Title | Lernzettel Sozialstrukturanalyse |
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Author | Sarah Pelkmann |
Course | Sozialstrukturanalyse |
Institution | Bergische Universität Wuppertal |
Pages | 26 |
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Bei Herrn Imbusch...
Lernzettel: Sozialstrukturanalyse 0. Vorlesung: Einführung in die Thematik Datensätze und Datenarten: „Amtliche“ Daten prozessproduziert - d.h. Daten, die beim Vollzug der staatlichen Verwaltung als „Nebenprodukt“ anfallen (z.B. Beschäftigtenstatistik der Bundesagentur für Arbeit; Sozialhilfedaten; Einwohnermeldeamtsdaten)
„Nicht-Amtliche“ Daten prozessproduziert - z.B. Personalakten in Betrieben - z.B. Forschungsdatensätze
nicht-prozessproduziert - z.B. Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes
nicht-prozessproduziert - d.h. Umfragedaten aus regelmäßigen Umfragen (z.B. Allbus, SOEP, etc.) - d.h. Umfragedaten aus speziellen Umfragen (z.B. Lebensstil- und Milieuuntersuchungen, etc.)
„Objektive“ Daten - z.B. berufliche Stellungen, Bildungsabschlüsse, Einkommen
„Subjektive“ Daten - z.B. Einstellungen, Werthaltungen, Konsumund Freizeitpräferenzen
Querschnittsdaten - ein Zeitpunkt je Person - Verteilungsveränderungen im Aggregat - z.B. Mikrozensus, Allbus, Wohlfahrtssurvey
Längsschnittdaten - mehrere Zeitpunkte je Person - Veränderungen auf der Individualebene - z.B. SOEP, Lebensverlaufsstudien des MPI für Bildungsforschung, pairfam, NEPS
Dimensionen - Vertikal: Rangordnungen, Hierarchien → Klassen, Schichten, Geschlecht, ethnisch- kulturelle Zugehörigkeit - Horizontal (gleiche hierarchische Ebene, Differenzierung) → Arbeiteteilung, Lebenslagen, Kulturen, Lebenszyklus 1.Vorlesung: Was heißt Sozialstrukturanalyse? Sozialstruktur - Definitionen: - Struktur liegt dann vor, wenn die Mehrzahl der Einheiten in einer Gesellschaft in einer nicht zufälligen Weise angeordnet und miteinander verbunden sind → soziale Regelmäßigkeit (dauerhafte Muster) - dauerhafte Grundlagen und Wirkungszusammenhänge sozialer Beziehungen und Gebilde (Gruppen, Institutionen, Organisationen) Sozialstruktur – Sinn: - gesellschaftliche Ordnungsmuster, unterschiedliche Sphären von Gesellschaft - innere Gliederung und wiederkehrende Muster erkennen → z.B.: Kapitalismus, Feudalismus, Sozialismus etc. - nicht nur auf Statistiken beziehen (zu oberflächlich) → Aufdecken der gesellschaftlichen Anatomie - Beeinflussen Strukturelemente sich gegenseitig? (Mikro-, Meso-, Makroebene)
Sozialstruktur – Gegenstände: - Begriffe und Theorien (Stände, Klassen, Milieu etc.) - Soziale Ungleichheit (natürlich und sozial bedingt) - Zeitdiagnosen, Wandel- und Veränderungsprozesse Soziale Ungleichheit: - Gegenteil von natürlicher Ungleichheit - ungleich verteilte Ressourcen (Macht, Einfluss, Prestige) (F. Thieme) - „Als soziale Ungleichheit bezeichnet man bestimmte vorteilhafte und nachhaltige Lebensbedingungen von Menschen, die ihnen aufgrund ihrer Positionen im gesellschaftlichen Beziehungsgefüge zukommen.“ (St. Hradil) - soziale Merkmale: Bildung, Beruf, Einkommen (erworben) Prestige, Ansehen (zugeschrieben) Strukturierte soziale Ungleichheit: (Kreckel) - weisen auf Machtverhältnisse und kulturelle Gegebenheiten hin - strategische Ressourcen von Bedeutung wie z.B.: Reichtum, Wissen, Hierarchie, Selektion) → objektive Ungleichheit ist messbar, subjektive nicht! 