3. Mittelalter PDF

Title 3. Mittelalter
Course Neuere Rechtsgeschichte II
Institution Universität Bern
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3. MITTELALTER: RECHTSBÜCHER, STADTRECHTE,GLOSSEN Es gibt eine Vielzahl von Rechtskreisen  Zwei grosse Oberhäupter: Kaiser und Papst  Zwei Rechtsordnungen: Weltliches Recht und kirchliches Recht o Beide Rechtsordnungen regeln gleiche Bereiche und Beanspruchen Anwendung bei Streitigkeiten, können ...


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3. MITTELALTER: RECHTSBÜCHER, STADTRECHTE, GLOSSEN   







Es gibt eine Vielzahl von Rechtskreisen Zwei grosse Oberhäupter: Kaiser und Papst Zwei Rechtsordnungen: Weltliches Recht und kirchliches Recht o Beide Rechtsordnungen regeln gleiche Bereiche und Beanspruchen Anwendung bei Streitigkeiten, können aber völlig gegensätzlich sein o Dazu auch Rechtswissenschaften beider Ordnungen: Legistik und Kanonistik Der Papst beanspruchte Macht im weltlichen Bereich, genauso wie im rechtlichen Bereich o Jedes Thema, das in der Bibel erwähnt wird, darf auch vom kirchlichen Recht geregelt werden Man konnte (fast) selbst entscheiden, ob man vor ein weltliches Gericht (mit weltlichem Recht) oder vor ein kirchliches Gericht (mit kirchlichem Recht) gehen wollte o Jede Person, die von der Kirche geschützt wurde (Witwen, Arme etc. – wurde sehr weit gefasst) durfte vor ein kirchliches Gericht gehen o Man wählte also aus, welche Rechtsordnung für den eigenen Fall günstiger war Kirchenrecht bestand vor allem aus Entscheidungen der Päpste zu Einzelfällen oder aus Protokollen von Versammlungen der Würdenträger o Durcheinander, es bestand das Bedürfnis nach Klarheit

A. WISSENSCHAFTLICHE BEARBEITUNG DES RÖMISCHEN RECHTS IN BOLOGNOA Studium: Ein allgemeines Studium war ein Studium der freien Künste (Grammatik, Rhetorik, Logik/Dialektik). Es ging also vor allem um die Auslegung und Analyse von Texten; es war eine formelle Interpretation. Geeignete Texte waren Texte der griechischen und römischen Antike. Im 12. Jahrhundert beginnen nun Fachstudien, die auf das allgemeine Studium aufbauen. Das allgemeine Studium war quasi das Einführungsstudium. Die Methodik, die man dort lernte, wurde im Fachstudium weiterverwendet. Im Fachstudium des Rechts wurde also nicht darauf geschaut, was geltendes Recht ist, sondern man schaute sich die antiken Rechtssätze an. Das war besonders das Corpus Iuris Civilis. Das ist bemerkenswert, weil es zu dieser Zeit eigentlich ein fortschrittliches Recht in Bologna gibt. Das Rechtsstudium ist also keine Vorbereitung auf einen juristischen Beruf, es ist völlig zweckfrei. Damit wird nur das Denken in Strukturen geschult.  Der Corpus Iuris Civilis ist Hauptgegenstand des Studiums – er wird Satz für Satz ausgelegt  Der Text gilt als Autorität und wird nicht hinterfragt o Es findet keine Kritik statt, ebenso wenig Berücksichtigung des historischen Kontextes  Glossen = Anmerkungen, ähnlich wie Fussnoten o Ein Text aus der Antike wird Satz für Satz interpretiert o Glossator = Verfasser von Glossen  Probleme: Zeitliche Distanz und Änderungen, die bis da stattgefunden haben 1

