VL Einführung in die ältere deutsche Literatur PDF

Title VL Einführung in die ältere deutsche Literatur
Author Freya Heun
Course Einführung in die ältere deutsche Literatur
Institution Universität Leipzig
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Zusammenfassung der Vorlesung von Prof. Dr. Sabine Griese zum Thema Ältere deutsche Literatur...


Description

Prof. Dr. Sabine Griese

Sommersemester 2018 Sprachwissenschaft

EINFÜHRUNG IN DIE ÄLTERE DEUTSCHE LITERATUR -

Klausur: 45 min, in den Seminarzeiten, eine Frage der Vorlesung Tutorium: Martha Stein, Do 13.15 – 14.45 Uhr (SR 412); Luise Grabolle, Mo 11.15 – 12.45 Uhr (SR 323)

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„ältere“ deutsche Literatur als Begrenzung unpräzise Inhalt der Veranstaltung: Älteste deutsche Literatur des deutschen Sprachraums, der Beginn der deutschen Literaturkultur, erste literarische Höhepunkte (Zeitraum 800-1500) exemplarischer Einblick in besondere Literaturabschnitte: Besonderheiten mittelalterlicher Literatur > literarisches Kernwissen, kanonische Texte

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I.

Beispiel: Heinrich von Kleist, Penthesilea verwendetes Vokabular muss kritisch beäugt/analysiert werden, sodass das Werk verstanden werden kann (Sprachgebrauch, Vokabular unterscheidet sich deutlich) Exklusivstatus der Literatur im Mittelalter Literatur zu Beginn war eine andere, als die heutige: unterschiedliche Produktions- und Rezeptionsumstände primär Vorlesen/Vortragen/Vorsingen von Literatur vor einer Gruppe (geringer Anteil der Bevölkerung konnte Lesen) literati (die Gebildeten) waren privilegiert mit Texten zu arbeiten, Literatur war keine „Privatangelegenheit“ im 15 Jhd. sorgte Buchdruck für Aufschwung der Literatur, das Lesen breitete sich aus HERZMAERE (KONRAD VON WÜRZBURG, 13 JHD.)

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Ankündigung einer „schönen Maere“ (Geschichte von wahrer ) Maeren-Dichtung (kurze Geschichte/Erzählung), Dreiecksgeschichte, Ehebruchsgeschichte, Liebesgeschichte Geschichte erzählt von der Macht der minne/wahre minne: grenzenlose und wahrer Liebe von einer Dame und einem Ritter > Herzensqualen (Liebe verboten)> tragisches Ende (Tod durch Liebesschmerz bzw. Schocksituation) intertextueller Bezug auf Gottfried von Straßburg (vgl. 1210 Tristan-Roman) unendliche Verbundenheit und Treue der Liebenden Dame hat jedoch einen anderen (angesehenen) Ehemann, dieser möchte die Dame außer Reichweite des Liebhabers bringen mit der Intention die Liebschaft somit zu zerstören Liebhaber möchte mit Dame Pilgerschaft nach Israel antreten (Dame bleibt jedoch bei Ehemann) Dame schenkt Liebhaber Ring als Andenken > Ritter fährt in die Ferne (unendlicher Liebesschmerz, der den Tod bedeutete) > beauftragt seinen Knecht, der Dame einen Ring und sein balsamiertes Herz zu überbringen (Herz als wahrer Ausdruck der Liebe) > Ehemann fängt jedoch Knecht ab und lässt das Herz des Liebhabers vom Koch zubereiten Dame isst das Herz ihres Liebhabers, nach Offenbarung des Inhalts der Speise durch ihren Ehemann > Tod durch Schreck und Entsetzen Herz als Zentrum der Liebe

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Prof. Dr. Sabine Griese -

Sommersemester 2018

Liebenden können nur nach dem Tod vereint sein (Liebestod) maximale Vereinigung der Liebenden durch das Essen des Herzens: Verinnerlichung und Nähe angedeutet

 häufiges Motiv („gegessenes Herz“) in der mittelalterlichen Literatur in ganz Europa  das Herz des Partners am Körper tragen (z.B. Schmuck) – symbolische „Einswerden“