4 Ebenen sozialer Ungleichheit: - Ursachen sozialer Ungleichheit: Bestimmungsgründe und Mechanismen - Determination sozialer Ungleichheit: Kriterien, Positionen und Wege, die Menschen in Vor- und Nachteile führen, aber selbst keine Vor- und Nachteile sind (Bsp.: Geschlechter) - Dimensionen sozialer Ungleichheit: wirtschaftliche Vor- und Nachteile wie Macht, Ansehen (heute auch Bildung, Freizeit, Wohn- und Arbeitsbedingungen) - Auswirkungen sozialer Ungleichheit: äußere Lebensverhältnisse, Mentalitäten, alltägliche Verhaltensweisen Ausprägungen sozialer Ungleichheit: - Verteilungsungleichheit und Chancenungleichheit - vertikale und horizontale Ungleichheiten → Beschäftigung, Bildung, Einkommen, Prestige, Macht, Ethnizität, Geschlecht etc. Erfassung sozialer Ungleichheit: Karl Marx: Klassengesellschaft - Proletariat und Bourguasie → Kriterien: Besitz und Nicht-Besitz - sechs Gesellschaftsformationen → Klassenlose Gesellschaft (wenig strukturiert, Armut) → Sklavenhaltegesellschaft (Antike) Hierarchie → Feudalismus (Herr und Bauer) → Kapitalismus (Industrie, bürgerlich) → Sozialismus (Übergang) → Kommunismus (klassenlos) (UtopieReichtum)
St. Hradil: Historische Gefüge sozialer Ungleichheit → vorindustrielle Ständegefüge (Ungleichheiten) → frühindustrielle Klassenstruktur → industriegesellschaftliche Schichtung (Klassen) → pluralisierte Ungleichheitsmuster in fortgeschrittenen Industriegesellschaften (Milieu, Lebensstil)
2.Vorlesung: Modelle der Sozialstruktur Modelle der Sozialstruktur: Merkmale - gesamtgesellschaftlich oder Einzelheiten - vertikal: hierarchisch → Klassen, Schichten - horizontal: Lebensstile Wichtiger Begriff: Kaste - Bezeichnung für Gruppierungen, deren Angehörige über soziale Merkmale verfügen, die als angeboren und nicht veränderbar gelten - Zugehörigkeit zur Kaste durch die Geburt (dort bleibt man auch) - Aufstiegsmöglichenkeiten durch Kasten sind bestimmt/begrenzt - Abgeschlossenheit einer gesellschaftlichen Gruppe - Metaphorisch: Politische Klasse, die abgehoben von der Gesellschaft ist → Beispiel: - je höher, desto angesehener - unten viele, oben wenige - religiöse und soziale Aspekte zusammen - Ausbrechen ist nicht möglich → auch nicht durch Bildung, Leistung etc. - Starre, unbewegliche Gesllschaft Wichtiger Begriff: Stand - Gruppierung von Menschen, deren Angehörige hinsichtlich ihres Berufs, ihrer Rechte und ihrer Pflichten sowie ihrer Lebensumstände strengen Regeln unterworfen sind → Zugehörigkeit zum Stand durch soziale Herkunft - unabänderliche Ordnung (göttlich): durch Glaube und Tradition begründet - Max Weber: Stände als Gemeinschaft von amorpher Art (fließende Grenzen), ständische Schließung - Heute: Berufsgruppe, Statusgruppe Wichtiger Begriff: Klasse - Gruppierung von Menschen, welche bestimmte ökonomische Merkmale gemeinsam haben und sich in einer ähnlichen sozialen Lage befinden - Marx: Klassenbewusstsein → Klasse „an sich“ und „für sich“,Klassenherrschaft - scharfe Gegensätze und Unveränderlichkeit des sozialen Ungleichheitsgefühls in der Gesellschaft - Heute: Gibt es überhaupt noch Klassen? Kontroversen über den Fortbestand oder das Verschwinden von Klassen (Individualisierungsdebatte) - wenig Leute mit viel Machtverhältnisse - Mittelklasse, Arbeiterklasse, arme Arbeiterklasse - abgehängte Klasse → Kriterium: Besitz/ Nicht Besitz von Produktionsgütern
