Mord (§ 211) - Prüfungsschema und detailliertes Skript PDF

Title Mord (§ 211) - Prüfungsschema und detailliertes Skript
Course Strafrecht IV, Besonderer Teil des Strafrechts II
Institution Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
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Prüfungsschema und detailliertes Skript...


Description

§ 211 StGB - Mord

Gebot der restriktiven Anwendung

Grund: Verhältnismäßigkeit Schwere der Tat ↔ absolute Strafandrohung

Verhältnis von Mord (§ 211 StGB) und Totschlag (§ 212 StGB) • Literaturansicht (im Ergebnis die richtige und zu vertretene Ansicht) = § 211 StGB stellt eine Qualifikation zu § 212 StGB als Grunddelikt dar • Rechtsprechungsansicht: = § 211 StGB und § 212 StGB sind selbstständige Tatbestände → Begründung: Anknüpfung an die NS-Tätertypenlehre: „Mörder“ und „Totschläger“

Mordmerkmal-Gruppen

1. Gruppe: täterbezogene / subjektive Mordmerkmale → ein Mensch wird aus besonders verwerflichem Beweggrund getötet • Mordlust • Befriedigung des Geschlechtstriebs • Habgier • niedrige Beweggründe (Auffangtatbestand) 2. Gruppe: tatbezogene / objektive Mordmerkmale → ein Mensch wird auf besonders verwerfliche Art und Weise getötet • Heimtücke • Grausamkeit • gemeingefährliche Mittel 3. Gruppe: täterbezogene / subjektive Mordmerkmale → ein Mensch wird zu einem besonders verwerflichen Zweck getötet • Ermöglichungsabsicht • Verdeckungsabsicht

Prüfungsschema zum vollendeten Mord (§§ 212, 211 StGB) A. Tatbestandsmäßigkeit

I. Objektiver Tatbestand

1. Erfolgseintritt = Tötung eines anderen Menschen (obj. Tatbestand von § 212 StGB) → beachte auch die Kausalität & objektive Zurechnung 2. Prüfung der tatbezogenen Mordmerkmale → Prüfungspunkt entfällt, wenn keine tatbezogenen Mordmerkmale in Frage kommen

II. Subjektiver Tatbestand 1. Vorsatz i.S.d. § 16 I 1 e.c. StGB → bzgl. I. 1. in jedem Fall; bzgl. I. 2. nur, wenn diese einschlägig 2. Prüfung der täterbezogenen Mordmerkmale → Prüfungspunkt entfällt, wenn keine täterbezogenen Mordmerkmale in Frage kommen

B. Rechtswidrigkeit

C. Schuld

Prüfungsschema zum versuchten Mord (§§ 212, 211, 22 StGB) A. Vorprüfung

1. keine (dem Täter zurechenbare) Vollendung der Tat

2. Strafbarkeit des Versuchs gemäß der §§ 212 I, 211, 23 I, 22, 12 I StGB

B. Tatbestandsmäßigkeit

I. Tatentschluss (subjektiver Tatbestand) 1. Vorsatz bezüglich

a. der Tötung eines anderen Menschen • Kausalität • objektive Zurechnung b. den tatbezogenen Mordmerkmalen → Prüfungspunkt entfällt, wenn keine tatbezogenen Mordmerkmale in Frage kommen 2. täterbezogene Mordmerkmale → Prüfungspunkt entfällt, wenn keine täterbezogenen Mordmerkmale in Frage kommen

II. unmittelbares Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung (objektiver Tatbestand)

C. Rechtswidrigkeit

D. Schuld

Kurzüberblick Mordmerkmale

Mordmerkmal

Definition

Besonderheiten

1. Gruppe (täterbezogen): Tötung aus besonders verwerflichem Beweggrund aus Mordlust tötet, wem es allein darauf ankommt, einen Menschen sterben zu sehen Mordlust

Art des erforderlichen Vorsatzes (also insbesondere derjenige

dolus directus

Täter, der aus Freude an der Vernichtung eines Menschenlebens handelt) zur Befriedigung des Geschlechtstriebes tötet aner-