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historische Texte

ALTERITÄT - betrifft nicht nur mittelalterliche Texte: „das Andere“/“das Ferngerücktsein“ - man muss jedoch „historisch denken“ (was aus heutiger Sicht normal ist, war es nicht immer) - literarische und/oder kulturelle Andersheit,“ „häufig auch synonym mit Fremdheit, Verschiedenheit, Differenz. - Leitbegrif für den mediävistischen Diskurs über die kulturell-historische Distanz zwischen Mittelalter und Moderne – in der neueren Forschung kritisch hinterfragt - Neologismus zu lat. alter, altera, alterum = der/die/das andere - andere Regeln für das Verstehen anleiten: Befremdung durch Alterität Hans Robert Jauß, Alterität und Modernität der mittelalterlichen Literatur, München 1977 - drei Gründe für Interesse an älteren deutschen Literatur: 1. ästhetisches Vergnügen 2. befremdende Andersheit 3. Modellcharakter -

in mittelalterlicher Zeit wurde Literatur primär vorgetragen: hörendes Verständnis notwendig/Literatur als Gehörtes (plebs als iliterati) > Eindrücklichkeit der Werke wird verstärkt (vgl. Theater) „Die Mündlichkeit der literarischen Lberlieferung ist zweifellos eine Erscheinung der Alterität des Mittelalters“ (Jauß, S. 16)

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Prof. Dr. Sabine Griese

Sommersemester 2018

Alterität eines mittelalterlichen Weltmodells: - grundsätzlich unterschiedlich zu unserer gegenwärtigen aufgeklärten Welt - Religion als Prämisse, Bibel als Leitwerk Modernität in ihrer Alterität - Kriterien zur Deutung mittelalterlicher Literatur notwendig -

Kritische Sicht der Forschung: o Alterität als Leitkonzept für historisches Interpretieren, hg. von Anja Becker und Jan Mohr, Berlin 2012 (Deutsche Literatur. Studien und Quellen 8) o Wie anders war das Mittelalter? Fragen an das Konzept der Alterität, hg. von Manuel Braun, Göttingen 2013 (Aventiuren 9) o Blick auf Kontinuitäten o für Manuel Braun erscheint Alterität eher als Verlegenheits- denn als Leitkonzept (S. 38).

 Betrachtung Alterität und Kontinuitäten - Einordnung in eine Gesellschaftsform, Theologie, Philosophie usw.: Literatur als Gesellschaftsform - wertender/abwertender Blick auf historische Vorzeiten sollen vermieden werden

WALTHER VON DER VOGELWEIDE: Under der linden -

Text des Minnesangs Einordnung in den MINNESANG:

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für mündlichen Vortrag bestimmt (unterlegt mit Musik), an Fürsten- oder Herzogshöfen nur Texte, nicht jedoch Melodien überliefert Terminus des Mittelalters „minne“ = Liebe (hohe minne = höfische Liebe [Konzept des Frauendienstes] „sie reichte von schaler Freundschaft bis zur religiösen Ekstase“ (Ehrismann, Ehre und Mut, S. 137f.)) (Verhältnis zwischen Herr und Dame bzw. Bündnispartner, Verhältnis zu Gott) Ersetzen des Wortes durch „liebe“ = mhd. Freude, Lust, Wohlgefallen, Liebhaben später synonym zu minne „älteste deutschsprachige Liebeslyrik“; sie ist „Teil einer europäischen, an den Höfen vor allem des 12. und 13. Jhs. geübten Kunstpraxis“ Konzept der hohen minne: Situation des Mannes, der eine Frau begehrt (außerhalb gesellschaftlich akzeptierten Ehe), Bemühung wird nur in wenigen Fällen akzeptiert (häufige Ablehnung) keine Erlebnisdichtung, sondern fiktionales/abstraktes Spiel mit festen Rollen

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In der Rolle eines Vasallen bemüht sich der Mann durch seinen Dienst die Zuneigung seiner Herrin, seiner Dame (frouwe) zu erlangen.

