NDL Examenskolloqu \"Weimarer Republik\" PDF

Title NDL Examenskolloqu \"Weimarer Republik\"
Course Neuere Deutsche Literaturwissenschaft
Institution Universität Augsburg
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Summary

Epoche "Weimarer Republik" fürs Examen, zusammengefasst und kontrastiert nach Metzler Lexikon der deutschen Literaturgeschichte....


Description

Prof. Dr. Stephanie Waldow Neuere Deutsche Literaturwissenschaft mit dem Schwerpunkt Ethik Staatsexamenskolloquium SS 2021

01.07.2021

LITERATUR IN DER ZEIT DER WEIMARER REPUBLIK: NEUE SACHLICHKEIT Zusammenfassung Beutin: Kapitel „Literatur in der Weimarer Republik“ (S. 391 – 431) Vorausgehende Anmerkung: Dieses zusammenfassende Skript ist primär auf der Basis von [Beutin, Wolfgang et al. (2013): Deutsche Literaturgeschichte. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Achte, aktualisierte und erweiterte Auflage. Stuttgart, Weimar: Verlag J.B. Metzler.] verfasst, weswegen nur Quellen zitiert werden, die entweder nicht in- wie explizit auf Beutin et al. zurückgehen oder dem Lexikon als direktes Zitat entnommen wurden. Grobe Seitenangaben zum Primärtext sind den Kapitelüberschriften im Skript nachgestellt.

Gliederung:

Bild von: https://www.nonsensente.de/buecher/literaturepochen/, Literaturepochen – Übersicht aller Epochen de Literatur, letzter Aufruf: 23.06.2021.)

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Literatur der Weimarer Republik

01.07.2021

1. Literatur der Weimarer Republik (≈ 1918-1933) ≠ der Weimarer Klassik (≈ 1786-1832)

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2. Gegenströmung zum Expressionismus 3. Neue Sachlichkeit – Begrifflichkeit & Allgemeines 3.1 Historischer Kontext 3.2 Vertiefung der (Literatur-)Merkmale der Neuen Sachlichkeit 3.3 Exkurs: Regionalismus (Provinz- & Heimatliteratur) als Minderheit vs. „Großstadtliteratur“ (z.B. Berlin-Romane) 4. Exkurs: Revolutionär-proletarische Literatur 5. Die „Neue Frau“ 6. Gattungen der Literatur der Weimarer Republik 6.1 Lyrik: Zwischen Artistik und Engagement (S.431 ff.) 6.2 Prosa: Vielfalt der Erzählliteratur (S.410 ff.): 6.3 Dramatik: Zeitstück, Volksstück und Lehrstück (S.425 ff.) 6.4 Akkumulation: Zentrale Punkte der Gattungen der Weimarer Republik 7. Finale Übersicht: Wichtige Vertreter_innen & Werke der Weimarer Republik 8. Appendix: Verschiedene Zusammenfassung(en) wichtiger Werke der Epoche Literatur- und Internetverzeichnis

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1. Literatur der Weimarer Republik (≈ 1918-1933) ≠ der Weimarer Klassik (≈ 1786-1832) Weimarer Klassik ca. 1786-1832 Historischer Kontext: ➢ Zentrales Ereignis: Französische Revolution (1789-1799) = Zeit politischer Instabilität & gewalttätiger Aufruhr in ganz Europa → Folge: begleitet von Forderungen nach Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit; Deutschland schöpft Hoffnung! ➢ Gewalttätige Jakobiner-Herrschaft in FR & territorialen Veränderungen durch Wiener Kongress → sorgte für viele revolutionäre Bewegungen in DE und Europa ➢ Auswirkung auf Literatur: Autoren strebten deshalb nach Harmonie, die sie in (regelhafter) Antike begriffen sahen, weshalb sie sich an Vorbildern der Antike orientierten (bspw. Blankvers & Aristotelische Dramentheorie) Literaturmerkmale: ➢ Ziel: Streben nach Harmonie im Sinne der antiken Vorbilder → eine einheitliche, geregelte Sprache und damit eine formale Ordnung stand im Gegensatz zur „freien” Sprache der Stürmer und Dränger → Blankvers spielte z.B. eine signifikante Rolle ➢ Zusätzliche wichtige Themen: Humanität, Güte, Gerechtigkeit, Toleranz & Gewaltlosigkeit ➢ Aufgabe der Literatur: Erziehung des Menschen → erzieherisches Ideal: die „schöne Seele"

