Title | Prüfungsschemata Anfechtung wegen arglistiger Täuschung § 123 I 1. Alt. BGB |
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Course | Arbeitsrecht |
Institution | Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen |
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Prüfungsschemata Anfechtung wegen arglistiger Täuschung § 123 I 1. Alt. BGB...
Gestaltungsrechte Gestaltungsrechte sind Rechte, die auf ein bestehendes Rechtsverhältnis einwirken. Sie gestalten lediglich das Rechtsverhältnis und begründen keine Ansprüche. Gestaltungsrechte sind z.B. Kündigung, Widerruf, Anfechtung, Rücktritt.
Unterschied Anfechtung Kündigung Anfechtung: Mangel bei Vertragsschluss (Willensbekundung, die zum Abschluss des Vertrages führte) Kündigung: Störung bei Abwicklung des Vertragsverhältnisses
Aus den falschen Angaben bspw. Vorstrafen, kann sich ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung iSd § 626 BGB ergeben (jedoch nicht bei Schwangerschaft! aber Anfechtung möglich):
Schemata Anfechtung bei arglistiger Täuschung, § 123 I 1. Alt. BGB A. Kündigung -
Außerordentliche Kündigung aufgrund falscher Angaben, § 626 BGB Kündigung bei Schwangerschaft unzulässig, § 17 I MuSchG Absolutes Kündigungsverbot gilt für ordentliche und außerordentliche Kündigung
B. Anfechtung Das Arbeitsverhältnis wäre nach § 142 I BGB anfechtbar, wenn ein Anfechtungsgrund vorliegt und die Anfechtung binnen Anfechtungsfrist erklärt worden ist.
I. Anwendbarkeit/ Zulässigkeit der Anfechtung Es kommt eine Anfechtung der den Arbeitsvertrag begründenden Willenserklärung von AN in Betracht. Auf AV anwendbar. Die Anfechtungsregeln der §§ 119 ff. BGB sind auf den Arbeitsvertrag nicht rückwirkend, sondern nur mit Jetztwirkung anwendbar.
„Der Zulässigkeit der Anfechtung steht auch nicht das Kündigungsverbot des § 17 Abs. 1 MuSchG entgegen. Diese Vorschrift bezweckt nur, dass die Schwangere das rechtsfehlerfrei begründete Arbeitsverhältnis nicht verliert. Sie bezweckt dagegen nicht den Schutz der nach §§ 104 ff. BGB rechtsfehlerhaft zustande gekommenen Arbeitsverhältnisse.“
Betriebsrat Anhörung des Betriebsrats vor Erklärung der Anfechtung gem. § 102 BetrVG nicht notwendig
…Nach alldem sind die Anfechtungsregeln der §§ 119 ff. BGB auf den Arbeitsvertrag anwendbar.
II. Anfechtungsgrund der arglistigen Täuschung nach § 123 I 1. Alt. BGB Fraglich ist weiter, ob ein Anfechtungsgrund besteht… In Betracht kommt arglistige Täuschung gem. § 123 I 1 1. Alt. BGB
Voraussetzungen:
a) Täuschungshandlung Eine Täuschung ist das bewusste Erregen eines Irrtums durch Vorspiegeln falscher oder Unterdrücken wahrer Tatsachen.
b) Widerrechtlichkeit Die Widerrechtlichkeit wird grundsätzlich indiziert. Zur Anfechtung gem. § 123 I BGB berechtigt aber nur die wahrheitswidrige Beantwortung einer in zulässiger Weise gestellten Frage. Zulässigkeit der Fragen des AG im Sachverhalt prüfen!
Das Fragerecht des Arbeitgebers besteht bei: (1) Umständen, die für den AP von ausschlaggebender Bedeutung sind (Ausnahme: Privates) Aufklärungspflicht des AN Widerrechtlichkeit durch Unterlassen/Lüge (2) Wenn ein berechtigtes Auskunftsinteresse des AG besteht, dass Interessen des AN überwiegt Antwort wenn gefragt Widerrechtlichkeit durch Lüge
Beispielhafte Fragen:
(1) Frage nach Vorstrafen Nach Vorstrafen darf der Arbeitgeber den Arbeitnehmer bei der Einstellung fragen, wenn die Art des zu besetzenden Arbeitsplatzes dies erfordert. Es kommt auf die Vorstrafe an und die Art des Arbeitsplatzes! kein Fragerecht auf getilgte Verurteilungen Fragerecht auf Verurteilungen oder laufende Strafverfahren
(2) Schwangerschaft Grundsätzlich unzulässig ist die Frage nach einer bestehenden Schwangerschaft Recht zur Lüge
Lüge hier keine widerrechtliche arglistige Täuschung iSd § 123 I 1 1. Alt. BGB
(3) Gewerkschaftszugehörigkeit Generell unzulässige Frage Recht zur Lüge
c) Arglist Die Täuschungshandlung müsste auch arglistig gewesen sein. Wissentlich und willentliches Handeln? Auch billigendes in Kauf nehmen reicht „wenn der Täuschende weiß oder billigend in Kauf nimmt, dass seine Behauptungen nicht der Wahrheit entsprechen und deshalb oder mangels Offenbarung bestimmter Tatsachen irrige Vorstellungen beim (künftigen) ArbG entstehen oder aufrechterhalten werden. Fahrlässigkeit – auch grobe Fahrlässigkeit – genügt insoweit nicht. Die Beweislast für das Vorliegen von Arglist trägt der ArbG. Dass es sich hierbei um eine innere Tatsache handelt, steht dem nicht entgegen.“ d) Kausalität zwischen Täuschung und Abgabe der Willenserklärung Die Täuschung von A war auch ursächlich für die Abgabe der Willenserklärung des AG. Kausalität ist mithin gegeben.
e) Zwischenergebnis Es besteht folglich ein Anfechtungsgrund gem. § 123 I 1 1. Alt. BGB in Bezug auf Tatsache x.
II. Anfechtungsgrund wegen Eigenschaftsirrtum, § 119 II 2. BGB Es kommt des Weiteren ein (von § 123 BGB unabhängiger) Anfechtungsgrund nach § 119 Abs. 2 BGB in Betracht.
Anfechtung wegen eines Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft einer Person oder Sache
a) Irrtum über verkehrswesentliche Eigenschaft einer Person Ein Irrtum ist die unbewusste Fehlvorstellung oder Unkenntnis über einen tatsächlichen Sachverhalt
b) Verkehrswesentliche Eigenschaft Die Verkehrswesentlichkeit einer Eigenschaft ist nach dem Sinn und Zweck der Bestimmung in § 119 Abs. 2 BGB nicht abstrakt, sondern nach Art und Zielrichtung des jeweiligen Rechtsgeschäfts zu beurteilen.
c) Kausalität zwischen Irrtum und Erklärung
III. Anfechtungserklärung, § 143 I BGB Weitere Voraussetzung ist, dass der AG durch einen Vertretungsberechtigten die Anfechtung erklärt (§ 143 I BGB).
IV. Anfechtungsfrist, § 124 I, II 1 1. Alt. BGB
a) Anfechtungsfrist bei arglistiger Täuschung Innerhalb 1 Jahres nach Erkennen der Täuschung, § 124 Abs.1 BGB b) Anfechtungsfrist bei Eigenschaftsirrtum Unverzüglich ab Kenntnis des Anfechtungsgrundes, § 121 Abs.1 BGB
V. Gesamtergebnis: Der AG kann das Arbeitsverhältnis mit A durch Anfechtung wegen der arglistigen Täuschung beenden....