Befriedigung des Geschlechtstriebs

kanntermaßen, wer im Tö-

Opfer muss immer auch als Be-

tungsakt selbst geschlechtli-

zugsobjekt der Sinnenlust an-

che Befriedigung sucht (Lust-

gegriffen werden

mord), wer tötet, um danach seine sexuelle Lust an der

kein räumlich-zeitlicher Zusam-

Leiche zu befriedigen oder

menhang erforderlich

wer die Tötung seines Sexu-

auch das Aufzeichnen des Mordes

alobjekts zumindest in Kauf

zur späteren Befriedigung wird er-

nimmt, um typischerweise den fasst Geschlechtsverkehr durchführen zu können

Mordmerkmal

Definition

Besonderheiten Sonderfälle 1. Tötung zur Erlangung eines rechtmäßigen Vorteils • h.M.: Habgier (-) = da der Täter keinen „echten“ Zugewinn anstrebt • a.A.: Habgier (+) = da der Besitz einer Sache mehr wert ist als der Anspruch auf sie und es für das „über Leichen gehen“ nicht

ein ungezügeltes und rücksichtsloses Streben nach Habgier

Vermögensvorteilen (Größe des materiellen Vorteils ist irrelevant) um den Preis eines Menschenlebens

auf Rechtmäßigkeit ankommt

2. Ersparung von Aufwendungen / Vermeidung von Verlusten (Tatbeute) • h.M.: Habgier (+) = die Verwerflichkeit der Tat ist nicht von der Art des Vorteils abhängig, deshalb Habgier (+) • a.A.: Habgier (-) = der Täter muss ein „tatsächliches Mehr“ erstreben 3. Habgier im Motivbündel unter mehreren Beweggründen muss die Habgier der tatbeherrschende und bewusstseinsdominante Beweggrund sein

Mordmerkmal

Definition

Besonderheiten Prüfungsvorgehen Gesamtwürdigung aller Tatumstände, der Lebensverhältnisse und der Persönlichkeit des Täters

Gefühlsregungen ein Beweggrund ist dann nied- (Zorn, Wut, Rache, Hass, etc.) aus niedrigen Be- rig, wenn er nach allgemeiner weggründen

sittlicher Wertung auf tiefster

Beweggründe in Betracht, wenn

Stufe steht und deshalb be-

sie ihrerseits selbst auf niedrigen

sonders verachtenswert ist

Beweggründen beruhen (also menschlich nicht nachvollziehbar

Auffangcharakter niedrige Beweg-

kommen nur dann als niedrige

Leitlinie:

sind)

gründe, die zugleich die niedrige Gesinnung eines spezielle täterbezo- Beweggrundes wird durch

verdeckungsnahe Beweggründe

gene Mordmerkma- eine hemmungslose, triebhaf-

• Tötung von Polizisten zur Er-

le erfüllen und de-

te Eigensucht oder rücksichts-

möglichung einer Flucht

nen darüber hinaus losen Egoismus gekennzeich- • Tötung zur Verdeckung nichtkein weiterer Un-

net, wenn die Verwerflichkeit

strafbaren, aber verwerflichen

rechtsgehalt zu-

also über die einer „normalen“

Fehlverhaltens

kommt, werden von Tötung hinausgeht diesen speziellen

Berücksichtigung fremder Wert-

Mordmerkmalen

(ist ein Verhalten irgendwie

vorstellungen

verdrängt

begreiflich / nachvollziehbar,

• h.M.: nicht zu berücksichtigen

lässt das an der Niedrigkeit

die Beurteilung eines Beweg-

zweifeln)

grundes hat allein auf der Grundlage unserer Rechtsgemeinschaft zu erfolgen • a.A.: zu berücksichtigen Mordmerkmal verlangt Gesamtwürdigung, also auch die Persönlichkeit des Täters

2. Gruppe (tatbezogen): Tötung auf besonders verwerfliche Art und Weise

Mordmerkmal

Definition

Besonderheiten

Heimtücke heimtückisch handelt, wer in feindseliger Willensrichtung die Arg- und Wehrlosigkeit seines Opfers bewusst zur Tötung ausnutzt Arglosigkeit arglos ist, wer sich bei Beginn des ersten, mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs (Zeitpunkt i.S.v. § 22 StGB) keines erhebliches tätlichen Angriffs auf sein Leben oder seine körperliche Unversehrtheit Heimtücke

versieht Wehrlosigkeit wehrlos ist, wer infolge seiner Arglosigkeit zur Verteidigung nicht im Stande oder in seiner natürlichen Abwehrbereitschaft stark eingeschränkt ist