Man interessiert sich nur für den Text, nicht für den historischen Kontext o Keine kritische Auseinandersetzung mit dem Text, er wird als in sich geschlossene Einheit gesehen Studenten beendeten ihr Studium, wenn sie genug gelernt hatten oder kein Geld mehr hatten o Sie waren danach oft in der Verwaltung tätig und mussten sich dann aber nach dem geltenden Recht des Ortes richten, nicht nach dem Recht, das sie studiert hatten o Nur wenn es Lücken gab, wurde das Römische Recht zu Rat gezogen (vgl. S. 29 (1) sogenannte Rezeption) Auch das Kirchenrecht konnte studiert werden (vgl. unten B. Kirchenrecht); viele Studenten studierten beides zusammen. (Im Unterschied zu den römischen Texten ging es im Studium des Kirchenrechts um geltendes Recht.) o





I. VERTRÄGE Accursius, Glosse zu Digesten 2, 14, 7 (S. 18), S. 28   

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Nackte Vereinbarung = Es fehlt die Form der Stipulation oder sonst irgendeiner Form Der Konsens ist ein zu dünnes Kleid, das reicht nur für bestimmte Geschäfte Er übernimmt die Meinung aus dem Corpus Iuris Civilis 1:1, man stellt die Texte aus der Antike nicht in Frage. Es wird keine allgemeine grundsätzliche Ausführung oder Analogie dazu gemacht. Die Quelle war die Autorität, sie wurde nicht hinterfragt oder kritisiert (obwohl das römische Recht schon längst untergegangen war; in der Universität bekam das römische Recht nun wieder Bedeutung). Diese Art der Rechtswissenschaft war also nicht dazu geeignet, einen Schritt Richtung Vertragsfreiheit zu tun; man bleibt genau da stehen, wo auch schon die Römer stehen blieben Das entsprach nicht der Realität zu dieser Zeit; in Städten, wo Handel betrieben wird wie in Bologna, gab es schon längst Vertragsfreiheit. Das hindert die Rechtswissenschaftler aber nicht daran, bei den Bildern aus der Antike stehen zu bleiben. Es bringt keine inhaltliche Veränderung und bringt auch nicht die Realität dieser Zeit zum Ausdruck.

II. EIGENTUM: 1. DIE LEHRE VOM GETEILTEN EIGENTUM Bartolus de Sassoferrato, Anmerkung zu Digesten 41, 2, 17, 1: Eigentumsdefinition   

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Schon eher Kommentarfunktion, er versucht die Quelle nun etwas allgemeiner auszuführen Definition Eigentum: Umfassende Verfügungsmöglichkeit Er stellt sich die Frage, wie viele Arten von Eigentum es gibt o Bei uns gibt es nur eine Art von Eigentum: Das Volleigentum o Er meint, es gibt zwei Arten: Ober- und Untereigentum. Das beweist er anhand von antiken Quellen (und nicht etwa an den tatsächlichen Zuständen zu dieser Zeit in Bologna) o Vgl. Erbpacht S. 20: Ein beschränktes dingliches Recht am Grundstück, das nicht einfach entzogen werden kann – man ist nicht Eigentümer, aber man hat eine gesicherte Nutzungsmöglichkeit und hat die dingliche Klage (Art. 641 II ZGB S. 8)

Der Erbpächter hat einen Abwehranspruch gegen andere Personen, die ihm die Sache entziehen wollen; er muss nicht warten, bis der Eigentümer tätig wird Bartolus hat nun etwas missverstanden: Er meint, wenn der Erbpächter das Recht auf eine dingliche Klage hat, muss er auch Eigentümer sein.  Dieser Fehler hängt auch mit der Art zusammen, wie Quellen interpretiert wurden: Satz für Satz und ohne Kontext  Er erkennt die Struktur vom beschränkten dinglichen Recht nicht und meint, dass auch der Inhaber von beschränktem dinglichem Recht ein Eigentümer ist; er erkennt aber immerhin, dass es Unterschiede zwischen dem tatsächlichen Eigentum (für ihn Obereigentum) und dem beschränkten dinglichen Recht gibt (für ihn Untereigentum)  Inhaber von beschränkten dinglichen Rechten haben nicht volle Verfügungsfreiheit Ein Grundstück konnte seiner Meinung also zwei Eigentümer haben, denen unterschiedliche Rechte zukamen: Daraus ergibt sich die Rangfolge:  Obereigentümer: Hat Recht an der Substanz der Sache  Untereigentümer: Hat vererbliche Nutzungsbefugnis Dieses Missverständnis entwickelt nun ein Eigenleben! Das Oberund Untereigentum findet (mit zeitlicher Verzögerung) Eingang in die Praxis. 