Wichtiger Begriff: Schicht - Schichtgesellschaften stellen nach bestimmten Kriterien abgestufte, von allmählichen Übergängen geprägte ungleiche Gesellschaft dar - vertikal angeordnete Statusgruppen → Kriterien: Prestige, Macht, Einkommen, Beruf - weicher als Klassenkriterien, weiche Grenzen - Grenzen sind fließend, doch willkürlich (beliebig) - etwas höhere soziale Mobilität - Einkommensschichten: Einteilung in Dezile - sozial Verachtete: Migranten, unangesehene Berufe - mehrere Schichten auch nebeneinander - eingeteilt in Berufsgruppen
Wichtiger Begriff: Soziale Milieus - nicht nur wirtschaftliche Ursachen sind maßgeblich für die Herausbildung sozialer Ungleichheiten, sondern auch soziokulturelle Faktoren - horizontale (zunehmend) und vertikale Ungleichheiten - „Gruppen Gleichgesinnter“: typische Wertehaltungen, soziale Lagen und Lebensstile - Lebensstil als typische Muster der Lebensführung und Regelmäßigkeiten im Verhaltensweisen - Milieu als Ausdruck der Entkopplung von schichtspezifischen Lebensbedingungen und Lebensweisen, als Resultat der Vielfalt von Lebensformen und als Konsequent der Notwendigkeit zur Lebensstilisierung - sehr hohe soziale Mobilität, fließende Grenzen Wichtiger Begriff: Lebensstil - Lebensstile basieren auf gemeinsamen Verhaltensweisen von Menschen, gleichartige Organisation des Alltagslebens - Lebensstile beziehen sich auf pluralisierte, soziokulturelle Strukturen von Gesellschaften und besitzen identitätsbildende, normative Kräfte - Lebensstil impliziert bestimmtes Maß an Wahl- und Gestaltungsmöglichkeiten des eigenen Lebens → Lebensstilisierung Probleme der Sozialstrukturanalyse - Kriterien: stark, weich.. - abstrakte Modelle ↔ Lebensnahe Modelle - subjektive Modelle ↔ subjektive Modelle - Ideologien sind oft nicht auf die Gesellschaft zutreffend - Lebenswirklichkeit muss mit objektiven Kriterien zusammengebracht werden - Berücksichtigung historischer Prozesse - Erfassung der sozialen Struktur eines dynamischen Phänomens
3. Vorlesung: Begriffe der Sozialstruktur und ihre Implikationen Historische Entwicklung - Klasse und Schicht sind vertikal geschichtet → machtorientiert - Milieu: horizontale
Systematischer Vergleich Kriterium
Klasse
Schicht
Soziale Lage
Soziales Milieu Lebensstil
Status
Theoretisch und analytisch, konflikt und machtorientiert
Deskriptiv
Deskriptiv
Deskriptiv und analytisch
Deskriptiv und analytisch
Erklärungsanspruch
Holistisch: soziale Ungleichheit, Betonung ungleicher Abhängigkeiten, Ausbeutung, inneres Band zwischen den Klassen
Gesamtgesellschaftlich, lockere Schichtung ohne innere Bezüge
Begrenzt: Anordnung der Gesellschaftsmitglieder ohne größere Erklärungsansprüche
Partiell bis gesellschaftlich: Betonung der Vielfalt sozialer Milieus
Partiell bis gesamtgesellschaftli ch: Betonung der Vielfalt von Lebensstilen
Entstehungshintergrund
Industrialisierung, frühbürgerliche Gesellschaft
Anfang des 20. Jh. Zwischenkriegszeit
Zwischen- und Nachkriegszeit
Ende des 20. Jh.
