottG
unterliegen
jegliche
Glücksspiele
dem
Erlaubnisvorbehalt der Behörde. Ein solcher Erlaubnisvorbehalt ist geeignet, die Ausübung der Niederlassungsfreiheit zu beeinträchtigen, da die Gefahr geschaffen wird, dass der Erlaubnispflichtige die zusätzlichen Verwaltungskosten und finanziellen Belastungen für eine solche Erlaubnis 27 Stefan Korte, in Callies/Ruffert, Art. 49 Rn. 49. 28 Friedemann Kainer ,in Frankfurter Kommentar, Art. 49 Rn. 44 f. 29Friedemann Kainer, in Frankfurter Kommentar, Art. 49 Rn. 45; EuGH, U.v. 30.11.1995, C-55/94 Rn. 37. 30 Kolb, S. 170. 31 Friedemann Kainer, in Frankfurter Kommentar, Art. 49 Rn. 63, Kolb, S. 170.
7
tragen muss.32 Die Vermittlung und Veranstaltung von Glücksspielen mit hohem Gefährdungspotential wird von der Mitwirkung einer öffentlichen juristischen Person abhängig gemacht. Damit statuiert das LottG des Landes H ein staatliches Veranstaltungsrecht zugunsten des Landes H, so dass es privaten Glücksspielunternehmen verwehrt ist, eine Erlaubnis zu erhalten. Dies stellt eine Verstaatlichung eines gesamten Wirtschaftssektors dar und stellt eine Beschränkung im Sinne der Niederlassungsfreiheit dar. 33 Durch den Erlaubnisvorbehalt sowie das staatliche Veranstaltungsrecht liegt eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit vor. e. Zwischenergebnis Ein Eingriff der Regelungen des LottG des Landes H in den Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit liegt vor. I. Rechtfertigung Der Eingriff stellt dann einen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit dar, wenn er nicht gerechtfertigt ist.34 In Betracht kommen sowohl die Rechtfertigungsgründe des Art. 52 als auch eine Rechtfertigung durch zwingende Interessen des Gemeinwohls, die vom EuGH entwickelt und in der Gebhard- Entscheidung übertragen wurden.35 1. Geschriebene Rechtfertigungsgründe nach Art. 52 Der Art. 52 lässt Einschränkungen der Niederlassungsfreiheit zu, die aus Gründen
der
öffentlichen
Ordnung,
Sicherheit
oder
Gesundheit
gerechtfertigt sind.36 Der Wortlaut der Vorschrift spricht zwar für die Anwendung allein auf offene diskriminierende Maßnahmen, jedoch spricht die Möglichkeit der Rechtfertigung von offenen Diskriminierungen dann erst Recht für die Anwendung bei versteckten Diskriminierungen und Maßnahmen nichtdiskriminierenden Charakters. 37 In Betracht kommt vorliegend die Rechtfertigung des Eingriffs durch Gründe der öffentlichen Sicherheit und Gesundheit in Betracht, da die 32 Friedemann Kainer, in Frankfurter Kommentar Art. 49 Rn. 63 f. 33 Friedemann Kainer, in Frankfurter Kommentar Art. 49 Rn. 63. 34 Kolb, S. 175. 35 Friedemann Kainer, in Frankfurter Kommentar, Art. 49 Rn. 70 f. 36 H/K/P , Art. 49 Rn. 990. 37 H /K/P, Art. 49 Rn. 990; Kolb, S. 175.
8
Begleitkriminalität abgewehrt werden und dem Schutz der Spielsucht dienen soll. Relevant ist in diesem Zusammenhang, dass die Rechtfertigungstatbestände eng auszulegen sind.
Die Vorschrift dient
nicht dazu, ganze Wirtschaftsbereiche von der Niederlassungsfreiheit auszuschließen38,
vielmehr
muss
eine
hinreichend
schwere
Gefährdungslage bestehen, die die Maßnahme rechtfertigt.39 Eine solche schwere Gefährdungslage im Hinblick auf das Anbieten von Glückspiele ist nicht ersichtlich. Folglich greifen die geschriebenen Rechtfertigungsgründe nicht. b. ungeschriebene Rechtfertigungsgründe Als
ungeschriebener
Rechtfertigungsgrund
kommt
die
Sicherung
zwingender Interessen des Gemeinwohls40, wobei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt werden muss,41 in Betracht. Eine Maßnahme, die die Ausübung der durch den Vertrag garantierten grundlegenden Freiheiten behindert oder weniger attraktiv macht, muss nach der Gebhard- Formel vier Voraussetzungen erfüllen. Sie muss in nicht diskriminierender Weise angewandt werden, zwingenden Gründen des Allgemeinwohls dienen, sowie dazu geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Ziels zu gewährleisten und dürfen schließlich nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung des Ziels erforderlich ist.42 aa. legitimes Ziel der Beschränkung Das verfolgte Ziel ist dann legitim, wenn dieses zwingende Gründe des Allgemeinwohls verfolgt.43 Hierbei ist der Zweck der GebhardRechtsprechung von Relevanz, welcher den Mitgliedsstaaten zwar Regelungsspielräume für die Verfolgung von Gemeinwohlzielen einräumt, jedoch
übermäßige
Freiheitsbeschränkungen
insbesondere
protektionistischer ...