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2. EIN PRAKTISCHER ANWENDUNGSFALL: LEHENSGÜTER Das Missverständnis von Bartolus findet hier Anwendung; daran merkt man, dass die theoretischen Auseinandersetzungen doch auch Einfluss auf die Realität hatten. Lehnsverhältnis:   

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Rechtsverhältnis zwischen zwei Personen. Eine Person gibt das Lehen (Lehnsgeber, Lehnsherr), die andere erhält das Lehen (Lehnsnehmer, Vasall). Das Rechtsverhältnis geht in zwei Richtungen: o Eine persönliche Seite: das Treueverhältnis (Treuepflicht des Vasallen gegenüber dem Herrn; militärische Unterstützung und später die Pflicht zur Beratung)  Der Lehnsherr hat aber auch eine Schutzpflicht dem Vasallen gegenüber  Der Vasall bleibt durch das Lehnsverhältnis trotzdem eine freie Person o Eine dingliche Seite: die Besitzübertragung an den Vasallen Durch die Besitzübertragung hat man das Recht an der Nutzung Meist waren die Lehnsgüter Grundstücke, später aber auch Ämter und Rechte Politische Bedeutung: Herrscher konnten so Untertanen an sich binden und zu Treue verpflichten Untereigentum für Vasall, Obereigentum für den Lehnsherrn. Die missverständliche Interpretation von Bartolus findet hier also Anwendung! Folge: Keiner der beiden «Eigentümer» hat volle Verfügungsmacht, beide brauchten jeweils die Zustimmung des Anderen für Veräusserungen (vgl. S. 30 Konstitutionen)

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Widerspruch zum Kerngehalt des Eigentums: Verfügungsfreiheit Keiner von beiden hat volle Verfügungsfreiheit

Die folgenden Quellen sind Einzelregelungen von Lehnsverhältnissen von den Lehnsherren. Brief des Mailänder Konsuls an seinen Sohn (der Jus studierte und darum Interesse an den Gewohnheiten hatte), S. 29 Der Sohn studiert Jura in Bologna. Er fragt den Vater, wie es in der Praxis aussieht und der Vater schickt ihm Briefe über reale Rechtsverhältnisse. Dieser Brief hat keinen Rechtscharakter.  Besitzeinräumung an einem Grundstück  Eine höherstehende Person überträgt einer anderen Person die Nutzungsbefugnis an Grund und Boden. Es ist keine Schenkung, man erwartet eine Gegenleistung (8). Die Gegenleistung besteht in einem Treueeid: Man verpflichtet sich, den Herrn zB in Kriegszeiten zu unterstützen.  Gerichtsverhandlung in Lehnssachen: Streitigkeiten zwischen Vasallen und Lehnsherrn  (1) Was ist die Rechtsgrundlage bei solchen Streitigkeiten? o Langobardische Gesetze: Das Recht, was hier am Ort (Mailand) gilt (≠ Stammesrecht) o Gewohnheit der Gegend: Nicht aufgeschriebenes Gewohnheitsrecht; es gibt eine Vielzahl von Gewohnheitsrecht und zahlreiche Regeln, die in der Gemeinschaft so bekannt und anerkannt sind, dass sie nicht aufgeschrieben werden müssen o Römisches Recht: Das römische Recht kannte noch gar kein Lehensrecht; bemerkenswert.  Römisches Recht ist nur subsidiär zu beachten! (vgl. Rezeption unten)  (2) Lehen sind nur an Grundstücken möglich und durch Investitur oder Sukzession zu erlangen  (3) Investitur = Besitzeinräumung  (8) Es muss ein Treueeid geleistet werden (Lehen = «Feudum» = Treue)  (12) Nach Investitur und Treueeid muss der Lehnsherr den Lehnsnehmer in Besitz setzen, sonst muss er ihm den Schaden erstatten Rezeption (1): «Das Römische Recht hat nicht die Kraft, die geltenden Gesetze des Ortes zu verdrängen.» – Es hat aber trotzdem eine gewisse Autorität: Dort wo es Lücken im örtlichen geltenden Recht gab, konnten die studierten Juristen das Römische Recht, das sie in der Universität lernten, zu Rate ziehen und anwenden  Geltendes Recht: Lokales Recht (z.B. Stadtrechte, Gewohnheiten), nach dem Streitigkeiten entschieden werden. Es sind aber meist keine umfassenden Kodifikationen, darum gibt es oft Lücken.  Bei Lücken im lokalen Recht: Heranziehung einzelner Lehren des römischen Rechts. Es ist also punktuell und subsidiär; je nach Ort gibt es also mehr oder weniger Lücken und mehr oder weniger Anwendung des römischen Rechts. o Ius commune = (all)gemeines Recht  = römisches Recht in der Bearbeitung durch die mittelalterliche Rechtswissenschaft, auch mit allen Missverständnissen und teilweise mit Verflechtungen von römischen und kanonischen Rechtsätzen. 4