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Kunst im Mittelalter ist Auftragskunst (màzen) Präsentation von Kunst auf z.B. Politische Treffen, Feierlichkeiten

Walther von der Vogelweide

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Prof. Dr. Sabine Griese

Sommersemester 2018

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Herzog Friedrich der I. als „Gönner“: Erlernen der Kunst des Minnesangs, Arbeit an dessen Wiener Hof bis zu dessen Tod

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Zeit um 1200 1. Strophe: Beschreibung des Liebeslager als optimaler Ort der Lust und Freude (fern von gesellschaftlichen Konventionen, ungestörtes Erleben der Liebe in der Natur) Frau spricht (markiert durch einfache Einführungszeichen am Anfang/Ende des Minnesang: ungewöhnlich für diese Zeit,), Nachtigall singt (Abend/Nachtsituation), Blumen blühen (Frühling/Sommer) 2. Strophe: kommt zur Aue: stürmische Begrüßung durch Freund, von Liebhaber/Freund, der sie „tausend Male küsst“ (Kuss, roter Mund als Symbol von Erotik) 3. Strophe: Rosenbeet (romantisch jedoch dornig) Liebe bleibt ein Geheimnis, nur das Lager wird näher bestimmt Liebeslied, das andeutet und verbirgt gelebte Liebe in der Natur

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HILDEBRANDSLIED -

frühe deutsche Heldenlyrik (prophane Dichtung in religiösem Werk [Handschrift]: Warum? Schreibübung, Unterhaltungsliteratur) Latein als Schriftsprache (Sprache der gebildeten Eliteschicht)

Phänomene: Latein/Deutsch – Schriftlichkeit/Mündlichkeit - Voraussetzungen für das Leben der Literatur: dominante Latinität, alalphabetische Bevölkerung - Dialekte des Althochdeutschen: nur Zeugnisse der Schriftkultur geben Hinweise über die Sprache Anfänge der deutschen Schriftkultur: -

in Merowingerzeit um Chlodwig (gest. 511) bis Childerich III. (gest. um 755) = keine schriftlichen Zeugnisse Pippin III. (gest. 768) (erster Vertreter der karolingischen Dynastie) = beginnt sporadisch mit althochdeutschen Schriftüberlieferung mit Karl dem Großen (742-814) wird althochdeutsche Textproduktion greifbarer in 8. – 10. Jahrhundert: keine literarischen Kenntnisse, nur mündlichen Poesie > hier konnten nichts überliefert werden (nur schriftliche Lberlieferungen können herangezogen werden) erstes literarisches Zeugnis: Hildebrandslied

Überlieferung des Hildebrandslied - Text des Hildebrandslieds ist auf dem ersten und letzten Blatt einer Handschrift (liturgischer Inhalt: Predigten, Gebete) überliefert, auf Pergament, Karolingische Minuskelschrift, anonym überlierfert (Forschung konnte Handschrift verorten: Ursprung im Kloster Fulda, großes/berühmtes Skriptorium, Hildebrandslied weicht ab von anderen Handschriften aus Fulda [Text älter?], eigenartige Mischung aus Hochdeutsch [bayrische Dialekte] und Niederdeutsch [altsächsischen Dialekten])

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Sommersemester 2018

einzige Lberlieferung aus 840er Jahre, Handschrift aus Fulda, fragmentarisch (Schluss fehlt – Ursache umstritten), heute in Universitätsbibliothek Kassel