Weimarer Republik ca. 1918-1933 Historischer Kontext: ➢ Beginn 1918 mit … 1) militärischer & politischer Zusammenbruch des Kaiserreichs als Folge des erst herbeigesehnten, dann aber verlorenen 1. Weltkriegs 2) Erschütterung der traditionellen Werte & Normen 3) Gescheiterten Novemberrevolution von 1918 ➢ Deutschland war geplagt von wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Krisen ➢ Nach Börsencrash → Massenarbeitslosigkeit und Konkurse → Folge: Allgemeine Katastrophenstimmung, materielle Not & Verunsicherung des Kunstmarkts (wichtig für braune Machtübernahme!) ➢ Politische Polar- bzw. Radikalisierung = Zwang zur Parteinahme (links vs. rechts) → wenig Identifikation der Deutschen mit Weimarer Republik! → von beiden Seiten heftig in die Mangel genommen → Annäherung der Autor_innen an Stil der Medien und Massenkultur, Dorn im Auge der konservativen Kritiker → auch: Offene Feindseligkeit seitens der NS-Literaturkritiker

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Literatur der Weimarer Republik ➢ Dramatik → wichtigste Gattung der Weimarer Klassik

01.07.2021 ➢ Weimarer Republik endet 1933 mit Verfall der Demokratie durch Machtübernahme der NS-Diktatur → fast alle Autor_innen in Berührung mit der Neuen Sachlichkeit ins Exil gezwungen ➢ Danach: Exilliteratur folgte

Literaturmerkmale: ➢ „Neue Sachlichkeit“ = Bezeichnung für Literatur in der Zeit der Weimarer Republik ➢ Sprache: kühl, emotionslos, einfach ➢ (Erzähl-)Stil: Distanziertes, beobachtendes Erzählen; Orientierung auf journalistischdokumentarische Schreibweise; keine Subjektivität in den Werken ➢ Häufige Technik(en): Montagetechnik ➢ Themen waren: Einzelschicksale der Mittelschicht, Desillusionierung nach dem Krieg, Trauma, Verletzung, Tod, Armut, Arbeitslosigkeit, Industrie, Wirtschaftskrise und Technik ➢ Ziel der Literatur: Zugänglichkeit für breite Masse (finanziell wie kognitiv) → dadurch: Initialisierung eines (kollektiven) Umdenkens durch Ansprechen gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und politischer Probleme mittels der Literatur ➢ Beliebteste Form des Erzählens: Zeitroman

Exkurs: Theaterkultur ➢ Neu: Episches Theater (Brecht) vs. Aristotelisches Theater ➢ Mechanismen: Verfremdungseffekte ➢ Auch: Volkstheater wandelte sich → spricht nun gesellschaftliche & politische Probleme an! Dramatik, Lyrik, (Epik)

Epik, Lyrik, Dramatik

2. Gegenströmung zum Expressionismus

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Literatur der Weimarer Republik Merkmale Expressionismus1

➢ Extremer Subjektivismus, der gegenständliche Welt nach willkürlichen Visionen verzerrt → Typisierung der Figuren, die den Einzelnen zum Menschen schlechthin ausweiten! ➢ Meidung des Alltags ➢ Utopie-Sehnsucht! ➢ Träume & Illusionen

01.07.2021 Merkmale Neue Sachlichkeit2

➢ „Versachlichung“ = sachliche Distanziertheit → kühl-illusionslose, betonte Nüchternheit! ➢ Sprache: schlicht, parataktisch, alltagssprachlich, Emotionsausdrücke werden vermieden (z.B. Kästners Indirekte Lyrik oder Brechts Großstadt- und Technik-Lyrik → gleicher bzw. gültiger „Tonfall“ 3) ➢ Vermittelt „ein Gefühl für das Machbare, Alltägliche, Bodenständige“4 ➢ „Menschen sind präzise und in ihren sozialen Merkmalen erfasst: denen des Arbeiters, des Arbeitslosen, des Schiebers, des Arztes, der Hure“5 → dadurch: banale Objekte in Fokus des Künstlers → peinlich genau anvisierte Stillleben der kleinsten Dinge (wie in Malerei)! ➢ Betroffene Sparten: Malerei, Architektur, Kunstgewerbe, Musik, Literatur, Film (?), …