Ausnutzungsbewusstsein wenn dem Täter bewusst ist, dass er einen durch seine Arglosigkeit schutzlosen Menschen überrascht und diese Situation gerade für die Tatausführung ausnutzt

siehe unten

Mordmerkmal

Definition

Besonderheiten Hauptfallkonstellationen

grausam tötet, wer seinem Opfer aus unbarmherziger Gesinnung heraus besondere Schmerzen oder Qualen körperlicher oder seelischer Art zufügt, die über das zur Tötung erforderliche Maß hinGrausamkeit

ausgehen

• Zufügen „unnötiger“ Schmerzen • Wahl eines „grausamen“ Tötungsmittels, weil irrige Annahme, dass dies das einzig verfügbare sei Wann muss die „Grausamkeit“ erfolgen? vor dem Abschluss der den Tod verursachenden und vom Tö-

(erfasst werden sowohl die „unnötigen“ Qualen vor dem Tod, als auch die Wahl eines für sich genommen besonders schmerzvollen Tötungsmittels)

tungsvorsatz getragenen Handlung die grausame Tatausführung muss in objektiver und subjektiver Hinsicht Bestandteil der Tötungshandlung sein

Mordmerkmal

Definition

Besonderheiten Wann ist ein Tatmittel „gefährlich“? entscheidend ist die konkrete Verwendung in der Tatsituation, in der das Tatmittel geeignet sein muss, eine Mehrzahl von Personen zu gefährden

mit gemeingefährlichen Mit-

abstrakte Gefahr ist entschei-

teln tötet, wer ein Tötungsmit-

dend

tel so einsetzt, dass er in der

wie viele Personen konkret in Ge-

konkreten Tatsituation die

fahr kommen, ist unerheblich;

gemeingefährliche Ausdehnung der Gefahr auf Mittel

die besondere Verwerflichkeit liegt

andere Personen als das / die allein in dem Inkaufnehmen einer anvisierte(n) Opfer nicht be-

Gefahr für Unbeteiligte

herrschen und dadurch eine Mehrzahl weiterer Menschen

vorsätzliche Mehrfachtötungen

in Lebensgefahr bringen kann will der Täter von vornherein mehrere und nicht nur eine Person töten, ist das Mordmerkmal der gemeingefährlichen Mittel nur dann zu bejahen, wenn die Gefährdeten „austauschbare Repräsentanten der Allgemeinheit“ und kein bereits „ individualisierter Kreis von Personen“ ist

Mordmerkmal

Definition

Besonderheiten Verwirklichung durch Unterlassen • h.M.: nicht möglich = nutzt der Unterlassende nur

mit gemeingefährlichen Mit-

eine bereits vorhandene ge-

teln tötet, wer ein Tötungsmit-

meingefährliche Situation, fehle

tel so einsetzt, dass er in der

es schon an dem Einsatz oder

konkreten Tatsituation die

Töten mit gemeingefährlichen

gemeingefährliche Ausdehnung der Gefahr auf Mittel

Mitteln

andere Personen als das / die • a.A.: möglich anvisierte(n) Opfer nicht be-

= ist ein Ingerenzgarant für eine

herrschen und dadurch eine

gemeingefährliche Gefahren-

Mehrzahl weiterer Menschen

quelle verantwortlich und besei-

in Lebensgefahr bringen kann

tigt er diese pflichtwidrig nicht, sondern stellt er sie in den Dienst einer Tötung, handelt es sich um gemeingefährliches Mittel

3. Gruppe (täterbezogen): Tötung zu einem besonders verwerflichen Zweck wenn der Täter die TötungsErmöglichungsabsicht

Art des erforderlichen Vorsatzes

handlung als funktionales Mit- dolus directus 1. Grades (Absicht) tel einsetzt, um die Begehung anderen kriminelles Unrechts

subjektive Tätervorstellung ist

ermöglichen zu können

entscheidend

Mordmerkmal

Definition

Besonderheiten keine Verdeckungsabsicht wenn die Straftat bereits entdeckt ist und der Täter dies weiß

Vermeidung außerstrafrechtlicher Konsequenzen • h.M.: Verdeckungsabsicht wenn schon die Tötung zur Vermeidung strafrechtlicher

Verdeckungsabsicht

mit Verdeckungsabsicht tötet,

Konsequenzen besonders ver-

wem es darauf ankommt, eine

werflich ist, muss dies erst recht

vorangegangene Straftat

für die Tötung zur Vermeidung

(nicht zwingend die des in

außenstrafrechtlicher Konse-

Verdeckungsabsicht Han-

quenzen gelten, die mit weniger

delnden) als solche oder Spu-

Konfliktdruck für den Täter ein-

ren zu verdecken, die bei ei-

hergehen

ner näheren Untersuchung

• a.A.: niedrige Beweggründe

Aufschluss über bedeutsame Tatumstände geben könnten

Verdeckungsmittel • Tötungserfolg als Verdeckungsmittel dolus directus 1. Grades erforderlich • Handlung / Unterlassen als Verdeckungsmittel dolus eventualis ausreichend (Inkaufnahme des Erfolges als Nebenfolge)