Ende des 20. Jh.
Vertreter
Marx, Weber
Weber, Geiger, Schelsky, Warner
Weber, Hradil
Sinus, Bourdieu, Vester
Bourdieu, Hradil, Konietzka
Anzahl der Einheiten
Weniger Hauptklassen, manchmal Zwischenklassen
Variabel, mehrere aber nicht zu viele
Variabel, tendenziell unendlich
Variabel, unterschiedliche Typen möglich
Unendlich
Ordnungsmodell
Vertikal, strikt hierarchisches Gesellschaftsmodell
Hierarchisches Gesellschaftsmodell
Vertikales oder horizontales Gesellschaftsmodell
Horizontale Gliederung der Gesellschaft
Horizontale Gliederung der Gesellschaft
Strukturiertheit der Gesellschaft
Hoch, scharfe Grenzen, eingeschränkte soziale Mobilität
Mittel, fließende Grenzen, soziale Mobilität möglich
Gering, offene Grenzen, soziale Mobilität der Normalfall
Mittel, diffuse Grenzen und Überlappungen, hohe soziale Mobilität
Mittel, diffuse Grenzen, hohe soziale Mobilität
Abgrenzungskriterien
Objektiven sozioökonomische Merkmale: Einkommen
Objektive und subjektive Schichtungskriterien, ähnliche soziale Lage
Typische Vergesellschaftungsund Vergemeinschaftungsmuster
Gleichgerichtete soziale Interessen und kulturelle Bezüge
Gleiche Merkmale der Lebensstile als Muster alltäglicher Lebensführung
Bewusstseinsgrad
Klassenbewusstsein: SchichtungsKlasse „an sich“ und bewusstsein nur nur „für sich“ teilweise vorhanden
Bewusstsein der eigenen soziale Lage, teils objektiv, teils subjektiv
Bewusstsein einer subjektiven Milieuzugehörigkeit
Bewusste, expressivästhetische Lebensstilisierung
Probleme
Horizontale Gliederungsmuster, kulturelle Unterschiede, Geschlecht
Kleinteiligkeit der Differenzierung verliert Gesellschaft aus dem Blick
Vertikale Dimensionen sozialer Ungleichheit, objektive Kriterien
Vertikale Dimensionen sozialer Ungleichheit, Klassenstruktur
Ausblenden „neuer“ sozialer Ungleichheiten, unzureichende kulturelle Vielfalt
Integrative Perspektiven: Pierre Bourdieu - Verbindung zwischen Klasse und Lebensstil - Kapitalstruktur, Kapitalvolumen und soziale Laufbahn (Zeitachse) - Milieu, Lebensstil ist abhängig von der Positionierung im sozialen Raum - Kapitalarten: kulturell (Bücher), sozial (Kontakte), ökonomisch (Geld) → Bsp.: Studium: hohes kulturelles Kapital, niedriges ökonomisches Kapital - Kapital braucht Zeit, muss angehäuft werden - Klassen sind abhängig von Kapitalstruktur (Struktur) - Lebensstile sind Geschmacksvarianten (Praxis) → Vermittlung zwischen Struktur & Praxis → Habitus (klassenspezifische Denkmuster) → bringt einen zum Raum der Lebensstile - dominante, mittlere und bedürftige Klasse → die dominante Klasse gibt den legitimen Geschmack vor, welcher von den übrigen Klassen angestrebt wird → Nachahmung: Anerkennung der Lebensstile → legitimer Geschmack
Ruby Payne: Hidden Rules of Class - jeder hat „geheime/versteckte“ Regeln, welche aus der sozialisatorischen Herkunft stammen; Sichtweisen und Lebensstile - Poverty < Middle Class < Wealth (vgl. Bourdieu) - Anspruch: Erkennen der eigenen Klasse, transparent machen - Regeln kennen, die den sozialen Aufstieg bedeuten → daraus resultieren Fragen und Klassifikationen: - Could you survive in Poverty/ Middle Class/ Wealth? Poverty