3. Neue Sachlichkeit – Begrifflichkeit & Allgemeines → (S. 393ff.; 418ff.) • • • • • • •

Begriffsprägung: 1923 durch Kunsthistoriker Gustav Friedrich Hartlaub6 Bedeutende, kulturelle Strömung Zeichnet sich durch ihren Realismus und ihre Nüchternheit aus Viele Vertreter der Neuen Sachlichkeit sind auch dem Naturalismus verbunden Bis heute ambivalent eingeschätzt: Präfaschistische Elemente der neusachlichen Bewegung, politische Gruppierung der „Mitte“, Anti-expressionistische Stoßrichtung Stil: Nüchternheit, Banalität, Sentimentalitätsfreiheit, Berichtartigkeit, Dokumentation; Objektivität und Neutralität in Romanen; Hochschätzung der Reportage Fokus: Anschauliches, Soziologisches, Wirtschaftliches, Politisches, kämpfender Mensch, Politiker, Sportler, Geschäftsmann, Oberflächlichkeit, Tatsachen, Internationalisierung, Wirklichkeit → Anspruch an Literatur: Sollte klein, „realistisch, einfach und verständlich dargestellt werden, damit möglichst viele Menschen mit der Literatur etwas anfangen, sie gebrauchen konnten“7→ letzte Phase der Moderne, die sich mit Industrialisierung und Urbanisierung beschäftigt!

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Gesamte Spalte nach: Vgl. Pasche, Wolfgang (2016): Abiturwissen Deutsch - Literaturgeschichte. Mit Lern-Videos online. [Neuausgabe], 4. Auflage. Stuttgart: Klett Lerntraining (Abiturwissen), S. 134. 2 Gesamte Spalte nach: Vgl. Pasche, Wolfgang (2016): Abiturwissen Deutsch – Literaturgeschichte, S. 134ff. 3 Vgl. Pasche, Wolfgang (2016): Abiturwissen Deutsch – Literaturgeschichte, S. 135. 4 Pasche, Wolfgang (2016): Abiturwissen Deutsch – Literaturgeschichte, S. 134. 5 Pasche, Wolfgang (2016): Abiturwissen Deutsch – Literaturgeschichte, S. 135. 6 Vgl. Meid, Volker (2012): Das Reclam-Buch der deutschen Literatur. 3., durchges. und erg. Aufl. Stuttgart: Reclam, S. 416. 7 Mai, Manfred (2006): Geschichte der deutschen Literatur. Unter Mitarbeit von Rotraut Susanne Berner. Weinheim, Basel: Beltz und Gelberg (Gulliver, 5525). Online verfügbar unter http://deposit.dnb.de/cgi-bin/dokserv?id=2811381&prov=M&dok_var=1&dok_ext=htm, S. 143.

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Literatur der Weimarer Republik •



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Ziel: Literatur als Nutzwert und Werkzeug, das Vernunft, Tendenz und Urteil mobilisieren soll (= Gebrauchsliteratur8) → Eroberung neuer Leserschichten (u.a. „Publikum jenseits der Bildungsbürgerschicht“9) → Fokus auf Bedürfnisse der Leser & Orientierung an „Gesetz des Marktes“ → Literatur als Ware → Literatur soll unterhalten und informieren! Fragiler Begriff der Neuen Sachlichkeit stets in der Kritik (z.B. Joseph Roth: zu oberflächlich, zu neutral, Berufung auf Kunst notwendig, gegen Kälte und Härte einer bloßen Faktizität, etc.) → Begrifflichkeit bis heute stark diskutiert! Begriff des Magischen Realismus als Ausgleich zwischen Sachlichkeit und Romantik → z.B. Erich Kästners „Sachliche Romanze“ Intellektuellenroman → freischwebender Intellektueller hält sich von jeglicher gesellschaftlichen Praxis fern, um seine „Reinheit“ zu bewahren Berlin bzw. Großstadt als „Sodom und Gomorrha“ und Irrenhaus Enges Bündnis zwischen Autor, Held und Leser Reflexion bzgl. neuer Medien (z.B. Film und Fotografie) „Artistischer Dokumentarismus“ als Erzählverfahren (z.B. Falladas) Kriegs- und Antikriegsromane finden am Ende der Weimarer Republik Massenpublikum z.B. Remarque Männliche Kriegsliteratur Diffuser Geschlechterdiskurs, der an Debatten um „Neue Frau“ erinnert → allgemeine Kontroverse um „Neue Sachlichkeit“