Zeitliche Verortung des Hildebrandslied - Verortung des Stoffs in ostgotische Zeit  Zeit, Sagenkreis um Theoderich den Großen (451-526) (König der Ostgoten, später auch der Westgoten)  Theoderich in der Literatur: Dietrich von Bern > consolatio philosophiae (in Gefangenschaft) - Gefangennahme aufgrund Verdacht des Hochverrats, Verbindung Rom und Byzanz  Hinrichtung Inhalt des Hildebrandslied - Dietrich von Bern als Protagonist - Hildebrand Gefolgsmann von Dietrich von Bern > Flucht ins Exil > nach 30 Jahren Rückkehr, steht vorm Heer von Hadobrand (Sohn von Hildebrand) Analyse des Hildebrandslied - Textanfang: Verse im Stabreim -

drei Schlüsselbegrife: Herausforderer – Vater und Sohn – Krieger

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Einsetzen der Erzählung bevor der Kampf beginnt (Ursachen Auseinandersetzung nicht geschildert) > Vater-Sohn-Konflikt - Öffentlichkeit, Präsenz des Kampfes bringt schweigenden Horizont der Verantwortung für alle folgenden Worte - Gegenüberstehen Hildebrand – Hadobrand: durchstrukturierte Kampfsituation „Du hast noch nie mit so einem nahem Verwandten gekämpft“ Hildebrand gibt sich nicht als Vater zu verstehen: Lberreichen goldene Armreifen vom Hunnenkönig an Hadobrand (Armreife auf Sperrspitze > Kampfgeste: aufeinander zureiten)  Misstrauen Hadobrand: Angst vor Sperr-Angriff bei Annahme der Armreifen  Klagerede des Hildebrand: anarchisch, lat. planctus = Klage, an Gott gerichtet, Betonung des Altersunterschieds, Akzeptanz der Kampfeslust von Hadobrand  Beginn des Kampfes (Abbrechen der Erzählung, Schluss nicht überliefert)

DOMINANTE LATINITÄT  Beispiel: Otfried von Weißenburg: Evangelienbuch -

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Frühzeit der Bibeldichtung: Transferierung der Texte ins Deutsche im gesamtem Mittelalter Erzählung Bibel und deren Geschichten neu: Wandlung in deutsche Sprache (Luther nicht der Erste, der Bibel ins Deutsche übersetzt hat) Entwicklung der deutschen Literatur und Schriftlichkeit im Netzwerk der Klöster (Keimzelle, Kulturzentren): Austausch von Wissen, Handschriften, gelehrte Auseinandersetzung

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Sommersemester 2018

Otfried: erster deutscher Autor, der sich mit vollem Namen zu seinen literarischen Werken bekennt (Kloster Weißenburg (Diözese Schweyer), lebte im 9.Jhd.) Magister im Kloster Weißenburg, Lebenswerk ist Ausbau der Weißenburger Bibliothek (Arbeit von 850-870, große Anzahl von Werken geschrieben/getauscht/gekauft) Ziel: richtiges Verständnis der religiösen Texten (Auslegung/Interpretation in Bibelkommentaren: Anfänge dieser Praktik im Mittelalter) Evangelienbuch ist dichterische Bearbeitung des Lebens Jesu nach den Evangelien - Evangelienharmonie frühe Evangelienharmonie aus dem 2. Jh.: Diatessaron des Syrers Tatian Tatian ist ins Lateinische übersetzt (6. Jhd.) Lbertragung ins Althochdeutsche im Kloster Fulda (Ausbildungs-/Studiumsort Otfrieds, 830er Jahre) Hrabanus Maurus (Lehrer und Abt in Fulda, 822- 842): wesentliche Triebfeder bei der Lbersetzung ins Deutsche Evangelienbuch (ca. 863-871): Altersweg, in letzten Lebensjahren verfasst

besondere Lberlieferung: Wien, ÖNB, Cod. 2687 = das sogenannte Handexemplar Otfrids - Autograph/Teilautograph - illustrierte Handschrift in karolingischer Minuskel, Arbeit von sechs Schreibern (Maginalien, Korrekturen, Lberschriften durch Otfried)  Codex als (Teil)-Autograph von Otfried - Pergamenthandschrift - 193 Blatt - eigentlichem Text des Evangelienbuchs gehen vier Widmungsschreiben voraus: zeigt festes Netzwerk der Klöster -