Die lokalen Rechte (spezielles Recht, Partikularrecht) gehen dem allgemeinen Recht vor; nur wenn in den jeweiligen Statuten nichts geregelt war und auch keine Rechtsgewohnheit bekannt war, konnte man auf das gelehrte Recht (ius commune) zurückgreifen. Diesen Vorgang der subsidiären Berücksichtigung des ius commune nennt man Rezeption.

Edictum de beneficiis, S. 30  Das Lehn wird weitervererbt Konstitutionen Friedrichs S. 30 

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Beschränkung: Zur Veräusserung braucht der Lehnsnehmer die Genehmigung des Lehnsherrn, aber auch andersrum (hier: Genehmigung des Königs/Kaisers) Es ist also ein gesichertes Recht Keiner von beiden hat die volle Verfügungsfreiheit

B. KIRCHENRECHT Corpus Iuris Canonici, S. 30  Der Mönch Gratian aus Bologna fasste das kirchliche Recht (die Papstentscheidungen) nun zusammen und gliederte es (Buch Decretum Gratiani, Teil des Corpus Iuris Canonici)  Er leitet allgemeine Grundsätze aus den Entscheidungen ab und macht inhaltliche Zusammenfassungen  Ursprünglicher Titel: Übereinstimmung scheinbar nicht übereinstimmender Kirchenrechtssätze – er vertrat also die Auffassung, dass die wissenschaftliche Bearbeitung von Rechtssätzen Widersprüche auflösen sollte  Neben der weltlichen Rechtswissenschaft (Legistik) gibt es nun auch eine kirchliche Rechtswissenschaft (Kanonistik) – es gab viele Personen, die Legistik und Kanonistik gleichzeitig studierten o Das hatte Folgen für die Lückenfüllung: Die studierten Juristen benutzten nun nicht mehr nur das bearbeitete römische Recht zum Lückenfüllen, sondern auch Regeln aus der Kanonistik  Später kam ein neuer Teil dazu: Liber Extra (alles, was ausserhalb des Descretum Gratiani liegt) und kurz darauf noch mehr I. EHE: Corpus Iuris Canonici, Liber Extra 4, 4, 3, S. 30  



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Von Papst Alexander III (er war selbst gelehrter Jurist) Beantwortung einer konkreten Anfrage, eigentlich kein allgemeiner Rechtssatz, sondern eine Entscheidung eines Einzelfalls o Solche Entscheidungen des Papstes wurden aber oft verallgemeinert Eheschliessungsfreiheit? o Konsens der Eheleute = freie Einwilligung, kein Zwang  Vgl. Römische Antike S. 17: Konsens macht die Ehe  Vgl. Stammesrechte S. 24: Brautkauf, Vertrag zw. Ehemann und Brautvater o Es ist bemerkenswert, dass der Papst sich zu dieser Zeit nun gegen die Stammesrechte und andere Meinungen wendet und für Eheschliessungsfreiheit entscheidet  Andere Meinung (Vorgänger von Alexander): Ehe ist erst durch Vollzug gültig o Man kann dann nicht noch ein zweites Mal heiraten