Vertreter: – – – – – – – – –

Franz Roh: „Nach-Expressionismus“ (1925) Lion Feuchtwanger: „Jud Süß“ (1925), „Erfolg“ (1930), „Die Konstellationen der Literatur“ (1927) Erik Reger: „Union der festen Hand“ (1930) Erich Kästner: „Emil und die Detektive“ (1929), „Fabian“ (1931) Hans Fallada: „Kleiner Mann, was nun?“ (1932), „Bauern, Bomben und Bonzen“ (1931) Egon Erwin Kisch: „Rasender Reporter“ (1924) Wolfgang Born: „Photographische Weltanschauung“ (1929) Remarque: „Im Westen nichts Neues“ (1929) Ludwig Renn: „Krieg“ (1928)

3.1 Historischer Kontext → (S. 391f.) → Leitfrage: „Welche gesellschaftlichen und politischen Umstände beeinflussten die Menschen in ihrem Denken“? •



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Endphase des 1.WK 1918/19 → führt zu: Sturz der Monarchie im Deutschen Reich, Umwandlung in parlamentarische Demokratie (= Weimarer Republik) → Am 9. November 1918 wurde die Deutsche Republik, die später als Weimarer Republik galt, ausgerufen → DE hat keinen Kaiser/König mehr, sondern einen Reichspräsidenten als Staatsoberhaupt! Ursachenkette: Flottenbefehl → Kieler Matrosenaufstand → Novemberrevolution → Ausrufung der Republik am 9. November 1918 in Berlin (= Machtübernahme der

Vgl. Mai, Manfred (2006): Geschichte der deutschen Literatur, S. 143. Meid, Volker (2012): Das Reclam-Buch der deutschen Literatur, S. 416.

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Literatur der Weimarer Republik





Mehrheitssozialisten unter Friedrich Ebert) → Abdankungen Kaiser Wilhelms II. und aller anderen Bundesfürsten Provisorische Revolutionsregierung: Rat der Volksbeauftragten → schrieb Wahlen zu einer verfassunggebenden Nationalversammlung aus → 19. Januar 1919 Erstwahlen & Frauenwahlrecht → Nationalversammlung in Weimar: Verabschiedete am 11. August 1919 die neue, demokratische Reichsverfassung (formeller Abschluss der Revolution!) Vertrag von Versailles: Ab 1919 in Kraft → „Kriegsschulden“ → für Deutsche besonders strafend → Grund: Enthielt streng regulierende Maßnahmen/Vereinbarungen, z.B. … − − − −





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Anerkennung der Alleinschuld für den Ausbruch des Weltkrieges Alleinige Zahlung DE für alle Verluste, Ausgaben und Schulden, die aus dem Krieg resultierten Territoriale Einschränkung Militärische Einschränkung

Folge: Deutschland war geplagt von schwerwiegenden, wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Krisen bzw. Kriegsfolgen → z.B. Hunger, Wohnungsnot, Arbeitslosigkeit, Geldnot, Krankheit & vieles mehr! → demnach: starke finanzielle, strukturelle, territoriale Schwächung → führte zu: Extremen Belastungen der Bürger (gerade durch den mehr als vier Jahre währenden Krieg), Schock über die Niederlage, den die vordemokratischen Strukturen nicht abfedern können, dadurch zu sozialen Spannungen (u.a. mit der Politik der reformunwilligen Eliten), Ernüchterung, Unmut und Wut → Grund: Kein Ende des „Elends“ in Sicht! → einige glaubten, dass durch hohe finanzielle Belastung kaum mehr eine Chance bestand, dass die deutsche Wirtschaft nach dem Krieg je wieder auf eigenen Füßen stehen könne Doch: „Goldenen Zwanziger“ → 1924 → überraschendes Erreichen einer Phase der (wirtschaftlichen) Stabilität erreichen → jedoch: trügerisch! → diese Phase sollte nicht lange andauern → denn: Winter 1929/30 → u.a. Weltwirtschaftskrise → Folge: Politischer Meinungsumschwung der Menschen → führt dazu, dass Adolf Hitler am 20. Januar 1933 zum Reichskanzler gewählt wird (Beginn NS-Zeit!)