1. Kapitel: Rechtfertigung warum Text auf Deutsch verfasst, programmatische Frage des Kapitels: Cur scriptor hunc librum theotisce dictaverit – „warum der Schreiber dieses Buch auf Deutsch diktiert/geschrieben“ „Warum sollten die Franken nicht in fränkischer Zunge das Lob Gottes singen?“  Infragestellung der dominanten Latinität: Betonung der Gottesfurcht, Kampfesfähigkeiten, Mut der Franken  Preisung der Franken, Verfassen des Textes in Ahd.  Auforderung in Landessprache zu schreiben: jedoch Adressierung an Gelehrte -

Vita Christa gegliedert in 5 Bücher, chronologisch geordnet Harmonisierung der Evangelien (Stoff aus allen vier Evangelien)

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Inhaltsangabe 6

Prof. Dr. Sabine Griese

Sommersemester 2018

Der Liutbertbrief -

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Liutbert (863-889 Erzbischof von Mainz) Vorgesetzter Gotfried: Vorlegung des Textes zur Prüfung Paratext zur Deutung des Evangelienbuchs Grund für Verfassen des Werkes: fratres haben ihn zur Arbeit am Evangelienbuch aufgefordert, auch eine verehrenswerte Dame Judith Aussagen zur deutschen Sprache (das Fränkische) Vergleich des Deutschen und Lateinischen Reflektieren des Deutschen: Charakterisierung als barbarisch, ungeregelt, unkultiviert (keine Grammatik) Aufforderung Lbersetzung der Bibel ins Deutsche und zum Schreiben in Deutscher Sprache darauf folgend: Aussagen zur Deutschen Sprache/Schreibung („Ungelenkheit der deutschen Sprache“, ungewöhnliche Lautung, fehlende Rechtschreibkonvention > Reflektion ist für Mittelalter literaturtheoretische Besonderheit) Formulierung - in Anklang an lateinische Sprache – die Nachteile: Vergleichspunkte: z.B. Versmaß, doppelte Negation, bäuerische Sprache: keine Kultivierung durch Grammatik, Rechtschreibkonvention Deutsch erst später (bei Gottfried von Straßburg) auch als Literatursprache anzusehen, Gelehrten fehlen adäquate Kenntnisse über Volkssprache Angaben zum Inhalt der 5 Bücher

Zusammenfassung -

Arbeit an der Bibel = für Mittelalter Normalität, literarischer und wissenschaftlicher Text, Lbersetzungen in Volkssprachen und Interpretationen > Martin Luther nicht der erste, der Bibel ins Deutsche übersetzt hat 19 deutsche Bibelausgaben vor Luther (nicht nur fragmentarisch) Absicht der Lbertragungen: auch der Laie solle Wort Gottes verstehen können Bereits 9. Jdh. 863-671 Entstehung Otfried von Weißenburg Werk

 Autor Otfried von Weißenburg wird auch zum Schreiber des Textes (teilweise)  Fixierung versus Lberlieferung des Textes (zwei Katgeorien im Mittelalter) (Mittelalterliche Autoren diktieren den Text, den ein Schreiber fixiert. spätere Schreiber kopieren den Text und verbreiten ihn so weiter)

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Sommersemester 2018

Auseinandersetzung mit Situation der Volkssprache, kultureller Anspruch der Franken Widmungsschreiben bildet Rahmen des Evangelienbuch (Volkssprache)

ANTIKE NEU ERZÄHLT Heinrich von Veldeke 12. Jahrhundert einer der ersten Roman-Autoren: Antiken- und Liebesroman gleichzeitig - 1170/80er Jahre Entstehung erster deutscher Romanliteratur - präzise Datierung in dieser Zeit noch nicht möglich, ca. 1180er Jahre: Heinrich von Veldeke: Eneasroman  Stoff der Antike: Wiederaufgreifen und Neu/Wiedererzählung im 12. Jhd.  Antike als Stichwortgeber für mittelalterliche Texte  Neuerzählung alter Stoffe, Rezeption in deutscher Sprache (lateinische, altfranzösische Vorlagen) -