Middle Class
Wealth
Education
Wird hoch geschätzt, trotz Fundamental für den geringer Chance auf Bildung sozialen Aufstieg
Notwendig um sozialen Status zu erhalten
Language
einfach
Formal, zum Verhandeln
Formal, Kontakte
Family structure
Mutter
Vater
Geld
World view
Lokal
National
International
Love
bedingungslos
Erfolg
Sozialer Status
Driving Force
Überleben, Beziehungen
Arbeit und Erfolg
Geld, Politik, Soziale Kontakte
Besitztümer
Menschen
Gegenstände
Raritäten, Erbe, Abstammung
Money
Ausgeben
Verwalten
Sparen, Investieren
Personality
Humor, Unterhaltung
Erfolg
Kontakte
Food
Quantität
Qualität
Präsentation
Clothing
Individueller Stil
Qualität, Norm, im Trend
Teuer, Designer
Time
Gegenwart (überleben)
Zukunft
Tradition, Vergangenheit
4. Vorlesung: Individualisierung oder Persistent von Klassen und Schichten Konjunkturen der Sozialstrukturanalyse Zeit
Klassen
bis 1900
Marx
Schichten
Bis 1940
Weber
Bis 1960
Dahrendorf, Geiger, funktionalistische Schichtungstheorie
Bis 1980
Neomarxismus, Wright, Goldthorpe, (Bourdieu)
Bis 2000
Bis 2010
Nivellierte Mittelstandsgesellschaft (Schelsky)
Soziale Lagen
Milieu und Lebensstile
Individualisierung
Bourdieu („feine Unterschiede“) Hradil („SozialVester u.a., strukturanalyse“) Schulze Schenk („Erlebnisgesellschaft“). Konietzka
Beck („Risikogesellschaft“, „Zweite Moderne“)
Bottomore/ Byrm, Sklair, Carroll („Transnational Capitalist Class“)
Die Individualisierungsthese - Prominentester Vertreter: Ulrich Beck - Sozioökonomische und politische Modernisierungsprozesse führen zur Entstrukturisierung der Gesellschaft, zur Auflösung von Klassen und Schichten und zur Individualisierung sozialer Ungleichheiten - Klassen und Schichten verlieren ihre lebensweltliche Relevanz und spielen im Bewusstsein der Gesellschaftsmitglieder keine Rolle mehr → das Ende von Klassen und Schichten (Umbruch) → Individuum ist jetzt selbst verantwortlich für seine Entscheidungen über Leben und Zukunft Gesellschaftliche Bedingungen für den Umbruch - „Fahrstuhleffekt“ der Gesellschaft → Aufstieg des Wohlstandes von Gesellschaftsschichten um eine Schicht → durch Kollektives mehr Einkommen, Bildung, Mobilität etc. wird Klassengesellschaft eine Etage höher gefahren → Auflösung der kulturellen Klassenbezüge und Herauslösung aus traditionellen Klassenstrukturen - fortbestehende Ungleichheit liegen eher quer zu vertikalen Ungleichheitsmustern (Neue soziale Frage, horizontale Ungleichheiten) - Hierarchisches Gesellschaftsmodell wird durch neue Entwicklungen unterlaufen → Individualisierung sozialer Ungleichheiten als Folge - rascher Prozess der Individualisierung und Diversifizierung von Lebenslagen und -stilen - Erfahrbarkeit von Klassen- und Schichtzugehörigkeit und sozialen Grenzen nimmt ab → Lebens jenseits der Klassenrealität (Begriffe überleben nur noch mangels Alternativen)