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Formanforderungen: Anwesenheit eines Priesters oder Notars und Zeugen. o Zudem müssen gewissen Worte gesprochen werden (Formeln) Fazit: Die Kirche geht nun einen Schritt Richtung Eheschliessungsfreiheit

II. VERTRÄGE: Corpus Iuris Canonici, Liber Extra 1, 35, 1, S. 31   

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Die Legitimation für eine Regelung der Verträge wird aus der Bibel gezogen (zB Wucherverbot), dadurch sieht die Kirche sich dafür zuständig Die Kirche distanziert sich vom Typenzwang Nackte Verträge (vgl. S. 18 und 28: Nackte Verträge reichen grundsätzlich nicht; der alleinige Konsens reicht nur bei bestimmten Vertragsarten) o Die Kirche sagt nun das Gegenteil: Nackte Verträge sind einzuhalten o «Pacta sunt servanda» = Verträge sind einzuhalten (wenn man etwas versprochen hat, muss man es auch einhalten)  Dieser lateinische Grundsatz kommt also nicht aus dem römischen Recht, sondern aus der Kanonistik im Mittelalter  Die Grundlage ist eine Passage aus der Bibel (Sprüche Salomos): Man ist durch Worte gefangen = man muss sich daran halten  Jede Vereinbarung ist einklagbar, auch nackte (= formlose; reiner Konsens) o Zudem soll der Friede dadurch gewahrt werden Hält man sich nicht an eine Vereinbarung, bekommt man die Kirchenzucht zu spüren – Sanktion dafür, sich nicht an sein Wort zu halten Fazit: Wie bei der Ehe wieder ein Schritt Richtung freie Gestaltungs- und Verfügungsmöglichkeit o Einschränkung aber zB durch das Wucherverbot

III. LETZTWILLIGE VERFÜGUNG: Corpus Iuris Canonici, Liber Extra 3, 26, 10, S. 31  



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Das Testament hängt eng mit dem Glauben zusammen (wurde meist auf dem Sterbebett mit anwesendem Priester verfasst), darum fühlt die Kirche sich ermächtigt, dazu Regelungen zu erlassen Das Testament wird als gültiges Rechtsinstitut angesehen o Anders als bei den Stammesrechten, wo grundsätzlich alles in der Familie blieb Form der letztwilligen Verfügung: Wie viele Zeugen müssen anwesend sein? o Vgl. Römische Antike S. 21: Schriftlich & geheim, 7 Zeugen für den Akt der Errichtung o Der Papst erzählt vom weltlichen Stadtrecht in Ostia, wo es 5 oder 7 Zeugen braucht o Er meint nun aber, dass in der Bibel steht: Zwei oder drei Zeugen genügen o Er erleichtert damit die Testamente; auf dem Sterbebett drängt die Zeit und vielleicht findet man so schnell nicht mehr so viele Zeugen  Würde man mit solch einem Testament vor ein weltliches Gericht gehen, würde es aber nicht anerkannt werden o Vgl. Stammesrechte S. 25/26: Schenkungen für das Seelenheil. Gläubige sollten etwas für ihr Seelenheil tun können. Das war nicht ganz uneigennützig von der Kirche.

Auch hier denkt die Kirche nicht ganz uneigennützig: Beim Sterbebett ist meist ein Priester anwesend; die Kirche wird im Testament dann bestimmt etwas bekommen.  Vgl. Römische Antike S. 21: Genau das Gegenteil von dem was dort versucht wurde, in Rom wollte man den Druck durch Geheimhaltung nehmen  Vgl. ZGB 503 S. 10: Zeugen und anwesender Beamter dürfen in Testament nicht bedacht werden o Durch die Erleichterung erlangt also auch die Kirche Vorteile. o Auch Schenkungen für das Seelenheil waren nun in Form der letztwilligen Verfügung möglich (früher mussten Schenkungen für das Seelenheil noch zu Lebzeiten erfolgen) Die Kirche besass durch die Schenkungen für das Seelenheil viele Grundstücke; damit verbunden besass sie auch Unfreie, die zum Grundstück gehörten. Da die Bibel aber Unfreie verbot, war dies etwas problematisch und es gab keine Regelungen dazu. o