Veldeke: keine persönliche Daten/Informationen, nur Texte überliefert: z.B. Minnesang, einstrophige/spruchartige Texte, Roman über Eneas, - aus Gebiet westlich der Maas (Limburg, heute niederländische Gebiet), Diözese Köln > Veldeker Mühle  Vorstellung in Großer Heidelberger Liederhandschrift: „Her Heinrich von Veldeke“ -

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Hermann von Thüringen war Auftraggeber des Romans: aus Neuenburg an der Unstrut, in der Nähe der Stadt Freyburg > wahrscheinlich auch Ort der Fertigstellung des Werkes

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„in Limburg begonnen, in Ost/Mitteldeutschland beendet“ > Beantwortung Frage später

um 1250: Troja, Zerstörung durch Griechenland > Prägung des abendländischen Bewusstsein  Homer nur als Autor bekannt, Ilias-Werk wurde welthistorische Realität zugeschrieben  6 – 3 Jhd. v. Chr. Auftreten Eneas-Stoff (Stilisierung als Retter von Vater und Sohn sowie der trojanischen Heiligtümer) -

Eneasstof -

Eneas war Thema der römischen Literatur seit dem 3. Jhd. v. Chr. nicht nur Grieche Homer prägte Troja-Mythos, auch Vergil mit römischen Nationalepos (der Aeneis, 29-19 vor Chr. entstanden)

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Vergils Aeneis in zwölf Bücher gegliedert: Textausgabe des mhd. Romans:

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Aufnahme Vergils Aeneis durch Veldeke, jedoch neue, abgeänderte, mittelalterliche Version des Eneas-Stofes im Jhd. Heinrich von Veldeke, Eneasroman. Mittelhochdeutsch/Neuhochdeutsch. Nach dem Text von Ludwig Ettmüller ins Neuhochdeutsche übersetzt, mit einem

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Stellenkommentar und einem Nachwort von Dieter Kartschoke, Stuttgart 1986 – und spätere Auflagen (RUB 8303) Vorlage: altfranzösischer Roman d WEneas (vor 1160, von „Erfinder“ des Artusromasn, ca. 10000 Verse) Aussage Veldeke: angeblich selbstständige Ergänzung aus antiken EneasStoffes, Vergils Aeneis Abänderung z.B. Unterwelt Homers wird zu christlicher Hölle

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MEDIAEVALISIERUNG (Anpassung Stoffe an mittelalterliche Zeit, „Vermittelalterlisierung“) nach Elisabeth Liebnert

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Antikenroman (Rückgriff auf antike Stoffe) Liebesroman (Eneas unglücklich endende Liebe mit Dido, kathargische Königin versus glücklich endende Liebe mit Königstochter in Latinum Lavinia > Romulus und Remus)

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Inhalt: Reise Eneas nach Karthago: Dido verliebt sich augenblicklich in Eneas, leidet minne-Qualen (Darstellung minne als Krankheit > mündet in Veränderung), da Eneas diese nicht erkennt Erinnerung Eneas durch Götter, dass er neues Land gründen muss > Verabschiedung von Dido > Suizid der Dido (doppelter Selbstmord der kathargischen Königin)

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Heldengeschichte und Liebesroman zugleich

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wichtiger Auszug: Dido in Minnequalen

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Dido auf der Jagd: Verbindung von Jagd und Minne (Motiv „erjägen von Liebe“) Sehnsucht Didos nach der Jagd, Beschreibung ihrer Kleidung Aufeinandertreffen mit Eneas: verliebt sich in diesen „Eneas hat die Zügel in der Hand“

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Einzug der minne in die deutsche Literatur

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Vergleich: Dido = Diana (einer der 12 Gottheiten, Tochter des Zeus, Jagdgöttin, Schwester des Apollo) = Signal für schließlich unglückliche minne, Eneas = Apollo - Jagdges...


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