Begleitseminar Sozialgeschichte Aufgabe Mittelalter Pietismus PDF

Title Begleitseminar Sozialgeschichte Aufgabe Mittelalter Pietismus
Course Einführung in die Sozialgeschichte/Grundlagen des Bildungs- und Sozialwesens
Institution Technische Universität Dortmund
Pages 3
File Size 107.9 KB
File Type PDF
Total Downloads 89
Total Views 129

Summary

Sommersemester 2019
...


Description

Angelina Schmidt Seminar: Begleitseminar zur Vorlesung „Einführung in die Sozialgeschichte“

Vorstellungen von Kindheit und Praktiken im Umgang mit Kindern vom Mittelalter bis zum Pietismus

Kennzeichnend für das Mittelalter und das damit verbundene Kindheitsbild gilt die These, dass die Kindheit als eigenständige Phase nicht angesehen oder anerkannt wurde. Widerlegt wird diese Aussage durch die historischen Schriften aus dem Mittelalter, die belegen dass die einzelnen menschlichen Lebensphasen unterschieden und unterteilt wurden. Die Kindheit beinhaltet Merkmale wie die emotionale Zuwendung, Pflege sowie Ausbildung (vgl. Folie). Im Mittelalter gilt die Fürsorge des Kindes und das Stillen mit der mütterlichen Brust als wichtiges Merkmal. Dabei gelten auch für die damalige Zeit von großer Bedeutung werdenden „Normen“, die die Ernährung am Mutterleib als einen wichtigen Prozess kennzeichnet. Verstößt die Mutter ihr Kind oder weigert sich es zu ernähren, wird diese gesellschaftlich negativ dargestellt oder als „Kindesmörderin“ aufgefasst (vgl. Arnold 1980, S. 101). Ein liebevoller Umgang, mütterliche Zuneigung sowie die Sorgfalt und Pflege des Kindes gelten als wichtige Werte. Abneigung und Entfremdung gegenüber des Kindes wurden als sündigende Handlungen aufgefasst, wodurch das religiöse Denken der Menschen hervorgehoben wird (vgl. ebd.). „Denn Mütter behandeln ihre Nachgeborenen Kinder mit ganz besonderer Zuneigung“ (ebd. S.103). Auch die Kinder verspürten Drang nach Liebe und Zuwendung der Mutter als eine wichtige Bezugsperson. Es ist klar festzustellen, dass diese Liebe der Mutter als Notwendigkeit gesehen wurde und auch für die Kinder von großer Bedeutung war. Somit ist festzustellen, dass die Kindheit bereits im Mittelalter als eigenständige Phase angesehen wird und große Aufmerksamkeit und Anerkennung bekommt. Es wird deutlich, dass die Kindheit durch deutliche Labilität und Angewiesenheit der Kinder auf ihre Bezugspersonen und insbesondere auf die Mütter gekennzeichnet ist. Die Rolle der Mutter bekommt dadurch eine große Bedeutung, zum einen durch die Ernährungsfunktion und zum anderen durch die emotionale Zuwendung. Die Kindheitsphasen wurden mit den Begriffen „infantia“, „pueritia“ und „adolescentia“ unterteilt ( Arnold 1996, S. 140). Jungen auf dem Land wurden früh in die Arbeitsprozesse miteinbezogen und näherten sich so bereits der Arbeitswelt an. Mädchen hingegen blieben länger im elterlichen Haushalt, um sie so auf ihre spätere Frauenrolle als Hausfrau und Mutter bzw. Ehefrau vorzubereiten. Die Strafmündigkeit galt zu damaligen Zeit ab 7 Jahren. Was die Kindheitsphase hervorhebt und die These der fehlenden Zuneigung der Eltern widerlegt, ist die Tatsache, dass Eltern bei dem Tod ihrer Kinder trauerten und sich um die Beerdigung kümmerten. Die Aussage der Gleichgültigkeit trifft somit nicht zu, da die

Stellung des Kindes im Mittelalter zeigt, dass diese viel Aufmerksamkeit erhielten (vgl. ebd. S. 142). Auch die Kindestötung wurde nicht geduldet und schwerwiegend bestraft. Ebenso kennzeichnend für die Kindheitsphase ist das Spielen, was auch im Mittelalter vertreten war. Wichtige Merkmale für die Sozialisation von Kindern waren die geschlechtsspezifischen Unterschiede, die durch die Trennung von Sphären der beiden Geschlechter deutlich wurden. Demnach wurde die Geburt eines Jungen als Stammeshalter (vgl. ebd. S. 144) als bedeutender eingeschätzt, als die eines Mädchens. Ebenso wurde die weibliche Arbeitsteilung als geringer bedeutend eingeschätzt. Diese Aspekte werden in die Sozialisation der Kinder miteinbezogen und besonders im Spiel vermittelt. „Typisch“ weibliche bzw. männliche Tätigkeiten und Verhaltensweisen werden im Prozess des Spielens vermittelt.