„Heimtücke“ allgemeine Definition der Heimtücke (Einzelheiten streitig) heimtückisch handelt, wer in feindseliger Willensrichtung die Arg- und Wehrlosigkeit seines Opfers bewusst zur Tötung ausnutzt

Arglosigkeit arglos ist, wer sich bei Beginn des ersten, mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs (Zeitpunkt i.S.v. § 22 StGB (unmittelbares Ansetzen)) keines erhebliches tätlichen Angriffs auf sein Leben oder seine körperliche Unversehrtheit versieht

Erwerb & Verlust der Fähigkeit zum Argwohn • Erwerb ∼ ab dem 3. Lebensjahr • Verlust = bei schwerkranken, nicht mehr ansprechbaren Personen

Sonderfälle • Opfer wird arglistig in einen Hinterhalt gelockt dann ist der maßgebliche Zeitpunkt für die Arglosigkeit (ausnahmsweise) nicht das Ansetzen zur Tötung, sondern das „in den Hinterhalt locken“ • latente Angst / generelles Misstrauen = lässt die Arglosigkeit noch nicht entfallen • vorangegangene feindselige verbale / körperliche Auseinandersetzungen = lassen die Arglosigkeit nur dann entfallen, wenn das Tatopfer im Tatzeitpunkt mit einem erheblichen Angriff des Täters rechnet • Auslösen einer Notwehrlage der die Notwehrlage auslösende muss mit einem Angriff des Opfers rechnen und ist deshalb nicht arglos, wenn ihn das Opfer tötet • schlafendes Opfer nimmt seine Arglosigkeit grds. mit in den Schlaf → Ausnahme: argwöhnisch & und dennoch vom Schlaf übermannt • besinnungsloses Opfer = da der Besinnungslose (anders als der Schlafende) von dem unnatürlichen Zu-

stand überrascht wird und sich dessen Argwohn und Verteidigungsbereitschaft nicht einfach wecken lässt, ist er nach der h.M. nicht arglos

Ausnutzen der Arglosigkeit eines schutzbereiten Dritten • wann relevant? = wenn Personen selbst keinen Argwohn hegen können (Kleinstkinder, Bewusstlose, Schwerkranke) • wer ist schutzbereiter Dritter? = jeder, der den Schutz eines anderen vor Leib- und Lebensgefahr dauernd oder vorübergehend übernommen hat und im Moment der Tat auch tatsächlich ausübt bzw. dies nur deshalb nicht tut, weil er dem Täter vertraut (bspw. Eltern, Babysitter, Ärzte, Pflegekräfte) • ist ein gezieltes Ausschalten des schutzbereiten Dritten notwendig? = nach der Rspr. ist es ausreichend, wenn der Täter die Arg- und Wehrlosigkeit einer anwesenden schutz- und eingriffsbereiten Person ausnutzt

Wehrlosigkeit wehrlos ist, wer infolge seiner Arglosigkeit zur Verteidigung nicht im Stande oder in seiner natürlichen Abwehrbereitschaft stark eingeschränkt ist → Wehrlosigkeit muss auf der Arglosigkeit beruhen

Ausnutzungsbewusstsein = dem Täter musst geworden sein, dass er einen durch Arglosigkeit schutzlosen Menschen überrascht und diese Situation des Opfers gerade für die Tatausführung ausnutzt

Fehlen des Ausnutzungsbewusstseins • Spontantötungen • Augenblickstaten • Vorgeschichte der Tat • heftiger Erregungszustand des Täters

Begehbarkeit durch Unterlassen? = dann möglich, wenn der unterlassende Garant das Opfer pflichtwidrig in Unkenntnis von einem drohenden Angriff, also im Zustand der die Abwehrfähigkeit mindernden Arglosigkeit gelassen und dadurch den Zustand der Wehrlosigkeit aufrechterhalten hat