Jenseits von Klasse und Schicht - Drei große Prozesse: → Modernisierung und Individualisierung der Gesellschaften → Endstandardisierung von Produktionsprozessen → Entvertikalisierung sozialer Ungleichheiten - Freisetzungsdimension: Herauslösung aus traditionellen Sozialformen, Herrschafts- und Versorgungsbeziehungen - Entzauberungsdimension: Verlust traditioneller Sicherheiten und Überzeugungen des Handelns, Glauben und der Normen - Reintegration in die Gesellschaft: → Individuen werden zum Akteur ihrer marktvemittelten Existenzversicherung und ihrer Biographieplanung, die gleichzeitig institutionalisiert und standardisiert (durch Markt, Bildung, Recht etc.) und damit politisch gestaltbar wird → neue flexible, spontane und innovative oder „alternative“ Formen der sozialen Integration und Kollektivorganisation unter dem Zwang zum individuellen „Planungsbüro“, Selbsthilfeaktionen, direkte Aktionen etc. - dauerhafte Konfliktlinien entstehen immer mehr entlang „zugewiesener“ (Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Religion, Alter etc.) als „erworbener“ Merkmale (Bildung, Beruf, Einkommen etc.) Gesellschaftliche Grundlagen - „goldenes Zeitalter des Kapitalismus“ - Generelle Wohlfahrtssteigerungen in den Nachkriegsgesellschaften kommen allen Gesellschaftsmitgliedern zugute - Lange Nachkriegskonjunktur sorgte erstmals für Integration und Partizipation aller Gesellschaftsmitglieder - Starke Demonstration des politischen Systems - Flexibilisierung, Endstandardisierung und Deregulierung von Arbeit und Produktionsgütern Der Umbruch - seit den 1980er Jahren erneute Polarisierungstendenzen in der Gesellschaft - Neoliberale bzw. monetaristische Wirtschaftspolitik verändert Staat und Gesellschaft - Globalisierungsprozesse erzwingen Korrekturen am „Modell Deutschland“ - zunehmende Einkommensungleichheit → steigende Armutsrisiken und Unterschichtungen → neue Armut, hohe Arbeitslosigkeit, Working Poor, schrumpfende Mittelschicht, „Überflüssige“ - Re-Thematisierung der sozialen Ungleichheiten jenseits der individualisierten Erlebniskategorien - Wahrnehmung der Schattenseiten der Individualisierung - Individualisierte Verantwortungszuschreibungen verlieren an Erklärungskraft Die Re-Thematisierung - neue Unübersichtlichkeit (Habermas) - Einbettung von Milieu und Lebensstilen in vertikale Ungleichheitsmuster (Bourdieu, Vester) - Klassengesellschaft ohne Klassen (Vester)
5. Vorlesung: Das „untere“ Ende: Proletariat, Unterschicht, Arme Historischer Bedeutungswandel - „Unteres Ende“ der Sozialstruktur historisch großen Wandlungen ausgesetzt - seit der Industrialisierung: große ´s politisches Potenzial in der Unterschicht → Arbeiterbewegung - Schelskys Nivellierungsthese aus den späten 1950er Jahren bezweifelt, dass es noch eine Arbeiterschicht gäbe, da sich arbeitertypische Lebensbedingungen, Milieus und Lebensstile allmählich aufgelöst hätten >_ Proletariat als Klasse existiert so nicht mehr, da sich die Lebensstile aufgelöst haben - 1970er Jahre: „Neue soziale Frage“ → Arbeiter sind nicht mehr die Unterschicht (klassische Sicht) → Migranten befinden sich im Proletariat - Heute: Working Poor, „Überflüssige“, Prekariat, Individualisierung so...