Durch den Eintritt der Reformbewegung des Pietismus im 17. und 18. Jahrhundert veränderte sich das Bild des Kindes. Ein wichtiger Vertreter ist dabei Francke, der Erziehungsreformen formuliert. Sein Kindheitsbild beschreibt, dass Kinder zwar mit der Erbsünde belastet sind, jedoch nicht vom Teufel besessen sind und lehnt daher die für die damalige Zeiten aktiven magischen Handlungen zur Austreibung des Teufels aus dem Kind ab. Auch beschreibt Francke, dass Kinder anfällig für „phantastische Geschichten (Märlein) sind (vgl. Jacobi 1997, S.34) und strebt eine allgemeine Loslösung von magischen Vorstellungen ab. Das Bild des Kindes im späten 17. Jahrhundert beschreibt eine Auslieferung des Bösen genau wie bei Erwachsenen. Dies ist durch ein negatives Menschenbild geprägt. Francke unterstützt den Glauben, dass das Kind durch die Erbsünde verdorben wird, jedoch durch die Erziehung zum Heil verholfen wird (vgl. ebd. S. 35). Auch ist für Francke die Gehorsamkeit der Kinder von großer Bedeutung, da diese sich so nach ihren Eltern und Vorgesetzten richten und leichter erziehen lassen. Außerdem ist eine erfolgreiche Erziehung laut Francke nicht mehr von dem gesellschaftlichen Stand abhängig. Es ist von großer Bedeutung die individuellem Unterschiede der Kinder zu beachten, um diesen zu einem christlichen Leben zu verhelfen. Die Erziehung ist demnach eine christliche Aufgabe. Für Francke muss die Erziehung an das jeweilige Alter geknüpft werden. Kleine Kinder benötigen zum Beispiel feste Regeln und Vorgaben, wie sie sich verhalten müssen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Francke allgemein von einem göttlichen Menschenbild ausgeht. Die Menschen sind jedoch von negativen Eigenschaften wie Erbsünde, Sündhaftigkeit und einer allgemeinen verdorbenen Natur geprägt. Kinder wurden in gut oder schwer erziehbar getrennt und waren zum einen zwar zur Verführung zum Bösen als auch zur Bildbarkeit zum Guten gekennzeichnet. Die dafür vorgeschlagenen Lösungen sind kindliche Disziplin, strenge Zucht und ständige Beobachtung durch Lehrer sowie das Brechen des Eigenwillens. Als Erziehungsziel sieht Francke somit die Ehre Gottes und beschreibt als wichtige Aufgabe das Lesen der Gebete.

Allgemein wird somit im Pietismus die Religion als zentrales Bezugssystem verstanden. Francke beschreibt die Menschen als Sünder und sieht als Lösung für dieses Problem die Erziehung zum Göttlichen an.

Literaturverzeichnis Arnold, Klaus (1980): Kind und Gesellschaft im Mittelalter und Renaissance. Beiträge und Texte zur Geschichte der Kindheit. Paderborn: Schöningh, München: Lurz (= Sammlung Zebra: Reihe B, Bücher für d. Ausbildung und Weiterbildung d. Erzieher; Bd.2), S. 100-106. Arnold Klaus (1996): Familie – Kindheit – Jugend. In: Hammerstein, Notker (Hrsg.): Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte. Von der Renaissance und der Reformation bis zum Ende der Glaubenskämpfe. München: C. H. Beck, S. 139-144. Jacobi, Juliane (1997): Das Bild vom Kind in der Pädagogik August Hermann Franckes. Kinderbilder und Kindheit. In: Schulen machen Geschichte. 300 Jahre Erziehung in den Franckeschen Stiftungen zu Halle. [Ausstellung Schulen Machen Geschichte: 300 Jahre Erziehung in den Franckeschen Stiftungen zu Halle. Ausstellung im Hauptgebäude der Franckeschen Stiftungen Halle (Saale) vom 11. Mai 1997 bis 1. Februar 1998]. Halle, Saale: Verl. der Franckeschen Stiftungen, S. 29-40....


Similar Free PDFs