C. RECHTSBÜCHER UND STADTRECHTE (AB 12./13. JAHRHUNDERT) 

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Stadtrecht: Es werden erste Städte gegründet; damit kommt ein neuer Rechtsbereich hinzu. o Grund für die Gründung von Städten: Man will Märkte austragen und Handel treiben. Sie wurden meist an Schnittstellen von Handelsstrassen gegründet. o Es brauchte eine Genehmigung eines hohen Beamten für die Gründung; dieser war dann auch der Stadtherr. o Gründungsdatum: Der Stadtherr verleiht den Bürgern das Stadtrecht (ein Rechtsakt) o Das Stadtrecht: Noch keine Kodifikation, es gibt ein bisschen von allem (alles, was für eine Stadt wichtig erscheint – man muss ein neues Recht erschaffen). Landrecht: Im ländlichen Bereich wurde oft mit ungeschriebenen Rechtssätzen gearbeitet; es gibt aber sogenannte Rechtsbücher – Aufzeichnungen von geltendem Recht durch Privatpersonen. Teilweise waren die Rechtsnormen auf dem Land genau entgegengesetzt von denjenigen in der Stadt

Sachsenspiegel S. 32  Landrecht  Rechtsbuch: Erstmals schriftliche Aufzeichnung des geltenden Rechts auf dem Land; blosse Aufzeichnung des geltenden Rechts und keine Rechtsetzung!  Aufzeichnung einer Privatperson; kein amtlicher Auftrag, Schreiber ist kein Gesetzgeber  Spiegel: Das Recht soll allgemein bekannt gemacht und den Leuten wie ein Spiegel vorgehalten werden  Sprache: Deutsch, damit alle es verstehen  Vgl. auch Rechtsbuch Schwabenspiegel (galt auch in der Schweiz), zb S. 36 Berner Handfeste, S. 32  Stadtrecht  Nach diesem Recht lebte man in der Stadt Bern  Handfeste: Symbolischer Akt, mit dem das Recht bekräftigt wurde  Unfreie sollen frei gemacht werden, es gibt keine Dienstzwänge mehr 7

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Ausnahme: Zinse auf Häusern – diese sollen Freiheit für die Zukunft gewährleisten. Zinspflichtige waren aber quasi Unfreie, wenn auch nicht absolut.

I. GESTALTUNGSFÄHIGE PERSONEN Die rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten einer Person hingen sehr von ihrem Status (Stand, Religion, Geschlecht) ab. UNFREIE: LÄNDLICHER BEREICH  

Nur wenige Personen waren gestaltungsfähig (vor allem die Familienväter) Es gab Unfreie, die zwar nicht ganz so rechtslos wie die Sklaven aus der Antike waren, aber noch immer gewisse Einschränkungen erdulden mussten

Sachsenspiegel, S. 33 Christlich geprägtes Weltbild, wir sind aber im weltlichen Bereich. Trotzdem keine klare Trennung zwischen Recht und Gott.  Man leitet Rechtssätze von christlichen Aussagen ab o 1.: Der Gedanke der Gleichheit: Alle Menschen sind von Gott erlöst worden, es gibt also keinen Unterschied zwischen den Menschen. Alle stehen auf der gleichen Stufe, egal wie reich oder arm sie sind.  Bemerkenswert, da vorher Unfreie zum Alltag gehören o 2.: Hier wird das Recht der Dienstmannen (= Unfreien) nicht geregelt, weil es überall unterschiedlich ist und jeder Herr seine eigenen Regeln aufstellt. o 3.: Gedanke der Freiheit. Das ist aber bloss ein Idealbild, das auf die Bibel abgestützt wird. Trotzdem sieht der Alltag anders aus und die Rechtsstellung hängt sehr stark von der Stellung in der Gesellschaft ab.  Es wird in der Bibel ein Beleg dafür gesucht, dass es unfreie Menschen gibt – aber im Ergebnis gibt es keine Legitimation für Unfreie in der Bibel.  Grund: M...


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