restriktive Auslegung der Heimtücke I. Tatbestandslösungen

1. Rspr.: Handeln in feindseliger Willensrichtung → ist in der allgemeinen Definition der Heimtücke bereits enthalten Umkehrschluss-Definition = der Täter handelt dann nicht in feindlicher Willensrichtung, wenn er zum vermeintlichen Besten des Opfers handelt 2. teilw. Lit.: besonders verwerflicher Vertrauensbruch zw. Opfer und Täter → Vertrauen: mehr als familiäre / freundschaftliche Verbundenheit Kritik: • Unbestimmtheit / Konturenlosigkeit des Vertrauensbegriffs • hinterhältige Attentate würden so nicht mehr von § 211 StGB erfasst 3. m.M.: Lehre von der Typenkorrektur • negative Typenkorrektur = die Mordmerkmale haben nur indizielle Bedeutung, weshalb § 211 StGB selbst dann verneint werden kann, obwohl ein Mordmerkmal einschlägig ist; es ist stets zu prüfen, ob die Tat unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Täters und aller Tatumstände als „besonders verwerflich“ einzustufen ist • positive Typenkorrektur = die Mordmerkmale haben nicht einmal indizielle Bedeutung; die „besondere Verwerflichkeit“ muss hiernach immer geprüft und positiv festgestellt werden

Kritik: • kein ausreichendes Maß an Genauigkeit / Trennschärfe • Mordmerkmale abschließend benannt

II. Rechtsfolgenlösungen Rspr.: Restriktion auf Rechtsfolgenseite liegen besondere Entlastungsfaktoren im Sinne außergewöhnlicher Umstände vor, die die Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe unverhältnismäßig erschienen lassen (bspw. rechtfertigungs-/entschuldigungsnahe Konfliktlösungen in Momenten großer Verzweiflung, tiefem Mitleid oder nach wiederholt schweren Provokationen) soll der Strafrahmen von § 49 I Nr. 1 StGB wie übergesetzliche Milderungsvorschriften (bspw. § 21 StGB) angewendet werden

„Verdeckungsabsicht“ andere Straftat?

1. h.M.: immer (unabhängig von Art der Begehung) ein Verdeckungsmord ist auch dann möglich, wenn die Vortat unmittelbar in die Tötung übergeht; es kann deshalb nicht darauf ankommen, ob es sich um ein tatmehrheitliches Geschehen gemäß § 53 StGB (mehrere „einzelne“ Taten) oder um ein tateinheitliches Geschehen gemäß § 52 StGB (einheitliche Tat) handelt

2. Rspr.: Unterscheidung nach Art der Begehung

Tötungshandlung als aktives

Tötungshandlung als Unter-

Tun

lassen unterlässt der Täter es, die mit

hatte der Täter bereits bei der

der Vortat in Form aktiven Tuns

Vortat (bedingten) Tötungsvorsatz in Gang gesetzte Kausalkette zu und will er die vorgenommene Tö- unterbrechen, „begeht“ er keine tungshandlung als einheitliche

andere Straftat i.S.v.

Tathandlung zu Ende führen, be-

§ 211 II StGB, sondern verfolgt

durchgehender

gründet das bloße Hinzutreten der lediglich sein ursprüngliches Ziel

Tötungsvorsatz

Verdeckungsabsicht keine Zäsur

weiter; selbst das Hinzutreten der Ver-

Ausnahme

deckungsabsicht begründet in

deutliche zeitliche Zäsur zw. Vor-

diesem Fall keine Zäsur

tat und Tötungshandlung Ausnahme greift nicht keine „andere Straftat“ beginnt der Täter ein äußerlich ununterbrochenes Handeln (egal ob Vorsatzwechsel (Körperverletzungsvorsatz zu

aktives Tun oder Unterlassen) zunächst mit Körperverletzungsvorsatz und führt er es später mit Tötungsvorsatz weiter, begründet gerade dieser Vorsatzwechsel die Zäsur

Tötungsvorsatz) „andere Straftat“

Ansätze zur restriktiven Auslegung der Verdeckungsabsicht 1. frühere Rspr.: Planung zur Verdeckung erforderlich = die besondere Verwerflichkeit und mithin die Verdeckungsabsicht kann nur dann bejaht werden, wenn zwischen der Vortat und der Tötungshandlung eine zeitlichsachliche Zäsur besteht und der Täter (somit) den Entschluss zur Tötung „überlegt“ fassen konnte

Kritik: auch ein spontan gefasster Entschluss, ein vorangegangenes Tun verdecken zu wollen, besonders verwerflich ist 2. frühere Rspr.: „Nicht-Aufdecken“ ≠ „Verdecken“ • „Nicht-Aufdecken“ ≠ „Verdecken“ = unterlässt ein Täter die Verhinderung des Erfolgseintritts der Vortat nur deshalb, um nicht selbst seine Täterschaft zu offenbaren, verdeckt nicht, sondern lässt dem Geschehen seinen Lauf → Kritik: besondereVerwerflichkeit ...


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