3.2 Vertiefung der (Literatur-)Merkmale der Neuen Sachlichkeit → (S. 393-402; 418-424) •





Vertreter_innen der Neuen Sachlichkeit → Stil: Distanzierte, beobachtende Erzählart; journalistisch-dokumentarische Schreibweise → Sprache: Kühle, emotionslose, recht einfach (≠ Romantik & Realismus) → stellen den Alltag möglichst sachlich dar → ergo: Subjektivität gab es in den Werken nicht; Charaktere zeigen wenig Gefühle; in der Sprache wurde auf Metaphern & dekorativ- ausschmückende Elemente verzichtet (= Zeitungsbericht-Stil!) Verfahren: Nutzen Montagetechniken, um diesen Effekt zu erzielen → d.h. Autor_innen führen verschiedene Textsorten (z.B. Briefe, Zeitungsartikel und Protokolle) zu einem neuen Werk zusammen Verzahnung mit US-Markt → Einfluss auf DE → Geburtsstunde des (deutschen) Fordismus (Autohersteller): Verbreitung/Propaganda der Fließbandproduktion & des Massenkonsums („tin lizzy“ als erstes, billiges Massenauto) → proklamiert Technologie und Freiheit des Konsums bzw. Konsumierers → Ziel: Rationalisierung der Produktion → Folge: Ausweitung auf Kulturdiskussion → Festlegung auf Gebrauchswert von Literatur → Neuausrichtung: Sachlicher Stil, der Kollektivinteressen in Vordergrund stellt (nicht Schicksal Einzelner) → Individualheld wird zugunsten sozialer von Stereotype abgelegt → Zielgruppe: Massenpublikum →

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Literatur der Weimarer Republik

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Problematik: Konkurrenz in Rundfunk und Kino → deswegen: Geringe Verkaufszahlen der Verlage → Lösung: Nutzung der „neuen“ Medien & Veröffentlichung in der Tagespresse (z.B. Essays, Reportagen, Fortsetzungsserien) → Ergebnis: journalistisch-dokumentarischer Stil!10/11 Themen: − Einzelschicksale der Mittelschicht − Desillusionierung nach dem Krieg, Trauma, Verletzung, Tod − Armut, Arbeitslosigkeit, Wirtschaftskrise, Industrie − Technik Ziel der Literatur der Neuen Sachlichkeit: Eine breite Masse erreichen; zugänglich für alle, finanziell wie kognitiv (= Gebrauchsliteratur) → Ansprechen gesellschaftlicher und politischer Probleme soll Leser_innen zum Umdenken bewegen (Schnittpunkt mit Naturalismus)!





3.4 Exkurs: Regionalismus (Provinz- & Heimatliteratur) als Minderheit vs. „Großstadtliteratur“ (z.B. Berlinromane) → (S. 423) Regionalismus (Provinzliteratur & Heimatliteratur) • •



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Provinz vs. Großstadt → Großstädte als literarische Zentren (z.B. Paris, Berlin, London, …) → z.B. Berlin-Romane → massenhaft Romane über Berlin! Kontroverse um Großstadt an sich: − Berlin stehend für Leben, Antibürgerlichkeit, Freiheit, Produktivität, Energie, Betriebsamkeit, Fortschritt, Avantgarde, Glanz und Glamour − Berlin ebenso stehend für: Moloch, Parasit, Sumpf, Krebs, Sündenbabel (!!) Kontroverse zwischen: − „Asphaltliteraten“ (z.B. Alfred Döblin, Heinrich Mann) − „Vertretern des sehr platten Landes“ (Provinzialismus, Heimatkunst, Kunst der Scholle → z.B. Heinrich Mann, Käthe Kollwitz) Vertreter der Provinzliteratur: Oskar Maria Graf, Feuchtwanger, Fleißer → Fokus auf Provinz und kritische Auseinandersetzung mit dieser sowie Faschismus, Korruption, Tradition, Enge, Zwänge, etc. Vertreter der Heimatliteratur: Ludwig Roseggers, Peter Ganghofer, Hermann Lön → Idyllisierung & Glorifizierung der Ländlichkeit, Konservatismus, Präfaschismus

Wichtige Werke & Vertreter: Feuchtwanger: „Erfolg“ (1930), „Die Geschwister Oppenheim“ (1933), „Exil“ (1940) – Marieluise Fleißer: „Mehlreisende Frieda Geier“ (1931), „Echt Ingolstädter Originalnovellen“ (1929) – Oskar Maria Graf: „Chronik von Flechting“ (1925), „Kalendergeschichten“ (1929), „Bolwieser“ (1931), „Wir sind Gefangene“ (1927), „Der Abgrund“ (1936), „Anton Sittinger“ (1937) –

„Großstadtliteratur“ (z.B. Berlin-Romane)

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Wichtige Werke & Vertreter: – – – – – –

Gabriele Tergit: „Käsebier erobert den Kurfürstendamm“ (1931) Alfred Döblin: „Berlin Alexanderplatz“ (1929) Paul Gurk: „Berlin“ (1923/25) Iwan Goll: „Sodom Berlin“ (1929) Irmgard Keun: „Das kunstseidene Mädchen“ (1932) Benjamin: „Berliner Kindheit um neunzehnhundert“ (1932/33)

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Vgl. Pasche, Wolfgang (2016): Abiturwissen Deutsch – Literaturgeschichte, S. 137f. Anmerkung: Reaktion auf Abhängigkeit vom Literaturmarkt & seinen konsumorientierten Gesetzen → Bildung Schriftstellerorganisationen/verläge! Nutzung neuer Medien/Tagesblätter geht mit Zensur (Gesetzt zum Schutz der Republik, 1922) wider d. Meinungsfreiheitsart. 118 einher.

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4. Exkurs: Revolutionär-proletarische Literatur → (S. 403-406) • • • • • • • •

Wirkungszeitraum: Krisenjahre zwischen 1919-1927 Form: Schmale Bewegung → sozusagen Kunst(äußerung) der unterdrückten, proletarischen Klasse Orientierung: anarchistisch, linkskommunistisch Vorbild: „Proletkult“ Russlands 1919 in Berlin: Gründung Bund für proletarische Kunst (KPD) → erster von vielen! Dann: Vereinsorientiertes, ungebundenes, proletarisches Theater vs. sozialdemokratische Volksbühne Ziel des Theaters: Gewinnung der Arbeiter für Standpunkte des revolutionären Proletariats durch Aufführung zeitgenössischer und bearbeiteter, bürgerlicher Dramen → Devise: „[A]m Seienden das Seinsollende aufzuzeigen“12 (Propaganda)! Die Mitglieder des Bundes bestanden aus zwei Gruppen: 1) „Bürgerliche“ Schriftsteller, die sich innerhalb der KPD engagierten und offen für neue, experimentelle Literaturformen waren 2) „Echte“ Arbeiter (z.B. Hans Marchwitza, Willi Bredel und Kurt Held), die über die Arbeiterkorrespondenzbewegung der KPD zum Schreiben gekommen waren und jetzt nach Publikationsmöglichkeiten suchten



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Machtkämpfe zwischen beiden Gruppen bestimmten die Entwicklung des Bundes → Spannungsfeld: − Bürgerliche warfen den Proletariern die mangelnde Qualität ihrer Produkte vor − Arbeiterschriftsteller lamentierten, dass Bürgerliche niemals proletarische Literatur verfassen könnten 1928 → Verlagsgründung BPRS (= Bund Proletarisch-Revolutionärer Schriftsteller) → Plan: Etablierung eines proletarisches Literaturkonzepts Ergebnis: Neuer Roman → Vermengung von Reportageformen mit autobiographischen Aufzeichnungen zu geschlossener Romanform (während Auflösung...


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